Verwaltungsrecht

Verwirkte Ansprüche eines Beamten wegen Benachteiligung in Massenbeförderungsverfahren

Aktenzeichen  RN 1 K 15.1906

Datum:
8.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 158250
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2, Art. 34 S. 1
BGB § 254 Abs. 1, § 839 Abs. 1 S. 1
AGG § 1 , § 7 Abs. 1, § 10 Abs. 1, § 15 Abs. 1, Abs. 4, § 33 Abs. 3
LlbG Art. 16 Abs. 4 S. 1, Art. 17 Abs. 7

 

Leitsatz

1. Auch beim beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB enthaltene Rechtsgedanke Geltung, wonach eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln nicht eintritt, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels gegen das nunmehr als rechtswidrig beanstandete staatliche Verhalten abzuwenden, wenn also für den Nichtgebrauch eines Rechtsmittels kein hinreichender Grund bestand – Verbot des „dulde und liquidiere“ (Rn. 49 – 52) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es kann von einem Polizeibeamten in der Stufe eines Polizeihauptmeisters erwartet werden, dass er sich – wenn er weiter befördert werden möchte – kundig macht, welche Voraussetzungen dafür erforderlich sind. Wenn er sich über die Voraussetzungen für eine Beförderung informiert hätte, wäre er auf die rechtswidrige Voraussetzung eines Mindestlebensalters gestoßen. Dabei hätte ihm klar sein können und müssen, dass ein wesentliches Abstellen auf das Lebensalter in Konflikt mit dem Leistungsprinzip steht. (Rn. 54 – 55) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Verwirkung von Rechten ist eine besondere Ausprägung des auch im öffentlichen Recht einschließlich des öffentlichen Dienstrechts geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben. Danach darf ein (prozessuales oder materielles) Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es handelt sich bei einzelnen Beförderungsaktionen nicht um einen Dauertatbestand, bei dem die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht vor dessen Beendigung zu laufen beginnt. (Rn. 73 – 77) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch im Wege des Schadensersatzes dienst-, laufbahn-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als ob er mit Wirkung zum 1. November 2005, hilfsweise zum 1. November 2014 zum PHM/Z befördert worden wäre (nachfolgend 1.). Auch hat der Kläger keinen Anspruch auf Entschädigung (nachfolgend 2.). Der diese Ansprüche versagende Bescheid des Beklagten vom 17. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Oktober 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 VwGO).
1. Der Kläger kann eine dienst-, laufbahn-, besoldungs- und versorgungsrechtliche Schadlosstellung zum 1. November 2005, hilfsweise zum 1. November 2014, weder aus dem Beamtenrecht (nachfolgend 1.1.) noch aus § 15 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG i.d.F. d. Bek. vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897; FNA 402-40), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. April 2013 (BGBl. I S. 610)) (nachfolgend 1.2.) herleiten.
1.1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Schadensersatz nach den Grundsätzen des Beamtenrechts.
Ein Beamter kann nach gefestigter Rechtsprechung von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch die Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamts den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und er es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (BVerwG, U.v. 25.8.1988 – 2 C 51/86 – juris; U.v. 28.5.1998 – 2 C 29/97 – juris; U.v. 1.4.2004 – 2 C 26/03 – juris; U.v. 17.8.2005 – 2 C 37/04 – juris). Rechtsgrundlage dieses unabhängig vom Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG) bestehenden Anspruchs ist das Beamtenverhältnis; eines Rückgriffs auf die Verletzung der Fürsorgepflicht bedarf es nicht (BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7.09 – juris Rn. 15, m. w. Nachw.; OVG NW, U.v. 27.4.2017 – 1 A 1664/15 – juris).
Der Beklagte hat bei Beförderungen ab dem 1. Juni 2014, insbesondere zum Beförderungstermin 1. November 2014 den Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers nicht verletzt (nachfolgend 1.1.1.). Zwar hat der Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch des Kläger bei den vorhergehenden Beförderungsterminen, insbesondere im November 2005, verletzt, inwieweit und ab welchem Zeitpunkt der Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt wurde, kann dahinstehen, da es der Kläger jedenfalls schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (nachfolgend 1.1.2.). Im Übrigen ist der Anspruch des Klägers im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als ob er mit Wirkung vom November 2005 in ein Amt der Besoldungsgruppe A9 mit Amtszulage befördert worden wäre, verwirkt (nachfolgend 1.1.3.).
1.1.1. Der Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl bei der Entscheidung über die Vergabe der streitigen Beförderungsstellen mit seinen Auswahlentscheidungen zu den Beförderungsterminen ab November 2005 verletzt. Ab 1. Juni 2014, insbesondere zum Stichtag 1. November 2014, hat der Beklagte jedoch nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoßen.
Nach Art. 33 Abs. 2 GG sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu vergeben. Der Bewerberauswahl für die Besetzung eines öffentlichen Amtes dürfen nur Kriterien zugrunde gelegt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Der für die Auswahlentscheidung maßgebliche Leistungsvergleich muss anhand von aussagekräftigen, d.h. hinreichend differenzierten und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen vorgenommen werden (BVerwG, U.v. 26.1.2012 – 2 A 7.09 – juris Rn. 17; U.v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris Rn. 46).
Die Beteiligten gehen unstrittig davon aus, dass der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamts bis zum Beförderungstermin 1. Mai 2014 den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl verletzt hat. Das Verwaltungsgericht München hat in seinem Urteil vom 12. Februar 2014 (M 5 K 13.537 – juris) festgestellt, dass es gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstößt, die Übertragung eines (Beförderungs-)Amtes der Besoldungsgruppe A9 mit Amtszulage von der Vollendung des 43. Lebensjahres abhängig zu machen. Es wird insoweit auf die überzeugende Begründung des Urteils Bezug genommen.
Ausgehend von den Grundsätzen hat der Beklagte jedoch den Anspruch des Klägers auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl ab dem 1. Juni 2014, insbesondere bei der Auswahlentscheidung für Beförderungen zum Stichtag 1. November 2014 nicht verletzt.
Die FachV-Pol/VS wurde mit Verordnung vom 4. September 2015 (GVBl. S. 343) dahingehend geändert, dass § 13 Abs. 2 mit Wirkung vom 1. Oktober 2015 aufgehoben wurde. In § 13 Abs. 2 FachV-Pol/VS war bis zu dieser Änderung die Altersgrenze geregelt. Mit Schreiben vom 28. März 2014 teilte das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr mit, dass in Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts München bis zur Anpassung der entsprechenden Verordnung und Richtlinien für die Auswahlentscheidungen die Altersgrenze nicht mehr heranzuziehen ist. Der Beklagte hat daher für Beförderungen ab dem 1. Juni 2014 die Beförderungsvoraussetzung des vollendeten 43. Lebensjahr nicht mehr angewendet. Die Reihung in den entsprechenden Beförderungsranglisten erfolgte nach dem Gesamturteil der aktuellen dienstlichen Beurteilung. Bei gleichem Gesamturteil wurden die Bewerber, die eine höhere Gesamtpunktzahl in den fünf doppelt gewichteten Einzelmerkmalen der aktuellen Beurteilung hatten, befördert. Die erfolgte Listung nach Gesamturteil bzw. bei gleichem Gesamturteil nach höherer Gesamtpunktzahl in denjenigen fünf Einzelmerkmalen der aktuellen Beurteilung, die bei den betreffenden Beamten doppelt gewichtet wurden, entspricht den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG. Eine Diskriminierung aufgrund des Alters durch die Nichtanwendung der Altersgrenze erfolgte nicht.
Der Einwand des Klägers, dass er aufgrund seines Alters diskriminiert worden sei, weil Beamte die vor dem 1. Juni 2014 die Altersgrenze erreicht hätten, noch mit einem schlechteren Gesamturteil befördert werden konnten, greift nicht. Grundsätzlich hat niemand Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Die Kollegen des Klägers wurden unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG befördert. Auch wurde der Kläger nicht aufgrund seines Alters benachteiligt, indem der Beklagte keine Übergangsvorschriften erstellt hat. Lediglich durch sofortige Nichtanwendung der Altersgrenze konnte der Beklagte dem Bewerbungsverfahrensanspruch aller Bewerber gerecht werden. Eine Übergangsregelung hätte vielmehr gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoßen.
Eine Benachteiligung aufgrund seiner Krankheit, unabhängig davon, ob diese eine Behinderung darstellt, ist für das Gericht nicht ersichtlich, da sie bei den einzelnen Auswahlentscheidungen nicht entscheidungserheblich war. Im Übrigen ist eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
1.1.2. Bezüglich der Beförderungsaktion vor dem 1. Juni 2014 hat der Kläger es fahrlässig unterlassen, ein Rechtsmittel dagegen einzulegen, dass er nicht in die Auswahlliste aufgenommen worden ist. Unabhängig davon hat der Kläger es auch schuldhaft unterlassen, die jeweils monatlich erfolgte Ernennung der ausgewählten Beamten durch Inanspruchnahme vorläufigen Rechtschutzes zu verhindern.
Auch beim beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB enthaltene Rechtsgedanke Geltung, wonach eine Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln nicht eintritt, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels gegen das nunmehr als rechtswidrig beanstandete staatliche Verhalten abzuwenden, wenn also für den Nichtgebrauch eines Rechtsmittels kein hinreichender Grund bestand – Verbot des „dulde und liquidiere“ (Vgl. BVerwG, U.v. 28.5.1998 – 2 C 29/97 – juris; U.v. 3.12.1998 – 2 C 22/97 – juris; B.v. 5.10.1998 – 2 B 56/98 – juris; B.v. 1.4.2004 – 2 C 26/03 – juris).
Der Rechtsgedanke verlangt von dem einzelnen Beamten, alles ihm zu Gebote stehende zu tun, damit es erst gar nicht zum Schadenseintritt kommt. Unter dem weit zu verstehenden Begriff des „Rechtsmittels“ im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB fallen alle Rechtsbehelfe, die sich gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung richten, deren Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und der Abwendung des Schadens dienen. Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB sind nicht nur die in Verfahrensvorschriften vorgesehenen und dem prozesstechnischen Begriff eines Rechtsmittels unterfallenden Behelfe, sondern alle rechtlich möglichen und geeigneten, förmlichen oder formlosen Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegen die schädigende Vornahme oder Unterlassung der Amtshandlung selbst richten und nach gesetzlicher Ordnung ihre Beseitigung oder Berichtigung bezwecken und ermöglichen. Besteht die Pflichtverletzung in der rechtswidrigen Ablehnung oder Unterlassung einer Maßnahme, so muss das Rechtsmittel geeignet sein, die Vornahme der betreffenden Amtshandlung zu erwirken (BGH, U.v. 5.12.2012 – III ZR 148/02 – juris Rn. 14 m.w.N.). Sogar ein förmlicher Antrag, etwa eine Bewerbung, kann ein Rechtsmittel in diesem Sinne sein (Vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 19/01 – juris; OVG NW, U.v. 15.11.2006 – 6 A 131/05 – juris). Dies schließt im Grundsatz auch (weitere) Rechtsmittel gegen eine zunächst auf ein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ergangene Entscheidung ein, da auch diese sich noch unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung richten (OVG NW, B.v. 10.6.2010 – 6 A 1932/09 – juris). Der mit dem Rechtsinstitut des mitwirkenden Verschuldens nahe verwandte, allerdings darüber hinausgehende Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB soll ein Wahlrecht zwischen der unmittelbaren Korrektur eines für rechtswidrig gehaltenen staatlichen Handelns und einem späteren Schadensersatzverlangen ausschließen. Nimmt ein Beamter demgegenüber eine für rechtwidrig gehaltene Benachteiligung hin und lässt es damit zu, dass sie Grundlage weiteren staatlichen Handelns wird, muss er das in einem späteren Schadensersatzprozess gegen sich gelten lassen (OVG NW, U.v. 12.12.2013 – 1 A 71/11 – juris).
Der Kläger wirft dem Beklagten vor, ihn nicht zum 1. November 2005 in die Auswahlliste für die Beförderung nach BesGr A9 mit Amtszulage aufgenommen zu haben, ihn also nicht in den Kreis der Beamten aufgenommen zu haben, die automatisch als Bewerber für die Beförderung nach BesGr A9 mit Amtszulage berücksichtigt wurden und somit nicht zum 1. November 2005 befördert zu haben. In einem solchen Fall ist die Stellung eines förmlichen Beförderungsantrags bzw. eines Antrags auf Aufnahme in die Auswahlliste und ggf. dessen Verfolgung mit Widerspruch und Verpflichtungsklage/Leistungsklage sowie die Beantragung einer einstweiligen Anordnung das Rechtsmittel im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB zur Schadensabwendung (vgl. BGH, U.v. 5.12.2012 – III ZR 148/02 – juris Rn. 15). „Rechtsmittel“, die der Durchsetzung des Anspruches auf Beförderung dienen, sind gerade nicht nur die Rechtsbehelfe des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes. Hierzu gehört vielmehr auch der Antrag an den Dienstherrn, befördert zu werden. Mit seiner Bewerbung bringt der Beamte seinen Anspruch zum Ausdruck, bei der Auswahl insbesondere nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG berücksichtigt zu werden. Auf Grund der Bewerbung ist der Dienstherr zu umfassender Prüfung verpflichtet. Der Beamte darf all das geltend machen, was ihm seiner Auffassung nach den Vorzug gegenüber anderen Bewerbern verschafft. Unter Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes kann der Beamte das angestrebte Ziel der Beförderung weiter verfolgen, wenn der Dienstherr zuvor mit dem Begehren befasst war und – vermeintlich oder tatsächlich – einen anderen Bewerber rechtsfehlerhaft bevorzugt hat (BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 19/01 – juris). Da sich bereits aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2004 ergab, dass es gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstößt, Beförderungsmöglichkeiten innerhalb einer Laufbahn von einer Mindestverweildauer von mehr als 10 Jahren in dem bisherigen Amt oder von einem Mindestdienstalter abhängig zu machen (BVerwG, U.v. 28.10.2004 – 2 C 23/03, juris Leitsatz 2), hätte ein entsprechender Antrag auf Aufnahme in die Beförderungsliste und die Stellung eines Eilantrages zur gerichtlichen Überprüfung der Praxis des Beklagten geführt und bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wohl auch Erfolg gehabt.
Der Kläger hat es fahrlässig unterlassen, den Schaden durch Gebrauch dieses Rechtsmittels abzuwenden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, ist bei der Prüfung, ob der Verletzte es schuldhaft unterlassen hat, ein Rechtsmittel einzulegen, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auf die Verhältnisse des Verkehrskreises, dem der Verletzte angehört, mithin darauf abzustellen, welches Maß an Umsicht und Sorgfalt von Angehörigen dieses Kreises verlangt werden muss (BVerwG, U.v. 1.4.2004 – 2 C 26/03 – juris; B.v. 1.8.2007 – 2 B 15/07 – juris Rn. 10; vgl. auch BGH, U.v. 15.11.1990 – III ZR 302/89 – juris; U.v. 7.11.1996 – III ZR 283/95 – juris Rn. 10 m.w.N.). Es lässt sich nicht abstrakt bestimmen, etwa indem lediglich auf das Statusamt des Beamten oder sein abstraktes Funktionsamt abgestellt wird. Vielmehr ist bei einem Beamten im Rahmen eines Sachverhalts, wie er hier zu entscheiden ist, u.a. auf das ihm im maßgeblichen Zeitraum übertragene konkrete Amt, seine Ausbildung sowie seine bisherige berufliche Erfahrung abzustellen (BVerwG, B.v. 1.8.2007 – 2 B 15/07 – juris Rn. 10).
Der Kläger hat die Laufbahnprüfung (mittlerer Dienst) im Jahr 1992 abgeschlossen. Im Anschluss daran stand er als Probebeamter und später als Beamter auf Lebenszeit im Dienst des Beklagten. Er wurde mit Schreiben vom 28. April 2006 zum Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zugelassen. Er wurde zuletzt mit Wirkung vom 1. Juni 2000 zum Polizeihauptmeister (BesGr A9) befördert. Aufgrund seiner Ausbildung sowie seiner beruflichen Erfahrung bis 2005 handelte der Kläger zumindest fahrlässig. Es kann von einem Beamten der Besoldungsgruppe A9, der schon seit Jahren im Dienst des Beklagten gestanden ist sowie auch schon mehrmals befördert und sogar aufgrund seiner guten Leistungen zum Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst zugelassen worden ist, erwartet werden, dass er sich gegen eine rechtswidrige Nichteinbeziehung in die Beförderungsauswahl wehrt. Es darf grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass Beamte gewisse Kenntnisse des Beamtenrechts haben oder sich gegebenenfalls selbst verschaffen. Es kann erwartet werden, dass sich ein Beamter um Angelegenheiten, die in seinem ureigensten Interesse liegen – wie eine Beförderung, selbst bemüht. Bei der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine Auswahlentscheidung handelt es sich um rechtliche Kenntnisse, die zumutbar bei einem Beamten vorausgesetzt werden können oder die er sich zumindest unschwer verschaffen kann (Pflaum in: Dienstrecht in Bayern, Stand: November 2017, § 45 BeamtStG Rn. 15; Conrad in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2016, § 45 BeamtStG, Rn. 180 ff.).
Soweit sich der Kläger auf die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung, wonach es einem Bewerber nicht vorgeworfen werden könne, er habe die Inanspruchnahme primären Rechtsschutzes schuldhaft versäumt, wenn der Dienstherr es unterlassen habe, ihn über das Ergebnis einer Auswahlentscheidung zu informieren (BVerwG, U.v. 1.4.2004 – 2 C 26.03 – juris; OVG NW, U.v. 27.4.2016 – 1 A 2309/14 – juris; U.v. 27.4.2016 – 1 A 2310/14 – juris) beruft, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Voraussetzung nach dieser Rechtsprechung ist, dass es sich bei dem betreffenden Beamten tatsächlich um einen „Bewerber“ gehandelt hat. Denn nur ein solcher hat Anspruch darauf, dass ihm der Dienstherr seine Auswahlentscheidung rechtzeitig vor Ernennung des Mitbewerbers mitteilt (BVerwG, U.v. 1.4.2004 – 2 C 26/03 – juris Rn. 14 ff.). In dem vom OVG für das Land Nordrhein-Westfalen entschiedenen Fall hat das OVG den Kläger als Bewerber eingestuft und ausgeführt: „Der Kläger kann sich auf den Bewerbungsverfahrensanspruch berufen, auch wenn die Beklagte die streitigen Stellen nicht ausgeschrieben und der Kläger sich demzufolge nicht beworben hat. Denn einer Bewerbung ist es gleich zu achten, wenn – wie hier im streitgegenständlichen Zeitraum – diejenigen Beamten, welche die laufbahnrechtlichen oder sonstigen allgemeinen Beförderungsvoraussetzungen erfüllen, gleichsam von Amts wegen in das Bewerbungsverfahren einbezogen werden, ohne dass sie selbst aktiv werden müssen“ (OVG NW, U.v. 27.4.2016 – 1 A 2309/14 – juris Rn. 32). In einer früheren Entscheidung hatte das OVG dazu ausgeführt: „Einer hier fehlenden ausdrücklichen Bewerbung durch die Betroffene ist es gleich zu achten, wenn diejenigen Beamten, welche die laufbahnrechtlichen Beförderungsvoraussetzungen erfüllen, gewissermaßen von Amts wegen auf der Grundlage einer Reihung vom Dienstherrn betrachtet werden, ohne dass sie selbst aktiv werden müssen, um in das „Bewerberfeld“ zu gelangen. Auch diese Beamten – wie hier die Antragstellerin – können sich auf den Bewerbungsverfahrensanspruch berufen“ (OVG NW, B.v. 24.11.2015 – 1 B 884/15 – juris Rn. 39). Die OVG-Entscheidungen beziehen sich auf Fallgestaltung, bei denen der jeweilige Kläger in eine von Amts wegen geführte Auswahlliste aufgenommen und deswegen automatisch als Bewerber berücksichtigt wurde. Im vorliegenden Fall ist es aber so, dass der Kläger wegen seines Alters nicht in dieser Auswahlliste geführt und somit nicht automatisch als Bewerber berücksichtigt wurde. Zwar folgt aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich keine Obliegenheit des Beamten, Daten und Fakten zu einem konkreten Auswahlverfahren einzuholen, wenn der Dienstherr ohne Stellenausschreibung von sich aus diejenigen Beamten in den Blick nimmt, die die allgemeinen Voraussetzungen für eine Beförderung erfüllen. Abweichendes ergibt sich nicht mit Blick auf die große Zahl der zu vergebenden Beförderungsstellen. Jedoch erfüllte der Kläger gerade nicht die allgemeinen Voraussetzungen für eine Beförderung. Die einzelfallbezogene Konkurrentenmitteilung soll den unterlegenen Beamten davor schützen, ein Rechtsmittel auf ungesicherter tatsächlicher oder rechtlicher Grundlage zu ergreifen. Handelt es sich jedoch um in Richtlinien festgehaltene allgemeine Beförderungsvoraussetzungen, die der Beklagte grundsätzlich anwendet, muss der Bewerber gerade nicht auf ungesicherter tatsächlicher oder rechtlicher Grundlage ein Rechtsmittel ergreifen. Die Beförderungsvoraussetzungen des Beklagten waren in den Beförderungsrichtlinien enthalten. Es kann von einem Polizeibeamten in der Stufe eines Polizeihauptmeisters erwartet werden, dass er sich – wenn er weiter befördert werden möchte – kundig macht, welche Voraussetzungen dafür erforderlich sind. Dies umfasst auch die Frage, ob eine Bewerbung erforderlich ist oder ob der Dienstherr selbst einen Bewerberpool aufstellt und welche Kriterien dabei angewendet werden. Bei Beamten, die gerade nicht in die Beförderungsrangliste aufgenommen werden, ist auch keine einzelfallbezogene Mitteilung nötig. Es handelt sich nicht um Auswahlentscheidungen, die je nach Bewerbern und zur Verfügung stehenden Planstellen anders ausfallen. Bei solchen Entscheidungen ist eine Anstoßwirkung nötig, da der einzelne Bewerber nur durch die jeweilige Einzelfallentscheidung fundiert entscheiden kann, ob er gegen die jeweilige Auswahlentscheidung vorgeht. Bei nicht in der Beförderungsrangliste geführten Beamten, weil sie bereits nicht die allgemeinen Beförderungsvoraussetzungen erfüllen, handelt es sich jedoch nicht um einzelfallbezogene Entscheidungen je nach Bewerberfeld und verfügbaren Planstellen. Vielmehr werden diese Beamten auch bei einem Überhang an freien Planstellen nicht befördert. Sie werden generell gar nicht in die Beförderungsrangliste aufgenommen und gelten daher schon nicht als Bewerber. Bei der Beförderung geht es um das berufliche Weiterkommen. Dem einzelnen Beamten, der an seinem beruflichen Weiterkommen interessiert ist, ist es zuzumuten sich auf Ausschreibungen zu bewerben. Es ist ihm daher auch zuzumuten, sich zu informieren, wie die Beförderungsverfahren ablaufen. Wenn sich der Kläger über die Voraussetzungen für eine Beförderung in die Besoldungsstufe A9 mit Amtszulage informiert hätte, wäre er auf die Voraussetzung des Mindestlebensalters von 43 Jahren gestoßen. Es hätte ihm klar sein können und müssen, dass ein wesentliches Abstellen auf das Lebensalter in Konflikt mit dem Leistungsprinzip steht. Aus den schriftlichen Ausführungen des Klägers im Klageverfahren wird deutlich, dass der Kläger im Stande ist, die notwendigen Entscheidungen zu finden, diese rechtlich einzuordnen sowie die daraus folgenden Konsequenzen zu ziehen.
Dass der Kläger vorträgt, dass er seinerzeit die Rechtswidrigkeit des Auswahlsystems des Beklagten nicht erkannt hat und erst durch die E-Mail der Gewerkschaft im April davon erfahren hat, rechtfertigt das Unterlassen von Rechtsmitteln nicht. Für die Auswahl von Bewerbern um ein Beförderungsamt galten damals wie heute grundsätzlich dieselben Auswahlmaßstäbe (vgl. Art. 33 Abs. 2 GG). Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger erst nach Abschluss der früheren Beförderungsverfahren in der Lage war, weitere tatsächliche Erkenntnisse zu gewinnen, die für den Erfolg des Primärrechtsschutzes ausschlaggebend sein konnten. Die mit der Klage auf Schadensersatz vorgetragenen Tatsachen, aus denen sich die Rechtswidrigkeit der früheren Beförderungspraxis der Beklagten ergebe, hätte der Kläger bereits in einem früheren Verfahren mit dem Ziel seiner Beförderung einbringen können. Bereits im Urteil vom 28. Oktober 2004 (2 C 23/03 – juris Rn. 13 ff.) hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass Dienst- und Lebensalter keine unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien sind. Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass eine Bewerbung, ggf. unter Inanspruchnahme weiteren gerichtlichen Rechtsschutzes, hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (BVerwG, U.v. 18.4.2002 – 2 C 19/01 – juris). Es kann erwartet werden, dass sich ein Beamter um Angelegenheiten, die in seinem eigenen Interesse liegen, selbst bemüht.
Soweit der Kläger geltend macht, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war sich mit seiner beruflichen Situation zu beschäftigen, ändert dies nichts am Vorrang des Primärrechtsschutzes. Das Gericht erkennt durchaus, dass der Kläger schwer erkrankt war. Eine Erkrankung führt jedoch nicht dazu, dass der Kläger nicht verpflichtet gewesen wäre Primärrechtsschutz zu ergreifen. Zumal es ihm auch möglich gewesen wäre, sich anwaltlich vertreten zu lassen, gerade zu der Zeit als er verständlicherweise nach seinem Vortrag mit anderen Problemen mehr beschäftigt gewesen ist.
Unabhängig davon hat es der Kläger auch schuldhaft unterlassen, die jeweils monatlich erfolgte Ernennung der ausgewählten Beamten durch Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes zu verhindern. Für das Absehen von einer entsprechenden Antragstellung bestand – entgegen der Auffassung des Klägers – kein hinreichender Grund. Insbesondere war der Kläger nicht aufgrund eines Versäumnisses oder einer Pflichtverletzung des Beklagten gehindert, den erforderlichen Primärrechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Grundsätzlich kann Primärrechtsschutz gegen die Ernennung eines Konkurrenten nur durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel erreicht werden, eine noch bevorstehende Ernennung zu verhindern. Sowohl die Behörden als auch die Verwaltungsgerichte müssen dem Gebot effektiven Rechtsschutzes im beamtenrechtlichen Konkurrentenstreit sorgfältig Rechnung tragen. Das Verwaltungsverfahren darf nicht so ausgestaltet werden, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Unerlässlich ist daher, dass der Dienstherr seine Auswahlentscheidung den unterlegenen Bewerbern vor der Ernennung der Mitbewerber mitteilt, um ihnen die erfolgreiche Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes zu ermöglichen. Auch bei Beförderungsaktionen, bei denen eine große Zahl von Beamten zur gleichen Zeit befördert wird („Massenbeförderung“), hat der Dienstherr die nicht für eine Beförderung Vorgesehenen rechtzeitig vor der Ernennung der anderen über das Ergebnis der Auswahlentscheidung und die maßgebenden Gründe dafür zu unterrichten (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – juris; U.v. 1.4.2004 – 2 C 26/03 – juris).
Da es sich beim Kläger bereits nicht um einen „Bewerber“ gehandelt hat, hätte eine Konkurrentenmitteilung an ihn nicht erfolgen müssen. Der Beklagte hat trotzdem eine den Anforderungen entsprechende Mitteilung ins Intranet der Polizei gestellt. Ziel einer Konkurrentenmitteilung ist es, dem jeweils unterlegenen Bewerber die wesentlichen Auswahlerwägungen in knapper Form mitzuteilen. Die Negativmitteilung soll eine „Anstoßwirkung“ enthalten. Gem. Art. 16 Abs. 4 Satz 1 Gesetz über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen Leistungslaufbahngesetz (Leistungslaufbahngesetz – LlbG i.d.F. d. Bek. vom 5. August 2010 (GVBl. S. 410, 571, BayRS 2030-1-4-F), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2016 (GVBl. S. 354)) i.V.m. Art. 17 Abs. 7 LlbG kann seit dem 1. Januar 2013 die Unterrichtung unterlegener Bewerber bei Beförderungen auf Grund von Ranglisten auch dadurch erfolgen, dass ihnen die die Entscheidung tragenden Kriterien anonymisiert mitgeteilt werden, soweit sie ihnen nicht bereits bekannt sind. Diese Mitteilung kann gem. Art. 16 Abs. 4 Satz 2 LlbG durch elektronische Informationssysteme erfolgen, soweit sie den Bewerbern und Bewerberinnen üblicherweise zugänglich sind. Von dieser Möglichkeit macht der Beklagte Gebrauch. Der Beklagte hat dargelegt, dass er auch bereits 2005, also vor der Gesetzesänderung, im IntraPol anonymisiert die Anzahl der ausgewählten Beamten und die maßgeblichen Auswahlkriterien bekannt gegeben hat. Die anonymisierte Bekanntmachung war dem Kläger auch zugänglich. Dass eine solche Bekanntmachung nicht jeweils zwei Wochen vor der Ernennung der ausgewählten Bewerber erfolgt ist, ist weder ersichtlich noch vom Kläger bestritten worden. Die ständige Praxis der Beklagten schon vor der Gesetzesänderung genügt auch den Anforderungen an eine Negativmitteilung. Aus der Mitteilung wird ersichtlich, welche maßgeblichen Auswahlkriterien zu einer Beförderung führen. Sie teilt den unterlegenen Bewerbern die wesentlichen Auswahlerwägungen mit und enthält die geforderte „Anstoßwirkung“.
Die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes hat der Kläger auch schuldhaft unterlassen. Für den schuldhaften Nichtgebrauch von Rechtsmitteln ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung, ob die Inanspruchnahme von gerichtlichem Primärrechtsschutz einen sicheren Erfolg versprochen hätte. Es reicht vielmehr eine auf der Grundlage der eigenen Rechtsposition objektiv anzunehmende hinreichende Erfolgsaussicht aus (OVG NW, U.v. 12.12.2013 – 1 A 71/11 – juris). Ein Antrag des Klägers hätte hinlängliche Erfolgsaussichten gehabt. Bereits im Urteil vom 28. Oktober 2004 (2 C 23/03 – juris Rn. 13 ff.) hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass Dienst- und Lebensalter keine unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien sind. Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Der Kläger hat es unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles, d.h. des Maßes an Umsicht und Sorgfalt das von Angehörigen des Verkehrskreises, dem der Verletzte angehört zu erwarten ist, auch schuldhaft unterlassen, die monatliche Beförderung seiner Kollegen zu verhindern.
Soweit der Kläger geltend macht, dass er aufgrund einer Erkrankung daran gehindert gewesen sei, Primärrechtsschutz zu erheben, führt zu keiner anderen Bewertung der Rechtslage. Für die Bekanntgabe an die einzelnen Bewerber genügt es, wenn die elektronischen Informationssysteme den Bewerbern üblicherweise zugänglich sind. Dies ist erfüllt, wenn alle Bewerber auf das elektronische Informationssystem zugreifen können. Nicht nötig ist, dass sie dies tatsächlich tun. Auch die vorübergehende krankheitsbedingte Abwesenheit hindert die Annahme der Unterrichtung nicht. Hier obliegt es dem Beamten, sich ggf. selbst darum zu kümmern, wie er die Unterrichtung sicher erreichen will (Kathke in: Dienstrecht in Bayern, Stand: November 2016, Art. 16 LlbG Rn. 108). Der Kläger stand 2005 bereits seit Jahren im Dienst des Beklagten. Er hätte daher die ständige Praxis kennen müssen. Wäre es ihm auf die Beförderung angekommen, wäre es ihm zumutbar gewesen einen Antrag zu stellen, dass ihm während seiner krankheitsbedingten Abwesenheit die Auswahlentscheidungen persönlich oder auch gegebenenfalls einem Bevollmächtigten mitgeteilt werden.
1.1.3. Im Übrigen wäre ein Schadensersatzanspruch des Klägers dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, als ob ihm zum 1. November 2005 ein Amt der Besoldungsgruppe A9 mit Amtszulage verliehen worden wäre, bereits verwirkt.
Die Verwirkung von Rechten ist eine besondere Ausprägung des auch im öffentlichen Recht einschließlich des öffentlichen Dienstrechts geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben. Danach darf ein (prozessuales oder materielles) Recht nicht mehr ausgeübt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, welche die verspätete Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen (Umstandsmoment). Erforderlich für die Erfüllung des Umstandsmoments ist, dass der Rechtsinhaber innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Erst dadurch wird eine Situation geschaffen, auf die der jeweilige Gegner vertrauen, sich einstellen und einrichten darf (BVerwG, B.v. 23.12.2015 – 2 B 40.14 – juris Rn. 21; BVerwG, U.v. 27.1.2010 – 7 A 8.09 – juris Rn. 26; BVerfG, B.v. 26.1.1972 – 2 BvR 255/67 – juris Rn. 18; OVG NW, B.v. 15.3.2012 – 1 A 1885/10 – juris Rn. 9 ff.). Das Vertrauen des Gegners ist grundsätzlich weniger schutzwürdig, wenn er selbst gut oder sogar besser als der Berechtigte in der Lage war, die Sach- und Rechtslage zu überblicken, oder wenn ihm ein rechtswidrig-schuldhaftes Verhalten zur Last fällt (Roth/Schubert, in: Münch. Komm. zum BGB, Bd. II, 6. Aufl. 2012, § 242, Rn. 343.). Die Bewertung der späten Geltendmachung eines Rechts als treuwidrig setzt grundsätzlich weiter voraus, dass der Berechtigte schon früher Kenntnis von den rechtsbegründenden Tatsachen und der Möglichkeit der Ausübung seines Rechts hat oder zumindest hätte haben müssen (sog. subjektive Zurechenbarkeit); eine etwaige Unkenntnis muss also vermeidbar gewesen sein (BVerwG, U.v. 25.1.1974 – IV C 2.72 – juris Rn. 25; B.v. 18.1.1988 – 4 B 257.87 – juris Rn. 4; B.v. 28.8.1987 – 4 N 3.86 – juris Rn. 13; OVG NW, B.v. 24.11.2015 – 1 B 884/15 – juris Rn. 17 (zur Ernennung eines Konkurrenten)). Die Frage, ob Verwirkung vorliegt, ist stets im Einzelfall auf der Grundlage einer Gewichtung und Abwägung der Gesamtumstände zu beantworten (OVG NW, U.v. 27.4.2016 – 1 A 2310/14 – juris Rn. 67).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger seinen Schadensersatzanspruch verwirkt.
Das erforderliche Zeitmoment ist gegeben. Zwischen dem Stichtag der Beförderungsrunde 2005 (1. November 2005) und der erstmaligen Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs bezüglich dieses Beförderungstermins mit Schreiben vom 27. April 2015 lagen fast zehn Jahre, d.h. unter Zugrundlegung von monatlichen Beförderungen hat die Beklagte seit dieser Beförderungsrunde rund 100 Beförderungsaktion durchgeführt. Bei diesem Zeitraum ist nicht davon auszugehen, dass das Institut der Verwirkung dazu führt, dass eine gesetzliche Verjährungsregelung in weitem Maße unterlaufen wird. Es handelt sich bei einem Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Beförderung um ein bipolares Rechtsverhältnis, bei dem Aspekte des Vertrauensschutzes Dritter in den Hintergrund treten. Bei einer Geltendmachung von Schadensersatzansprächen nach fast zehn Jahre nach der Auswahlentscheidung ist jedoch das Zeitmoment gegeben.
Auch liegen Umstände vor angesichts derer die späte Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs als treuwidrig zu bewerten ist. Zwar darf der Beklagte regelmäßig nicht aufgrund der bloßen Untätigkeit des Klägers darauf vertrauen, dass dieser keine Rechte mehr geltend machen wird. Der Kläger ist jedoch unter Verhältnissen untätig geblieben, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt. Seine Untätigkeit kann ihm subjektiv zugerechnet werden. Zum einen fehlte es dem Kläger nicht an wesentlichen Informationen über die streitige Beförderungsrunde. Der Kläger hat sich nicht beworben und wurde auch von Amts wegen nicht in die Beförderungsrangliste aufgenommen, weil er die sonstigen Beförderungsvoraussetzungen nicht erfüllt hat. Er war somit nicht „Bewerber“ im Sinne der Rechtsprechung. In den Beförderungsrichtlinien für die Laufbahnen des mittleren, des gehobenen und des höheren Dienstes der Bayerischen Polizei – RBefPol – vom 16. September 1993 war bereits festgelegt, dass ein Amt der Besoldungsgruppe A9 mit Amtszulage nur Beamten, die mindestens das 43. Lebensjahr vollendet haben übertragen werden könne. Es handelt sich dabei nicht um ein speziell auf bestimmte einzelne Beförderungsentscheidungen erfolgendes Kriterium, sondern ein allgemeines Beförderungskriterium. Auch in § 13 Abs. 2 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (FachV-Pol/VS, i.d.F. der Bek. vom 9. Dezember 2010 (GVBl. S. 821, 2011 S. 36)) war diese allgemeine Beförderungsvoraussetzung festgehalten. Im Übrigen wurden auch einzelfallbezogene Ablehnungsmitteilungen im Intranet der Polizei bekannt gegeben (vgl. 1.1.2.). Weiter wurde dem Kläger auf Anfrage des Personalrats am 17. Juni 2013 ausdrücklich mitgeteilt, dass er erst mit Erreichen des 43. Lebensjahres beförderungsfähig werde. Bereits seit 2004 war höchstrichterlich geklärt, dass Dienst- und Lebensalter keine unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien darstellen (BVerwG, U.v. 26.9.2012 – 2 C 75/10 – juris; U.v. 28.10.2004 – 2 C 23/03 – juris). Wiederum ist der Kläger untätig geblieben und hat keinerlei Anträge gestellt. Mit der Gewerkschaftsemail vom 30. April 2014 wurde der Kläger darüber informiert, dass die Altersgrenze wegfalle, da sie gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoße. Der Kläger hat weiter keinerlei Anträge gestellt. Erst unter dem 26. Januar 2015 hat der Kläger erstmals Schadensersatzansprüche geltend gemacht, jedoch nur für eine Beförderung zum 1. November 2014. Erst mit Schreiben vom 27. April 2015 beantragte der Kläger im Wege des Schadensersatzes so gestellt zu werden, als sei er bereits zum 1. November 2005 befördert worden. Er ist mithin unter Verhältnissen untätig geblieben, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen wird. Aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung hätte der Kläger erkennen müssen, dass die Altersgrenze gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoße. Im Juni 2013 wurde ihm vom Dienstherrn mitgeteilt, dass er vor Erreichen der Altersgrenze nicht beförderungsfähig ist. Dem Kläger fehlten nicht die wesentlichen Informationen über die Beförderungsrunden. Zwar ist die Schutzwürdigkeit des Beklagten gering, weil es sich diesem aufdrängen hätte müssen, dass die Beförderungsvoraussetzung des 43. Lebensjahres gegen Art. 33 Abs. 2 GG verstoße, jedoch kann dem Kläger bei Anwendung der Verwirkungsgrundsätze ein treuwidriges Verhalten zur Last gelegt werden. Spätestens 2013, mithin acht Jahre nach der strittigen Auswahlentscheidung wurde der Kläger ausdrücklich darüber informiert, dass seine Beförderung von dem Erreichen der Altersgrenze abhängt. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Dienst- und Lebensalter keine unmittelbar leistungsbezogenen Kriterien darstellen. Jedoch hat der Kläger weiter nichts unternommen. Durch die Hinnahme von insgesamt ungefähr 100 Beförderungsaktionen ohne zumindest einen Antrag auf Einbeziehung zu stellen, hat der Kläger eine Situation geschaffen, auf die der Beklagte vertrauen, sich einstellen und einrichten durfte. Der Kläger gibt selbst an, dass er sich nur vorwerfe könne nicht früher gehandelt zu haben. Insbesondere hat der Kläger selbst nach Mitteilung durch die Gewerkschaft, dass die Altersgrenze rechtswidrig gewesen ist, immer noch keinen Antrag bei der Behörde gestellt. Es lagen keine Informationsdefizite vor, aufgrund deren eine unterbliebene Geltendmachung als nicht treuwidrig zu qualifizieren wäre.
1.2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz gem. § 15 Abs. 1 AGG. Der Beklagte hat bei Beförderungen ab dem 1. Mai 2014, insbesondere beim Beförderungstermin 1. November 2014 nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG verstoßen (nachfolgend 1.2.1.). Bezüglich der vorhergehenden Beförderungstermine hat es der Kläger jedenfalls schuldhaft versäumt Primärrechtsschutz zu ergreifen (nachfolgend 1.2.2.). Im Übrigen hat der Kläger die Ausschlussfrist gem. § 15 Abs. 4 AGG nicht eingehalten (nachfolgend 1.2.3.).
Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG ist der Dienstherr bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot (§ 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG) verpflichtet, dem Kläger den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzten. Nach Satz 2 dieser Bestimmung gilt dies nicht, wenn der Arbeitgeber diese Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Schaden i.S.d. Bestimmung ist ein Vermögensschaden, dazu kann auch entgangenes Arbeitseinkommen bzw. Besoldung zählen (Belling/Riesenhuber in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 15 AGG, Rn. 4). Der Anspruch muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 Satz 1 AGG). Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG).
Der Kläger hat jedoch keine Ansprüche aus dem AGG, soweit er sich auf Beförderungstermine vor dem 18. August 2006 bezieht, da die benachteiligende Maßnahme insoweit vor dem Inkrafttreten des AGG lag. Ob eine Benachteiligung i. S. d. § 3 Abs. 1 AGG und eine Benachteiligung aufgrund des Alters nach § 10 Abs. 1 AGG vorliegt, richtet sich danach, ob das AGG überhaupt Anwendung findet. Das AGG ist am 18. August 2006 in Kraft getreten. Es enthält keine Übergangsvorschrift. § 33 Abs. 3 AGG bestimmt lediglich, dass bei Benachteiligungen u.a. aufgrund des Alters die §§ 19 bis 21 nicht auf Schuldverhältnisse anzuwenden sind, die vor dem 1. Dezember 2006 begründet wurden. Ansonsten sind keine Übergangsbestimmungen getroffen. § 33 Abs. 1 AGG bestimmt, dass bei Benachteiligungen nach den §§ 611, 611 b und 612 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder sexuellen Belästigungen nach dem Beschäftigtenschutzgesetz das vor dem 18. August 2006 maßgebliche Recht anzuwenden ist. Das gilt über den Gesetzeswortlaut hinaus für alle Fälle von Diskriminierungen, wie in der amtlichen Begründung zum Ausdruck kommt (BT-Drucksache 16/1780, Seite 53; zitiert nach Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, Anhang G). Eine rückwirkende Inkraftsetzung des AGG ist daher ausdrücklich ausgeschlossen (LAG Nds., U.v. 15.9.2008 – 9 Sa 525/07 – juris).
1.2.1. Bezüglich der Beförderungstermine seit dem 1. Mai 2014, insbesondere beim Beförderungstermin 1. November 2014, hat der Beklagte gegen kein Benachteiligungsverbot (§ 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG) verstoßen.
Der Beklagte hat die Mindestaltersgrenze letztmalig für Beförderungen zum 1. Mai 2014 angewendet. Zum 1. Juni 2014 wurde die Beförderungsvoraussetzung des vollendeten 43. Lebensjahres unstrittig nicht mehr angewendet. Der Kläger wurde nicht aufgrund eines in § 1 AGG genannten Grundes, insbesondere aufgrund seines Alters oder einer Behinderung benachteiligt (vgl. 1.1.1.).
1.2.2. Der Kläger hat auch bezüglich der früheren Beförderungsaktionen keinen Schadensersatzanspruch, da er sich ein Mitverschulden i.S.d. § 254 Abs. 1 BGB, der auch im Rahmen des § 15 Abs. 1 AGG Anwendung findet, anrechnen lassen muss, das so schwerwiegend ist, dass der Schadensersatzanspruch auch unter diesem Gesichtspunkt vollständig ausgeschlossen ist (VG Arnsberg, U.v. 14.8.2013 – 2 K 2669/11 – juris Rn. 113). Denn der Kläger hat es unterlassen Primärrechtsschutz zu ergreifen, um sich so wenigstens die Chance auf die Stelle ggf. durch Einbeziehung in die Auswahlverfahren zu erhalten (vgl. 1.1.2.). Der Grundsatz des Vorrangs von Primärrechtsschutz ist auch bei § 15 Abs. 1 AGG zu berücksichtigten. Gem. § 24 AGG gelten die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamte. Im Gegensatz zu privatrechtlichen Beförderungsverfahren hat der Beamte gerade die Möglichkeit durch Primärrechtsschutz den Schadenseintritt zu verhindern. Bei rechtswidrigem Handeln des Staates soll der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz im Vordergrund stehen und dem Betroffenen dadurch die missbilligte Wahlmöglichkeit genommen werden, entweder den rechtswidrigen hoheitlichen Akt mit den ordentlichen Rechtsschutzmitteln anzugreifen oder aber diesen zu dulden und dafür zu liquidieren. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat (vgl. BVerwG, B.v. 3.11.2014 – 2 B 24/14 – juris Rn. 7 m.w.N.).
1.2.3. Unabhängig davon scheitert der vom Kläger geltend gemachte Anspruch aber bereits an der Nichteinhaltung der materiellen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG. Der Kläger hat seinen Anspruch nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zugang der Ablehnung schriftlich geltend gemacht. Die schriftliche Geltendmachung mit Schreiben vom 26. Januar 2015, zugegangen am 30. Januar 2015, und 27. April 2015, zugegangen am 29. April 2015, erfolgte nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist.
Für den Fristbeginn ist spätestens auf die jeweiligen Beförderungstermine abzustellen. Die Bekanntgabe der maßgeblichen Auswahlkriterien erfolgte jeweils in den Wochen vor den einzelnen Beförderungsaktionen im Intranet der Polizei, das dem Kläger zugänglich war. Mithin hat spätestens zum jeweiligen Beförderungsstichtag die materielle Ausschlussfrist zu laufen begonnen.
Es handelt sich bei den einzelnen Beförderungsaktionen nicht um einen Dauertatbestand, bei dem die Ausschlussfrist nicht vor dessen Beendigung zu laufen beginnt (vgl. hierzu BAG, U.v. 24.09.2009 – 8 AZR 705/08 – juris). Der Beklagte hat in ständiger Praxis – seit 1. Januar 2013 so auch gesetzlich vorgesehen (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. Art. 17 Abs. 6 LlbG) – im Intranet der Polizei jeweils die maßgeblichen Beförderungsvoraussetzungen eingestellt. Unabhängig von dem tatsächlichen Zeitpunkt der Einstellung hat der Beklagte dargelegt, dass eine solche Einstellung jedenfalls vor dem jeweiligen Beförderungsstichtag erfolgt sei. Eine solche Veröffentlichung im Intrapol hat der Kläger nicht bestritten. Dass dies nicht erfolgt sei, ist für das Gericht auch nicht ersichtlich.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht München erst mit Urteil vom 12. Dezember 2013 (Az. M 5 K 13.357) die Mindestaltersgrenze für rechtswidrig erklärt hat. Grundsätzlich hat der Beschäftigte gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG Kenntnis von der Benachteiligung, wenn er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann nicht vor dem Zeitpunkt, ab dem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. Maßgeblich dafür ist die objektive Klärung der Rechtslage durch eine höchstrichterliche Entscheidung (BVerwG, U.v. 30.10.2014 – 2 C 6.13 – juris). Bereits mit Urteil vom 28. Oktober 2004 (Az. 2 C 23/03) bestätigt mit Urteil vom 26. September 2012 (Az. 2 C 74/10) hat das Bundesverwaltungsgericht die Rechtslage in Bezug auf an das Lebens- oder Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen geklärt. Die Frist des § 15 Abs. 4 AGG beginnt nicht erst zu laufen, wenn alle denkbaren Zweifelsfragen restlos höchstrichterlich geklärt sind. Dies ist vielmehr bereits dann der Fall, wenn die maßgeblichen offenen Fragen soweit höchstrichterlich geklärt sind, dass eine Klage für den Betroffenen zumutbar, also hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist (OVG NW, U.v. 8.2.2017 – 3 A 80/16 – juris; U.v. 20.1.2016 – 1 A 1432/13 – juris Rn. 70; Hess. VGH, U.v. 11.5.2016 – 1 A 1927/15 – juris Rn. 56 ff.; U.v. 15.9.2015 – 1 A 861/15 – juris Rn. 24 ff.). Eine Klage war aufgrund der erwähnten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts für den Kläger auch vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts München hinreichend aussichtsreich und somit zumutbar.
Selbst wenn man zugunsten des Klägers auf den Zeitpunkt abstellt, als er durch die Gewerkschaftsemail positiv Kenntnis erhalten hat, hat er mit seinen Schreiben vom 26. Januar 2015 und 27. April 2015 die materielle Ausschlussfrist gem. § 15 Abs. 4 AGG nicht eingehalten. Die Gewerkschaftsemail hat der Kläger am 30. April 2014 erhalten. Die zweimonatige materielle Ausschlussfrist hat er mit den genannten Schreiben nicht gewahrt. Soweit der Kläger vorträgt, er habe damals noch gar nicht abschätzen können, wie sich das Urteil für ihn auswirke, ist seine Argumentation nicht schlüssig. Wie sich die Anwendung der Altersgrenze für ihn bis zu diesem Zeitpunkt ausgewirkt hat, war für ihn unschwer erkennbar. Er wurde nicht befördert. Ein weiteres Abwarten führte zu keinen weiteren Erkenntnissen, die für die vergangenen Auswahlentscheidungen relevant gewesen wären.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Entschädigung gem. § 15 Abs. 2 AGG. Ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist bezüglich der Beförderungstermine ab dem 1. Mai 2014 nicht gegeben. Im Übrigen hat der Kläger soweit das AGG überhaupt anwendbar ist (vgl. 1.2.), den Anspruch nicht innerhalb der materiellen Ausschlussfrist (§ 15 Abs. 4 AGG) geltend gemacht. Die schriftliche Geltendmachung mit Schreiben vom 26. Januar 2015 und 27. April 2015 erfolgte nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist.
Gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der Bewerber wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Anspruch muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden (§ 15 Abs. 4 Satz 1 AGG). Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG). Liegt eine wiederkehrende Benachteiligung durch jeweils eigenständige Diskriminierungsakte vor, entsteht durch jeden von diesen ein einzelner Entschädigungsanspruch, bezüglich dessen die Ausschlussfrist einzuhalten ist (OVG NW, U.v. 8.2.2017 – 3 A 80/16 – juris).
Soweit der Kläger eine Entschädigung für Benachteiligung in Beförderungsaktionen ab dem 1. Mai 2014, insbesondere dem 1. November 2014 geltend macht, ist bereits keine Benachteiligung aufgrund eines in § 1 AGG genannten Gründe ersichtlich (vgl. 1.1.1. und 1.2.1.).
Bezüglich der vorhergehenden Beförderungsaktionen, soweit das AGG überhaupt anwendbar ist, hat der Kläger die materielle Ausschlussfrist nicht eingehalten (vgl. 1.2.2.).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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