Aktenzeichen M 21 K 17.41697
Leitsatz
Bereits das Bundesamt hätte den Asylantrag des Klägers, welcher sich unglaubwürdig gemacht hat, als offensichtlich unbegründet abzulehnen müssen, da die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AsylG) und das Vorbringen des Klägers in wesentlichen Punkten nicht substantiiert ist. Durch das (fortdauernde) vorsätzliche Unterlassen der Vorlage seines gültigen Reisepasses hat er zudem seine Mitwirkungspflichten nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylG gröblich und vorwerfbar verletzt (30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG). (Rn. 16 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Über die Klage konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten verhandelt und entschieden werden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist zwar zulässig, aber insgesamt offensichtlich unbegründet.
Das Gericht folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Bundesamtsbescheids vom 15. Mai 2017 und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Bei der Abweisung einer Asylklage als offensichtlich unbegründet, welche die Unanfechtbarkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zur Folge hat (§ 78 Abs. 1 AsylG), sind nach der Judikatur des Bundesverfassungsgerichts besondere Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung und an die Urteilsbegründung zu stellen. Es muss sich die auf der Hand liegende Aussichtslosigkeit der Klage zumindest eindeutig aus der Entscheidung selbst ergeben (vgl. nur BVerfG, B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris Rn. 3). Das Bundesverfassungsgericht hat zudem den unbestimmten Rechtsbegriff der Offensichtlichkeit in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dahin ausgelegt, dass Offensichtlichkeit im Sinne des § 30 Abs. 1 AsylG dann vorliegt, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (hier: § 77 Abs. 1 Halbs. 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise kein Zweifel bestehen kann und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre) die Abweisung der Klage geradezu aufdrängt. Dieselben Anforderungen sind auch an eine gerichtliche Entscheidung über das offensichtliche Nichtvorliegen eines Anspruchs auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3 ff. AsylG und an die Abweisung der Klage auf Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Absatz 7 Satz 1 AufenthG als offensichtlich unbegründet zu stellen (vgl. zu all dem nur BVerfG, B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris Rn. 3 m.w.N.; BVerfG, B.v. 27.9.2007 – 2 BvR 1613/07 – juris Rn. 18 m.w.N.). Die Darlegung, worauf das Offensichtlichkeitsurteil im Einzelnen gestützt wird, erfordert vor allem dann besondere Sorgfalt, wenn das Bundesamt den Antrag lediglich als (schlicht) unbegründet abgelehnt hat (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – juris Rn. 10 m.w.N.). Steht, wie im Fall der Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet (§ 78 Abs. 1 AsylG), nur eine Instanz zur Verfügung, so verstärkt dies die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Verfahrens im Hinblick auf die Wahrheitserforschung (vgl. nur BVerfG, B.v. 7.11.2008 – 2 BvR 629/06 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Gemessen an diesen Maßstäben ist die Klage insgesamt als offensichtlich unbegründet abzuweisen.
Die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes liegen offensichtlich nicht vor (§ 30 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 AsylG). Das Vorbringen des Klägers ist in wesentlichen Punkten nicht substantiiert. Durch das (fortdauernde), vorsätzliche Unterlassen der Vorlage seines gültigen Reisepasses hat er zudem seine Mitwirkungspflichten nach § 15 Abs. 2 Nr. 4 AsylG gröblich und vorwerfbar verletzt, so dass auch der Tatbestand des § 30 Abs. 3 Nr. 5 AsylG verwirklicht ist. Somit wäre es bereits Sache des Bundesamts gewesen, den Asylantrag des Klägers, welcher sich unglaubwürdig gemacht hat, als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Davon unabhängig ist er auch jedenfalls hinreichend gesichert auf internen Schutz (§ 3e AsylG) zu verweisen.
Im Kern hat der Kläger angebliche Bedrohungen durch Angehörige eines Geheimbunds und Familienangehörige eines getöteten Freundes geltend gemacht.
Wenn dieses Vorbringen der Wahrheit entspräche, hätte der Kläger bereits in der Bundesamtsanhörung den Namen dieses Geheimbunds angeben können und müssen und auch nachvollziehbar darlegen können, warum die Angehörigen dieses Geheimbunds gerade ihn und seinen Freund am 25. September 2013 wegen des Beitritts zu ihrem Bund hätten ansprechen sollen. Im Falle einer echten Bedrohung hätte der Kläger Nigeria zudem nicht erst nach entsprechender Antragstellung mit einem Schengenvisum verlassen.
Die so oder ähnlich stereotyp von vielen Asylklägern vorgebrachte Einlassung des Klägers, sein ein Schengenvisum enthaltender, bis 28. Juli 2020 gültiger nigerianischen Reisepass sei ihm just bei der Reise nach Deutschland gestohlen worden, ist nichts anderes als eine völlig unglaubhafte Schutzbehauptung. Sie ist vom Kläger von vornherein rechtswidrig und vorsätzlich letztlich vor allem dazu aufgestellt worden, um die eigene Abschiebung jedenfalls zu erschweren und sich damit einen längeren (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet zu erzwingen. Schon allein mit diesem Verhalten hat sich der Kläger unglaubwürdig gemacht.
Davon unabhängig ist der Kläger auch jedenfalls hinreichend gesichert auf internen Schutz (§ 3e AsylG) zu verweisen.
Grundsätzlich besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, insbesondere Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann allerdings ausnahmsweise mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn sich Einzelpersonen an einen Ort begeben, in dem keine Mitglieder ihrer Familie bzw. erweiterten Verwandtschaft oder der Dorfgemeinschaft leben (vgl. zu all dem nur Lagebericht des Auswärtigen Amts zur Bundesrepublik Nigeria, Stand: September 2016, S. 17).
Einen solchen, engen Ausnahmefall kann der Kläger offensichtlich nicht für sich in Anspruch nehmen. Er hat als junger, gesunder und arbeitsfähiger Mann nicht zuletzt durch seine Reise nach Europa bewiesen, dass er sich in einer für ihn unbekannten Umgebung behaupten kann. Somit ist er jedenfalls auf andere Landesteile als Ogun State oder Lagos zu verweisen.
Nach dem Klagevorbringen besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass die vorliegende, in vergleichbaren Fällen gleich lange Fristbestimmung hinsichtlich des Einreise- und Aufenthaltsverbots ermessensfehlerhaft (vgl. BayVGH, U.v. 12.7.2016 – 10 BV 14.1818 – juris Rn. 59) sein könnte.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.
Das Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).