Verwaltungsrecht

Vorbeugender Rechtsschutz vor dem Verbot der Benutzung einer gemeindlichen Entwässerungseinrichtung

Aktenzeichen  4 CE 15/273

Datum:
24.1.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
DÖV – 2017, 740
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG BayVwVfG Art. 60
BayGO BayGO Art. 21 Abs. 1
VwGO VwGO § 43, § 80 Abs. 5, § 123

 

Leitsatz

1. Vorbeugender Rechtsschutz hat nicht die Aufgabe, dem Rechtsuchenden durch die vorweggenommene gerichtliche Bewertung einer angekündigten behördlichen Maßnahme das Risiko rechtlicher oder wirtschaftlicher Fehlentscheidungen abzunehmen.
2. Die Feststellungsklage ist gegenüber der vorbeugenden Unterlassungsklage vorrangig in Anspruch zu nehmen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Dringlichkeit eines Eilrechtsschutzbegehrens, aus der sich ein Anordnungsgrund ergeben kann, bestimmt sich nicht nach der Art und Schwere der Rechtsverstöße, die der jeweiligen Gegenseite vorgeworfen werden, sondern allein danach, wie gravierend die Nachteile sind, welche die Antragstellerseite bis zu einer möglichen Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich hinzunehmen hätte. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 2 E 14.1302 2015-01-21 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um ein von der Antragsgegnerin angekündigtes Verbot, die Abwässer aus Rastanlagen der Antragstellerin in die örtliche Kläranlage einzuleiten.
Mit Schreiben vom 28. November 2014 bot die Antragsgegnerin der Antragstellerin an, entsprechend einer seit längerem erhobenen Forderung eine Vereinbarung über die Beteiligung an den Investitions- und Betriebskosten der im Ortsteil Rieden neu errichteten Kläranlage abzuschließen. Zugleich erklärte sie, falls sich die Antragstellerin gegen eine solche Vereinbarung entscheide, sei beabsichtigt, gemäß § 15 der Entwässerungssatzung (EWS) die weitere Einleitung von Schmutzwasser aus der Rastanlage Riedener Wald in die Kläranlage auf der Grundlage eines Einleitungsverbots nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten nach Bestandskraft des Verbotsbescheids zu unterbinden. Da die Antragstellerin kein satzungsrechtliches oder vertragliches Anschlussrecht habe, sei die Antragsgegnerin nicht verpflichtet, das Schmutzwasser von den Betriebsgrundstücken der Rastanlage abzunehmen und zu reinigen. Die Antragstellerin habe Gelegenheit, sich bis zum 29. Dezember 2014 zu dem beabsichtigten Einleitungsverbot zu äußern.
Die Antragstellerin beantragte daraufhin beim Verwaltungsgericht Würzburg den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Antragsgegnerin den Erlass einer Verfügung zu untersagen, die es der Antragstellerin verbiete, das Abwasser ihrer Betriebe in die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin einzuleiten, so 1 wie diese zu verpflichten, eine etwaige Einleiteverbotsverfügung sofort aufzuheben. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragstellerin drohten aufgrund des angekündigten Einleitungsverbots so schwerwiegende Nachteile, dass sie nicht auf nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden könne, sondern vorbeugenden Rechtsschutz in Anspruch nehmen müsse. Das Verwaltungsgericht habe in seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 15. Oktober 2014 (Az. W 2 K 12.864) zu erkennen gegeben, dass es einer Einleiteverbotsverfügung der Antragsgegnerin wohlwollend entgegensehe, so dass sich die Antragstellerin auf einen Misserfolg einer künftigen Anfechtungsklage in erster Instanz sowie auf die Nichtzulassung der Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil einstellen müsse. Angesichts des angedrohten Einleitungsverbots müsse sie daher umgehend damit beginnen, sich um den Bau einer Autobahnkläranlage zu bemühen, da es unmöglich sei, innerhalb von sechs Monaten ab Bestandskraft eines Verbots das erforderliche Planfeststellungsverfahren und die tatsächliche Errichtung einer solchen Anlage zum Abschluss zu bringen. Nach § 15 Abs. 2 Satz 6 i. V. m. § 17 FStrG könne aber nur die Bundesstraßenverwaltung einen solchen Planfeststellungsbeschluss beantragen. Schon jetzt bestehe die Gefahr, dass die Bundesstraßenverwaltung die Unwägbarkeiten zum Anlass nehmen könnte, die Konzessionsverträge für die Rastanlagen Riedener Wald Ost und West zu kündigen und bei einer künftigen Neuausschreibung von den Bewerbern eine Bestätigung der Antragsgegnerin über die Sicherstellung der Entwässerung zu verlangen. Da ein Ausschreibungsverfahren Zeit koste, müsse die Autobahndirektion Nordbayern als zuständige Stelle der Bundesstraßenverwaltung, wenn sie den Eintritt der Bestandskraft einer Verbotsverfügung für möglich halte, umgehend die bestehenden Konzessionsverträge kündigen und ein neues Ausschreibungsverfahren einleiten; ihr Vertreter habe in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die „Möglichkeit einer Neuausschreibung“ ausdrücklich erwähnt. Der Anordnungsgrund für den Eilantrag folge aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin mit dem angekündigten Einleitungsverbot unlautere Zwecke verfolge, da sie damit lediglich Druck aufbauen wolle, um die Antragstellerin nach Abweisung der Zahlungsklage doch noch zu einer Zahlung zu veranlassen; ein eigenes Interesse an dem Einleitungsverbot habe sie angesichts der Dimensionierung der neuen Kläranlage nicht. Sie verstoße damit auch gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Der Anordnungsanspruch in Form eines Unterlassungsanspruchs ergebe sich daraus, dass ein Einleiteverbot das aus Art. 21 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 GO i. V. m. § 4 EWS folgende Benutzungsrecht der Antragstellerin vereiteln würde. Ein Übernahmeverweigerungsrecht nach § 15, § 4 Abs. 3 Nr. 1 oder § 4 Abs. 3 Nr. 2 EWS bzw. nach Art. 27 Abs. 1 GO bestehe nicht; auch stehe der Antragsgegnerin im Verhältnis zur Antragstellerin keine Verwaltungsaktsbefugnis zu. In einem Einleitungsverbot sei zudem eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung gemäß §§ 19, 20 GWB zu sehen. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Sofortaufhebung einer erlassenen Einleiteverbotsverfügung, da schon deren Existenz die Autobahndirektion Nordbayern veranlassen könnte, die Konzessionsverträge zu kündigen und eine Neuausschreibung einzuleiten, womit ein irreparabler Schaden entstünde.
Die Antragsgegnerin beantragte, die Anträge abzulehnen. Sie seien mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig, da noch kein Umstand eingetreten sei, der die Rechte der Antragstellerin beeinträchtige. Im Schreiben vom 28. November 2014 liege lediglich eine Anhörung vor Erlass eines belastenden Verwaltungsakts, gegen den mittels einer Anfechtungsklage und im Falle des Sofortvollzugs mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgegangen werden könne. Angesichts der für die Unterbindung der Einleitung angekündigten Frist von sechs Monaten ab Bestandskraft des Einleitungsverbots könne die Antragstellerin den gesamten verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug beschreiten. Das für einen vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche qualifizierte Rechtsschutzinteresse ergebe sich weder aus der Möglichkeit einer Nichtzulassung der Berufung gegen ein erstinstanzliches Urteil noch aus der Möglichkeit, dass die Bundesstraßenverwaltung die Konzessionsverträge kündigen könnte. Ein das Einleitungsrecht betreffendes Hauptsacheverfahren sei noch keine Tatsache, die eine Fortsetzung des Vertrags für den Kündigenden unzumutbar mache und einen wichtigen Grund nach § 314 BGB darstelle; dies könne erst nach rechtskräftiger Feststellung des Nichtbestehens eines Einleitungsrechts der Fall sein. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei im Übrigen auch unbegründet. Es fehle ein Anordnungsgrund, da der Antragstellerin trotz Abwartens bis zum Ab-schluss eines etwaigen Hauptsacheverfahrens keine Beeinträchtigung ihrer Rechte drohe. Ein Anordnungsanspruch bestehe nicht, da die Antragsgegnerin zur Aufnahme und Reinigung des Schmutzwassers von den Betriebsgrundstücken der Antragstellerin weder vertraglich noch satzungsrechtlich verpflichtet sei, so dass ein Einleitungsverbotsbescheid nicht rechtswidrig sei. Seitens der Antragsgegnerin sei nicht beabsichtigt, vor Abschluss des „gesamten gegenständlichen Verfahrens“ einen Einleitungsverbotsbescheid zu erlassen.
Mit Beschluss vom 21. Januar 2015 lehnte das Verwaltungsgericht Würzburg die Anträge ab. Sie seien mangels Rechtschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Dass der Antragstellerin durch die Verweisung auf nachträglichen Rechtsschutz schwere und unzumutbare Nachteile drohten, die durch eine spätere Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten, sei nicht glaubhaft gemacht. Mit den vorgetragenen Umständen werde ein schützenswertes Interesse an der Inanspruchnahme vorläufigen vorbeugenden Rechtsschutzes nicht dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht. Dass die Antragstellerin seit über 40 Jahren unbeanstandet Abwasser in die Entwässerungseinrichtung einleite, treffe schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zu, da die einschlägigen Konzessionsverträge erst 1998 abgeschlossen worden seien. Über den möglichen Ausgang eines künftigen Hauptsacheverfahrens und einer Berufungszulassung im Falle des Unterliegens könne noch keine Aussage getroffen werden. Auch die von der Antragstellerin gezogene Folgerung, sie müsse sich sofort um den Bau einer Autobahnkläranlage bemühen, weil dies innerhalb einer Umsetzungsfrist von sechs Monaten nicht möglich sein werde, begründe kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis; die Rechtmäßigkeit einer solchen Frist müsse in einem Klageverfahren erst noch geklärt werden. Aus der von der Antragstellerin für möglich gehaltenen umgehenden Kündigung des Konzessionsvertrags ergebe sich ebenfalls kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis. Der Vertreter der Bundesstraßenverwaltung habe in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 15. Oktober 2015 laut Niederschrift lediglich auf die Möglichkeit einer Neuausschreibung „nach Ablauf der Laufzeit des Konzessionsvertrags“ hingewiesen. Eine Gefahr, dass die Konzessionsverträge vorab gekündigt werden könnten, sei nicht ansatzweise anzunehmen. Ein Anordnungsgrund werde mit der Behauptung, die Antragsgegnerin verfolge mit dem angekündigten Einleitungsverbot unlautere Zwecke, nicht glaubhaft gemacht. Die Behauptung sei zudem sachlich unzutreffend, da die Antragsgegnerin haushalts- und kommunalabgabenrechtlich gehalten sei, für eine Kostendeckung ihrer Entwässerungsanlage zu sorgen. Darin liege kein unlauterer Zweck, zumal die Antragstellerin seit Inbetriebnahme der neuen Kläranlage keine Zahlungen mehr leiste. Ob ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sei, könne hiernach offenbleiben.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit der vorliegenden Beschwerde. Sie beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine Verfügung zu erlassen, die es der Antragstellerin verbietet, das Abwasser der Betriebe der Antragstellerin auf der Rastanlage Riedener Wald Ost und/oder der Rastanlage Riedener Wald West in die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin einzuleiten, und
die Antragsgegnerin zu verpflichten, eine etwaige Einleitverbotsverfügung, die es der Antragstellerin verbietet, das Abwasser der Betriebe der Antragstellerin auf der Rastanlage Riedener Wald Ost und/oder der Rastanlage Riedener Wald West in die öffentliche Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin einzuleiten, sofort aufzuheben.
Das Verwaltungsgericht sei seiner Aufklärungspflicht nicht nachgekommen und habe durch eine unzulässige Überraschungsentscheidung das rechtliche Gehör verletzt. Es habe die einschlägigen Akten nicht vollständig angefordert und daher die seit über 40 Jahren erfolgte Einleitung seitens der Antragstellerin zu Unrecht in Abrede gestellt, die Gefahr einer Kündigung der Konzessionsverträge vorschnell ausgeschlossen, den von der Antragsgegnerin verfolgten unlauteren Zweck verkannt, das Fehlen von Gebührenbescheiden als Grund für die nicht geleisteten Zahlungen der Antragstellerin übersehen und die Einbeziehung der Rastanlagen in die geltende Entwässerungssatzung nicht zur Kenntnis genommen. Aufgrund der Gehörsverletzung sei im Beschwerdeverfahren der gesamte Sach- und Streitstoff entscheidungsrelevant. Das für einen vorbeugenden Rechtsschutz erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich daraus, dass die Planung und Errichtung einer eigenen Kläranlage an der Rastanlage einer mehrjährigen „Auslauffrist“ bedürfe, so dass eine vorzeitige Kündigung der Konzessionsverträge drohe; wegen der darin liegenden irreparablen Nachteile könne ein späteres Hauptsacheverfahren keinen effektiven Rechtsschutz bieten. Die Antragstellerin sei in den Jahren 1994 und 1999 schrittweise durch Umwandlung der 1951 gegründeten Gesellschaft für Nebenbetriebe der Bundesautobahnen m. b. H. (GfN) entstanden, die das Abwasser der Rastanlage seit dem Abschluss der Sondervereinbarung 1970 und dem Bau der Kläranlage 1970/71 unbeanstandet dorthin eingeleitet habe; aus den Konzessionsverträgen ergebe sich nichts anderes. Die Rechtsprechung gewähre wegen Unzumutbarkeit nachrangigen Rechtsschutzes ausnahmsweise vorbeugenden einstweiligen Rechtsschutz, wenn der drohende Ausschluss von der Benutzung einer öffentlichen Einrichtung einen Betrieb gefährde. Ein Ausschluss der Antragstellerin von der Benutzung der Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin führe zwingend zur umgehenden Einstellung der Nebenbetriebe auf den Rastanlagen, insbesondere der sanitären Anlagen. Da das Verwaltungsgericht in einem obiter dictum habe erkennen lassen, dass es einer Einleiteverbotsverfügung wohlwollend entgegensehe, bestehe schon jetzt die Gefahr, dass die Bundesstraßenverwaltung die durch ein solches Verbot ausgelösten Unwägbarkeiten wegen der staatlichen Gewährleistungsverantwortung für das fernstraßenrechtliche Verkehrsnetz als wichtigen Grund für eine Kündigung ansehe, wobei es nach Art. 60 BayVwVfG nicht auf ein Verschulden ankomme. Angesichts der Dauer eines nachfolgenden Ausschreibungsverfahrens könne mit einer solchen Kündigung nicht bis zu einem für die Antragstellerin möglicherweise negativen Ende des Hauptsacheverfahrens gewartet werden. Angesichts der Kündigungsmöglichkeit nach § 16 Abs. 3 der Konzessionsverträge sei die Annahme des Verwaltungsgerichts unzutreffend, dass eine solche Gefahr bei Erlass eines Einleitungsverbots „nicht ansatzweise“ bestehe. Der Anordnungsanspruch ergebe sich daraus, dass das angekündigte Einleitungsverbot rechtswidrig in das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 3. November 2014 (Az. 4 N 12.2074) bestätigte Anschluss- und Benutzungsrecht der Antragstellerin als Eigentümerin der Betriebsgrundstücke nach Art. 21 Abs. 1 GO i. V. m. § 4 EWS, in ihr Konzessionsrecht aus § 15 Abs. 2 FStrG i. V. m. den Konzessionsverträgen sowie in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eingreife. Es sei widersprüchlich, wenn die Antragsgegnerin einerseits behaupte, die Antragstellerin falle nicht unter die Entwässerungssatzung, andererseits aber das Einleitungsverbot in Form eines Verwaltungsakts auf Bestimmungen dieser Satzung stützen wolle. Die Kläranlage der Antragsgegnerin könne das Abwasser der Rastanlagen ohne weiteres aufnehmen, da sie auf dem technisch neuesten Stand sei und über eine Reinigungsleistung von 3.800 Einwohnergleichwerten (EGW) verfüge, von denen nach den Planungen der Antragsgegnerin 1.800 EGW auf die Betriebsanlagen der Antragstellerin und 2.000 EGW auf das im übrigen Satzungsgebiet anfallende Abwasser entfielen. Die Betriebsgrundstücke der Antragstellerin seien über einen in Straßengrundstücken der Bundesrepublik Deutschland verlaufenden Kanal dauerhaft gesichert an die öffentliche Entwässerungsanlage angeschlossen. Der Anordnungsgrund ergebe sich bereits aus den zur Notwendigkeit vorbeugenden Rechtsschutzes vorgetragenen Gründen sowie zusätzlich daraus, dass die Antragsgegnerin mit der angedrohten Verbotsverfügung unlautere Zwecke verfolge. Sie brauche das Abwasser der Antragstellerin für einen ordnungsgemäßen Betrieb ihrer Kläranlage und habe daher kein rechtlich schützenswertes Interesse an einem Einleitungsverbot. Ihr Recht auf Vergütung könne sie durch den Erlass von Gebührenbescheiden geltend machen. Sie verhalte sich widersprüchlich, weil sie mit dem Ausschluss der Antragstellerin den ordnungsgemäßen Betrieb der eigenen Entwässerungseinrichtung gefährde und ihrer in der Konzeption der Kläranlage dokumentierten Planung zuwiderhandle. Eine Einleiteverbotsverfü-gung sei wegen Sittenwidrigkeit sowie wegen straf-, wettbewerbs,- und vergaberechtlicher Verstöße sogar als nichtig anzusehen. Sie missachte zudem die fernstra-ßenrechtliche Sonderzuständigkeit der Straßenbaubehörden für planfestgestellte Nebenbetriebe auf Autobahnen. Der Antragstellerin sei nicht zuzumuten, eine als Nötigungsmittel im Rahmen einer Erpressung angedrohte Einleiteverbotsverfügung zunächst hinzunehmen und Opfer einer Straftat zu werden und erst dann um Rechtsschutz nachzusuchen. Ungeachtet der fehlenden Abgabenbescheide habe sie mittlerweile die nach der Beitrags- und Gebührensatzung vom 8. Januar 2004 (BGSEWS 2004) entstandenen Einleitungsgebühren für die Jahre 2013, 2014, 2015 sowie für die ersten drei Quartale 2016 in Höhe von insgesamt 118.752,75 Euro an die Antragsgegnerin gezahlt. Falls die Höhe des Gebührensatzes in der mittlerweile geänderten Satzung (BGS-EWS 2011) in dem anhängigen Normenkontrollverfahren Bestand habe, werde die Antragstellerin den danach noch ausstehenden Differenzbetrag nach Vorlage entsprechender Gebührenbescheide ebenfalls ausgleichen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Das spezielle Rechtsschutzinteresse für einen vorbeugenden Rechtsschutz bestehe nicht. Die von der Antragstellerin angeführten Konstellationen einer Unzumutbarkeit nachträglichen Rechtsschutzes seien mit der vorliegenden Situation nicht vergleichbar, da dort jeweils irreparable Schäden eingetreten seien. Aus dem Vortrag, dass seit 40 Jahren Abwässer in die Entwässerungsanlage der Antragsgegnerin eingeleitet werde, ergebe sich keine im Eilverfahren zu beachtende Rechtsposition, die ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis begründe. Es bestehe kein Anordnungsgrund, da die Antragstellerin im Falle eines Verbotsbescheids den Instanzenzug in Anspruch nehmen bzw. gegen eine Sofortvollzugsanordnung nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgehen könne. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb ein unlauteres Verhalten der Antragsgegnerin es der Antragstellerin unzumutbar mache, eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Die Antragstellerin habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, da sie kein vertragliches oder satzungsrechtliches Anschlussrecht besitze. Die Grundstücke der Rastanlage würden nicht von der gemeindlichen Entwässerungsanlage erschlossen, da der von der Bundesrepublik Deutschland seinerzeit auf eigene Kosten errichtete Zuleitungskanal, der ohne rechtliche Absicherung über Grundstücke der Antragsgegnerin und anderer öffentlicher Rechtsträger verlaufe, nicht als Teil der gemeindlichen Einrichtung gewidmet worden sei.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die auf die Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes gerichteten Anträge unzulässig sind, weil das dafür erforderliche qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis nicht vorliegt (a). Überdies fehlt es an dem für eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO notwendigen Anordnungsgrund (b). Auf die weiteren zwischen den Beteiligten strittigen Fragen kommt es daher nicht entscheidungserheblich an (c).
a) Mit ihren Anträgen, der Antragsgegnerin den Erlass der angekündigten Einleite-verbotsverfügung für die Zukunft zu untersagen und sie bereits jetzt zur sofortigen Aufhebung einer möglichen Verfügung dieses Inhalts zu verpflichten, verfolgt die Antragstellerin ein auf vorbeugenden Rechtsschutz gerichtetes Begehren. Präventive Unterlassungs- und Verpflichtungsklagen zur Abwehr künftiger belastender Verwaltungsakte sowie diesbezügliche Eilanträge sind aber nach allgemeiner Auffassung nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig, die hier nicht gegeben sind.
Der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz ist aus Gründen der Gewaltenteilung nicht vorbeugend konzipiert. Um das der vollziehenden Gewalt zustehende Handlungsfeld nicht übermäßig zu verengen, setzt die gerichtliche Kontrolle von Exekutivakten grundsätzlich erst nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfordert regelmäßig zunächst den Erlass einer Maßnahme, die dann Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Verwaltungsakte ist somit grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt, wenn dem künftig Betroffenen ein weiteres Zuwarten nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht (BVerwG, U.v. 23.6.2016 – 2 C 18/15 – NVwZ-RR 2016, 907 Rn. 19). Ein solcher Ausnahmefall wird z. B. angenommen bei einer unmittelbar drohenden Sanktion nach Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht (BVerwG, a.a.O., Rn. 20), bei einer absehbaren Vielzahl gleichartiger oder sich kurzfristig erledigender Bescheide (BVerwG, U.v. 16.4.1971 – IV C 66.67 – BayVBl 1972, 189/190; U.v. 7.5.1996 – 1 C 10/95 – NVwZ 1997, 276), bei einer Maßnahme, deren Rechtsbeständigkeit einer späteren (Dritt-)Anfechtung dauerhaft entgegensteht (BVerwG, B.v. 8.12.2011 – 2 B 106/11 – Rn. 13), oder bei Rechtsakten, mit deren Erlass vollendete oder nur schwer rückgängig zu machende Tatsachen zu Lasten des Rechtsschutzsuchenden geschaffen werden (vgl. OVG NRW, B.v. 22.10.1982 – 13 B 1995/82 – NJW 1984, 1642; BayVGH, U.v. 22.1.1986 – 22 B 85 A.354 – NJW 1986, 3221/3222).
Die von der Antragstellerin geltend gemachten Gründe für eine Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes lassen sich keiner dieser anerkannten Fallgruppen zuordnen. Sollte die Antragsgegnerin entsprechend ihrer Ankündigung eine Einleite-verbotsverfügung erlassen, könnte die Antragstellerin hiergegen eine Anfechtungsklage erheben und, falls nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO auch der Sofortvollzug angeordnet wäre, gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage stellen und damit eine umfassende gerichtliche Kontrolle erreichen. In dem Zeitraum bis zu einer abschließenden Entscheidung über diese Rechtsschutzbegehren bestünde weder die Gefahr der Verwirklichung eines Straf- oder Bußgeldtatbestands noch müsste mit einer größeren Zahl ähnlicher Bescheide oder mit einer den nachträglichen Rechtsschutz hindernden Verfestigung der Rechtslage gerechnet werden. Der Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes bedarf es auch nicht deshalb, weil bereits der Erlass eines solchen Verbotsbescheids für die Antragstellerin weitgehend irreversible faktische Erschwernisse zur Folge hätte. Sie trägt insoweit zwar vor, dass die Bundesstraßenverwaltung sich im Falle eines Einleiteverbots veranlasst sehen könnte, die bestehenden Konzessionsverträge wegen wesentlich veränderter Verhältnisse nach Art. 60 BayVwVfG vorzeitig zu kündigen. Diese Prognose in Bezug auf die mögliche Reaktion eines Dritten ist aber zu wenig gesichert und in ihren Auswirkungen zu unbestimmt, um daraus ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für vorbeugenden Rechtsschutz ableiten zu können.
Das bisherige Verhalten der Autobahndirektion Nordbayern als zuständiger staatlicher Behörde deutet nicht darauf hin, dass ein Einleiteverbot die von der Antragstellerin befürchteten vertragsrechtlichen Konsequenzen haben könnte. In einer vor eini 17 gen Jahren bei einer anderen Rastanlage entstandenen ähnlichen Situation, bei der ebenfalls um die Beteiligung an den Kosten einer Kläranlage gestritten wurde und der Antragstellerin das Einleiten in die öffentliche Entwässerungseinrichtung mit sofort vollziehbarem Bescheid untersagt worden war (zum Sachverhalt BayVGH, B.v. 3.4.2008 – 4 CS 08.44 – juris), erfolgte ersichtlich keine Kündigung des Konzessionsvertrags. Auch im vorliegenden Fall existieren keine Äußerungen der Bundesstraßenverwaltung, aus denen sich die Absicht erkennen ließe, die Vertragsbeziehungen mit der Antragstellerin schon mit Erlass eines Verbotsbescheids vorzeitig aufzulösen. Die von der Antragstellerin hierzu angeführte Aussage eines Vertreters der Autobahndirektion Nordbayern hinsichtlich der Möglichkeit einer Neuausschreibung bezog sich laut Protokoll der damaligen mündlichen Verhandlung nur auf den Zeitraum „nach Ablauf der Laufzeit des Konzessionsvertrages“ (Gerichtsakte W 2 K 12.864, Bl. 565) und damit nicht auf den Fall einer außerordentlichen Kündigung.
Es spricht auch in der Sache wenig dafür, dass die Bundesstraßenverwaltung eine (fristlose) Kündigung als geeignete und angemessene Reaktion auf ein mögliches Einleiteverbot der Antragsgegnerin ansehen könnte. Sollte sie einen solchen Bescheid ebenso wie die Antragstellerin als rechtswidrig ansehen, müsste sie diese in einem nachfolgenden Anfechtungsprozess unterstützen und dürfte sie nicht durch vorzeitige Kündigung an der weiteren Erfüllung der Konzessionsverträge hindern. Sollte sie dagegen im Einklang mit der Antragsgegnerin vom Fehlen eines vertraglichen oder satzungsmäßigen Anschlussrechts und damit von der Rechtmäßigkeit des Einleitungsverbots ausgehen, so müsste sie – falls sie auf die zeit- und kostenauf-wändige Errichtung einer gesonderten Autobahnkläranlage weiter verzichten wollte -zur dauerhaften Gewährleistung der Abwasserentsorgung entweder selbst die geforderte Kostenbeteiligung an der gemeindlichen Kläranlage übernehmen oder, sofern sie eine diesbezügliche Vertragspflicht der Antragstellerin annähme, diese zunächst schriftlich abmahnen. Erst dann könnte sie gemäß § 16 Abs. 3 1. Spiegelstrich der Konzessionsverträge eine außerordentliche Kündigung aussprechen, wenn sie die Verweigerung der Zahlung als „gröbliche Pflichtverletzung“ im Sinne dieser Vertragsklausel betrachten sollte.
Selbst in diesem letztgenannten, bislang rein hypothetischen Fall bliebe der Antragstellerin ausreichend Zeit, um sich – ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes – gegen eine konkret drohende oder bereits ausgesprochene Kündigung gerichtlich zur Wehr zu setzen und damit den Eintritt irreparabler Folgen zu verhindern. Dabei 19 ist zu berücksichtigen, dass die Bundesstraßenverwaltung unter keinen Umständen an dem sofortigen Wirksamwerden einer etwaigen Kündigung interessiert sein könnte, da ein neuer Konzessionsnehmer erst nach Abschluss eines längeren Ausschreibungsverfahrens den Betrieb der Rastanlagen tatsächlich übernehmen könnte. Würde während eines solchen Vergabeverfahrens die Rechtswidrigkeit einer auf § 16 der Konzessionsverträge oder auch auf Art. 60 BayVwVfG gestützten (vorsorglichen) Kündigung gerichtlich festgestellt, müsste die Bundesstraßenverwaltung das Verfahren abbrechen und die Vertragsbeziehungen mit der Antragstellerin in der vereinbarten Form fortsetzen; durch die Kündigung wären damit noch keine vollendete Tatsachen geschaffen worden.
Aus der allgemeinen Befürchtung der Antragstellerin, ihr Geschäftsbetrieb werde schon durch die Androhung eines Einleiteverbots schwerwiegend und irreversibel geschädigt, ergibt sich ebenfalls kein besonderes Rechtsschutzinteresse daran, der Antragsgegnerin den Erlass eines solchen Bescheids im Vorhinein zu untersagen. Denn die behauptete faktische Rechtsbeeinträchtigung folgt insoweit nicht aus dem (künftigen) Regelungsgehalt der Verbotsverfügung, sondern aus der (gegenwärtig) geäußerten Rechtsauffassung der Antragsgegnerin bezüglich des fehlenden Anschlussrechts, wie sie u. a. in deren Anhörungsschreiben vom 28. November 2014 zum Ausdruck kommt. In den Fällen, in denen die behördliche Drohung, einen Verwaltungsakt zu erlassen, und nicht der angedrohte Verwaltungsakt selbst abgewehrt werden soll, kann aber vorbeugender (Hauptsache-)Rechtsschutz allenfalls im Wege einer Klage auf Unterlassung einer bestimmten Rechts- oder Tatsachenbehauptung gewährt werden (vgl. BayVGH, U.v. 22.1.1986 – 22 B 85 A.354 – NJW 1986, 3221/3222; Pietzcker in Schoch u.a., VwGO, Stand Juni 2016, § 42 Abs. 1 Rn. 167).
Auch eine diesbezügliche Auslegung bzw. Umdeutung der gestellten Anträge kommt indes unter den vorliegenden Umständen nicht in Betracht. Für einen vorbeugenden Rechtsschutz ist dort kein Raum, wo der Betroffene zumutbarerweise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 8.9.1972 – IV C 17.71 – BVerwGE 40, 323/326). Zu den vorrangig in Anspruch zu nehmenden Rechtsschutzformen gehört auch die Klage nach § 43 VwGO, mit der die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden kann, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Abs. 1) und eine Rechtsverfolgung durch Gestaltungs- oder Leistungsklage ausscheidet 21 (Abs. 2). Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen sind hier zweifelsfrei gegeben. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin gegenwärtig ein Benutzungsrecht im Hinblick auf die Entwässerungseinrichtung der Antragsgegnerin besitzt und damit den Bestimmungen der Satzung unterfällt; darin liegt ein konkretes feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Angesichts der aus der ungeklärten Rechtslage erwachsenden Unsicherheiten hat die Antragstellerin ein berechtigtes rechtliches und wirtschaftliches Interesse an einer solchen gerichtlichen Feststellung; eine anderweitige Rechtsschutzmöglichkeit besteht derzeit für sie nicht. Hätte ein von ihr gestellter Antrag auf Feststellung eines Rechts nach Art. 21 Abs. 1 GO i. V. m. § 4 EWS Erfolg, so wäre damit zugleich geklärt, dass die Antragsgegnerin sie nicht an der weiteren Einleitung von Abwasser in die gemeindliche Kläranlage hindern dürfte. Zur Erlangung effektiven Rechtsschutzes bedarf es demnach nicht der vorbeugenden Untersagung einer entsprechenden Androhung oder eines möglichen Verbotsbescheids.
Ein schutzwürdiges Interesse an der Inanspruchnahme vorbeugenden verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes folgt auch nicht aus der von der Antragstellerin geäußerten Erwartung, dass das Verwaltungsgericht eine gegen ein Einleitungsverbot gerichtete (zukünftige) Anfechtungsklage abweisen und die Berufung gegen dieses Urteil nicht zulassen werde. Selbst wenn die mündlichen oder schriftlichen Äußerungen, die im Zusammenhang mit dem (einen Zahlungsanspruch betreffenden) Verfahren Az. W 2 K 12.864 von den zuständigen Richtern getätigt wurden, Rückschlüsse auf deren Rechtsauffassung bezüglich eines Anschluss- und Benutzungsrechts der Antragstellerin erlauben sollten, läge darin noch kein Grund, der Antragsgegnerin den Erlass der angekündigten Maßnahme zu untersagen. Vorbeugender Rechtsschutz kommt nur in Betracht, wenn nachträglicher Rechtsschutz zu spät käme oder aus anderen Gründen nicht mehr effektiv gewährt werden könnte, nicht aber dann, wenn eine – nach der Meinung des Rechtssuchenden – „unrichtige“ Entscheidung des zuständigen Gerichts droht. Auch das allgemeine Interesse daran, eine rechtliche Streitigkeit möglichst bald einer abschließenden Klärung in höherer Instanz zuzuführen und damit Rechts- und Dispositionssicherheit zu erlangen, rechtfertigt allein noch keine vorgreifliche gerichtliche Entscheidung. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, durch eine vorweggenommene rechtliche Bewertung angekündigter behördlicher Maßnahmen den Bürgern das Risiko rechtlicher oder wirtschaftlicher Fehlentscheidungen abzunehmen (vgl. BVerwG, U.v. 23.5.1986 – 8 C 5/85 – NVwZ 1986, 1011/1012).
b) Da aus den vorgenannten Gründen derzeit nichts dafür spricht, dass die Antragstellerin schon vor dem (möglichen) Erlass des Einleiteverbots irreversible rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile zu befürchten hätte oder ihr die Rechtsverfolgung ohne eine vorläufige gerichtliche Regelung wesentlich erschwert werden könnte, fehlt es überdies an dem nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsgrund.
Die Verweisung auf die in der Hauptsache bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten, insbesondere in Gestalt einer Feststellungsklage, ist für die Antragstellerin auch nicht deshalb unzumutbar, weil nach ihrer schriftsätzlich geäußerten Auffassung das Verhalten der Antragsgegnerin gegen straf-, wettbewerbs- und vergaberechtliche Vorschriften, gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens und das Verbot der Sittenwidrigkeit sowie gegen fernstraßenrechtliche Zuständigkeitsbestimmungen verstößt. Ob die diesbezüglichen Darlegungen rechtlich zutreffend sind, kann hier offenbleiben. Denn die Dringlichkeit eines Eilrechtsschutzbegehrens, aus der sich ein Anordnungsgrund ergeben kann, bestimmt sich nicht nach der Art und Schwere der Rechtsverstöße, die der jeweiligen Gegenseite vorgeworfen werden, sondern allein danach, wie gravierend die Nachteile sind, welche die Antragstellerseite bis zu einer möglichen Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich hinzunehmen hätte. Dass sich solche rechtlichen oder faktischen Beeinträchtigungen aus den von der Antragstellerin geltend gemachten objektivrechtlichen Verstößen ergeben könnten, ist nicht ersichtlich. Dies gilt auch für die behauptete Strafbarkeit des Vorgehens der Antragsgegnerin. Denn selbst wenn die im Anhörungsschreiben vom 28. November 2014 erfolgte Verknüpfung der Kostenforderung mit der Androhung eines Einleitungsverbots als versuchte Erpressung zu qualifizieren wäre, ergäbe sich daraus noch kein unabweisbarer konkreter Handlungszwang, dem im Wege einer einstweiligen Anordnung entgegengetreten werden müsste. Der Antragstellerin kann auch insoweit zugemutet werden, sich gegen eine etwaige künftige Untersagungsverfügung mit einer Anfechtungsklage zur Wehr zu setzen oder das Bestehen eines Anschluss- und Benutzungsrechts bereits jetzt mittels einer Feststellungsklage gerichtlich klären zu lassen.
c) Wegen der fehlenden Voraussetzungen für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes und des nicht bestehenden Anordnungsgrunds kann die Beschwerde im Ergebnis keinen Erfolg haben, ohne dass es auf die von der Antragstellerin hinsichtlich des erstinstanzlichen Verfahrens erhobenen Rügen einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungs- und Anhörungspflicht ankäme. Keiner weiteren Prüfung 24 bedarf auch die Frage, ob ein Anordnungsgrund in Form eines materiell-rechtlichen Anspruchs vorliegt, der sich aus einem satzungsrechtlich oder vertraglich begründeten Anschluss- und Benutzungsrecht der Antragstellerin ergeben könnte. Diese Streitfrage hat der Senat entgegen der Auffassung der Beteiligten bisher weder im Beschluss vom 5. Mai 2014 (Az. 4 C 14.449 – juris Rn. 13) noch im Urteil vom 3. November 2014 (Az. 4 N 12.2074 – BayVBl 2015, 455 Rn. 23) abschließend geklärt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.

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