Verwaltungsrecht

Vorläufige Dienstenthebung beim Vorwurf der Begehung von (außerdienstlichen) Sexualstraftaten gegenüber Kindern/Jugendlichen

Aktenzeichen  M 13L DA 16.5154

Datum:
19.12.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 139006
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 176 Abs. 1, § 182 Abs. 1
StPO § 203
BayDG Art. 39 Abs. 1 S. 1, S. 2, Art. 61

 

Leitsatz

1. Der Umstand, dass zwischen der Beauftragung des Anwalts und der von der Disziplinarbehörde gewährten Stellungnahmefrist lediglich 5 Tage liegen, ist unerheblich, wenn aufgrund des mit dem Vorwurf im Disziplinarverfahren sachidentischen Inhalts der strafrechtlichen Ermittlungen bereits seit der Eröffnung des Haftbefehls – und damit über 1/2 Jahr – ohne weiteres erkennbar war, dass die Vorwürfe zu Disziplinarmaßnahmen führen können, und damit eine inhaltliche Auseindersetzung mit dem Vorwurf möglich war; im übrigen ist auch bei einer zu kurz bemessenen Stellungnahmefrist wie auch bei ihrem zeitlichen Ablauf jederzeit die Mögichkeit gegeben, zu berücksichtigende Umstände in das Verfahren einzubringen. (Rn. 29 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die vorläufige Dienstenthebung eines Hochschullehrers kann zwar bei fehlendem Anknüpfungspunkt zur dienstlichen Tätigkeit nicht mit einer wesentlichen negativen Beeinträchtigung des Dienstbetriebs begründet werden, ist aber im Hinblick auf eine Prognoseentscheidung des Disziplinarverfahrens, wonach die Möglichkeit der Entfernung aus dem Dienst überwiegend wahrscheinlich ist, zu rechtfertigen. (Rn. 39 – 46) (Rn. 59) (redaktioneller Leitsatz)
3. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung stellen schwerwiegende Vorsatzstraftaten dar, deren Verwirklichung bereits deshalb zu einem generellen Vertrauensverlust und damit zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führen (stRspr BVerwG BeckRS 2016, 42069); ferner ist der Vorwurf der Begehung einer Sexualstraftat gegenüber Kindern bereits aufgrund der verwirklichten Straftat geeignet, das Ansehen des Berufsbeamtentums derart schwerwiegend zu beeinträchtigen, dass als Richtschnur für die zu verhängende Disziplinarmaßnahme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zugrunde gelegt werden kann (stRspr BVerwG BeckRS 2010, 50796). (Rn. 62 – 64) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Aussetzung der mit der Verfügung der Landesanwaltschaft Bayern – Disziplinarbehörde – vom 6. Juni 2016 angeordneten vorläufigen Dienstenthebung sowie der damit verbundenen Kürzung der monatlichen Dienstbezüge.
1. Der 1967 geborene Antragsteller wurde mit Wirkung vom 1. April 2012 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Professor an der Hochschule für angewandte Wissenschaften – Fachhochschule … (jetzt: Technische Hochschule … – …) berufen. Er hat eine Professur an der Fakultät für … inne.
Der Antragsteller ist seit März 2016 verheiratet. Er bezieht Einkünfte aus der Besoldungsgruppe W 2.
Außer dem Sachverhalt, der Gegenstand des hier zugrundeliegenden Disziplinarverfahrens ist, wurden gegen den Antragsteller in der Vergangenheit keine straf- oder disziplinarrechtlichen Vorwürfe erhoben.
2. Mit Mitteilung des Präsidenten der … vom 3. Mai 2016 an die Disziplinarbehörde wurde die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Ingolstadt vom 25. April 2016 (Az. 11 Js 14181/15) übersandt.
In der Anklageschrift wird dem Antragsteller in zwei jeweils selbständigen Fällen vorgeworfen, sexuelle Handlungen an einer Person unter 14 Jahren (Kind) vorgenommen zu haben oder an sich von dem Kind vornehmen lassen zu haben sowie durch eine weitere selbständige Handlung eine Person unter 18 Jahren dadurch missbraucht zu haben, dass er unter Ausnützung einer Zwangslage sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen hat. Dieser sexuelle Missbrauch von Kindern in zwei tatmehrheitlichen Fällen in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen gemäß §§ 176 Abs. 1, 182 Abs. 1 Nr. 1, 53 StGB sei nach der Auffassung der Staatsanwaltschaft durch die glaubhaften Angaben der beiden geschädigten Mädchen sowie sonstiger Beweismittel nachgewiesen.
Auf die Anklageschrift vom 25. April 2016 wird im Einzelnen verwiesen.
Mit Verfügung vom 13. Mai 2016 leitete die Disziplinarbehörde ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller ein (Ziffer 1.) und setzte das Disziplinarverfahren gleichzeitig gemäß Art. 24 Abs. 3 BayDG während des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens aus (Ziffer 2.).
Der Antragsteller wurde mit Schreiben vom gleichen Tag zu dem in der Einleitungsverfügung erhobenen Vorwurf, zur beabsichtigten vorläufigen Dienstenthebung und zum beabsichtigten Einbehalt der Dienstbezüge unter Fristsetzung bis zum 27. Mai 2016 angehört.
Im Zeitpunkt des Fristablaufs zeigte der Strafverteidiger die Vertretung des Antragstellers an und beantragte eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme bis zum 10. Juni 2016. Begründet wurde der Verlängerungsantrag damit, dass ein mit dem Disziplinarrecht befasster Fachanwalt beigezogen werden sollte.
Nach einer von der Disziplinarbehörde schriftlich mitgeteilten Fristverlängerung bis zum 1. Juni 2016 zeigte die nunmehr für das Disziplinarverfahren Bevollmächtigte des Antragstellers an diesem Tag ihre Vertretung an und beantragte nochmalige Fristverlängerung bis zum 8. Juni 2016. Dem Antragsteller habe erst an diesem Tag eine Vertretungszusage erteilt werden können. Für die Abgabe einer qualifizierten Stellungnahme im Disziplinarverfahren sei noch eine weitere Verlängerung der Frist zur Äußerung nötig. Diesem Antrag kam die Disziplinarbehörde nur insoweit nach, als eine Fristverlängerung bis Montag, 6. Juni 2016 9.00 Uhr, gewährt wurde.
Mit Telefax vom 6. Juni 2016 äußerte sich die Bevollmächtigte des Antragstellers und wies darauf hin, dass die eingeräumte Frist zur Stellungnahme zu kurz bemessen sei. Eine Akteneinsicht sei bisher noch nicht gewährt worden, auch die Strafakten hätten der Bevollmächtigten noch nicht vorgelegen. Jedenfalls seien die Voraussetzungen einer vorläufigen Dienstenthebung nicht erfüllt. Es sei in keinster Weise absehbar, ob es zu einer Verurteilung des Antragstellers im Strafverfahren kommen werde. Auch eine Beeinträchtigung des Dienstbetriebes im Sinne von Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG sei beim weiteren Verbleib des Antragstellers an der Dienststelle zu verneinen. Kontakt zu minderjährigen Studenten habe der Antragsteller nicht, die Studenten an der Hochschule seien im Regelfall volljährig. Jedenfalls müsse die Disziplinarbehörde bei der Ausübung des Ermessens nach Art. 39 BayDG berücksichtigen, dass es sich bei dem Vorwurf gegenüber dem Antragsteller um ein außerdienstliches Verhalten handele. Eine Suspendierung sei unverhältnismäßig und deshalb nicht geboten.
Mit Verfügung vom 6. Juni 2016 wurde der Antragsteller mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben (Ziffer 1.), die Einbehaltung von 50% seiner monatlichen Dienstbezüge wurde angeordnet (Ziffer 2.). Gleichzeitig blieb das Disziplinarverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens ausgesetzt (Ziffer 3.).
Nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen bestehe die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beamte ein schwerwiegendes außerdienstliches Dienstvergehen durch die ihm in der Anklageschrift vom 25. April 2016 vorgeworfenen Straftaten begangen habe. Auch wenn der Antragsteller noch nicht verurteilt sei, ergebe sich die erforderliche hinreichende Wahrscheinlichkeit im Sinne des Art. 39 Abs. 1 BayDG durch Erhebung der Anklage im Sinne des § 170 Abs. 1 StPO. Der Antragsteller habe im Strafverfahren den strafrechtlichen Vorwurf bisher auch nicht bestritten. Die vorläufige Dienstenthebung nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG sei damit aufgrund des strafrechtlichen Vorwurfs gerechtfertigt, da die dem Antragsteller vorgeworfenen Straftaten aufgrund des Strafrahmens der angeklagten Straftaten im Disziplinarverfahren einen Orientierungsrahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis eröffnen würden. Da aufgrund der beruflichen Tätigkeit des Antragstellers auch ein hinreichender Bezug zum Amt des Beklagten vorliege und durchgreifende Milderungsgründe weder vorgetragen noch erkennbar seien, sei die Verhängung der Höchstmaßnahme ausreichend wahrscheinlich. Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG vor. Der Dienstbetrieb werde bei einem weiteren Verbleib des Antragstellers erheblich beeinträchtigt.
Auf die Verfügung vom 6. Juni 2016 wird im Einzelnen verwiesen.
Mit Beschluss der Jugendstrafkammer beim Amtsgericht Ingolstadt vom 13. Mai 2016 wurde die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen. Zu Beginn des Verhandlungstermins des Strafgerichts vom 13. Juli 2016 erging zur Einordnung der vorgeworfenen Taten ein rechtlicher Hinweis des Gerichts nach § 265 StPO. Im Laufe des Verhandlungstages und des weiteren Verhandlungstages vom 21. Juli 2016 wurde unter anderem eines der beiden geschädigten Mädchen als Zeugin vernommen. Auf die Niederschriften über die beiden Hauptverhandlungstermine wird Bezug genommen.
Mit Beschluss des Strafgerichts vom 21. Juli 2016 wurde die Hauptverhandlung ausgesetzt und zwischenzeitlich für Februar/März 2017 erneut terminiert.
3. Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15. November 2016 ließ der Antragsteller im vorliegenden Verfahren Antrag auf Aussetzung nach Art. 61 BayDG stellen.
Die Aussagen der beiden geschädigten Mädchen hätten sich nach der Beweisaufnahme in den Hauptverhandlungsterminen vom Juli 2016 als nicht glaubwürdig dargestellt. Das Strafgericht habe deshalb die Hauptverhandlung ausgesetzt. Die Glaubwürdigkeit der beiden Mädchen, die Hauptbelastungszeugen seien, bedürfe der intensiven Überprüfung. Damit sei eine Prognose über den Ausgang des Strafverfahrens und darauf gestützt eine Prognose hinsichtlich der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zur Verhängung der Höchstmaßnahme im Disziplinarverfahren nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit möglich. Die Anklageerhebung zum Strafgericht allein könne die Prognose insoweit nicht tragen. Dies sei auch nicht deshalb anders zu beurteilen, weil der Antragsteller vor dem Erlass der Verfügung vom 6. Juni 2016 den Tatvorwurf nicht bestritten habe. Insoweit sei von Seiten der Disziplinarbehörde auch eine ausreichende zeitliche Verlängerung der Frist zur Stellungnahme abgelehnt worden, so dass eine vollständige Aufbereitung des Sachverhalts durch den Antragsteller und seine Bevollmächtigte nicht möglich gewesen sei. Zwischenzeitlich habe sich im Strafverfahren jedoch ergeben, dass die Tatvorwürfe jedenfalls nicht mit ausreichender Sicherheit nachgewiesen seien, so dass auch die Entfernung des Antragstellers aus dem Beamtenverhältnis nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostiziert werden könne. Hinzu komme, dass das außerdienstliche Verhalten des Antragstellers nicht zwingend regelmäßig zur Entfernung aus dem Dienst führen müsse. Insoweit sei die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens des Antragstellers maßgeblich. Diese lasse sich wegen der Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen aber nicht hinreichend bestimmt absehen. Die weitere Anwesenheit des Antragstellers an der Dienststelle begründe auch keine besonderen Gefahren für den Dienstbetrieb, so dass sowohl im Rahmen der Ermessensausübung bei der Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG als auch hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG davon auszugehen sei, dass die vorläufige Dienstenthebung zu Unrecht erfolgt sei. Damit fehle es auch an der Rechtsgrundlage für den Einbehalt der Dienstbezüge.
Auf den Antragsschriftsatz wird im Einzelnen verwiesen.
Der Antragsteller lässt beantragen,
die vorläufige Dienstenthebung in Ziffer 1. der Verfügung vom 6. Juni 2016 aufzuheben sowie den Einbehalt der Bezüge in Ziffer 2. der Verfügung vom 6. Juni 2016 rückwirkend auszusetzen.
Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz der Disziplinarbehörde vom 7. Dezember 2016 beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde auf den Inhalt der Verfügung vom 6. Juni 2016 Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass ein formeller Fehler beim Erlass der Verfügung nicht vorliege. Der Antragsteller habe nach der Anhörung zum beabsichtigen Erlass der Verfügung, die ihm am 14. Mai 2016 zugegangen sei, ausreichend Zeit gehabt, sich zu den Vorwürfen und den beabsichtigten vorläufigen Maßnahmen zu äußern. Weiter habe er sich nach dem Erlass der Verfügung bis zur Antragstellung im vorliegenden Verfahren über einen Zeitraum von mehr als fünf Monaten nicht mehr geäußert, so dass auch insoweit von einer ausreichenden Einräumung der Möglichkeit zur Äußerung auszugehen sei. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Verhängung der Höchstmaßnahme sei zu bejahen, da die dem Antragsteller vorgeworfenen Straftaten Dienstpflichtverletzungen begründen würden, die nach ihrer bereits jetzt erkennbaren Schwere geeignet seien, die Verhängung der Höchstmaßnahme zu rechtfertigen. Hinreichend entlastende Gesichtspunkte, die ein Absehen davon rechtfertigen könnten, seien auch gegenwärtig nicht erkennbar. Insbesondere sei aus dem Ergebnis der bisherigen strafrechtlichen Hauptverhandlung nicht ableitbar, dass eine Verurteilung des Antragstellers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sei.
Auf die Antragserwiderung wird verwiesen Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Disziplinarbehörde vorgelegten Behördenakten einschließlich der Personalakten Bezug genommen. Die Disziplinarbehörde hat weiter die strafrechtliche Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Ingolstadt im Verfahren 11 Js 14181/15 vorgelegt.
II.
Nach Art. 61 Abs. 1 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) i.d.F. d. Bek. vom 24. Dezember 2005 (GVBl S. 665; BayRS 2013-1-1-F) kann der Beamte bei dem Gericht der Hauptsache die Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung der Dienstbezüge beantragen. Über diesen Antrag, über den durch Beschluss zu entscheiden ist (vgl. Art. 61 Abs. 3 BayDG), hat nach Art. 43 Abs. 2 BayDG i.V.m. § 5 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung ohne die Beamtenbeisitzer alleine zuständige Vorsitzende der Disziplinarkammer (Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayDG) zu entscheiden.
Der zulässig erhobene Antrag bleibt erfolglos.
Die Verfügung der Disziplinarbehörde vom 6. Juni 2016 ist formell ordnungsgemäß ergangen (dazu nachfolgend zu 1.). In materieller Hinsicht folgt das Disziplinargericht zur Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG nicht der Bewertung der Disziplinarbehörde in der Verfügung vom 6. Juni 2016, dass durch den weiteren Verbleib des Antragstellers im Dienst der Dienstbetrieb wesentlich beeinträchtigt würde (dazu nachfolgend zu 2.). Allerdings wurde die vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers zu Recht auf Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG gestützt (dazu nachfolgend zu 3.).
1. Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite bestehen keine formellen Bedenken gegen die Verfügung vom 6. Juni 2016. Insbesondere wurde der Antragsteller ordnungsgemäß angehört.
a) Zwar ist der Bevollmächtigten des Antragstellers insoweit zuzustimmen, als im Zeitpunkt der Stellungnahme vom 6. Juni 2016 aufgrund der Kürze der zwischen der Beauftragung durch den Antragsteller und der von der Disziplinarbehörde gewährten letztmaligen Verlängerung der Frist zur Stellungnahme bis zum Montag, 6. Juni 2016 9.00 Uhr, keine umfassende Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt und der rechtlichen Bewertung möglich gewesen ist. Damit kann sich die Disziplinarbehörde insbesondere nicht darauf berufen, dass der Antragsteller im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung die angeklagten Tatvorwürfe nicht bestritten hatte.
b) Allerdings ist die, wenn auch knappe, Frist zur Äußerung so bemessen gewesen, dass der Antragsteller zum Vorwurf und zur beabsichtigten vorläufigen Maßnahme eine Stellungnahme abgeben konnte. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Inhalt der strafrechtlichen Ermittlungen, der mit dem Vorwurf im Disziplinarverfahren sachidentisch ist, dem Antragsteller jedenfalls bereits seit der Eröffnung des Haftbefehls vom 2. November 2015 bekannt gewesen ist. Damit war für den Antragsteller und seine Bevollmächtigten auch ohne weiteres erkennbar, dass diese Vorwürfe für den zum Lebenszeitbeamten ernannten Antragsteller zu Disziplinarmaßnahmen führen können.
Zum anderen war aber auch bei einer zu kurz bemessenen Frist für den Antragsteller jederzeit die Möglichkeit eröffnet, sich im weiteren Laufe des Verfahrens zu den Umständen äußern, aufgrund derer eine Aufhebung oder Beendigung der vorläufigen Maßnahme geboten sein kann. Die Pflicht zur fortlaufenden Prüfung der Rechtmäßigkeit der verhängten vorläufigen Diensterhebung, die sich für die Disziplinarbehörde aus dem Übermaßverbot ergibt und insoweit auch in Art. 61 Abs. 3 BayDG ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden hat, stellt nämlich sicher, dass jede zugunsten des Beamten zu berücksichtigende Entwicklung auch nach dem Erlass der Verfügung jederzeit in das Verfahren eingebracht werden kann. Der zeitliche Ablauf der Anhörungsfrist schließt dies nicht aus.
c) Damit ist für das Disziplinargericht – unabhängig von der Frage der konkreten Dauer der eingeräumten Äußerungsfrist – in ausreichender Weise gesichert, dass jedes Vorbringen der Antragstellerseite auch nach dem Ablauf der von der Disziplinarbehörde gesetzten Frist zur Äußerung berücksichtigt werden kann. Formelle Fehler haben somit im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung der Disziplinarbehörde vom 6. Juni 2016 nicht vorgelegen.
2. Die Disziplinarbehörde kann den Beamten nach Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG (alternativ zur Dienstenthebung nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG) vorläufig des Dienstes entheben, wenn durch das Verbleiben im Dienst der Dienstbetrieb oder die Ermittlungen wesentlich beeinträchtigt würden und die vorläufige Dienstenthebung zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis stehen. Dabei sind die dienstlichen und öffentlichen Belange an der vorläufigen Suspendierung des Beamten mit dessen Interesse am weiteren Verbleib im Dienst bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens abzuwägen. Eine zu Lasten des Beamten zu treffende Entscheidung setzt voraus, dass durch die weitere Anwesenheit des Beamten an der Dienststelle der Betriebsfrieden so erheblich gestört wird, dass eine weitere Aufgabenerledigung insgesamt wesentlich erschwert wird. Dies wäre etwa auch bei einer negativen Medienberichterstattung denkbar, soweit diese dem Verhalten des Beamten vorwerfbar zugerechnet werden kann (Findeisen, Bayerisches Disziplinargesetz – BayDG -, Stand September 2014, Art. 39 Anm. 2.1.3). Auch wenn eine Fortsetzung des pflichtwidrigen Verhaltens zu erwarten steht, ist eine negative Beeinträchtigung des Dienstbetriebs zu bejahen (BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 16a DS 706/13 – juris Rn. 87).
a) Die Disziplinarbehörde geht in der Verfügung vom 6. Juni 2016 davon aus, dass beim Antragsteller durch die ihm im Strafverfahren vorgeworfenen Delikte gravierende Persönlichkeitsmängel zu Tage getreten sind, die ein Versagen im Kernbereich seiner dienstlichen Pflichten als Hochschullehrer begründen. Damit sind nach Auffassung der Disziplinarbehörde eine glaubwürdige Erfüllung der dem Antragsteller obliegenden Ausbildungsaufgaben sowie eine entsprechende Vorbildfunktion gegenüber den Studierenden nicht mehr gewährleistet. Der auch nur vorübergehende weitere Verbleib des Antragstellers an der Hochschule würde damit einen geordneten Dienstbetrieb erheblich stören (Verfügung vom 6.6.2016, S. 11 f. zu V.2).
b) Dieser Auffassung folgt das Disziplinargericht nicht.
aa) Der Disziplinarbehörde ist insoweit zuzustimmen, als der Antragsteller durch sein Amt als Hochschullehrer eine herausgehobene Position innehat, die insbesondere im Verhältnis zu den Studierenden durch ein besonderes Autoritätsverhältnis gekennzeichnet ist.
Zwar ist davon auszugehen, dass die Studenten an der Hochschule in aller Regel volljährig sind. Soweit die Hochschulleitung in dem Vorlageschreiben vom 3. Mai 2016 auch auf Fälle von noch nicht volljährigen Studenten verweist, so vermag dies keine durchgreifende andere Beurteilung zu rechtfertigen, da diese Situation im gewöhnlichen Studienbetrieb nur als sehr begrenzter Ausnahmefall anzusehen ist und in keiner Weise erkennbar ist, dass der Antragsteller an Veranstaltungen für Minderjährige im Rahmen des sog. Schülerstudiums teilnimmt.
Aber aufgrund der gegenüber den Studierenden herausgehobenen Position des Antragstellers als Hochschullehrer besteht auch gegenüber sämtlichen volljährigen Studenten eine besondere Verpflichtung zu einem deren Persönlichkeitsrechte wahrenden Verhalten. Insbesondere (auch) im Bereich der sexuellen Selbstbestimmung ist dieses Gebot als besondere Verpflichtung des Hochschullehrers anzusehen. Der Vorwurf eines die sexuelle Selbstbestimmung verletzenden Verhaltens des Antragstellers wäre damit für einen weiteren geordneten und ungestörten Dienstbetrieb untragbar.
bb) Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die gegen den Antragsteller erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe in keiner irgendwie gearteten tatsächlichen Beziehung zu seinen dienstlichen Tätigkeiten stehen. Damit fehlt es an jeglichen tatsächlichen Anknüpfungspunkten, die eine für die Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG notwendige wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs begründen könnten.
Für den Ablauf der vom Antragsteller durchzuführenden Lehrveranstaltungen oder sonstiger dienstlicher Tätigkeiten ist somit für das Disziplinargericht nicht erkennbar, dass das dem Antragsteller vorgeworfene strafrechtlich relevante Verhalten erhebliche negative Auswirkungen hat. Insbesondere war bis zum Zeitpunkt der Erhebung der öffentlichen Klage auch ein Bekanntwerden der strafrechtlichen Vorwürfe, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs führen könnten, nicht zu erwarten. Aber auch im jetzigen Zeitpunkt ist nach der Hauptverhandlung vor dem Strafgericht im Juli 2016 eine derartige negative Auswirkung auf den Dienstbetrieb durch eine Presseberichterstattung nicht erkennbar (vgl. Bl. 382 f. der Strafakte, wonach eine Zuordnung zu einer bestimmten Hochschule in der Prozessberichterstattung gerade nicht vorgenommen wurde).
cc) Insgesamt ist damit zur Überzeugung des Disziplinargerichts eine wesentliche Beeinträchtigung des Dienstbetriebs durch die dem Antragsteller vorgeworfenen Straftaten im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung zu verneinen. Eine auf die Anwendung des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayDG gestützte vorläufige Dienstenthebung des Antragstellers ist damit ausgeschlossen.
3. Soweit die Disziplinarbehörde die Anordnung der vorläufigen Maßnahmen in der Verfügung vom 6. Juni 2016 auf Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG gestützt hat, folgt das Disziplinargericht dieser Begründung. Die vorläufige Dienstenthebung ist rechtmäßig ergangen.
a) Gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG kann die Disziplinarbehörde einen Beamten gleichzeitig mit oder nach der Einleitung des Disziplinarverfahrens vorläufig des Dienstes entheben, wenn im Disziplinarverfahren voraussichtlich auf die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt werden wird. Auf Antrag des betroffenen Beamten ist nach Art. 61 Abs. 2 BayDG die vorläufige Dienstenthebung (und/oder der teilweise Einbehalt der Bezüge) auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift sind dann anzunehmen, wenn im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung des Gerichts im Verfahren nach Art. 61 BayDG offen ist, ob die von der Behörde getroffene Anordnung rechtmäßig oder rechtswidrig ist (BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 16a DS 706/13 – juris Rn. 18 m.w.N.)
Im Hinblick auf die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG hat das Disziplinargericht im vorliegenden Antragsverfahren nach Art. 61 BayDG zu prüfen, ob die in der Anordnung der Disziplinarbehörde liegende Prognose gerechtfertigt ist, der Beamte werde im Disziplinarverfahren voraussichtlich aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden. Dies ist dann der Fall, wenn nach dem Kenntnisstand des Eilverfahrens zur Überzeugung des Disziplinargerichts die Möglichkeit der Höchstmaßnahme überwiegend wahrscheinlich ist. Ist es dagegen zumindest ebenso wahrscheinlich, dass eine Entfernung des Beamten aus dem Beamtenverhältnis im Disziplinarverfahren nicht erfolgen wird, sind ernstliche Zweifel im Sinne des Art. 61 Abs. 2 BayDG zu bejahen und deshalb die vorläufige Maßnahme auszusetzen (BayVGH, B.v. 11.12.2013 – 16a DS 706/13 – juris Rn. 18 m.w.N.; Findeisen, BayDG, Art. 61 Anm. 2.2).
Hinsichtlich des zur Last gelegten Dienstvergehens genügt die Feststellung, dass der Beamte dieses Dienstvergehen mit einem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit begangen hat. Dagegen ist es nicht erforderlich, dass das dem Beamten vorgeworfene Dienstvergehen bereits in vollem Umfang nachgewiesen ist (BayVGH, B.v. 11.12.2013 a.a.O Rn. 18 m.w.N.) Dabei bedarf es im gerichtlichen Verfahren nach Art. 61 BayDG regelmäßig keiner eigenen Beweiserhebung durch das Disziplinargericht. Vielmehr muss das Gericht anhand einer ihrer Natur nach nur kursorisch möglichen Prüfung des Sachverhalts aufgrund der gerade aktuellen Entscheidungsgrundlage eine Entscheidung zur Frage der Richtigkeit der Prognoseentscheidung treffen (stRspr.; vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2013 a.a.O. Rn. 18 m.w.N.).
b) In Anwendung dieser Grundsätze bestehen im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung auf der derzeitigen Erkenntnisgrundlage keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der auf Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG gestützten vorläufigen Dienstenthebung. Derzeit ist es überwiegend wahrscheinlich, dass im Disziplinarverfahren gegen den Antragsteller die Höchstmaßnahme, d.h. die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis verhängt werden wird.
aa) Auf Basis der derzeitigen Erkenntnisgrundlage steht die Begehung eines (außerdienstlichen) Dienstvergehens durch den Antragsteller mit der erforderlichen Sicherheit fest.
(1) Dem Antragsteller wird im Strafverfahren auf der Grundlage der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Ingolstadt vom 25. April 2016 vorgeworfen, in zwei tatmehrheitlichen Fällen Straftaten nach § 176 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) durch den sexuellen Missbrauch von Kindern unter 14 Jahren sowie in einem weiteren Fall einen Missbrauch einer Jugendlichen unter Ausnutzung einer Zwangslage, strafbar nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB, begangen zu haben. Diese Anklage wurde mit Beschluss vom 13. Mai 2016 (Bl. 296 der Strafakte) zur Hauptverhandlung vor dem Jugendschöffengericht zugelassen.
Nach dem rechtlichen Hinweis des Strafgerichts in der Hauptverhandlung vom 13. Juli 2016 (Bl. 345 der Strafakte) ist in einem Fall des sexuellen Missbrauchs von Kindern eine Strafbarkeit nach § 176 Abs. 1 StGB fraglich, das Strafgericht geht aber von einer möglichen Strafbarkeit nach § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB aus. Hinsichtlich der nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 StGB angeklagten Straftat hat das Strafgericht darauf hingewiesen, dass mangels einer Zwangslage stattdessen eine Strafbarkeit nach § 182 Abs. 3 Nr. 1 StGB in Frage kommen könnte.
(2) Auch wenn der Antragsteller für diese ihm vorgeworfenen Straftaten im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nicht mit Bindungswirkung nach Art. 25 Abs. 1 BayDG strafrechtlich abschließend verurteilt ist, ist nach der Anklageerhebung und der Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung durch das Strafgericht vom Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung mit der erforderlichen Sicherheit auszugehen.
Im vorliegenden Aussetzungsverfahren bedarf es nicht des vollständigen Nachweises einer Dienstpflichtverletzung. Vielmehr ist es ausreichend, dass das dem Antragsteller vorgeworfene dienstpflichtwidrige Verhalten, hier durch die Begehung einer (außerdienstlichen) Straftat, mit dem hinreichenden Grad an Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wird.
Dieser Nachweis wird durch die Zulassung der Anklage durch das Strafgericht geführt. Über die im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung vom 6. Juni 2016 der Disziplinarbehörde durch die Übermittlung der Anklageschrift ausschließlich bekannte Anklageerhebung nach § 170 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) hinaus hat das Strafgericht mit dem Beschluss vom 13. Mai 2016 in Anwendung von § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen. Nach dem Ergebnis des vorbereitenden Verfahrens erscheint der Antragsteller damit den ihm vorgeworfenen Straftaten hinreichend verdächtig. Somit ist mit dem hinreichenden Grad der Wahrscheinlichkeit – unabhängig von der Frage des Umfangs des Tatnachweises im Zeitpunkt des Abschlusses der Ermittlungen nach § 170 Abs. 1 StPO – das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung nachgewiesen.
(3) Auch nach den Hauptverhandlungsterminen vom Juli 2016 ist dies nicht anders zu beurteilen.
Zwar geht das Strafgericht nach seinen rechtlichen Hinweisen davon aus, dass die dem Antragsteller vorgeworfenen Taten strafrechtlich abweichend von Ausführungen in der Anklageschrift rechtlich zu bewerten sein können (vgl. § 265 Abs. 1 StPO für den Hinweis bei einer zur Anklageschrift veränderten rechtlichen Bewertung der vorgeworfenen Straftaten in der Hauptverhandlung). Allerdings ist auch nach diesen rechtlichen Hinweisen des Strafgerichts weiter von der Strafbarkeit des Antragstellers wegen der vorwerfbaren Begehung mehrerer Sexualdelikte, und damit von der Verwirklichung außerdienstlicher Dienstpflichtverletzungen, auszugehen.
Auch das Ergebnis der Hauptverhandlungstermine im Juli 2016 und die daraufhin erfolgte Aussetzung der Hauptverhandlung ändert nichts an dieser Beurteilung.
Soweit von der Antragstellerseite insoweit geltend gemacht wird, dass die beiden Mädchen als Hauptbelastungszeuginnen durch eine Verwandte beeinflusst worden sein könnten und der Tatvorwurf deshalb insgesamt zweifelhaft erscheint, so lässt sich diese Schlussfolgerung aus der Niederschrift über die Hauptverhandlung nicht begründen. Die Verwandte der Zeuginnen wurde in der Hauptverhandlung vom 13. Juli 2016 vernommen (Protokoll vom 13.7.2016, Bl. 343/351 ff. der Strafakte). Dass sie Einfluss auf die Zeuginnen genommen hätte und deshalb Zweifel an deren Schilderung der vorgeworfenen Missbrauchsstraftaten begründet wären, ist daraus für das Gericht nicht ableitbar.
Auch die Glaubwürdigkeit der beiden Zeuginnen ist durch die Hauptverhandlungstermine vom Juli 2016 nicht in einer Weise erschüttert, dass die Begehung von Straftaten durch den Antragsteller auszuschließen ist. Auch wenn das Strafgericht nach der Beweisaufnahme in den Hauptverhandlungsterminen vom 13. und 21. Juli 2016 das Strafverfahren ausgesetzt hat, ist damit nicht erkennbar, dass ein strafbares Verhalten des Antragstellers nicht vorliegt. Es mag zwar im Einzelnen zweifelhaft sein, auf Grund welcher konkret tatbestandlicher Strafvorwürfe eine Verurteilung des Antragstellers erfolgen kann. Dies bedarf der weiteren Prüfung im – zwischenzeitlich für Februar/März 2017 terminierten – Strafverfahren. Allerdings hat sich entgegen der Auffassung der Antragstellerseite zur Überzeugung des Gerichts aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Erkenntnis dazu ergeben, dass eine Verurteilung des Antragstellers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist.
(4) Auf der Grundlage der im jetzigen Zeitpunkt aus den Akten ableitbaren aktuellen Entscheidungsgrundlage ist somit für das Disziplinargericht ein hinreichender Verdacht der Begehung eines (außerdienstlichen) Dienstvergehens durch den Antragsteller zu bejahen.
bb) Auf dieser tatsächlichen Grundlage ist die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme, d.h. die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung überwiegend wahrscheinlich.
(1) Ein Beamter ist aus dem Dienst zu entfernen, wenn er durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Ob und in welchem Umfang durch ein außerdienstliches Verhalten eines Beamten das für sein Statusamt (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 25/14 – BVerwGE 152, 228 LS 1 und Rn. 16 ff.) erforderliche Vertrauen beeinträchtigt ist, hängt nach ständiger Rechtsprechung in maßgeblicher Weise von Art und Intensität der jeweiligen Verfehlung ab. Insbesondere die Begehung von Straftaten und der Bezug der Taten zum innegehabten Amt ist dabei von besonderer Bedeutung (BVerwG, U.v. 18.6.2015 a.a.O. Rn. 15).
Für den Antragsteller als Hochschullehrer ist dabei zwar davon auszugehen, dass die Achtung der Vorschriften zum Schutz der sexuellen Selbstbestimmung Minderjähriger nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit seinem Statusamt steht. Allerdings ist wegen der mit dem Amt eines Hochschullehrers verbundenen besonderen Fürsorge- und Vorbildfunktion gegenüber den Studierenden ein hinreichender Bezug zum Statusamt zu bejahen. Denn die Einhaltung grundlegender Schutzvorschriften von Minderjährigen (auch) im Bereich der sexuellen Selbstbestimmung gehört aufgrund seiner herausgehobenen Position zum Kernbereich des Vorbild- und Bildungsauftrags des Hochschullehrers (vgl. ebenso für einen beamteten Lehrer: BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9/14 – BVerwGE 152, 228 Rn. 22: „spezifische Dienstpflicht zu Schutz und Obhut gerade von Kindern“).
(2) Die dem Antragsteller vorgeworfenen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung im Sinne des Dreizehnten Abschnitts des Besonderen Teils des StGB (§§ 174 ff. StGB) stellen schwerwiegende Vorsatzstraftaten dar, deren Verwirklichung bereits deshalb zu einem generellen Vertrauensverlust und damit zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führen (stRspr.; ausdrücklich etwa BVerwG, U.v. 18.6.2015 – 2 C 9/14 – BVerwGE 152, 228 Rn. 27; BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50/13 – NVwZ-RR 2016, 421 Rn. 12).
Dieser endgültige Vertrauensverlust ist vorliegend zum einen dadurch begründet, dass für alle dem Antragsteller in der Anklageschrift bzw. nach dem rechtlichen Hinweis durch das Strafgericht in der Hauptverhandlung vom 13. Juli 2016 zur Last gelegten Delikte der Strafgesetzgeber von einer gesetzlichen Strafandrohung ausgeht, die die Verhängung von Freiheitsstrafen von bis zu mehr als zwei Jahren eröffnet. Dieser gesetzliche Strafrahmen ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bei außerdienstlichen Straftaten als Orientierungsrahmen für die Einordnung der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme heranzuziehen (stRspr.; BVerwG, B.v. 14.5.2012 – 2 B 146/11 – NVwZ-RR 2012, 658 Rn. 8 m.w.N.). Damit ist für den Fall der Verwirklichung derartiger Straftaten die Verhängung der Höchstmaßnahme durch die Entfernung aus dem Dienst im Disziplinarverfahren eröffnet.
Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Falle des Vorwurfs der Begehung einer Sexualstraftat gegenüber Kindern bereits aufgrund der verwirklichten Straftat diese geeignet ist, das Ansehen des Berufsbeamtentums derart schwerwiegend zu beeinträchtigen, dass als Richtschnur für die zu verhängende Disziplinarmaßnahme die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zugrunde gelegt werden kann (BVerwG, U.v. 25.3.2010 – 2 C 83/08 – BVerwGE 136, 173 Rn. 18; ebenso BayVGH, U.v. 23.3.2011 – 16b D 2749/09 – juris Rn. 47 f.).
(3) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist somit die von der Disziplinarbehörde getroffene Prognose im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung als rechtmäßig anzusehen. Die Verhängung der Höchstmaßnahme im Disziplinarverfahren ist als überwiegend wahrscheinlich anzusehen.
4. Mit der Rechtmäßigkeit der auf Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDG gestützten vorläufigen Dienstenthebung des Antragstellers bestehen auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die damit verbundene Kürzung der Dienstbezüge in Ziffer 2. der Verfügung vom 6. Juni 2016.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 4 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO, der Antragsteller trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben (Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayDG).

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