Verwaltungsrecht

Vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Vorklinik)

Aktenzeichen  7 CE 18.10057, 7 CE 18.10058

Datum:
11.9.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 23425
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
HZV § 44, § 50, § 59
VwGO § 122 Abs. 2 S. 3, § 146 Abs. 4 S. 6, § 152, § 154 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Es besteht kein Anspruch auf die Anwendung einer bestimmten und im Einzelfall gewünschten Berechnungsmethode der Curricularanteile (vgl. BayVGH BeckRS 2016, 55758). Eine proportionale Kürzung derselben („Stauchung“) ist rechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn damit von einer bestehenden kapazitätsgünstigeren Berechnungspraxis abgewichen wird. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2 Gem. § 44 Abs. 3 S. 3 HZV iVm Anlage 7 zu § 50 HZV wird in Bayern ein eigener Curricularnormwert in Höhe von 2,42 für den vorklinische Teil des Studiengangs Humanmedizin festgelegt. Bei dieser gesonderter Festsetzung eines (Teil-) Curricularnormwerts für den vorklinischen Teil ist eine „Stauchung“ nur in Bezug auf diesen Wert – sofern er überschritten wird – durchzuführen, sodass ein überhöhter Ausbildungsaufwand im klinischen Teil keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Aufnahmekapazität der Vorklinik hat. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
3 Medizinische Fakultäten sind kapazitätsrechtlich nicht verpflichtet, Lehrkräfte aus den beiden klinischen Lehreinheiten (klinisch-theoretische Medizin und klinisch-praktische Medizin) in den zur vorklinischen Ausbildung gehörenden Lehrveranstaltungen einzusetzen und das vorklinische Lehrpersonal insoweit zu entlasten. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 E HV 17.10250 2018-04-19 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
II. Die Antragsstellerinnen tragen jeweils die Kosten ihres Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für die Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 2.500 Euro festgesetzt

Gründe

I.
Die Antragsstellerinnen begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Vorklinik) im ersten Fachsemester an der Universität Regensburg (UR) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemester 2017/2018, hilfsweise beschränkt auf den vorklinischen Studienabschnitt. Sie halten die Ausbildungskapazität der Universität für nicht ausgeschöpft.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hat ihre entsprechenden Anträge mit Beschluss vom 19. April 2018 abgelehnt.
Mit ihren Beschwerden verfolgen die Antragstellerinnen ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie machen im Wesentlichen geltend, „die Kammer“ sei in bedenklicher Art und Weise von der bisherigen sogenannten „85%-Regelung“ abgewichen und habe im Übrigen keine – aus ihrer Sicht indes erforderliche – isolierte Kapazitätsberechnung bezogen auf die Vorklinik vorgenommen. Bedenken bestünden auch im Hinblick auf den für den Bachelor-Studiengang Molekulare Medizin festgesetzten Curricularwert.
Der Antragsgegner hat sich im Beschwerdeverfahren ausführlich geäußert und den angefochtenen Beschluss verteidigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerden haben keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragsstellerinnen nicht. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Universität ihre Ausbildungskapazität im Studiengang Humanmedizin (Vorklinik) ausgeschöpft hat und die Kapazitätsberechnung nicht zu beanstanden ist. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt darauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend bleibt anzumerken:
1. Zutreffend und in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senats geht das Verwaltungsgericht auf S. 16 f. des angefochtenen Beschlusses vom 19. April 2018 davon aus, dass die seitens der UR nunmehr vorgenommene und ausschließlich der Einhaltung des für die Vorklinik vorgegebenen Curricularnormwerts von 2,42 dienende, proportionale Kürzung der Curricularanteile („Stauchung“) rechtlich nicht zu beanstanden ist. Zwar ist die UR damit von ihrer bisherigen Praxis, zur notwendigen Einhaltung des Curricularnormwerts Kurse und Seminare für die Berechnung des jeweiligen Curriculareigenanteils kapazitätsgünstig mit einem Anteil von lediglich 0,85 anzusetzen („sog. 85%-Regelung“) abgewichen. Allerdings gibt es – und darauf weist der Antragsgegner zu Recht hin – grundsätzlich keinen Anspruch auf Anwendung einer bestimmten und im Einzelfall gewünschten Berechnungsmethode (vgl. BayVGH, B.v. 17.11.2016 – 7 CE 16.10286 u.a. – juris m.w.N.).
2. Die von den Antragstellerinnen im weiteren geforderte, „isolierte Kapazitätsberechnung nur bezogen auf die Vorklinik“ hat die UR tatsächlich schon deshalb vorgenommen, weil in Bayern gemäß § 44 Abs. 3 Satz 3 HZV der vorklinische Teil des Studiengangs Humanmedizin der Lehreinheit Vorklinische Medizin (Vorklinik) zugeordnet ist, für die gemäß Anlage 7 zu § 50 HZV ein eigener Curricularnormwert in Höhe von 2,42 normativ festgelegt ist. Deshalb bleiben insoweit auch keine – wie die Antragsstellerinnen weiter unter Berufung auf eine in der Literatur von Pastor (Die Einhaltung des Curricularnormwerts im Studiengang Medizin als Problem im Kapazitätsprozess, NVwZ 2018, S. 119 ff.) vertretene Ansicht meinen – in der Lehreinheit klinisch-praktische Medizin vorhandenen Ausbildungskapazitäten ungenutzt. Denn nur für den Fall, dass im Studiengang Medizin (anders als in Bayern) kein gesonderter (Teil-)Curricularnormwert festgesetzt ist, wirkt sich die „Stauchung“ der Curricularanteile bei einer Überschreitung des Curricularnormwerts auch auf die Aufnahmekapazität der Vorklinik aus. Bei – wie hier – gesonderter Festsetzung eines (Teil-)Curricularnormwerts für den vorklinischen Teil ist eine „Stauchung“ nur in Bezug auf diesen (Teil-)Curricularnormwert – sofern er überschritten wird – durchzuführen, sodass ein überhöhter Ausbildungsaufwand im klinischen Teil keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Aufnahmekapazität der Vorklinik hat (so auch Pastor a.a.O. S. 125). Im Übrigen entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Senats, dass die medizinischen Fakultäten aus kapazitätsrechtlicher Sicht nicht verpflichtet sind, Lehrkräfte aus den beiden klinischen Lehreinheiten (klinisch-theoretische Medizin und klinisch-praktische Medizin) in den zur vorklinischen Ausbildung gehörenden Lehrveranstaltungen einzusetzen und das vorklinische Lehrpersonal insoweit zu entlasten (BayVGH, B.v. 10.1.2012 – 7 ZB 11.783 – juris Rn. 9 m.w.N.).
3. Schließlich sind auch die Bedenken der Antragsstellerinnen im Hinblick auf den in Höhe von 3,9869 festgesetzten Curricularwert für den Bachelor-Studiengang Molekulare Medizin unbegründet. Abgesehen davon, dass dieser Wert etwa in der Mitte der gemäß Anlage 8 zu § 59 HZV zulässigen Bandbreite von 3,35 – 4,5 liegt, ist der früher berechnete Curricularwert in Höhe von 3,615 nicht „nunmehr“ verlassen worden, sondern – wovon das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeht – bereits im Jahr 2013 und seither unbeanstandet geblieben (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 16.6.2015 – 7 CE 15.10028 u.a.).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014).
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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