Aktenzeichen 10 CS 19.639
FreizügG/EU § 5, § 7
Leitsatz
1. Wird neben der Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gleichzeitig gegen die Verlustfeststellung des Rechts auf Einreise und Aufenthalt Klage erhoben, kommt dieser aufschiebende Wirkung zu; es bedarf deshalb keiner Anordnung der aufschiebenden Wirkung, um den Antragsteller vor einer (vorzeitigen) Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung zu schützen. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 24 S 18.5146 2019-02-21 Ent VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde, mit der der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiterverfolgt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Ablehnung der Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis anzuordnen, bleibt ohne Erfolg. Die vom Antragsteller dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen weder die Aufhebung noch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit dem angefochtenen Beschluss mangels Zulässigkeit abgelehnt. Dem Antrag fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil im angefochtenen Bescheid vom 5. Oktober 2018 nicht nur der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt (Nr. 2 des Bescheids), sondern zugleich auch der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt festgestellt worden sei (Nr. 1 des Bescheids) und demzufolge die hiergegen zugleich erhobene Klage aufschiebende Wirkung habe. Darüber hinaus sei der Antrag auch deswegen unzulässig, weil es im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an einer ladungsfähigen Anschrift des Antragstellers fehle. Ein dem Antragsteller im Rahmen der Kostenverfolgung unter seiner angegebenen Anschrift per Postzustellungsurkunde zugesandtes Schreiben habe laut dem Zustellungsvermerk „Empfänger unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ nicht zugestellt werden können.
Demgegenüber macht der Antragsteller mit seiner Beschwerde geltend, dass bei der letzten Vorsprache bei der Antragsgegnerin das Begehren des Antragstellers auf Verlängerung der Grenzübertrittsbescheinigung auf erhebliche Bedenken gestoßen und erst nach mehrfacher Rücksprache verlängert worden sei. Klarstellend wäre auszuführen, dass die Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung habe und vor Abschluss des Verfahrens keine Ausreisepflicht bestehe. Bezüglich der angeblich nicht vorhandenen ladungsfähigen Anschrift werde auf die dem Gericht schriftsätzlich vorgelegten Unterlagen verwiesen.
Mit diesem Vorbringen wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht mit Erfolg angegriffen.
Dabei kann letztlich offen bleiben, ob der Antrag im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung mangels Angabe einer ladungsfähigen Anschrift unzulässig gewesen ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2016 – 10 CE 15.2640 – juris Rn. 20; allgemein zur Pflicht zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift: BayVGH, B.v. 9.8.2016 – 10 CE 16.1145, 10 C 16.1146 – juris Rn. 15). Hierauf hat das Erstgericht in seiner Entscheidung nur „darüber hinaus“ abgestellt (s. B.v. 21.2.2019 – M 24 S 18.5146 – BA S. 5, Ziff. 2.2) und die Unzulässigkeit des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO in erster Linie auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis wegen des Suspensiveffekts der zugleich erhobenen (Anfechtungs-)Klage gestützt. Zu diesem selbständig tragenden Entscheidungsgrund verhält sich das Beschwerdevorbringen indes nicht bzw. es wird insofern nur „klarstellend“ ausgeführt, dass der gleichzeitig gegen die Verlustfeststellung erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zukomme und es daher daneben, wie das Erstgericht zutreffend festgestellt hat (vgl. auch VG Dresden, B.v. 9.3.2010 – 3 L 70/10 – juris -Ls-, Rn. 13; B.v. 18.1.2013 – 3 L 1374/12 – juris Rn. 10; VG Gießen, B.v. 17.9.2013 – 7 L 820/13.GI – juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.2.2012 – M 9 S 13.5510 – juris Rn. 13 ff.; differenzierend: HessVGH, B.v. 18.8.2011 – 6 B 821/11 – juris Rn. 18; Dienelt in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 12. Auflage 2018, § 7 FreizügG/EU Rn. 18, 22; Kurzidem in BeckOK Kluth/Heusch, Ausländerrecht, Stand 1.2.2018, § 5 FreizügG/EU Rn. 18 m.w.N., § 7 FreizügG/EU Rn. 4 und 8; Geyer in NK-Hofmann, Ausländerrecht, 2. Auflage 2016, § 5 FreizügG/EU Rn. 16; Epe in GK-AufenthG, Bd. 7, Stand April 2019, § 5 FreizügG/EU Rn. 65), keiner Anordnung der aufschiebenden Wirkung bedarf, um den Antragsteller vor einer (vorzeitigen) Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung zu schützen (vgl. Dienelt in Bergmann/Dienelt, a.a.O., § 7 FreizügG Rn. 22 f.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).