Aktenzeichen M 7 K 16.350
WaffG WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 1b, § 6, § 41 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
BayVwVfG BayVwVfG Art. 40
Leitsatz
1 Wenn die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 WaffG vorliegen, ist im Gegensatz zu Abs. 2 der Vorschrift die Zuverlässigkeit nicht nur in der Regel, sondern ausnahmslos nicht gegeben mit der Folge, dass der Betroffene in waffenrechtlicher Hinsicht unzuverlässig ist. (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Hinblick auf den Zweck des Waffengesetzes, den Umgang mit Schusswaffen und Munition zu begrenzen und den zuverlässigen und sachkundigen Umgang mit Waffen zu gewährleisten, um die naturgemäß aus dem Besitz und Gebrauch von Waffen resultierenden erheblichen Gefahren einzugrenzen und überwachen zu können, ist das strafbewehrte Besitz- und Erwerbsverbot (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 8 WaffG) ein geeignetes Mittel der Gefahrenabwehr. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens des Klägers über die Sache verhandeln und entscheiden, da der Kläger ordnungsgemäß geladen und in der mit Postzustellungsurkunde zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Der Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2016 mit dem darin verfügten Waffenbesitzverbot ist im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1978 – I C 23.76 – juris Rn. 13) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition u.a. dann untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Dabei beurteilt sich der Begriff der Zuverlässigkeit ebenso nach § 5 WaffG wie im Bereich der erlaubnispflichtigen Waffen (BayVGH, B.v. 22.1.2014 – 21 ZB 13.1781 – juris Rn. 13 ff. m.w.N.; OVG Hamburg, U.v. 11.1.2011 – 3 BF 197/09 – juris Rn. 33).
Das Landratsamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass dem Kläger die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG fehlt. Damit kommt es nicht darauf an, ob ein Waffenbesitzverbot noch auf andere Gründe, etwa eine fehlende persönliche Eignung (§ 6 WaffG), gestützt werden kann. Die Vertreterin des Landratsamts hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass maßgeblich für das verfügte Waffenbesitzverbot die im Bescheid aufgeführten beiden letzten Verurteilungen des Amtsgerichts Dachau seien.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit Personen nicht, die wegen vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Diese Voraussetzungen sind beim Kläger erfüllt. Er wurde vom Amtsgericht Dachau am 6. August 2013, rechtskräftig seit 16. Dezember 2014, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt und weiter am 14. August 2014, rechtskräftig seit demselben Tag, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten. Da die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 WaffG vorliegen, ist im Gegensatz zu Abs. 2 der Vorschrift die Zuverlässigkeit nicht nur in der Regel, sondern ausnahmslos nicht gegeben mit der Folge, dass der Kläger in waffenrechtlicher Hinsicht unzuverlässig ist.
Das Landratsamt hat das ihm zustehende Ermessen erkannt und zweckgerecht und im Rahmen der gesetzlichen Grenzen ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG), nämlich den Besitz von erlaubnisfreien Waffen, insbesondere zur Abwehr der auch von erlaubnisfreien Waffen und Munition ausgehenden Gefahren (BT-Drs. 14/7758, S. 76) untersagt. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Besitzverbot mit dem sich aus der fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ergebenden Sicherheitsrisiko begründet worden ist. Das Landratsamt durfte im Rahmen seiner Ermessensausübung auf die Vielzahl der strafrechtlichen Verurteilungen sowie auf die in den Taten zum Ausdruck gekommene Aggressivität abstellen. Es hat auch zu Recht Bemühungen des Klägers zur Änderung seines Verhaltens – die Teilnahme an Sitzungen der Anonymen Alkoholiker und die Teilnahme an einem Anti-Gewalttraining – dahingehend in die Erwägungen eingestellt, dass der Kläger entsprechende Verhaltensweisen noch nicht lange genug unter Beweis gestellt hat, um von einer wesentlichen Änderung seines Verhaltens ausgehen zu können. Im Hinblick auf den Zweck des Waffengesetzes, den Umgang mit Schusswaffen und Munition zu begrenzen und den zuverlässigen und sachkundigen Umgang mit Waffen zu gewährleisten, um die naturgemäß aus dem Besitz und Gebrauch von Waffen resultierenden erheblichen Gefahren einzugrenzen und überwachen zu können (BayVGH, B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 14), ist das strafbewehrte Besitz- und Erwerbsverbot (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 8 WaffG) ein geeignetes Mittel der Gefahrenabwehr. Ein milderes Mittel, das gleichermaßen geeignet wäre, Gefahren zu begegnen, die auch von erlaubnisfreien Waffen im Besitz des nicht zuverlässigen Klägers ausgehen, ist nicht ersichtlich. In seiner Berufsausübung als Metzger wird er nicht beeinträchtigt, weil die dafür benötigten Gegenstände nicht unter die Waffen nach dem Waffengesetz fallen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.