Aktenzeichen 21 CS 17.1519
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 2, § 18 S. 1
GG Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
BayVwVfG Art. 24 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 S. 2, Art. 46
Leitsatz
1 Personen, die der sog. “Reichsbürgerbewegung” zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen machen, sind waffenrechtlich unzuverlässig (Fortführung von BayVGH BeckRS 2017, 128941). (Rn. 12 – 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Rahmen der nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG anzustellenden Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr eine diesbezügliche hinreichende Wahrscheinlichkeit (ebenso BVerwG BeckRS 9998, 29102). (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 7 S 17.1813 2017-07-25 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.875,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Ungültigerklärung und Einziehung ihres Jagdscheins sowie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen den Widerruf ihrer waffenrechtlichen Erlaubnisse.
Am 20. Oktober 2009 stellte die Antragsgegnerin der Antragstellerin einen Jagdschein aus und verlängerte diesen am 8. Februar 2015 bis 31. März 2018. Am 22. Januar 2009 erteilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Waffenbesitzkarte sowie am 16. März 2016 den Kleinen Waffenschein.
Am 8. Juni 2015 richtete die Antragstellerin ein Schreiben an das Bürgerbüro der Antragsgegnerin, in dem sie Folgendes erklärte: „Als nachgewiesene deutsche Staatsangehörige nach RuStAG § 4 Abs. 1, EStA-Register-Nr. 3603414 wird die uneingeschränkte Kündigung aller Knebel- und invisiblen Verträge, die mit dem Personalausweis der Bundesrepublik Deutschland verbunden sind, und/oder durch diesen begründet waren, ex tunc erklärt und nunc pro tunc, ausgesprochen“. Zugleich wies sie den Leiter des Bürgerbüros an, ihren beigelegten Personalausweis zu vernichten. Im Schreiben vom 19. Juni 2015 an das Kreisverwaltungsreferat M. erklärte die Antragstellerin, das Angebot, sie wieder in ein Vertragsverhältnis zu ziehen, werde zurückgewiesen, es bestehe kein Vertragsbedarf.
Die Stellungnahme des Kriminalfachdezernats 4 M. vom 29. Dezember 2016 kommt zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin aus polizeilicher Sicht als Angehörige der Reichsbürgerbewegung zuzurechnen sei. Dies ergebe sich aus dem vorliegenden Schriftverkehr mit dem erkennbaren Bestreben, sich von der Bundesrepublik Deutschland loszusagen und sich damit außerhalb der geltenden Rechtsordnung zu stellen.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2017 wurde die Antragstellerin zum beabsichtigten Widerruf ihrer waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse angehört, da wegen Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei. Dem widersprach der Bevollmächtigte der Antragstellerin.
Die Antragsgegnerin erklärte mit Bescheid vom 27. März 2017 den Jagdschein für ungültig und zog ihn ein (Nr. 1 des Bescheids). Darüber hinaus widerrief sie die der Antragstellerin ausgestellte Waffenbesitzkarte vom 22. Januar 2009, in die sechs Schusswaffen eingetragen waren, und den Kleinen Waffenschein (Nr. 2 des Bescheids). Gleichzeitig wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 5 bzgl. der Nrn. 1, 3 und 4 des Bescheids) verfügt, dass die benannten Schusswaffen und Munition bis spätestens 6 Wochen nach Bescheidszustellung an einen Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen seien (Nr. 3) ansonsten deren Sicherstellung und Verwertung erfolge, sowie – verbunden mit einer Zwangsgeldandrohung (Nr. 6) – die Erlaubnisdokumente zurückzugeben seien (Nr. 4).
Die Antragstellerin hat gegen den Bescheid Klage erhoben und vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO mit Beschluss vom 19. Juni 2017 abgelehnt.
Dagegen richtet sich die am 7. August 2017 eingelegte Beschwerde
II.
1. Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 und 4, § 147 VwGO) hat keinen Erfolg.
Die zur Begründung der Beschwerde fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen es nicht, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben.
1.1 Mit dem Verwaltungsgericht ist nach der gebotenen summarischen Prüfung davon auszugehen, dass sich der Bescheid der Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen wird. Die Voraussetzungen für die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins (§ 18 Abs. 1 BJagdG, § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG, § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG) sowie für den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse der Antragstellerin wegen fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit liegen vor (§ 45 Abs. 2 Satz 1, § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG).
1.1.1 Personen, die der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen gemacht haben, sind waffenrechtlich unzuverlässig (vgl. Beschlüsse des Senats vom 5. Oktober 2017– 21 CS 17.1300 – und vom 12. Dezember 2017 – CS 17.1332 – beide juris).
Der Verfassungsschutzbericht 2016 des Bundes (S. 90) definiert „Reichsbürger“ als eine organisatorisch wie ideologisch äußerst heterogene Szene, der jedoch die fundamentale Ablehnung des Staates, seiner Repräsentanten sowie der gesamten Rechtsordnung gemein ist. Nach dem Verfassungsschutzbericht Bayern 2016 (S. 180 ff.) sind „Reichsbürger“ Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Den Vertretern des Staates sprechen sie die Legitimation ab oder definieren sich gar in Gänze als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie berufen sich in unterschiedlichster Form auf den Fortbestand des Deutschen Reiches. Reichsbürger behaupten, Deutschland habe keine gültige Verfassung und sei damit als Staat nicht existent, oder das Grundgesetz habe mit der Wiedervereinigung seine Gültigkeit verloren. Daher fühlen sich Reichsbürger auch nicht verpflichtet, den in der Bundesrepublik geltenden Gesetzen Folge zu leisten. Die Reichsbürgerbewegung wird als sicherheitsgefährdende Bestrebung eingestuft. Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein (Verfassungsschutzbericht Bayern 2016, S. 185).
Wer der Ideologie der Reichsbürgerbewegung folgend die Existenz und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland negiert und die auf dem Grundgesetz fußende Rechtsordnung generell nicht als für sich verbindlich anerkennt, gibt Anlass zu der Befürchtung, dass er auch die Regelungen des Waffengesetzes nicht strikt befolgen wird. Dies gilt für den Umgang mit Waffen ebenso wie für die Pflicht zur sicheren Waffenaufbewahrung, die Pflicht zur getrennten Aufbewahrung von Waffen und Munition, die Pflicht zu gewährleisten, dass andere Personen keinen Zugriff haben können, sowie die strikten Vorgaben zum Schießen mit Waffen im Besonderen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a bis c WaffG). Ausgehend von dem Grundsatz, dass nur derjenige im Besitz von Waffen sein soll, der nach seinem Verhalten das Vertrauen darin verdient, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.1997 – 1 B 9/97 – juris), muss einer der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnenden Person anknüpfend an die Tatsache, dass sie die waffenrechtlichen Normen gerade nicht als für sich verbindlich ansieht, die nach § 5 WaffG erforderliche Zuverlässigkeit abgesprochen werden (vgl. zum Ganzen: NdsOVG, B.v. 18.7.2017 – 11 ME 181/17; VG Minden, U.v. 29.11.2016 – 8 K 1965/16; VG Cottbus, U.v. 20.9.2016 – VG 3 K 305/16; VG München, B.v. 8.6.2017 – M 7 S. 17.933; einschränkend VG Gera, U.v. 16.9.2015 – 2 K 525/14 Ge – jeweils juris).
1.1.2 Der Senat teilt nach summarischer Prüfung die Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Antragsgegnerin, dass die in den aktenkundigen Schreiben an die Antragsgegnerin zu Tage getretenen Auffassungen und Überzeugungen, die sich typischerweise als solche der sog. „Reichsbürgerbewegung“ darstellen, die auf Tatsachen gestützte Prognose ihrer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen. Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Verwaltungsgerichts (BA S. 11 f.) und der ausführlichen und überzeugend dargelegten Begründung im angefochtenen Widerrufsbescheid, denen der Senat folgt (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
Die an die Antragsgegnerin gerichteten Schreiben lassen eindeutig, klar und unmissverständlich erkennen, dass sie sich die Ideologie der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zu eigen gemacht hat. So hat sie unter Berufung auf ihre „deutsche Staatsangehörigkeit nach RuStAG § 4 Abs. 1, EStA-Register, ihren „Personalausweisvertrag“ mit der Bundesrepublik Deutschland gekündigt und dementsprechend die Vernichtung ihres Personalausweises verlangt. Reichsbürger sind davon überzeugt, dass sie aus der Bundesrepublik Deutschland austreten können. Als ersten Schritt zu ihrem vermeintlichen Austritt betrachten sie häufig die Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises unter Berufung auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 (Verfassungsschutzbericht Bayern 2016, S. 184). Vom Staatsangehörigkeitsausweis erhofft sich dieser Personenkreis – rechtlich völlig unzutreffend – u.a. den „Ausstieg aus der Firma BRD“ oder die Sicherung vermeintlicher Rechte beim „Untergang des Systems“. Die Rückgabe amtlicher Ausweisdokumente an die Behörde und eine erklärte „Kündigung“ in diesem Zusammenhang legen „reichsbürgertypisch“ nahe, dass sich die Antragstellerin nicht als zur Bundesrepublik Deutschland zugehörig ansieht, sondern die Geltung der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland und damit auch die Regelungen des Waffengesetzes in Abrede stellt. Letztlich hat sie sich damit als außerhalb der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland stehend definiert.
1.2 Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung.
1.2.1 Soweit darin eine fehlende Sachverhaltsaufklärung der Behörde und einen Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz des Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG gerügt wird, führt dies nicht zum Erfolg. Die Behörde hat vielmehr im Verwaltungsverfahren den für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt umfassend aufgeklärt. Darüber hinaus wurden im Bescheid auch die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitgeteilt, die die Antragsgegnerin zu ihrer Entscheidung bewogen haben (Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG). Im Übrigen führt der Verfahrensfehler der fehlerhaften Sachverhaltsaufklärung zwar zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheids, bei gebundenen Entscheidungen – wie der vorliegenden – aber für sich genommen nicht zu deren Aufhebung (Art. 46 BayVwVfG; Kopp/Ramsauer, VwVfG 18. Aufl. 2017, § 24 Rn. 36, § 46 Rn. 30).
1.2.2 Ohne Erfolg wendet sich die Antragstellerin auch gegen die Anwendung des Prognosemaßstabs durch die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht. Im Fall des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG geht es um die auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts, BT-Drs. 14/7758, S. 54). Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine ordnungsrechtliche Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. BT-Drs. 14/7758 S. 51). Die erforderliche Prognose hat sich am Zweck des Gesetzes zu orientieren. Nach dem Waffengesetz soll das mit jedem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsrisiko möglichst gering gehalten und nur bei Personen hingenommen werden, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (st. Rspr. BVerwG, vgl. B. v. 31.1.2008 – 6 B 4/08, B. v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – beide juris). Dabei wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, B. v. 2.11.1994 – 1 B 215.93 – juris). Im Bereich des Waffenrechts kann angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Diese Erwägungen haben sowohl die Antragsgegnerin (Bescheid S. 4) als auch das Verwaltungsgericht (BA S. 9 f.) ihrer Entscheidung zugrunde gelegt und sind schließlich unter Würdigung der von der Antragstellerin geschaffenen Tatsachen, nämlich ihrer gegenüber der Antragsgegnerin abgegebenen schriftlichen Äußerungen und der in diesem Zusammenhang erfolgten Rückgabe des Personalausweises zum Zweck der Vernichtung, zu der vom Senat geteilten Einschätzung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit der Antragstellerin gelangt. Denn wer gegenüber einer Behörde dem Gedankengut der sog. „Reichsbürger“ entlehnte Äußerungen in der „reichsbürgertypischen Weise“ (z.B. Unterschriftenzusätze, Datumsangabe) trifft und entsprechende Verhaltensweisen zeigt (Rückgabe des Personalausweises) geht davon aus und beabsichtigt gerade, seine ablehnende Haltung gegenüber der Rechtsordnung sozusagen amtlich und ernsthaft einer Behörde gegenüber kund zu tun.
1.2.3 Die Beschwerde wendet auch ohne Erfolg ein, dass die nach Art. 5 Abs. 1 GG garantierte Meinungsfreiheit nicht auf dem Umweg über die vorgeschobene Annahme waffenrechtlicher Unzuverlässigkeit ausgehebelt werden dürfe.
Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Die Bürger sind dabei rechtlich nicht gehalten, die der Verfassung zugrunde liegenden Wertsetzungen persönlich zu teilen. Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität aber nicht (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2001 – 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, S. 2069/2070 und vom 15. September 2008 – 1 BvR 1565/05 -, NJW 2009, S. 908/909). Geschützt sind damit von Art. 5 Abs. 1 GG auch Meinungen, die auf eine grundlegende Änderung der politischen Ordnung zielen, unabhängig davon, ob und wie weit sie im Rahmen der grundgesetzlichen Ordnung durchsetzbar sind. Selbst eine radikale Infragestellung der geltenden Ordnung fällt nicht von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG heraus (BVerfG, B. v. 4.11.2009 – 1 BvR 2150/08 – juris Rn. 49).
Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenze jedoch unter anderem in den Schranken der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Dazu gehört das Waffengesetz, das ersichtlich nicht eine Meinung als solche verbietet und sich nicht gegen die Äußerung einer Meinung als solche richtet, sondern den Umgang mit Waffen und Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung regelt (§ 1 Abs. 1 WaffG). Dementsprechend ist eine waffenrechtliche Erlaubnis dann zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eingetreten sind, die zur Versagung hätten führen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG).
Bleibt die Antragstellerin nach allem im Hauptsacheverfahren voraussichtlich erfolglos, überwiegt das öffentliche Interesse daran, das mit jedem Waffenbesitz für die Allgemeinheit verbundene Risiko nach Möglichkeit zu minimieren, das private Interesse der Antragstellerin am Besitz ihrer Waffen und des Jagdscheins bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache.
2. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Der Streitwert ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG unter Berücksichtigung der Nrn. 20.3, 50.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach ist für den Widerruf der Waffenbesitzkarte einschließlich einer Waffe ein Betrag von 5.000.- EUR zzgl. 750.- EUR je weiterer Waffe anzusetzen. Für den Widerruf eines Kleinen Waffenscheins wird der Auffangwert von 5.000,00 EUR angesetzt (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2017 – 21 CS 17.856 – juris). Für den Entzug des Jagdscheins werden 8.000.- EUR angesetzt. Daraus errechnet sich für das Hauptsacheverfahren ein Gesamtstreitwert von 21.750,00 EUR, der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes halbiert wird.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 GKG).