Aktenzeichen M 26b E 20.5654
BayIfSMV § 16§ 18
ZPO § 294, § 920 Abs. 1 u. 2
IfSG § 2 Nr. 1 u. 3, § 4, § 28 Abs. 1 S. 2, § 33 S. 2 Nr. 3
GG Art. 2 Abs. 2
GKG § 52 Abs. 2,§ 53 Abs. 2 Nr. 1
RDGEG § 3, § 5
Leitsatz
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf EUR 5.000 festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Ausgestaltung des Schulunterrichts in Form von Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht in seinem Gymnasium im Landkreis R. als Maßnahme gegen die Corona-Pandemie.
Der Antragsteller besucht die Jahrgangsstufe A … des Gymnasiums A … …
Mit Schreiben vom 30. Oktober 2020 informierte das staatliche Gesundheitsamt R. die Schulleitungen im Zuständigkeitsbereich über weitergehende infektionsschutzrechtliche Maßnahmen ab dem 9. November 2020. Unter anderem wurde die zwingende Einhaltung des Mindestabstands ab den Jahrgangsstufen 11 gemäß dem Rahmenhygieneplan Schulen verfügt. Bei Unmöglichkeit der Umsetzung dieser Vorgabe wurde für den Regelfall ein Wechsel zwischen Distanzund Präsenzunterricht für alle Schüler verfügt.
Mit Elternbrief vom 4. November 2020 und Schülerinformation vom selben Tag wurde ihm mitgeteilt, dass ab 9. November 2020 der Unterricht für die beiden Jahrgangsstufen B … und A … in zwei Gruppen und im Wechsel zwischen Präsenz- und Distanzunterricht stattfinden werde. Die übrigen Jahrgangsstufen des Gymnasiums A … … würden weiterhin in der Schule, aber ausschließlich im Klassenverband unterrichtet. Begründet wurde dies damit, dass in den Jahrgangsstufen B … und A … wegen der ständig wechselnden Kurszusammensetzung ein Abstand von 1,5 m zwischen den Schülern verpflichtend einzuhalten sei, was wegen der Kursgrößen zu einem Schichtbetrieb führen müsse. Die Maßnahme sei zunächst bis 20. November 2020 befristet.
Das Staatliche Gesundheitsamt R. weist in seinem Corona-Wochenbericht vom 6. November 2020 darauf hin, dass seit dem 26. Oktober 2020 in der Stadt und seit dem 29. Oktober auch im Landkreis R. die Schwelle von 200 in der 7-Tages-Inzidenz (Fälle pro 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen) überschritten worden sei. Seit dem 21. Oktober sei es dabei in Stadt und Landkreis zu einem ungebremsten, exponentiellen Anstieg der Fallzahlen gekommen.
Infektionsübertragungen ereigneten sich überwiegend im privaten Umfeld und in Schulen. Zunehmend ereigneten sich aber auch Ausbrüche in Einrichtungen wie Kliniken, Pflege- und Behindertenheimen sowie Asylbewerberunterkünften. Es komme aber auch vereinzelt zu Superspreading-Ereignissen zum Beispiel durch private Feiern.
Zunehmend falle es schwerer, die Quelle einer Ansteckung zu ermitteln und die Infektionsketten nachzuverfolgen. Trotz des Anstiegs der Fallzahlen versuche das Gesundheitsamt R., die Fälle weiterhin tagesaktuell telefonisch und schriftlich über ihre Infektion zu informieren und die erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen anzuordnen. Es werde jedoch immer schwieriger, daran anschließend die engen Kontaktpersonen zeitnah zu kontaktieren und ebenfalls eine häusliche Quarantäne anzuordnen.
Mit Schriftsatz vom 5. November 2020 stellte der Antragsteller, vertreten durch seine personensorgeberechtigten Eltern, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München den Antrag,
den Antragsgegner zu verpflichten, dem Antragsteller bis auf weiteres den uneingeschränkten Besuch aller für ihn im Rahmen seines Schulbesuchs der Jahrgangsstufe A … des Gymnasiums A … regulär vorgesehenen Lehrveranstaltungen als Präsenzveranstaltungen zu gestatten.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass Distanzunterricht bedeute, dass sich der Antragsteller im Selbststudium mit seinen Abiturfächern befassen müsse, da eine Online-Beschulung durch die Lehrer wegen ihrer Beschäftigung mit den anwesenden Schülern ausgeschlossen sei. Der Antragsteller werde sich nur mehr jeden zweiten Montag komplett im Präsenzunterricht befinden, an den übrigen Tagen wechselten sich Distanz- und Präsenzunterricht ab. In diesen Distanzstunden sei Lernen ausgeschlossen, weil hierfür keine geeigneten Räumlichkeiten an der Schule zur Verfügung stünden. Auch eine Heimfahrt zwischendurch sei an diesen Tagen wegen der Entfernung nicht möglich. Für den Antragsteller, der an einer A …störung leide, sei dieser ständige Wechsel eine zusätzliche Herausforderung.
Der Antragsteller werde durch den Wechselunterricht in seinem Recht auf Bildung gemäß Art. 128 der Bayerischen Verfassung verletzt. Die vorhandenen Hygienekonzepte, insbesondere die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung oder die (noch fehlenden) Luftreinigungsgeräte seien ausreichend, um den Infektionsschutz zu gewährleisten. Auch ein Ausweichen in größere Räume wie die Turnhalle oder die Beschulung im Wechsel zwischen Vormittag und Nachmittag für die jeweils halben Gruppen wären weniger belastende Mittel. Das in der Tat besorgniserregende Infektionsgeschehen im Landkreis R. habe an den Schulen bislang zu keiner flächendeckenden Beeinträchtigung geführt, einzelne Infektionsherde hätten jeweils gut unter Kontrolle gebracht werden können. Nicht nachvollziehbar sei, warum die unteren Jahrgangsstufen vom Wechselunterricht ausgenommen blieben, insbesondere da viele Schüler der Jahrgangsstufe B und A Geschwister in den unteren Jahrgangsstufen hätten. Der Antragsteller werde auch in seinem Recht auf Gleichbehandlung gegenüber den Mitkonkurrenten in der zentralen Abiturprüfung verletzt. Die Notenbildung der vier Halbjahre fänden direkten Eingang in die Abiturnote.
Der Antragsgegner (Schreiben des Landratsamts R. vom 9. November 2020, Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für … vom 9. November 2020) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird unter anderem ausgeführt, dass ohne behördliches Einschreiten mit einer weiteren unkontrollierten Ausbreitung des Infektionsgeschehens im Allgemeinen zu rechnen sei. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei für diesen Fall auch davon auszugehen, dass es zu Infektionsketten an den Schulen und damit zu einer weiteren Beeinträchtigung des Schulunterrichts bis hin zu Schulschließungen kommen werde. Es sei seit Beginn des Schuljahres 2020/21 in den Schulen in Stadt und Landkreis zu einer Vielzahl von Infektionen mit Folgefällen gekommen. Nach der Statistik des Gesundheitsamtes seien vom 1. Oktober 2020 bis zum 3. November 2020 in insgesamt 52 Schulen 164 Infektionsfälle aufgetreten. Für ca. 3.500 enge Kontaktpersonen habe in diesem Zeitraum häusliche Quarantäne angeordnet werden müssen. Ab dem 29. Oktober 2020 habe die Schließung der Staatlichen Berufsschule … in B … angeordnet werden müssen, nachdem hier ein unkontrollierbares Ausbruchsgeschehen zu beobachten gewesen sei. Mildere gleich wirksame Mittel stünden nicht zur Verfügung. Die Trennung der Oberstufen mit Wechselunterricht sei auch angemessen. Zwar sei festzustellen, dass Distanzunterricht für viele Kinder einen Verlust an Bildungsqualität bedeute. Dies sei aber mittlerweile in Bayern flächendeckend der Fall. Der Eingriff werde dadurch abgemildert, dass weiterhin die Hälfte der Veranstaltungen als Präsenzveranstaltungen angeboten würden, die Maßnahme zeitlich befristet sei und zudem eine allgemeine Beeinträchtigung vorliege, die alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen betreffe. Den landesweiten Einschränkungen werde auch in der Benotung und in der Abiturprüfung Rechnung getragen werden. Daher überwiege die Pflicht des Staates, das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu schützen. Die Berücksichtigung der individuellen Beeinträchtigung des Antragstellers sei grundsätzlich möglich, sofern die Schulorganisation das zuließe. Der Antragsteller habe sich aber bisher deswegen nicht an die Schulleitung oder das Gesundheitsamt gewandt.
Das Staatministerium für … hält den Antrag insbesondere mangels Antragsbefugnis und wegen der Notwendigkeit eines vorherigen Behördenantrags schon für unzulässig.
Hierauf nahm der Antragsteller erneut mit Schriftsatz vom 9. November 2020 Stellung. Der Antragsteller habe sich unter anderem sehr wohl – erfolglos – um eine individuelle Lösung bemüht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, insbesondere statthaft, da in der Hauptsache jedenfalls keine Anfechtungsklage statthaft ist. Der Anspruch auf vollen Präsenzunterricht gegen den Antragsgegner ist wohl im Wege der allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen.
Den Antragsteller als betroffenen Schüler belastende Verwaltungsakte, die aufgehoben werden könnten, liegen nicht vor. Weder das Schreiben des Staatlichen Gesundheitsamts R. vom 30. Oktober 2020 an die Schulleitungen noch der zugrundeliegende Rahmenhygieneplan Schulen noch die konkreten Umsetzungsmaßnahmen der Schulleitung vor Ort haben Verwaltungsaktqualität. Eine Einordnung scheitert dabei entweder am Regelungscharakter der Maßnahme oder an der unmittelbaren Außenwirkung der Regelung (dazu ausführlich: VG München, B.v. 27.10.2020 – M 26b 20.5301). Damit scheidet jedenfalls Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO aus, so dass im vorläufigen Rechtsschutz der gestellte Antrag nach § 123 VwGO statthaft ist (§ 123 Abs. 5 VwGO).
Die Antragsbefugnis des Antragstellers nach § 42 Abs. 2 VwGO ist vorliegend zu bejahen, da nach seinem Vorbringen im Antragschriftsatz grundsätzlich die Möglichkeit besteht, als von dem Wechselunterricht betroffener Schüler einen (grundrechtlichen) Anspruch auf vollen Präsenzunterricht zu haben. Ob dieser Anspruch tatsächlich glaubhaft gemacht ist, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags.
Der Antrag ist im vorliegenden Einzelfall auch nicht wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses wegen der Notwendigkeit eines vorherigen Behördenantrags, der hier nicht vorliegt, unzulässig. Denn es erscheint vorliegend ausgeschlossen, dass das Gesundheitsamt als die Maßnahme anordnende Behörde auf Antrag des Antragstellers für die vom Antragsteller besuchte Schule eine Ausnahme von der Anordnung des Wechselunterrichts aufgrund der vom Antragsteller vorgetragenen Sach- und Rechtsgründe gemacht hätte.
2. Der Antrag ist unbegründet.
Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Regelungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Sicherungsanordnung). Dabei hat die Antragspartei sowohl die Dringlichkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) zu bezeichnen und glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 1 und 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO). Der Antrag kann nur Erfolg haben, wenn und soweit sich sowohl Anordnungsanspruch als auch -grund aufgrund der Bezeichnung und Glaubhaftmachung als überwiegend wahrscheinlich erweisen (BayVGH, B.v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20 m. w. N.). Maßgeblich sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
Ein Anordnungsanspruch setzt ein subjektiv-öffentliches Recht voraus, dessen Verletzung ohne den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung drohen würde (BayVGH, B. v. 10.9.2013 – 7 CS 13.1880 – juris Rn. 19), mithin eine rechtswidrige Maßnahme, die den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Einen Anspruch auf vollen Präsenzunterricht hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, da der Antragsgegner zu Recht den Wechsel zwischen Präsenzund Distanzunterricht ab den Jahrgangsstufen 11 angeordnet hat.
2.1 Die zeitlich bis zum 20. November 2020 befristete Anordnung der Unterrichtung der Jahrgangsstufen ab der Klasse 11 im Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht, die im Falle des Antragstellers angesichts der räumlichen Gegebenheiten vor Ort mangels Möglichkeit zur Einhaltung des Mindestabstands zu einem Wechselunterricht führt, findet ihre Rechtsgrundlage in § 18 Abs. 1 der Achten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (8. BayIfSMV) vom 30. Oktober 2020 i.V.m. dem Rahmenhygieneplan zur Umsetzung des Schutzund Hygienekonzepts für Schulen nach der jeweils geltenden Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (Rahmenhygieneplan Schulen), Stand 6. November 2020, Ziffer III.2.2.
Hiernach sind Unterricht und sonstige Schulveranstaltungen sowie die Mittagsbetreuung an Schulen zulässig, wenn durch geeignete Maßnahmen sichergestellt ist, dass dem Infektionsschutz Rechnung getragen wird, § 18 Abs. 1 Satz 1 der 8. BayIfSMV. Zu diesem Zweck wurde der von den Staatsministerien für … ausgearbeitete Rahmenhygieneplan Schulen (im folgenden: RHP) als Grundlage für Schutz- und Hygienekonzepte der Schulen erstellt, § 18 Abs. 1 Satz 2 der 8. BayIfSMV.
Einschlägig ist die zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende Neufassung des RHP vom 6. November 2020, der in Bezug auf die streitgegenständliche Regelungsmaterie im Wesentlichen das bisherige Regelungskonzept einer flexiblen Einzelfallprüfung durch die Gesundheitsämter vor Ort beibehält und nur (insoweit klarstellend) stärker als bisher auf die Gegebenheiten vor Ort abstellt, in dem das – zu oft als Automatismus verstandene – Erreichen von bestimmten Schwellenwerten (7-Tage-Inzidenzen) mit Auslösen von bestimmten diesen zugeordneten Maßnahmen („3-Stufen-Plan“) nicht mehr maßgeblich ist, zumal die ursprünglich maßgeblichen Schwellenwerte flächendeckend bereits weit überschritten sind.
Gemäß Ziffer III.1 des RHP gilt für den Unterrichtsbetrieb im November 2020 folgendes:
An allen Schulen findet grundsätzlich der Regelbetrieb unter Beachtung des Rahmenhygieneplans statt (1.1) Für den Geltungszeitraum der 8. Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (ab 2. November bis voraussichtlich 30. November 2020) sind aufgrund des Infektionsgeschehens weitergehende Maßnahmen erforderlich, die auch unmittelbare Auswirkungen auf den Regelungsbereich dieses Rahmenhygieneplans Schulen haben (1.2).
Nach Ziffer III.2 (Anordnungen in Einzelfällen durch die Kreisverwaltungsbehörden) können die zuständigen Kreisverwaltungsbehörden nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Infektionsvorkommnissen oder Verdachtsfällen in einzelnen Klassen, Kursen, Jahrgangsstufen oder Schulen für diese, anordnen, dass
a) ein Mindestabstand von 1,5 m auch zwischen den Schülerinnen und Schülern in Unterrichtsräumen und in den Räumen für den schulischen Ganztag bzw. der Mittagsbetreuung einzuhalten ist oder
b) der Präsenzunterricht sowie schulische Ganztagsangebote und die Mittagsbetreuung, jeweils als Präsenzveranstaltungen vorübergehend eingestellt werden.
Die Entscheidung trifft die zuständige Kreisverwaltungsbehörde auf der Basis des Ausbruchsgeschehens vor Ort für jede einzelne Schule. Sie ist nicht an einen bestimmten Schwellenwert gebunden. Die Einführung des Mindestabstands von 1,5 Metern kann nach Alters- bzw. Jahrgangsstufen differenziert erfolgen. Da Kinder im Alter bis 10 bzw. 12 Jahren laut wissenschaftlichen Studien eine deutlich geringere Rolle im Infektionsgeschehen spielen, ist daher insbesondere zu prüfen, ob beispielsweise Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 6 von etwaigen gem. Satz 1 getroffenen Anordnungen ausgenommen werden können. Soweit aufgrund der baulichen Gegebenheiten der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, bedeutet die Einführung des Mindestabstands von 1,5 Metern auch zwischen den Schülerinnen und Schülern in Unterrichtsräumen und in den Räumen für den schulischen Ganztag bzw. der Mittagsbetreuung eine zeitlich befristete erneute Teilung der Klassen und eine damit verbundene Unterrichtung bzw. Betreuung der Gruppen im wöchentlichen oder täglichen Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht. Eine (etwaige) Notbetreuung ist in diesem Fall eingeschränkt zulässig.
2.2 Zweifel an der Rechtmäßigkeit des § 18 Abs. 1 Satz 1 der 8. BayIfSMV i.V.m den einschlägigen zitierten Vorgaben des RHP sind nicht veranlasst. Die Regelungen dürften von der Ermächtigungsgrundlage § 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 sowie § 33 Satz 2 Nr. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) gedeckt sein (betreffend die Vorgängerregelung in § 16 der 6. BayIfSMV siehe BayVGH, B. v. 3.7.2020 – 20 NE 20.1443 – juris Rn. 21 ff.). Der Gesetzgeber hat in § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG ausdrücklich angeordnet, dass die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen des 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG auch die in § 33 IfSG genannten Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen kann. Dazu gehören nach § 33 Satz 2 Nr. 3 IfSG insbesondere auch Schulen, so dass die in Ziffer III.2 des RHP angeordnete Teilung der Klassen und die damit verbundene Unterrichtung der Gruppen im wöchentlichen oder täglichen Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht von der formellgesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gedeckt sind.
Insbesondere liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Sätze 1 und 2 IfSG angesichts der aktuellen Pandemielage weiterhin vor.
2.2.1 § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG setzt tatbestandlich voraus, dass Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder es sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war.
Diese Voraussetzungen liegen dem Grunde nach angesichts der anhaltenden SARS-CoV-2-Pandemielage unzweifelhaft vor. Das Virus SARS-CoV-2 ist ein Krankheitserreger im Sinne von § 2 Nr. 1 IfSG, der zur Lungenkrankheit COVID-19, einer übertragbaren Krankheit im Sinne von § 2 Nr. 3 IfSG führen kann. Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI), dem der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht eingeräumt hat (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 – 1 BvQ 28/20 – juris Rn. 13; BayVerfGH, E.v. 26.3.2020 – Vf. 6-VII-20 – juris Rn. 16), handelt es sich bei der COVID-19-Pandemie weltweit und in Deutschland um eine dynamische und ernst zu nehmende Situation, wobei die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland weiterhin als hoch, für Risikogruppen als sehr hoch einzuschätzen ist. Intensive gesamtgesellschaftliche Gegenmaßnahmen bleiben nötig, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für Deutschland zu minimieren. Die massiven Anstrengungen auf allen Ebenen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes verfolgen weiterhin das Ziel, die Infektionen in Deutschland so früh wie möglich zu erkennen und die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. Es ist laut RKI von entscheidender Bedeutung, die Zahl der Erkrankten so gering wie möglich zu halten und Ausbrüche zu verhindern. Hierdurch soll die Zeit für die Entwicklung von antiviralen Medikamenten und von Impfstoffen gewonnen werden. Auch sollen Belastungsspitzen im Gesundheitswesen vermieden werden (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand 26.10.2020, aufgerufen am 10.11.2020).
Weitere tatbestandliche Anforderungen an ein Tätigwerden stellt § 28 Abs. 1 Satz 1 Abs. 1 IfSG nicht. Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, ist die Behörde bzw. der Verordnungsgeber zum Handeln verpflichtet (sog. gebundene Entscheidung).
2.2.2 Hinsichtlich Art und Umfang der zu treffenden Schutzmaßnahmen ist der Behörde bzw. dem Verordnungsgeber ein Auswahlermessen eingeräumt. Das behördliche Ermessen wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige Schutzmaßnahmen“ handeln muss. Zudem sind dem Ermessen durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 3 C 16.11 – BVerwGE 142, 205 – juris Rn. 24; BayVGH, B.v. 13.8.2020 – 20 CS 20.1821 – juris Rn. 27). Diesen Vorgaben genügt § 18 Abs. 1 der 8. BayIfSMV i.V.m. dem RHP, wie sich bezüglich der streitgegenständlichen Maßnahme der Unterrichtung der Gruppe im Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht aus dem insoweit maßgeblichen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Juli 2020, Az: 20 NE 20.1443 ergibt. Die in diesem Rahmen zu § 16 BayIfSMV der 6. BayIfSMV gemachten Ausführungen sind auf die aktuelle Rechtslage übertragbar.
Es begegnet dabei im Rahmen der summarischen Prüfung im Eilverfahren keinen rechtsstaatlichen Bedenken, wenn der Antragsgegner die früher in § 16 der 6. BayIfSMV ausdrücklich zur Minimierung des Infektionsrisikos vorgesehenen Maßnahmen der Reduzierung der Klassenstärke oder das Abhalten von alternierendem Unterricht nunmehr nicht mehr bereits in der Rechtsverordnung als Handlungsoptionen normiert. Diese Maßnahmen waren in § 16 Abs. 1 der 6. BayIfSMV ohnehin nur beispielhaft erwähnt und keine zwingende gesetzliche Vorgabe („In Betracht kommt etwa…“). Vielmehr zeigt die alte Fassung der Vorschrift gerade, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers grundsätzlich die Reduzierung der Klassenstärke und das Abhalten von alternierendem Unterricht geeignete Mittel zur Minimierung des Infektionsrisikos darstellen. Die Verortung dieser Maßnahmen im RHP der eine das Handeln der örtlichen Behörden einheitlichen Maßstäben unterwerfende Verwaltungsvorschrift im Sinne einer Auslegungs- und Ermessensrichtlinie darstellen dürfte, verkürzt insbesondere nicht den Rechtsschutz der Betroffenen, weil die Regelungen des Rahmenhygieneplans Schulen Gegenstand inzidenter Prüfung (und ggf. Verwerfung) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sind.
Die Zuständigkeit des Antragsgegners für die zeitlich befristete Teilung der Klassen ergibt sich aus dem RHP. Für die Anordnung sämtlicher auf das Infektionsschutzgesetz gestützten Maßnahmen (zum Beispiel (Teil-)Schließung einer Schule) sind nach Ziffer III.3.1 die Gesundheitsämter oder eine ihnen übergeordnete Behörde zuständig. Für die Umsetzung der Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen in der Schule ist die Schulleitung verantwortlich (Ziffer III.3.3). Damit war das Staatliche Gesundheitsamt R. für die Anordnung zuständig.
Die angeordnete Maßnahme der Klassenteilung mit wechselndem Unterricht ist eine geeignete Maßnahme im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 der 8. BayIfSMV, die im Übrigen den inhaltlichen Vorgaben des RHP entspricht und sich als verhältnismäßig erweist.
a) Die konkrete Entscheidung zur Anordnung von Maßnahmen hat das Gesundheitsamt des Antragsgegners nach den Vorgaben des RHP und in ermessensfehlerfreier Weise getroffen. Es hat insbesondere eine Prüfung aufgrund des Ausbruchsgeschehens vor Ort vorgenommen und bereits im Schreiben vom 30. Oktober 2020 dargelegt, dass Schulen zwar keine Treiber der Pandemie seien, es aber doch in Schulen zunehmend zu einer Vielzahl von Infektionen mit Folgefällen komme. Infektionsursachen ließen sich oftmals nicht mehr nachvollziehen und Infektionsketten weitgehend nicht mehr unterbrechen. Ergänzend hat das Landratsamt in seiner Stellungnahme zum Antrag ausgeführt, dass es seit Beginn des Schuljahres 2020/21 in den Schulen in Stadt und Landkreis zu einer Vielzahl von Infektionen mit Folgefällen gekommen sei. Nach der Statistik des Gesundheitsamtes seien vom 1. Oktober 2020 bis zum 3. November 2020 in insgesamt 52 Schulen 164 Infektionsfälle aufgetreten. Für ca. 3.500 enge Kontaktpersonen habe in diesem Zeitraum häusliche Quarantäne angeordnet werden müssen. Ab dem 29. Oktober 2020 habe die Schließung der Staatlichen Berufsschule … in B … angeordnet werden müssen, nachdem hier ein unkontrollierbares Ausbruchsgeschehen zu beobachten gewesen sei. Insbesondere ist es bei Zugrundelegung dieser plausiblen Erwägungen nicht ermessensfehlerhaft, unterschiedslos alle Schulen im Landkreis mit Einschränkungen zu belegen, da eine Betrachtung des Ausbruchsgeschehens an jeder einzelnen Schule die diffuse flächendeckende Ausbreitung des Virus im Landkreis mit exponentiellem Anstieg der Fallzahlen vernachlässigen und zu kurz greifen würde. Angesichts der Betroffenheit von insgesamt 52 Schulen mit 164 Infektionsfällen innerhalb eines Monats handelt es sich um ein flächendeckendes Phänomen, dem mit flächendeckenden Maßnahmen an allen Schulen zu begegnen sich der Antragsgegner ermessensfehlerfrei entschieden hat.
b) Die Wiedereinführung des Mindestabstands mit zeitlich befristeter Teilung der Klassen und einer damit verbundenen Unterrichtung der Gruppen im wöchentlichen oder täglichen Wechsel von Präsenzund Distanzunterricht ist bei summarischer Prüfung auch im konkreten Fall verhältnismäßig.
aa) Die Maßnahmen verfolgen neben Eindämmung der Pandemie im allgemeinen den legitimen Zweck der Reduzierung des Infektionsrisikos in der Schule. Zum einen soll dadurch der Regelbetrieb an Schulen so gut und so lange wie möglich aufrechterhalten werden. Zum anderen soll die Gesundheit der Schüler und Kinder sowie der Lehrkräfte und Betreuer geschützt werden.
bb) Die streitgegenständliche Maßnahme ist hierfür geeignet. Eine Maßnahme ist geeignet, wenn sie den verfolgten Zwecken dienlich ist. Die Maßnahme entspricht den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, das auch bei Kindern und Jugendlichen die Wahrung eines Abstands von 1,5 Metern empfiehlt (vgl. Robert-Koch-Institut, Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Coronavirus SARS-CoV-2 / Krankheit COVID-19, Was ist über COVID-19 bei Schwangeren und Kindern beka…, Stand: 21.10.2020, https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/gesamt.html?nn=13490888, aufgerufen am 10.11.2020), da von einer vergleichbaren Infektionshäufigkeit und Infektiosität auszugehen ist wie bei Erwachsenen (vgl. Robert-Koch-Institut, SARS-CoV-2 Steckbrief zur Coronavirus-krankheit-2019 (COVID 2019), Stand: 30.10.2020, 16. Kinder und Jugendliche, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/ Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html, aufgerufen am 10.11.2020). Dass Kinder zur Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus in relevanter Weise beitragen, zeigen zudem verschiedene aktuelle Studien (Markus Hippich u. a., Public health antibody screening indicates a six-fold higher SARS-CoV-2 exposure rate than reported cases in children, 28.10.2020; Qifang Bi e. a., Epidemiology and transmission of COVID-19 in 391 cases and 1286 of their close contacts in Shenzhen, China: a retrospective cohort studie, 27.4.2020; Christina M. Szablewski e. a., SARS-CoV-2 Transmission and Infection Among Attendees of an Overnight Camp – Georgia, June 2020, 31.7.2020; Ramanan Laxminarayan e. a., Epidemiology and transmission dynamics of COVID-19 in two Indian states, 30.9.2020; Leal M. Yonker e. a., Pediatric Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV-2): Clinical Presentation, Infectivity, and Immune Responses, 19.8.2020). Die Maßnahmen entsprechen im Übrigen auch den Empfehlungen des RKI (Präventionsmaßnahmen in Schulen während der COVID-19-Pandemie, 12.10.2020, S. 10)
Kann der Mindestabstand aufgrund baulicher Gegebenheiten nicht eingehalten werden, ist eine Teilung der Klassen und ein damit verbundener Unterricht in Gruppen im Wechsel geeignet, das Infektionsrisiko zu minimieren, weil der physische Kontakt und das damit einhergehende Infektionsrisiko der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte im Schulbetrieb reduziert wird. Im Übrigen muss den für die Ausarbeitung des Rahmenhygieneplans Schulen verantwortlichen obersten Landesbehörden ein tatsächlicher Einschätzungsspielraum zugebilligt werden, den diese mit Blick auf die Aussagen des RKI nicht offensichtlich überschritten haben (zu § 16 Abs. 1 der 6. BayIfSMV vgl. BayVGH, B.v. 3.7.20202 – 20 NE 20.1443 – juris).
Die Geeignetheit der Maßnahme wird auch durch die Beschränkung auf die Jahrgangsstufen ab der 11. Klasse und die Ausnahme vom Mindestabstand für die unteren Klassen nicht infrage gestellt, weil und insofern diese ausschließlich in einem festen Klassenverband ohne Durchmischung der Klassen unterrichtet werden, so dass das Infektionsrisiko in diesen Klassen mit anderen Mitteln bekämpft wird.
cc) Angesichts der Kontagiosität des Virus, des engen physischen Kontakts zwischen Kindern und Jugendlichen untereinander und des häufigeren symptomlosen bzw. milden Verlaufs stellen sich die Einführung des Mindestabstands mit Teilung der Klassen und Unterricht im Wechsel in der Schule und zu Hause als die wesentliche Schutzvorkehrung dar, um die Infektionsgefahr einzudämmen; andere, gleich wirksame Maßnahmen sind nicht ersichtlich (bez. des Mindestabstands BayVGH, B. v. 3.7.2020 – 20 NE 20.1443 – juris Rn. 42 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 12.6.2020 – 13 B 779/20.NE – juris Rn. 80 ff.).
Die von den Antragstellern in diesem Zusammenhang als mildere Mittel vorgeschlagenen Maßnahmen erscheinen angesichts der aktuellen Infektionslage und deren epidemiologischer Bewertung nicht (mehr) als gleich geeignete effektive Mittel, um in der jetzigen Situation die weitere Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zu verlangsamen. Das Infektionsgeschehen ist nach plausibler Darstellung des Antragsgegners nicht auf bestimmte Infektionsherde beschränkt, sondern verteilt sich diffus in der Gesamtbevölkerung und flächig über den gesamten Landkreis. Insbesondere sind auch Schulen massiv von Infektionen betroffen. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner Maßnahmen ergreift, um Kontakte und Ansteckungen im schulischen Präsenzunterricht auszuschließen. Unter den dargelegten Umständen ist es nicht gleichermaßen effektiv, es in Schulen bei den ohnehin geltenden Maßnahmen der 8. BayIfSMV, insbesondere der Maskenpflicht auch im Unterricht, und den sonstigen Hygienemaßnahmen (Ziffer 4 des Rahmenhygieneplans Schulen) bewenden zu lassen. Ein Ausweichen in größere Räume wie die Turnhalle oder die Beschulung im Wechsel zwischen Vormittag und Nachmittag für die jeweils halben Gruppen als schulorganisatorische Maßnahmen sind nach dem nachvollziehbaren Vortrag des Antragsgegners räumlich und personell nicht umsetzbar, da die Personaldecke aufgrund der vielfältigen Ausfälle aufgrund der Pandemie ohnehin dünn ist.
dd) Schließlich erweisen sich die Maßnahmen auch als angemessen.
Die angeordneten Maßnahmen stehen nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs in die Rechte des Antragstellers. Zweifelhaft ist dabei schon, ob der Antragsteller subjektiv-öffentliche Ansprüche auf unbeschränkten Präsenzunterricht nach einfachem Recht aufgrund des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungund Unterrichtswesen (BayEUG) hat. Dies ist angesichts des Befundes, dass die Rechtsnormen des BayEUG objektive Rechtssätze ohne subjektiv-öffentlichen Gehalt beinhalten, wohl zu verneinen (in diesem Sinne kritisch zu einfachgesetzlichen Ansprüchen BayVGH, B.v. 3.7.2020 – 20 NE 20.1443 – juris Rn 27 ff.). Im Übrigen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (a.a.O.) auch schulrechtliche Bestimmungen der Bayerischen Verfassung, insbesondere auch den vom Antragsteller ins Feld geführten Art. 128 BV, auf ihren subjektiv-rechtlichen Gehalt geprüft und ihnen diesen im Allgemeinen abgesprochen.
Wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausgeht, dass die Maßnahmen sein Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) im schulischen Bereich verletzen, sind sie jedenfalls gerechtfertigt.
Zum ersten lassen sich hieraus keine konkreten Pflichten entnehmen, die den Staat zu einem bestimmten Tätigwerden zwingen. Insoweit dürfte Art. 2 Abs. 1 GG in Bezug auf den Antragsteller grundsätzlich nur einen Anspruch auf Teilhabe an den vorhandenen öffentlichen Bildungseinrichtungen undangeboten bzw. auf Zugang zu diesen unter zumutbaren Bedingungen und unter dem Vorbehalt des Möglichen verleihen. Ein Anspruch auf Leistung im Sinne eines Verschaffungsanspruchs dürfte nur entstehen, wenn der Staat insoweit seine Pflichten evident verletzt, es mithin an dem notwendigen Minimum fehlen lässt (BayVGH, B.v. 3.7.2020 – 20 NE 20.1443 – juris, Rn 29 ff. mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts).
Allein aus diesem Grund scheidet ein Anspruch des Antragstellers auf Beschulung im Präsenzunterricht nach dem oben Gesagten aus.
Diese Rechte gelten zum zweiten nicht unbeschränkt, sondern unterliegen einem Gesetzesvorbehalt und treten derzeit im Ergebnis gegenüber dem mit den Maßnahmen bezweckten Schutz von Leben und Gesundheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie dem staatlichen Unterrichtsauftrag zurück. Dabei ist insbesondere in Rechnung zu stellen, dass der angeordnete Mindestabstand mit der damit verbundenen Teilung der Klassen mit Unterricht im Wechsel einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, in der gegenwärtigen pandemischen Lage in Bayern erneute coronabedingte flächendeckende vollständige Schließungen von Schulen zu vermeiden. Die mit dem Wechsel von Präsenz- und Heimunterricht einhergehenden Einschränkungen sind insofern in Anbetracht eines grundsätzlich sicherzustellenden Schulbetriebs und der damit einhergehenden Gewährleistung wenigstens eines teilweisen Präsenzunterrichts und von Bildungsgerechtigkeit für alle Schülerinnen und Schüler nicht nur hinnehmbar, sondern dienen einem interessengerechten Ausgleich der betroffenen Rechte der Schüler.
Auch eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung im Vergleich zu Mitkonkurrenten im Abitur oder mit Schülern jüngerer Jahrgangsstufen kann das Gericht nicht erkennen. Bezüglich Letzteren hat der Antragsgegner überzeugend dargelegt, dass der sachliche Grund ihrer Bevorzugung insoweit darin besteht, dass diese Klassen, im Unterschied zum Kurssystem ab der Jahrgangsstufe 11, wo kein fester Klassenverband mehr vorliegt, im festen Klassenverband unterrichtet würden, was wiederum die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 m und einen alternierenden Unterricht verzichtbar macht. Im Hinblick auf die Mitkonkurrenten in der Abiturprüfung liegt schon eine Ungleichbehandlung des Antragstellers nicht vor, weil es bayernweit keine Abschlussklasse geben dürfte, die im Verlauf der Schuljahre 2019/20 und 2020/2021 nicht von den coronabedingten Einschränkungen im Schulbetrieb betroffen gewesen wäre bzw. noch betroffen sein wird. Den Einschränkungen in der Abiturvorbereitung wird der Antragsgegner, wie von politischer und Verwaltung Seite immer wieder betont wird, durch eine entsprechend angepasste Bewertung der Abiturleistungen berücksichtigen.
Das Gericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass der Wechsel zwischen Präsenzund Distanzunterricht, insbesondere in der vorliegenden Umsetzung mit im Lauf des Tages ständig sich abwechselnden Präsenz- und Freistunden, gerade für den Antragsteller, soweit er aktuell unter einer A …störung leidet, eine besondere Belastung darstellt. Dieser Belastung ist aber gegebenenfalls durch schulorganisatorische Maßnahmen vor Ort, über die die Schulleitung zu befinden hat, Rechnung zu tragen. Auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung des Wechselunterrichts als solcher hat sie keinen Einfluss.
3. Der Antrag ist daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. 1.1.3 und Nr. 1.5. Satz 2). Aufgrund der faktischen Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens unterbleibt dabei eine Reduzierung des Streitwerts gegenüber dem Hauptsacheverfahren um die Hälfte.