Aktenzeichen M 26 S 18.30201
AsylG § 38, § 75
Leitsatz
Ein Eilbegehren auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung einer bereits erhobenen Hauptsacheklage (sog. faktischer Vollzug) ist mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, weil weder vorgetragen oder sonst ersichtlich ist, dass Vollzugsmaßnahmen bereits getroffen wurden oder den Antragstellern alsbald drohen. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind miteinander verheiratete afghanische Staatsangehörige sunnitischen Glaubens aus Herat. Sie reisten am … Oktober 2017 in Deutschland ein und stellten hier am … Dezember 2017 Asylantrag.
Mit Schreiben vom … November 2017 erfolgte die Bestätigung von ungarischer Seite, wonach den Antragstellern am … Oktober 2017 subsidiärer Schutz zuerkannt worden sei.
Bei ihrer Anhörung zur Zulässigkeit ihres Asylantrags am … Dezember 2017 vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gaben die Antragsteller an, sie seien vor ca. zwei Jahren und drei Monaten aus Afghanistan ausgereist und über Pakistan, Iran und die Türkei nach Griechenland und schließlich nach Ungarn eingereist, wo sie dreieinhalb Monate verbracht hätten und gezwungen worden seien, Asylantrag zu stellen.
Nach Anhörung lehnte das Bundesamt die Asylanträge der Antragsteller mit Bescheid vom 9. Januar 2018 als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids). Es stellte außerdem fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – nicht vorliegen (Nr. 2) und forderte die Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist wurde den Antragstellern die Abschiebung nach Ungarn oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht, die Abschiebung nach Afghanistan wurde ausgeschlossen (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig wurde auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die gesetzte Ausreisefrist auf § 36 Abs. 1 AsylG gestützt.
Am … Januar 2018 wurde der Bescheid vom 9. Januar 2018 aufgehoben und ein neuer Bescheid gleichen Inhalts erlassen, in dem die Ausreisefrist, gestützt auf § 38 Abs. 1 AsylG, auf 30 Tage festgesetzt wurde. Im Falle der Klagerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.
Am … Januar 2018 ließen die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage und Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen den Bescheid vom 10. Januar 2018 erheben. Gleichzeitig erklärten sie den Rechtsstreit bezüglich des Bescheids vom 9. Januar 2018, gegen den die Antragsteller am … Januar 2018 zur Niederschrift Klage und zugehörigen Eilantrag erhoben hatten, für erledigt.
Der aktuelle Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist darauf gerichtet,
die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Die Antragsgegnerin legte die Akten vor, stellte jedoch keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unzulässig.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nicht statthaft. Die beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kommt nur in Betracht, wenn die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO kraft gesetzlicher Anordnung entfallen ist. Dies ist hier nicht der Fall, da die Klage gegen den Bescheid vom 10. Januar 2018 gemäß § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 38 Abs. 1 AsylG wegen der nunmehr gesetzten Ausreisefrist von 30 Tagen aufschiebende Wirkung entfaltet.
Auch bei Auslegung des Antrags als auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung einer bereits erhobenen Hauptsacheklage gerichtet (§ 80 Abs. 5 VwGO analog) wäre der Antrag unzulässig. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Eilentscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) bestünde kein Rechtsschutzbedürfnis, weil nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich ist, dass Vollzugsmaßnahmen bereits getroffen wurden oder den Antragstellern alsbald drohen (sog. „faktischer Vollzug“, vgl. hierzu etwa BayVGH, B.v. 13.10.2010 – 14 CS 10.2198 – juris Rn. 18 m.w.N).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).