Verwaltungsrecht

Wegfall des Rechtsschutzinteresses für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach erfolgter Stellenbesetzung

Aktenzeichen  3 CE 16.1812

Datum:
3.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123
GG GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Nach erfolgter Stellenbesetzung fehlt es am Rechtsschutzinteresse für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung und damit am Anordnungsgrund. (redaktioneller Leitsatz)
Auch Bewerber, die unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert wurden, vor der Besetzung der Stelle effektiven Rechtsschutz zu erlangen und denen der Grundsatz der Ämterstabilität daher nicht entgegengehalten werden kann, können ihren Bewerbungsverfahrensanspruch nach erfolgter Stellenbesetzung nur mehr im Hauptsacheverfahren gegen die Ernennung verfolgen.  (redaktioneller Leitsatz)
Ein Anordnungsgrund ergibt sich nicht aus einem Bewährungsvorsprung der Beigeladenen auf die Stelle, da dieser der Antragstellerin bei einem eventuellen Obsiegen in der Hauptsache nicht entgegengehalten werden könnte.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 E 16.421 2016-08-11 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000.- € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag nach § 123 VwGO,
dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, den von ihm ausgeschriebenen Dienstposten „Bereichsleiter/in Ernährungsinformation und Wissenstransfer“ am Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) in K. (BesGr A 15) mit einem anderen Bewerber zu besetzen, zu beschäftigen und eine auf den streitbefangenen Dienstposten bezogene Ernennungsurkunde auszuhändigen, bevor nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden worden ist,
zu Recht bereits mangels Anordnungsgrund abgelehnt, da der Antragsgegner einen Arbeitsvertrag mit der Beigeladenen abgeschlossen und die Stelle mit ihr besetzt hat. Insoweit kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben, ob der Antragsgegner die Stelle vor Ablauf der Wartefrist besetzt hat und ob die Stelle endgültig besetzt wurde oder ob die Stellenbesetzung durch Zuweisung einer anderen Tätigkeit bzw. durch Änderungskündigung rückgängig gemacht werden kann (BayVGH, B. v. 20.5.2008 – 3 CE 08.702 – juris Rn. 49). Denn nach erfolgter Stellenbesetzung fehlt es jedenfalls am Rechtsschutzinteresse für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung (BVerwG, B. v. 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – juris Rn. 16). Auch Bewerber, die unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG daran gehindert wurden, vor Besetzung der Stelle effektiven Rechtsschutz zu erlangen und denen der Grundsatz der Ämterstabilität bzw. – wie vorliegend – die Tarifautomatik daher nicht entgegengehalten werden kann, können ihren Bewerbungsverfahrensanspruch nach erfolgter Stellenbesetzung nur mehr im Hauptsacheverfahren gegen die Ernennung verfolgen (BVerwG, U. v. 4.11.2010 – 2 C 16.09 – juris Rn. 27).
Soweit die Antragstellerin argumentiert, der Antragsgegner sei zur Sicherung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs zu verpflichten, die Stelle durch Umsetzung der Beigeladenen bis zur Entscheidung in der Hauptsache freizumachen, hat sie dies erstinstanzlich so nicht beantragt; eine Änderung bzw. Erweiterung des Antrags im Beschwerdeverfahren ist nicht statthaft. Im Übrigen stellt die Freimachung der Stelle auch eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar, da der Antragstellerin zumutbar ist, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Ein Anordnungsgrund ergibt sich vorliegend – unabhängig davon, ob es sich, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, jedenfalls im Verhältnis der Antragstellerin und der Beigeladenen zueinander um eine reine Dienstpostenkonkurrenz handelt, – auch nicht aus einem „Bewährungsvorsprung“ der Beigeladenen auf der Stelle, da dieser der Antragstellerin bei einem evtl. Obsiegen in der Hauptsache nicht entgegenhalten werden könnte (BVerwG, B. v. 10.5.2016 – 2 VR 2.15 – juris Rn. 27).
Bei dieser Sach- und Rechtslage fehlt es für die von der Antragstellerin erstrebte einstweilige Anordnung zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in der Beschwerdeinstanz an einem Anordnungsgrund bzw. am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Hieraus hat sie aber nicht die prozessualen Konsequenzen gezogen, sondern trotz Hinweis die Beschwerde aufrechterhalten.
Deshalb war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Da die Beigeladene keinen eigenen Antrag gestellt hat, entspricht es der Billigkeit, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 2 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 GKG (wie Vorinstanz).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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