Verwaltungsrecht

Widerlegung der Vermutung, das Asylverfahren nicht zu betreiben

Aktenzeichen  M 25 K 17.30010

Datum:
15.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
AsylG AsylG § 33 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Die Vermutung, dass das Asylverfahren nicht betrieben wird, kann widerlegt werden, wenn der Kläger unverzüglich nachweisen kann, dass die Säumnis ihm nicht vorwerfbar ist, weil ausweislich der Postzustellungsurkunde auch kein Versuch einer Ersatzzustellung unternommen wurde. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29. Dezember 2016 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte zu je 1/2.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist, § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Klage hat teilweise Erfolg. Die Klage ist, soweit die Aufhebung des Bescheids vom 29. Dezember 2016 begehrt wird, begründet, da der Bescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 VwGO (1.). Hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens ist die Klage jedoch unbegründet (2.).
1. Die Beklagte hat das Asylverfahren des Klägers zu Unrecht eingestellt, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.
Gemäß § 33 Abs. 1 AsylG gilt der Asylantrag als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Es wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er einer Aufforderung zur Anhörung nicht nachgekommen ist, § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG.
Der Kläger hat vorliegend keine Kenntnis von der Aufforderung zur Anhörung erhalten. Es ist aus der Postzustellungsurkunde nicht nachvollziehbar, weshalb der Postbedienstete den Kläger unter der zutreffenden Anschrift nicht ermitteln konnte. Der Postzusteller hat ausweislich der Urkunde auch keinen Versuch einer Ersatzzustellung unternommen. Der Kläger hat unverzüglich nachgewiesen, dass sein Versäumnis, einer Aufforderung zur Anhörung nachzukommen, auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte (vgl. § 33 Abs. 2 Satz 2 AsylG). Die Einstellung des Asylverfahrens wegen Nichtbetreibens gemäß § 33 Abs. 1 AsylG erfolgte somit zu Unrecht.
Da die Einstellung des Asylverfahrens zu Unrecht erfolgte, ist der Bescheid des Bundesamts insgesamt aufzuheben. Dieses ist verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzusetzen.
2. Soweit die Verpflichtung zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und subsidiären Schutzes sowie nationaler Abschiebungsverbote begehrt wird, ist die Klage unbegründet, da die Entscheidungsreife fehlt, § 113 Abs. 5 VwGO.
Im Rahmen des durchzuführenden Asylverfahrens hat das Bundesamt über den Asylantrag des Klägers zu entscheiden. Eine Entscheidung durch das Gericht ist in diesem Verfahrensstadium nicht möglich.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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