Aktenzeichen M 7 S 16.280
WaffG WaffG § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 45 Abs. 2, § 46 Abs. 1 u. 2
Leitsatz
Die Feststellung hoher Alkoholwerte (1,36 und 2,18 Promille) spricht für eine ausgeprägte Alkoholproblematik, die die persönliche Eignung (§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 WaffG) des Inhabers einer Waffenbesitzkarte entfallen lässt, zumal wenn der Betroffene durch aggressives Verhalten polizeilich auffällig wird. Dies rechtfertigt den Widerruf der Waffenbesitzkarte unter Anordnung der sofortigen Vollziehung. Bei der Interessensabwägung im Eilverfahren kommt dem öffentlichen Vollzugsinteresse am sicheren Umgang mit Schusswaffen höheres Gewicht zu als dem Freizeitinteresse eines Sportschützen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Nr. 3 (Zwangsgeldandrohung) des Bescheids vom 4. Dezember 2015 in der Gestalt des Bescheids vom 3. März 2016 wird angeordnet, soweit darin ein weiteres Zwangsgeld für jeden nach dem 20. März 2016 fallenden Monat angedroht wird. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf 2.875 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte sowie damit zusammenhängende Verfügungen.
Das Landratsamt Starnberg erteilte dem Antragsteller am 29. März 1994 die Waffenbesitzkarte Nr. …, in die zwei Waffen eingetragen sind.
Nach Anhörung widerrief das Landratsamt Miesbach mit Bescheid vom 4. Dezember 2015 die Waffenbesitzkarte des Antragstellers (Nr. 1), gab ihm auf, seine im Besitz befindlichen einzeln genannten Waffen bis zum 5. Januar 2016 einem Berechtigten zu überlassen und dies binnen einer Frist von zwei Wochen nach Übergabe dem Landratsamt anzuzeigen (a) oder die Waffen zu Dekorationswaffen umarbeiten zu lassen (b). Nach Ablauf der Frist würden die Waffen sichergestellt und verwertet. Für die nicht rechtzeitige Rückgabe der in Nummer 1 genannten Erlaubnis bis zum 5. Januar 2016 wurde in Nummer 3 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 50 Euro für jeden nach diesem Tag fallenden Monat angedroht. In den Rechtsgründen des Bescheids wird ausgeführt, dass der Antragsteller als waffenrechtlich unzuverlässig anzusehen sei. Es seien bei ihm bei Alkoholkontrollen im Zusammenhang mit mittlerweile eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hohe Promillewerte festgestellt worden. So sei am …2013 im Rahmen eines Verfahrens wegen Körperverletzung ein Alkoholwert von 1,36 Promille und am …2015 anlässlich eines Verfahrens wegen Sachbeschädigung ein Alkoholwert von 2,18 Promille ermittelt worden. Nach den Begutachtungsleitlinien des Gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und beim Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung sei von einem chronischen Alkoholkonsum bei BAK-Werten um oder über 1,5 Promille auszugehen. Den im Anhörungsverfahren von Antragsteller vorgebrachten Einwänden, wonach es sich bei den festgestellten Werten um einmalige Ausnahmen gehandelt habe, sei nicht zu folgen. Das Amtsgericht Ansbach gehe davon aus, dass Personen ab einer BAK von 2 Promille an einem dauerhaften Alkoholproblem litten. Nach § 45 Abs. 2 WaffG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG sei die waffenrechtliche Erlaubnis daher zu widerrufen. Die Anordnung in Nummer 2 stütze sich auf § 46 Abs. 2 WaffG, diejenige in Nummer 3 auf Art. 18, 29, 31 VwZVG. Die Anordnung des Sofortvollzugs der Nummern 1 und 3 sei nicht notwendig, da gemäß § 45 Abs. 5, § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG eine Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung habe. Die Zwangsgeldandrohung sei ebenfalls kraft Gesetzes sofort vollziehbar.
Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 5. Januar 2016 von der Polizeiinspektion H., die damit vom Antragsgegner am 4. Dezember 2015 beauftragt worden war, im Wege der Amtshilfe persönlich ausgehändigt. Zuvor war schon das Anhörungsschreiben polizeilich übergeben worden, nachdem das an die Meldeadresse des Antragstellers adressierte und per Postzustellungsurkunde (PZU) geschickte Schreiben als unzustellbar zurückgekommen war, da keine Namensschilder an Briefkasten oder Haustüre angebracht waren.
Am 18. Januar 2016 ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten Klage erheben mit dem Antrag, den Bescheid vom 4. Dezember 2015 aufzuheben. Zugleich ließ er im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beantragen,
die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen den Bescheid des Landratsamts M. … vom 4.12.2015 anzuordnen.
Zur Begründung des Eilantrags wird ausgeführt, dass der Bescheid auf der Annahme beruhe, dass der Antragsteller chronischer Alkoholiker sei. Die zwei angeführten Verstöße lägen jedoch zeitlich nicht nahe genug beieinander, als dass daraus eine Alkoholabhängigkeit durch einen medizinisch nicht vorgebildeten Verwaltungssachbearbeiter gefolgert werden könnte. Zudem sei die Behörde gemäß § 6 Abs. 2 WaffG angehalten, bei Tatsachen, die Bedenken gegen die persönliche Eignung nach § 6 Abs. 1 WaffG begründeten, dem Betroffenen die Vorlage eines Eignungszeugnisses aufzugeben, was nicht geschehen sei. Es spreche nichts dafür, dass der Antragsteller Waffen künftig missbräuchlich verwenden werde. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO sei hinsichtlich aller in der Verfügung des Antragstellers enthaltenen vollziehbaren Regelungen in den Nummern 1 bis 3 statthaft. Die Frist bis zum 5. Januar 2016 sei zu knapp bemessen, da der Antragsteller erst an diesem Tag um 18.05 Uhr den Bescheid erhalten habe. Der Ausgang des Verfahrens erweise sich bei summarischer Prüfung als offen, wenn nicht sogar als erfolgreich. Vorliegend überwiege das private Aussetzungsinteresse das öffentliche Vollzugsinteresse. Es sei nicht erkennbar, weshalb nun Eile geboten sei, zumal das Landratsamt auf einen lange zurückliegenden Vorgang aus dem Jahr 2013 ohne Waffenbezug zurückgreife.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2016 erklärte der Antragsgegner, dass er der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zustimme und beantragte, die Kosten gegeneinander aufzuheben. Aufgrund äußerer Umstände sei eine Postzustellung bzw. persönliche Übergabe des Bescheids nicht möglich gewesen und habe erst im Rahmen der Amtshilfe von der Polizei durchgeführt werden können. Aufgrund der verzögerten Zustellung und des damit einhergehenden Problems für die Wahrung der Frist werde dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zugestimmt.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2016 erwiderte der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten, dass er keinen Spielraum für eine Kostenaufhebung sehe. Der Bescheid sei dem Antragsteller erst am 5. Januar 2016 übergeben worden, eventuelle Verzögerungen dadurch müsse sich der Antragsgegner zurechnen lassen. Der Zustellungszeitpunkt sei maßgeblich für den Fristlauf und die getroffenen Anordnungen. Zur Prüfung materiell-rechtlicher Fragen komme es nicht, da der Verwaltungsakt fehlerhaft sei.
Am 3. März 2016 erließ das Landratsamt einen Bescheid, in dem die Fristen aus dem Ausgangsbescheid in den Nummern 2 und 3 auf den 20. März 2016 festgesetzt wurden. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die ursprünglich gesetzte Frist aufgrund der späten Zustellung fast abgelaufen gewesen sei.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers äußerte sich am 10. März 2016 dahingehend, dass die nachträgliche Änderung der Fristen unzulässig sei. Der Bescheid versuche die Fristen im Ausgangsverfahren zu „retten“. Der neue Bescheid sei nur eine nachträgliche Ergänzung des Bescheids vom 4. Dezember 2015. Der Antragsteller müsse in einem neuen Verfahren mit neuem Ausgangsbescheid und angemessener Frist die Möglichkeit haben zu entscheiden, ob er überhaupt klagen wolle. Im vorliegenden Fall habe er schon wegen der rechtswidrig kurzen Frist klagen müssen.
Am 18. April 2016 erließ das Landratsamt einen Bescheid, in dem es die sofortige Vollziehung der Nummer 2 des Bescheids vom 4. Dezember 2015 anordnete. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die sofortige Vollziehung im überwiegenden öffentlichen Interesse anzuordnen sei. Aufgrund der im Bescheid vom 4. Dezember 2015 genannten Gründe besitze der Antragsteller nicht mehr die erforderliche persönliche Eignung. Wegen den besonderen Sicherheitsbelangen im Waffenrecht reiche die festgestellte fehlende persönliche Eignung auch für die Anordnung der sofortigen Vollziehung von waffenrechtlichen Maßnahmen ohne zusätzliche Begründung, weil Waffen in Händen von unzuverlässigen Personen für die Gemeinschaft nicht hinnehmbare Gefahren darstellten. Eingezogene Waffen würden bis zum Abschluss des Klageverfahrens eingelagert. Bei dem angeordneten Sofortvollzug handle es sich daher um eine reversible Maßnahme.
Mit Schreiben vom 22. April 2016 trug der Bevollmächtigte des Antragstellers vor, dass bei Anfechtungsklagen eine Änderung der Sach- und Rechtslage sich nicht auf eine abgeschlossene Verwaltungsentscheidung auswirke. Es sei die Lage bei Erlass des Verwaltungsaktes maßgeblich, wie sich aus Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 4 und Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG ergebe. Der Antragsgegner habe den Einsatz der Polizeibeamten als Weg für die Zustellung und Bekanntgabe gewählt. Eventuelle Probleme, die sich aus dem Zustellungsvorgang ergäben, seien ihm zuzurechnen. Der Verwaltungsakt sei am 5. Januar 2016 wirksam geworden und stehe in dieser Form zur rechtlichen Überprüfung. Eine nachträgliche Fristkorrektur benachteilige den Antragsteller, da er vor Einreichung der Klage die Erfolgsaussichten geprüft habe und zuversichtlich habe sein können, dass ein Verwaltungsakt, der die Waffenabgabe am gleichen Tag vorschreibe, unwirksam sein müsse. Durch eine nachträgliche Fristverschiebung werde auch das Kostenrisiko wieder stärker auf den Antragsteller geladen. Er habe nach Zugang des Bescheids vom 4. Dezember 2015 am 5. Januar 2016 schon deshalb klagen müssen, weil die Frist rechtswidrig zu kurz gewesen sei.
Am 25. April 2016 beantragte der Antragsteller,
die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gegen den Bescheid des Landratsamts M. … vom 15. April 2016 (Eingang 22.04.2016) anzuordnen.
Zur Begründung wurde auf das klägerische Vorbringen in den früheren Schriftsätzen verwiesen. Er gehe davon aus, dass es sich erneut um eine Ergänzung des ursprünglichen Bescheids handle. Die Begründung zur angeordneten sofortigen Vollziehung sei eine Formalbegründung aus Textbausteinen, ein vom Antragsteller ausgehender zu befürchtender Waffenmissbrauch sei nicht zu erkennen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag hat lediglich in untergeordneten Umfang Erfolg. Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die im Bescheid enthaltene Zwangsgeldandrohung wird angeordnet, soweit darin ein weiteres Zwangsgeld für jeden nach dem 20. März 2016 fallenden Monat angedroht wird. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist der Bescheid des Antragsgegners vom 4. Dezember 2015 in der Gestalt, die er durch die Bescheide vom 3. März und 18. April 2016 erfahren hat. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat in seinen Schreiben vom 10. März und 25. April 2016 die geänderten Bescheide in seinen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO einbezogen.
Nach zweckentsprechender Auslegung des gestellten Antrags (§ 88 VwGO i. V. m. § 122 Abs. 1 VwGO) begehrt der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Verfügung in Nummer 2 des Bescheids des Antragsgegners vom 4. Dezember 2015, die durch Bescheid vom 18. April 2016 für sofort vollziehbar erklärt wurde. Darüber hinaus begehrt er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, soweit diese hinsichtlich des Widerrufs der Erteilung der Waffenbesitzkarte und Androhung des Zwangsgelds von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 5, Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, Art. 21 a VwZVG).
Entfaltet ein Rechtsbehelf – wie hier teils von Gesetzes wegen und teils wegen einer behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung – keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen bzw. wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des Begehrens im einstweiligen Rechtsschutz sind. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Sind die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren als offen anzusehen, findet eine reine Interessenabwägung statt.
Nach § 45 Abs. 2 WaffG ist eine Erlaubnis nach diesem Gesetz zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG setzt eine Erlaubnis die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) und persönliche Eignung (§ 6 WaffG) voraus, so dass bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen die Erlaubnis zu versagen ist. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG besitzen Personen die erforderliche persönliche Eignung nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie abhängig von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln, psychisch krank oder debil sind. Sind Tatsachen bekannt geworden, die (lediglich) Bedenken gegen die persönliche Eignung des Betroffenen nach § 6 Abs. 1 WaffG begründen, so hat die zuständige Waffenbehörde dem Betroffenen auf seine Kosten die Vorlage eines amts- oder fachärztlichen oder fachpsychologischen Zeugnisses über seine geistige oder körperliche Eignung aufzugeben (§ 6 Abs. 2, Abs. 4 WaffG i. V. m. § 4 Abs. 1 AWaffV).
Die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung (st. Rspr. des BVerwG, vgl. B. v. 21.12.2006 – 6 B 99/06 – juris Rn. 4) ergibt, dass die Erfolgsaussichten der Klage derzeit als offen anzusehen sind. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs.
Das Gericht kann nach Aktenlage nicht abschließend beurteilen, ob dem Antragsteller die persönliche Eignung (§ 6 WaffG) wegen einer Alkoholabhängigkeit fehlt. Die Behörde ist bei Erlass des Bescheids davon ausgegangen, dass Tatsachen die Annahme einer Alkoholabhängigkeit rechtfertigen. Die vorherige Vorlage eines Eignungsgutachtens nach § 6 Abs. 2 WaffG hat sie ihm nicht aufgegeben. Es liegen jedoch eindeutig Tatsachen vor, die Bedenken gegen die persönliche Eignung des Antragstellers wegen einer Alkoholabhängigkeit i. S. v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG begründen. Dies gilt es im Hauptsacheverfahren durch Einholung eines ärztliches Gutachtens aufzuklären.
Die vom Antragsteller erreichten Promillewerte sprechen für eine hohe Alkoholgewöhnung. So wurde bei ihm am … 2013 ein Alkoholwert von 1,36 Promille und am …2015 ein Alkoholwert von 2,18 Promille festgestellt. Beide Male war der Antragsteller polizeilich auffällig geworden. Dem Vorfall im Jahr 2013 lag eine handgreifliche Auseinandersetzung zugrunde, bei der der Antragsteller einer anderen Person ins Gesicht geschlagen hat, im … 2015 hat der Antragsteller eine Scheibe aus einer U-Bahntüre getreten. Weitere Eintragungen in der polizeilichen Vorgangskurzauskunft belegen, dass der Antragsteller u. a. am …2015, am …2012 und am …2010 wegen Raufereien und Auseinandersetzungen mit Dritten polizeilich auffällig wurde. Dieses in der Vergangenheit vom Antragsteller gezeigte Verhalten lässt eine aggressive Grundhaltung und eine starke Gewöhnung an Alkoholkonsum erkennen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der ähnlich gelagerten Problematik im Fahrerlaubnisrecht leiden Personen, die Blutalkoholwerte von 1,6 Promille und mehr erreichen, regelmäßig – auch wenn sie Ersttäter sind – an einer dauerhaften, ausgeprägten Alkoholproblematik, so dass die Erlaubnisbehörden in derartigen Fällen Art, Inhalt und Folgen einer möglichen Alkoholabhängigkeit des betreffenden Fahrerlaubnisinhabers und ihre Auswirkungen auf sein Verhalten im Straßenverkehr mit den erforderlichen und angemessenen Mitteln aufzuklären haben (BVerwG, U. v. 27. September 1995 – 11 C 34/94 – juris Rn. 14 m. w. N.; vgl. auch VG Ansbach, U. v. 5.12.2007 – AN 15 K 07.02213 – juris Rn. 20; VG München, B. v. 28.4.2010 – M 7 S 10.1282 – unveröffentlicht).
Bei der aufgrund der offenen Erfolgsaussichten vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse des Antragstellers.
Das besondere Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren Umgang mit Schusswaffen sowie am Schutz von Leben und Gesundheit unbeteiligter Dritter ist gewichtig. Demgegenüber liegt mit der einstweiligen Abgabe seiner Waffen kein schwerer Eingriff in Rechte des Antragstellers vor. Es sind weder Gründe vorgetragen noch ersichtlich, weshalb der Antragsteller bis zur Hauptsacheentscheidung über sein Freizeitinteresse als Sportschütze hinaus ein besonderes Interesse an dem Besitz der Waffe hat. Im Übrigen liegt es an der Mitwirkung des Antragstellers, dass möglichst zeitnah ein Gutachten über die Frage der Alkoholabhängigkeit erstellt werden kann. Der Antragsteller hat bisher seine Alkoholisierung lediglich bagatellisiert.
Rechtsgrundlage für die dem Antragsteller in Nummer 3 des Bescheids vom 4. Dezember 2015 aufgegebene Verpflichtung, seine Waffenbesitzkarte beim Landratsamt abzugeben, ist § 46 Abs. 1 WaffG, wonach eine unverzügliche Rückgabeverpflichtung nach Rücknahme bzw. Widerruf des Erlaubnisdokuments besteht. Rechtsgrundlage für die dem Antragsteller in Nummer 2 dieses Bescheids aufgegebene Verpflichtung, die in seinem Besitz befindlichen Waffen und Munition einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen und dies nachzuweisen, ist § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG, wonach die Behörde anordnen kann, dass binnen angemessener Frist Waffen und Munition dauerhaft unbrauchbar gemacht werden oder einem Berechtigten überlassen werden.
Die ursprünglich gesetzte Frist bis 5. Januar 2016 hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 3. März 2016 auf den 20. März 2016 geändert. Grund dafür war, dass der Bescheid vom 4. Dezember 2015 dem Antragsteller nicht – wie vorgesehen – bereits im Dezember 2015 zugestellt werden konnte, sondern erst am 5. Januar 2016 durch polizeiliche Übergabe. Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist aufgrund der Umstände das behördliche Vorgehen des Erlasses eines Änderungsbescheids mit verlängerter Frist nicht zu beanstanden. Insbesondere geht das Argument des Antragstellers fehl, dass durch die nachträgliche Friständerung das Kostenrisiko seines Rechtsbehelfs auf ihn verlagert werde. Richtet sich der Einwand des Antragstellers nur gegen eine nicht angemessene Frist zur Abgabe von Waffen und Waffenbesitzkarte, kann er die Hauptsache für erledigt erklären, sobald das Landratsamt angemessene Fristen setzt. Das Kostenrisiko trägt dann ausschließlich der Antragsgegner. Der Antragsteller wendet sich hier aber auch gegen den seiner Ansicht nach unbegründeten Widerruf der Waffenbesitzkarte.
Die in Nummer 3 des Bescheids vom 4. Dezember 2015 enthaltene und mit Bescheid vom 3. März 2016 modifizierte Zwangsgeldandrohung („Wird die in Ziffer 1 genannte Erlaubnis nicht bis zum 20.3.2016 (…) zurückgegeben(…), so wird ein Zwangsgeld in Höhe von 50 Euro für jeden nach diesem Tag fallenden Monat fällig“) ist rechtswidrig, soweit darin ein weiteres Zwangsgeld für jeden nach dem 20. März 2016 fallenden Monat angedroht wird. Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist eine neue Androhung erst zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung des Zwangsmittels erfolglos geblieben ist. Eine wie hier angeordnete automatische Erhöhung des Zwangsgelds ist damit nicht möglich.
Die Begründung für die mit Bescheid vom 18. April 2016 angeordnete sofortige Vollziehung der in Nummer 2 des Bescheids vom 4. Dezember 2015 aufgegebenen Verpflichtung entspricht den formalen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Insbesondere verlangt die Anordnung des Sofortvollzuges hier kein besonderes öffentliches Interesse, das über das den Widerruf der Waffenbesitzkarte und die Nebenverfügungen rechtfertigende Interesse hinausgeht. Denn es besteht ein überragendes Interesse der Allgemeinheit daran, das mit dem privaten Waffenbesitz verbundene erhebliche Sicherheitsrisiko möglichst gering zu halten und nur bei Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (vgl. BayVGH, B. v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 21 unter Verweis auf BVerwG, U. v. 26.3.1996 – 1 C 12/95 – juris Rn. 25). Ist dieses Vertrauen nicht mehr gerechtfertigt, überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse, die Gefahr eines vorschriftswidrigen Umgangs mit Schusswaffen mit sofort wirksamen Mitteln zu unterbinden, das private Interesse des Betroffenen, von den Wirkungen des Widerrufs bis zur Entscheidung in der Hauptsache verschont zu bleiben (BayVGH, B. v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 21 m. w. N.). Dabei ist für die Frage, ob die Begründung dem Formalerfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entspricht, auf die Rechtsauffassung der Behörde abzustellen. Hier hat die Behörde das Überwiegen des öffentlichen Interesses an einer möglichst rasch wirksamen Erfüllung der Überlassung- bzw. Unbrauchbarmachungspflicht und Nachweispflichten gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers, die Waffen bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids zu besitzen, unter Berufung auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung bejaht und damit den vorliegenden Umständen entsprechend, die kein vorrangiges Interesse des Antragstellers am Besitz der Waffen erkennen lassen, ausreichend begründet. Die Einwände des Antragstellers, mit denen er die Notwendigkeit eines Sofortvollzugs in Frage stellt, greifen damit nicht.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 Satz 1, 50.2 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.