Aktenzeichen Au 4 S 17.1196
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 45 Abs. 2
Leitsatz
Personen, die den Staat und die staatlichen Organe in einer Weise in Frage stellen, wie dies bei Anhängern der sog. “Reichsbürgerbewegung” der Fall ist, verdienen nicht das nötige Vertrauen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Wert des Streitgegenstands wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen den Widerruf seines „kleinen“ Waffenscheins.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2017 widerrief die Antragsgegnerin – nach Anhörung des Antragstellers – den von ihr dem Antragsteller am 10. Dezember 2015 ausgestellten „kleinen“ Waffenschein Nr. … Die widerrufene waffenrechtliche Erlaubnis werde am Tag nach Vollziehbarkeit des Bescheids ungültig (Ziffer 1). Der Antragsteller habe die Erlaubnisurkunde binnen einer Frist von drei Wochen nach Vollziehbarkeit des Bescheids zurückzugeben (Ziffer 2). Falls der Antragsteller die in Ziffer 2 dieses Bescheids festgesetzte Verpflichtung nicht, nicht fristgemäß oder nicht vollständig erfülle, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 200,- EUR je nicht zurückgegebener Erlaubnisurkunde fällig (Ziffer 3). Für die Ziffer 2 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angeordnet (Ziffer 4).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Nach Auskunft des Polizeipräsidium … sei der Antragsteller der sog. „Reichsbürgerbewegung“ aktiv zuzuordnen. Angehörige dieser sogenannten Reichsbürgerszene bestritten mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und würden deren Rechtssystem nicht anerkennen. Durch die Ablehnung der geltenden Rechtsordnung sowie der staatlichen Institutionen seien Personen, die der Ideologie der sog. Reichsbürger nahe stünden, nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a) und b) WaffG per se waffenrechtlich unzuverlässig. Dies ergebe sich auch aus einer Weisung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern. Beim Antragsteller bestünden erhebliche Zweifel daran, dass dieser die geltende Rechtsordnung anerkenne und sie als verbindlich betrachte. Ein stets sorgsamer und verantwortungsbewusster Umgang mit Waffen könne ihm nicht unterstellt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 27. Juni 2017 – dem Kläger zugestellt am 30. Juni 2017 – Bezug genommen.
Der Antragsteller ließ am 31. Juli 2017 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben (Au 4 K 17.1177). Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. August 2017, eingegangen am 7. August 2017, beantragte der Antragsteller ferner gemäß § 80 Abs. 5 VwGO,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ziffer 1 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 27.6.2017 anzuordnen,
2. die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung und die Androhung eines Zwangsgeldes in Ziffer 2, 3 und 4 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 27.6.2017 wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Ausführungen der Antragsgegnerin seien in wesentlichen Punkten unrichtig und nicht geeignet, eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers zu begründen. Zwar habe der Antragsteller einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt und dort die von der Antragsgegnerin genannten Eintragungen vorgenommen. Der Antragsteller sei aus Neugier auf der Internetseite „Gelber.Schein.de“ gelandet und habe dabei offenbar auch die dort zur Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises aufgeführten „Ausfüllhilfen“ teilweise übernommen. Dies allein genüge jedoch nicht, um den Antragsteller als aktiven Anhänger der Reichsbürgerbewegung zu qualifizieren. Ferner seien unter Bewertung der Gesamtumstände der Persönlichkeit und des Verhaltens des Klägers keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit gegeben.
Im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 WaffG sei nicht auf eine allgemeine Zuverlässigkeit in Bezug auf die Einhaltung der Vorschriften der Rechtsordnung an sich, sondern auf eine Zuverlässigkeit im waffenrechtlichen Sinne abzustellen. Es komme darauf an, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Fehlverhaltens in Bezug auf Waffen und Munition vorliege. Die Besorgnis einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen, deren Aufbewahrung oder Weitergabe müsse jedoch auf der Grundlage entsprechender Anknüpfungstatsachen erwiesen sein. Bloße Vermutungen reichten nicht aus.
Die vom Antragsteller verwendeten Formulierungen im Rahmen seines Antrags auf Ausstellung eines Staatsangehörigkeitsausweises begründeten zunächst einmal den Verdacht, der Antragsteller habe ein verkehrtes Geschichtsverständnis und vertrete abstruse politische Ideen. Allerdings habe der Antragsteller keinerlei weitergehende Aktivitäten oder Verhaltensweisen entfaltet, die den dringenden Verdacht nahe legten, der Antragsteller würde aktiv Auffassungen vertreten oder Handlungen vornehmen, die ihn als offensiven Vertreter einer sogenannten Reichsbürgerbewegung erscheinen ließen. Der Antragsteller sei 48 Jahre alt und sei bisher weder strafrechtlich noch verfassungsrechtlich in Erscheinung getreten. Er sei verheiratet, habe eine Tochter und sei als Außendienstmitarbeiter im technischen Vertrieb einer größeren Firma berufstätig und führe eine völlig unauffällige bürgerliche Existenz. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller aktiv die Rechtsordnung der BRD in Frage stellen und sich den deutschen Gesetzen widersetzen würde. Der Antragsteller habe gegenüber Polizei und Behörden angegeben, dass er Reichsbürger in den Bereich nationalsozialistischer Ideologie ansiedle, mit der er sich ausdrücklich nicht identifiziere. Es sei unzutreffend, dass der Antragsteller der sog. Reichsbürgerbewegung „aktiv zuzuordnen“ sei. Die Polizei habe in ihrer abschließenden Einstufung selbst zu erkennen gegeben, dass eine eindeutige Zuordnung des Antragstellers als „Reichsbürger“ nicht gegeben sei. Das Verhalten des Antragstellers – mit Ausnahme seiner Angaben im Rahmen der Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises sowie seiner Zeugeneinvernahme – belegten dies nicht. Soweit der Antragsteller gegenüber dem Polizeibeamten geäußert habe, er glaube eher nicht, dass Deutschland ein souveräner Staat sei, welche er aus Bemerkungen von Politikern herausgehört habe, sei dies allenfalls als diffuse politische Äußerung denn als offensive Ablehnung konkreter staatlicher Maßnahmen in Form von Gesetzen, Anordnungen und dazugehörenden Pflichten zu sehen. Der Antragsteller sei in diesem Aspekt völlig unauffällig und komme seinen staatsbürgerlichen Verpflichtungen ohne weiteres nach.
Bei Bewertung und Einbeziehung sämtlicher Gesichtspunkte sei das Verhalten des Antragstellers im Rahmen der Beantragung des Staatsangehörigkeitsausweises nicht ausreichend, um eine waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu rechtfertigen. Hierzu müssten weitere gewichtige Umstände hinzutreten, die hinsichtlich der Rechtstreue Zweifel aufkommen ließen. Das Äußern abstruser politischer Auffassungen bzw. Sympathiebekundungen für solche Auffassungen rechtfertige für sich genommen nicht den Schluss, dass ein Ignorieren der waffenrechtlichen Vorschriften oder eine eigenwillige Auslegung zu befürchten und damit die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit zu bejahen sei.
Schließlich sei der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis auch unverhältnismäßig. Der Antragsteller sei nur im Besitz eines kleinen Waffenscheins, welche ihm das Führen einer Schreckschusspistole erlaube. Das Gefahrenpotenzial sei nicht vergleichbar mit dem Besitzrecht an einer echten Schusswaffe.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schreiben vom 29. August 2017,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde auf den angefochtenen Bescheid sowie die Stellungnahmen des Polizeipräsidiums … verwiesen. Zudem habe sich die Antragsgegnerin an die Ermessensvorgaben übergeordneter Behörden gehalten. Das Bayerische Staatsministerium des Innern habe durch Vollzugshinweise vom 19. Oktober 2016 die Weisung herausgegeben, dass Anhänger der sog. Reichsbürgerbewegung regelmäßig als waffenrechtlich unzuverlässig zu qualifizieren seien. Dies sei unter anderem dem im Oktober 2016 zu beklagenden tödlichen Schusswechsel zwischen einem Reichsbürger und Polizeibeamten in Georgensgmünd geschuldet gewesen, welcher endgültig den Ruf nach einer strengeren Waffenkontrolle bei Reichsbürgern ausgelöst habe und notwendig gemacht habe. Zwei Monate zuvor sei bereits eine Zwangsräumung gegen einen Reichsbürger in Reuden (Sachsen-Anhalt) in einer Auseinandersetzung mit Schusswaffengebrauch und vier Verletzten gemündet. Schon vorher seien zahlreiche Körperverletzungsdelikte bei Reichsbürgern festzustellen gewesen. Diese Vorfälle zeigten die verschärfte Dynamik und Gewaltbereitschaft in Teilen der Szene.
Ob jemand als Reichsbürger einzustufen sei, sei von den Waffenbehörden im Einzelfall in erster Linie an den Fachkenntnissen und Informationen der Polizei zu messen. Die erneute Anhörung des Antragstellers durch die Polizei habe die Zweifel an seiner Sympathie zur Reichsbürgerbewegung nicht abschließend ausräumen können. Es gebe demnach keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Absehen von der Weisung des Staatsministeriums des Innern notwendig sei.
Der Antragsteller habe sich umfangreich mit der Thematik der Reichsbürgerschaft beschäftigt. Er übernehme und verwende die in dieser Szene üblichen Stichworte wie „Staat Preußen“, „der gelbe Schein“, „Abstammung gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG (22. Juli 1913)“, teilweise sogar noch in seiner Anhörung, in der der ausdrücklich widersprochen habe, ein Reichsbürger zu sein. Vieles deute darauf hin, dass er dem Grunde nach die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat verneine und damit zugleich die darin bestehende Rechtsordnung offensiv ablehne und die nach dem 8. Mai 1945 erlassenen Gesetze negiere. Damit erscheine nicht hinreichend gesichert, dass er als waffenrechtlicher Erlaubnisinhaber die maßgeblichen Regelungen des Polizei- und Waffenrechts für sich als bindend ansehe und sein Verhalten danach ausrichte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO durch das Verwaltungsgericht vorzunehmende eigenständige Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Bescheidadressaten und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt zu Lasten des Antragstellers aus. Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung dürfte sich der streitgegenständliche Bescheid vom 27. Juni 2017 voraussichtlich als rechtmäßig erweisen und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Gründe, gleichwohl im Interesse des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen, sind nicht ersichtlich.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids voraussichtlich zu Recht den ihm erteilten „kleinen“ Waffenschein gem. § 45 Abs. 2 Satz1 WaffG widerrufen, denn es dürften nachträglich Tatsachen eingetreten sein, die wegen Unzuverlässigkeit des Antragstellers gem. § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 WaffG zur Versagung der dieser waffenrechtlichen Erlaubnis hätten führen müssen. Beim Antragsteller sind wohl jedenfalls die Unzuverlässigkeitstatbestände des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) und b) WaffG erfüllt.
Die bei Prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG vorzunehmende Prognose hat sich an dem Zweck zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz ohnehin verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen (BayVGH, B.v. 14.11.2016 – 21 ZB 15.648 – juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 16.9.2008 – 21 ZB 08.655 – juris Rn. 7). Angesichts des möglichen Schadens bei Nichtbewährung und des präventiven ordnungsrechtlichen Charakters der Forderung nach einer besonderen Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen und Munition genügt es, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine nicht ordnungsgemäße Ausübung des erlaubnispflichtigen Umgangs mit Waffen und Munition verbleibt (BayVGH, B.v. 23.11.2015 – 21 CS 15.2130 – juris Rn. 22; B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12). Dabei muss ein Restrisiko nicht hingenommen werden (BayVGH, B.v. 23.5.2014 – 21 CS 14.916 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 13.5.2014 – 21 CS 14.720 – juris Rn. 9). Hiervon ausgehend dürfte die Antragsgegnerin zu Recht von einer Unzuverlässigkeit des Antragstellers ausgegangen sein.
Viel spricht dafür, dass das vom Antragsteller an den Tag gelegte, im streitgegenständlichen Bescheid im Einzelnen aufgeführte Verhalten im Einklang mit den Erkenntnissen und Bewertungen der aktuellen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa OVG Lüneburg, B.v. 18.7.2017 – 11 ME 181/17 – juris; VG München, U.v. 25.7.2017 – M 7 S. 17.1813 – juris Rn. 24 ff.; B.v. 8.6.2017 – M 7 S. 17.933 – juris Rn. 25 ff.; B.v. 23.5.2017 – M 7 S. 17.408 – juris Rn. 32 ff.; VG Minden, U.v. 29.11.2016 – 8 K 1965/16 – juris; VG Cottbus, U.v. 20.9.2016 – VG 3 K 305/16 – juris Rn. 20 ff.) für seine Anhängerschaft zur so genannten „Reichsbürgerbewegung“ spricht und es schon deshalb an der Zuverlässigkeit des Antragstellers mangelt. Denn sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter sind in diesem Zusammenhang Gruppierungen und Einzelpersonen, die aus unterschiedlichen Motiven und mit unterschiedlichen Begründungen, unter anderem unter Berufung auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen, den demokratisch gewählten Repräsentanten der Legitimation absprechen oder sich gar in Gänze außerhalb der Rechtsordnung stehend definieren und bei denen deshalb in aller Regel die Besorgnis besteht, dass sie Verstöße gegen die Rechtsordnung begehen (vgl. VG Augsburg, U.v. 26.7.2017 – Au 4 K 17.188, Au 4 K 17.189). Es liegt auf der Hand, dass Personen, die den Staat und die staatlichen Organe in solcher Weise in Frage stellen, nicht das nötige Vertrauen verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Insofern dürfte auch alles dafür sprechen, dass die „Reichsbürgerbewegung“ die notwendigen Strukturmerkmale aufweist, welche die Annahme rechtfertigen, dass ihr zuzuordnende Personen künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklichen werden (vgl. dazu BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1/14 – juris Rn. 11).
Zwar streitet der Antragsteller ab, der Reichsbürgerbewegung anzugehören. Gleichwohl spricht nach derzeitigem Stand alles dafür, dass trotz dieser Einlassung von seiner Unzuverlässigkeit auszugehen ist. Aus der abschließenden Einstufung des Polizeipräsidiums … vom 17. Mai 2017 (Bl. 29 f. des Behördenakts) wonach der Antragsteller „weiterhin als Verdachtsfall“ zu behandeln sei, ergibt sich nichts zu seinen Gunsten. Denn in Bezug auf eine Unzuverlässigkeit des Erlaubnisinhabers ist, wie ausgeführt gerade nicht der Nachweis zu führen, dass künftig Verhaltensweisen nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG verwirklicht werden; vielmehr reicht bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit aus, welche hier aus Sicht der Kammer bei summarischer Prüfung vorliegt. Ferner ergibt sich aus den Auskünften des Polizeipräsidiums … vom 19. Dezember 2016 und vom 17. Mai 2017 (Bl. 2 f.; Bl. 29 f. des Behördenakts) für die Kammer nachvollziehbar, weil ihr aus ähnlichen waffenrechtlichen Verfahren bekannt, dass der Antragsteller mit der – ohne erkennbaren Anlass erfolgten – Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises (den der Antragsteller auch typischer Weise als „gelben Schein“ bezeichnet hat) und entsprechenden Eintragungen im Antragsformular (wie „…, Preußen [Deutschland als Ganzes]“ und dem Verweis auf § 4 Abs. 1 RuStAG 1913) die Reichsbürgerbewegung kennzeichnende Formulierungen verwendet und Verhaltensweisen gezeigt hat. Hinzu tritt, dass der Antragsteller insoweit offenbar den Vorgaben und Anleitungen von den „Gelben Schein“ – welches keine amtliche Bezeichnung für den Staatsangehörigkeitsausweis darstellt – betreffenden Internetseiten gefolgt ist. Insofern ist es auch nicht bei der vom Antragsteller vorgegebenen „Neugier“ geblieben; vielmehr hat sich der Antragsteller wohl intensiv mit den entsprechenden Webseiten-Inhalten befasst und diese sich durch Befolgung der dortigen Anweisungen in wesentlichen Teilen zu eigen gemacht. Durch Einreichung des den Anweisungen entsprechenden Antragsformulars bei der Antragsgegnerin hat er dies auch erkennbar nach außen dokumentiert. Insofern liegen objektiv feststehende Anknüpfungstatsachen für die Annahme der Unzuverlässigkeit des Antragstellers und nicht ausschließlich Vermutungen vor. Ebenso wenig ist nach derzeitigem Stand davon auszugehen, dass der Antragsteller bloße „Sympathiebekundungen“ in Bezug auf die Reichsbürgerbewegung gezeigt hat (vgl. dazu VG München, B.v. 25.7.2017 – M 7 S. 17.1813 – juris Rn. 22, 25); vielmehr hat er – wie ausgeführt – für diese Bewegung typische Verhaltensmuster gezeigt und Formulierungen verwendet. Davon abgesehen spricht aus Sicht der Kammer viel dafür, dass selbst Sympathiebekundungen für eine die geltende staatliche Ordnung grundlegend in Frage stellende Bewegung angesichts des im Rahmen der Zuverlässigkeitsprognose gebotenen Risikoausschlusses zu Lasten des Erlaubnisinhabers zu berücksichtigen sind, zumal sich anderenfalls mit Blick auf den Gesetzeszweck schwerlich hinzunehmende und in der Praxis kaum zu leistende Abgrenzungsfragen („Sympathisant“ oder „Anhänger“) stellen.
Selbst wenn die Unzuverlässigkeit des Antragstellers nicht allein auf eine Anhängerschaft zur Reichsbürgerbewegung gestützt wird, dürften hinreichende Tatsachen vorliegen, die auf seine Unzuverlässigkeit schließen lassen. Der Antragsteller hat in dem Formular zur Beantragung eines Staatsangehörigkeitsausweises als Geburtsort „…, Preußen [Deutschland als Ganzes]“ angegeben; in ähnlicher Weise hat er seinen Wohnort mit „…, Staat Preußen“ angegeben. Auch seine Eltern sollen etwa von „1963 bis jetzt“ in „…, Staat Preußen“ wohnen. Damit dürften eindeutige Anhaltspunkte dafür vorliegen, der Antragsteller würde vom Fortbestehen des Staates Preußen ausgehen und die Existenz des Freistaats Bayern sowie die Gründung der Bundesrepublik Deutschland in Abrede stellen (vgl. auch OVG NRW, B.v. 22.03.2017 – 3d B 296/17.O – juris Rn. 7). Insoweit handelt es sich auch nicht um ein bloßes, wie der Antragsteller geltend zu machen sucht, „abstruses politisches bzw. Geschichtsverständnis“. Die Verwendung solcher Formulierungen in einem amtlichen Antragsformblatt, welches bei einer Behörde zur Erlangung eines amtlichen Dokuments eingereicht wurde, lässt vielmehr eindeutige Rückschlüsse auf grundlegende Auffassungen des Antragstellers zu, nämlich, dass der Antragsteller wesentliche Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung (Art. 20 Abs. 1 GG, einschließlich der dort genannten Bundesstaatlichkeit; Präambel zum GG, Satz 2 [Aufzählung der zur Bundesrepublik gehörenden Länder]; Art. 1 Abs. 1, Art. 2 BV) zumindest in Zweifel zieht. Eine solche Infragestellung verfassungsrechtlicher Grundentscheidungen dürfte in jeglicher Hinsicht für die notwendige Wahrscheinlichkeit einer nicht ordnungsgemäßen Ausübung des erlaubnispflichtigen Umgangs mit Waffen und Munition sprechen. Insoweit bedarf es auch keiner – wie vom Antragsteller gefordert – weiteren Umstände, die Zweifel an seiner Rechtstreue begründen könnten. Dass der Antragsteller bislang eine „völlig unauffällige bürgerliche Existenz“ geführt hat, spielt angesichts der erkennbar gewordenen Infragestellung wesentlicher Grundlagen der verfassungsmäßigen Ordnung keine Rolle.
Der Widerruf der Erlaubnisurkunde ist auch nicht unverhältnismäßig. Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG bieten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass strengere Anforderungen an einen Widerruf, insbesondere in Bezug auf die Zuverlässigkeitsprognose, zu stellen sind, wenn es sich „lediglich“ um einen „kleinen“ Waffenschein handelt.
Einwände gegen die in Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids ausgesprochene, auf § 46 Abs. 1 WaffG gestützte Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnisurkunde sowie hinsichtlich der auf Art. 29, 30, 31 und 36 BayVwZVG gestützten Zwangsgeldandrohung sind weder vorgetragen, noch, zumal bei summarischer Prüfung, ersichtlich.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG. Für den kleinen Waffenschein ist der Auffangwert von 5.000,00 EUR anzusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 05.07.2017 – 21 CS 17.856 – juris Rn 14). Im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes ist der Streitwert zu halbieren (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs).