Aktenzeichen M 7 S 19.1834
BJagdG § 18
WaffG § 45, § 46 Abs. 4
Leitsatz
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der Klage Az. M 7 K 18.3669 wird angeordnet bzw. wiederhergestellt, soweit sie sich gegen die in Nr. 2 des Bescheids vom … Juli 2018 verfügte sofortige Sicherstellung des Jagdscheins und die in Nr. 4 Satz 3 des Bescheids angeordnete Sicherstellung von erlaubnisfreien Schusswaffen und erlaubnisfreier Munition richtet.
Im Übrigen werden die Anträge auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen Az. M 7 K 18.3669 und M 7 K 19.4626 abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 13.375 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen zwei Bescheide des Antragsgegners, welche u.a. die Sicherstellung seiner Waffen, Waffenbesitzkarten und seines Jagdscheins sowie den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten, die Einziehung seines Jagdscheins und ein gegen ihn gerichtetes Waffenbesitzverbot zum Gegenstand haben.
Der Antragsteller war Inhaber von zwei Waffenbesitzkarten, Nr. … vom 10. September 2001 und Nr.… vom 13. Februar 2012, eines Jagdscheines Nr. … vom 1. April 2002 sowie eines Europäischen Feuerwaffenpasses Nr. … vom 7. Dezember 2015.
Mit Bescheid vom … Juli 2018 (im Folgenden: Sicherstellungsbescheid vom … Juli 2018) ordnete das Landratsamt P. (im Folgenden: Landratsamt) die (sofortige) Sicherstellung der für den Antragsteller ausgestellten Waffenbesitzkarten Nr. … vom 10. September 2001 und Nr.… vom 13. Februar 2012 sowie die vorläufige Sicherstellung des Europäischen Feuerwaffenpasses Nr. … vom 7. Dezember 2005 an (Nr. 1 des Bescheides). Zudem wurde die Sicherstellung des Jagdscheins Nr. … vom 1. April 2002 angeordnet (Nr. 2) und letztere für sofort vollziehbar erklärt (Nr. 3). Weiter wurde die Sicherstellung der im Besitz des Antragstellers befindlichen, insgesamt elf Schusswaffen sowie etwaiger in seinem Besitz befindlicher erlaubnisfreier Schusswaffen und Munition angeordnet (Nr. 4). Für den Bescheid wurden Kosten in Höhe von 50 EUR gegenüber dem Antragsteller festgesetzt (Nrn. 5 und 6).
Zur Begründung wurde angeführt, dass dem Landratsamt vier Videos vom 16. Oktober 2016 über verbale Auseinandersetzungen zwischen dem Antragsteller und einem Nachbarn vorliegen würden. Der Antragsteller würde darin im Streit äußerst aggressiv und lautstark auftreten und brüllend hinter Personen hergehen, die sich von ihm entfernen wollen würden. So sei zu sehen, wie der Antragsteller seinen Nachbarn mit den Worten „I werd di sofort übern Haufa schlong“ anschreie und kurz darauf mit drohend erhobener Faust packen würde, ohne ihn jedoch zu schlagen. Zudem habe die Ehefrau des Antragstellers am 12. März 2018 telefonisch gegenüber der Polizeiinspektion (im Folgenden: PI) F… mitgeteilt, dass sie auf einem P.platz einen lautstarken Streit mit dem Antragsteller habe. Der Antragsteller wolle sie schlagen und ihr Handy wegnehmen. Während der Sachverhaltsaufnahme durch die Polizei sei der Antragsteller hinzugekommen, sehr aufgebracht gewesen und habe sich unkooperativ bzgl. der Klärung des Streits gezeigt. Bei der folgenden Gefährderansprache sei der Antragsteller gegenüber der Polizei noch aufbrausender geworden, weshalb eine Klärung nicht möglich gewesen sei. Am 30. April 2018 sei der Antragsteller im Rahmen eines polizeilichen Einsatzes wegen einer nachbarschaftlichen Streitigkeit in äußerst aggressiver Weise verbal auf die eingesetzten Beamten losgegangen. Mehrfache Versuche der Polizeibeamten, die Lage zu beruhigen, hätten nur zu weiterem Geschrei des Antragstellers geführt. Daher hätten sich die Polizeibeamten zurückgezogen, um eine zu erwartende körperliche Eskalation zu verhindern. Im Anschluss daran habe sich der Antragsteller zweimal telefonisch bei der PI P… gemeldet, wobei er ebenfalls äußerst aggressiv aufgetreten sei. Nach einem deeskalierenden Gespräch in der PI P… am 18. Juli 2018 sei am 20. Juli 2018 bei der PI eine Anzeige gegen den Antragsteller eingegangen, aus der sich ergebe, dass der Antragsteller am 14. Juli 2018 seinen Bruder und seine Schwägerin sowie deren Sohn massiv bedroht und erheblich beleidigt habe, wobei er äußerst aggressiv aufgetreten sei. Der Antragsteller habe mehrfach kundgetan, dass er die anwesenden Personen erschlagen werde. Dabei habe er vorgebracht, dass er den Jagdschein habe, dass er Gott sei und deshalb alles dürfe. Seinem 13-jährigen Sohn, der sich zum Bruder der Antragstellers und dessen Ehefrau geflüchtet habe, habe er gemeinsam mit seiner Ehefrau gedroht, ihn in die Psychiatrie einweisen zu lassen. Seine Drohung habe der Antragsteller durch das Hervorziehen seines Smartphones untermalt, worauf sein Sohn in Panik in ein benachbartes Maisfeld geflüchtet sei. Am selben Tage habe der Antragsteller die Zuleitung des Telefons aus der Wand in der Wohnung seiner Mutter herausgerissen, weil er über einen Anruf seines Bruders dort aufgebracht gewesen sei. Am Montag, den 16. Juli 2018, habe der Antragsteller das Garagentor seines Bruders zerstört.
Rechtsgrundlage für die vorläufige Sicherstellung der Waffenbesitzkarten des Feuerwaffenpasses sowie der im Besitz des Antragstellers befindlichen Schusswaffen und ggf. Munition sei § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WaffG. Die vorläufige Sicherstellung des Jagdscheins basiere auf § 18 BJagdG. Das Landratsamt gehe davon aus, dass dem Antragsteller die waffenrechtliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a Alt. 1 WaffG fehle. Eine missbräuchliche Verwendung sei insbesondere bei leicht erregbaren (reizbaren) oder in der Erregung unbeherrschten, jähzornigen, zur Aggression oder zu Affekthandlungen neigenden Personen zu besorgen. Die sofortige Vollziehung der Nr. 4 [Anm.: gemeint ist wohl Nr. 2, s.u.] des Bescheidtenors sei im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Es könne nicht hingenommen werden, dass der Antragsteller den Jagdschein bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens behalten und weiterhin aufgrund des Jagdscheins weitere Langwaffen erwerben dürfe.
Am 26. Juli 2018 ließ der Antragsteller vertreten durch seinen Bevollmächtigten Klage (Az. M 7 K 18.3669) gegen den Sicherstellungsbescheid vom … Juli 2018 erheben.
Am … Juli 2018 erließ das Landratsamt zudem einen weiteren Bescheid, in welchem die Durchsuchung des Wohngebäudes des Antragstellers und sämtlicher Nebengebäude zum Zwecke der Sicherstellung von dessen erlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Schusswaffen, dazugehöriger Munition sowie des Jagdscheins Nr.… und des Feuerwaffenpasses Nr. … angeordnet wurde (im Folgenden: Durchsuchungsbescheid vom … Juli 2018).
Mit Schriftsatz vom 13. August 2018 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers eine weitere (Fortsetzgungsfeststellungs-)Klage (Az. M 7 K 18.4017) bzgl. des Durchsuchungsbescheids des Landratsamts vom … Juli 2018.
Mit Bescheid vom … September 2018 (im Folgenden: Widerrufsbescheid vom … September 2018) widerrief das Landratsamt die Waffenbesitzkarten Nrn. … und … des Antragstellers und dessen Europäischen Feuerwaffenpass Nr. … (Nr. 1 des Bescheids). Der Jagdschein Nr. … wurde eingezogen (Nr. 2). Der Antragsteller wurde weiter aufgefordert, seine Waffen und Munition binnen eines Monats nach Bestandskraft des Bescheids an einen berechtigten Dritten zu überlassen und dies dem Landratsamt in geeigneter Form binnen zwei Wochen nachzuweisen (Nr. 3). Dem Antragsteller wurde ein Waffenbesitzverbot für erlaubnispflichtige und erlaubnisfreie Waffen auferlegt (Nr. 4). Zudem wurden von ihm Gebühren in Höhe von insgesamt 250 EUR erhoben (Nr. 5).
Zur Begründung griff das Landratsamt die bereits im Sicherstellungsbescheid vom … Juli 2018 dargestellten Vorfälle auf und vertiefte insoweit seine Sachverhaltserläuterungen. Die Ausführungen des Bevollmächtigten des Antragsstellers im Schriftsatz vom 13. August 2018 würden nicht zu einer Änderung der Rechtsauffassung des Landratsamts führen. In einer Gesamtschau lasse das geschilderte Verhalten des Antragstellers den Rückschluss zu, dass dieser als eine jähzornige, unbeherrschte, zur Aggression oder Affekthandlungen neigende Person einzustufen sei. Da somit eine Unzuverlässigkeit im waffenrechtlichen und jagdrechtlichen Sinn (§ 5 WaffG bzw. §§ 17 f. BJagdG) vorliegen würde, seien die waffenrechtlichen Erlaubnisse zu widerrufen und der Jagdschein einzuziehen gewesen. Das erlassene Waffenbesitzverbot basiere auf § 41 WaffG, da auch von einer künftigen missbräuchlichen Verwendung erlaubnisfreier Waffen ausgegangen werden könne. Einer solchen Gefahr müsse entgegengetreten werden.
Weiter enthält der Bescheid u.a. den Hinweis, dass das Verhalten des Antragstellers in den geschilderten Fällen in der Gesamtschau die Annahme begründe, dass dieser an einer psychischen Erkrankung leide, was einer persönlichen Eignung zum Waffenbesitz entgegenstehe (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 WaffG). Dem Antragsteller werde Gelegenheit gegeben, bis 2. Oktober 2018 ein Gutachten entsprechend § 4 AWaffV vorzulegen, welches die begründeten Zweifel an seiner persönlichen Eignung behandle.
Mit Schriftsatz vom 17. September 2018 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers auch Klage (Az. M 7 K 18.4626) gegen den Widerrufsbescheid vom … September 2018.
Mit Schriftsatz vom 6. November 2018 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers in allen drei Klageverfahren ein Gutachten des Instituts für Rechtspsychologie der Universität B… vom 24. Oktober 2018 vor, welches als Ergebnis formuliert, dass eine persönliche Eignung zum Waffenbesitz im Sinne des Waffengesetzes beim Antragsteller festgestellt worden und die Bedenken der Behörde daher ausgeräumt seien. In der zusammenfassenden Beurteilung heißt es weiter, dass die durchgeführte Untersuchung beim Antragsteller keine Hinweise auf eine psychische Störung, die über eine als Normvariante zu deutende neurotische Fehlentwicklung hinausgehe, erbracht habe. Der Antragsteller habe über zahlreiche soziale und innerfamiliäre Konflikte berichtet, die zu einer deutlichen Belastung geführt hätten. Sein Persönlichkeitsprofil weise auf eine solche Belastung hin, die jedoch nicht das Ausmaß einer Persönlichkeitsstörung oder einer anderen psychischen Störung er erreichen würde. Hinsichtlich des vorgehaltenen gesteigerten Aggressionsniveaus und der ebenfalls vorgehaltenen Störung der Impulskontrolle sei festzuhalten, dass der Antragsteller zwar überdurchschnittlich erregbar sei, diese gesteigerte Affizierbarkeit jedoch durch eine durchschnittlich ausgeprägte spontane und reaktive Aggressivität kontrolliert sei. Es liege beim Antragsteller kein insgesamt erhöhtes Aggressionsniveau vor. Die Ergebnisse zur Impulskontrolle würden ausweisen, dass der Antragsteller durchaus häufig Ärger empfinde und sich dann um eine Kontrolle des Ärgers bemühe; dieses gelinge ihm jedoch manchmal nur mit Mühe. In der Gesamtschau der Befunde würden sich zwar diskrete Anhaltspunkte für eine gesteigerte Erregbarkeit und ein Ärgerempfinden ergeben, jedoch keine Anhaltspunkte für ein insgesamt erhöhtes Aggressionsniveau und ebenfalls keine Hinweise auf eine psychische Störung. Im Einzelnen bzw. ergänzend wird auf das Gutachten vom 6. November 2018 verwiesen.
Mit bezüglich der tragenden Ausführungen zur waffen-/jagdrechtlichen Zuverlässigkeit im Wesentlichen gleichlautenden Schriftsätzen vom 11. bzw. 17. Dezember 2018 begründete der Bevollmächtigte des Antragstellers die Klagen Az. M 7 K 18.3669 (Sicherstellung) und Az. M 7 K 18.4626 (Widerruf). Der Vorfall vom 16. Oktober 2016 stelle sich anders dar als vom Landratsamt ohnehin nur in Teilen wiedergegeben. Am 15. Oktober 2016 sei es zu einem Vorfall mit dem Nachbarn des Antragstellers gekommen. Der Antragsteller habe eine Firma mit dem Dreschen des auf seinem Grundstück gepflanzten Mais beauftragt. Als ein Mitarbeiter dieser Firma auf einem öffentlichen Feldweg zum Grundstück des Antragstellers gefahren sei, habe dieser mit einem Rad die Wiese des Nachbarn befahren müssen, da der Feldweg sehr schmal sei. Dabei sei keinerlei Schaden entstanden. Als der Nachbar dies bemerkt habe, sei er selbst aufs Feld gefahren und habe den Antragsteller angepöbelt. Im Anschluss daran sei der Nachbar mit seinem Traktor auf den Antragsteller zugefahren, sodass dieser beiseite springen habe müssen, um zu verhindern, dass sein Fuß überfahren werde. Auch danach sei der Nachbar mit der am Traktor angebrachten Schaufel bedrohlich auf den Antragsteller zugefahren, worauf dieser sich wegducken habe müssen. Der Nachbar habe den Feldweg blockiert. Als der Antragsteller ihn deshalb zur Rede habe stellen wollen und hierbei die Traktortüre geöffnet habe, sei der Nachbar losgefahren und die Scheibe des Traktors sei zu Bruch gegangen. Diese Vorfälle habe der zum damaligen Zeitpunkt achtjährige Sohn des Antragstellers miterleben müssen. Zu einem späteren Zeitpunkt sei dann der Nachbar auf den Hof des Antragstellers gefahren, um von diesem Ersatz für die zerbrochene Scheibe zu verlangen. Der Antragsteller habe den Nachbarn und dessen eintreffende Familie aufgefordert, unverzüglich das Anwesen zu verlassen. Dieser Aufforderung sei die Familie des Nachbarn nicht nachgekommen; im Gegenteil habe die Tochter des Nachbarn den weiteren Verlauf des Geschehens gefilmt. Das Video sei damit in rechtswidriger Weise entstanden, einer Verwertung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren werde ausdrücklich widersprochen. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung habe der Nachbar den Antragsteller provoziert. Der Antragsteller habe den Nachbarn lediglich für ein paar Sekunden an dessen Kleidung angepackt, um ihn dazu zu bewegen, seinen Hof endlich zu verlassen. Dabei habe er den Nachbarn nicht gegen den Traktor gedrückt, dieser habe sich vielmehr gegen den Traktor fallen lassen.
Der Vorfall am 12. März 2018 stelle sich ebenfalls anders dar. Zwar habe die Ehefrau des Antragstellers tatsächlich bei der Polizei angerufen und diese über den Ehestreit in Kenntnis gesetzt. Allerdings habe sie nicht erwähnt, dass ihr Mann sie schlagen würde. Stattdessen habe die Frau die zuständige Polizeiobermeisterin darüber aufgeklärt, dass sie zu Depressionen und Angstzuständen neige und aufgrund der Medikamente auch äußerst empfindlich reagiere. Dies sei auch der Grund gewesen, weshalb sie im Laufe des Ehestreits die Polizei verständigt habe. Darüber hinaus habe die Ehefrau die Polizeiobermeisterin aufgeklärt, dass sie nicht Angst vor dem Antragsteller habe, sondern lediglich davor, dass er ihr im Ehestreit nicht glauben würde und sie verlassen könnte. Auch habe sie nicht geäußert, dass sie Angst habe, nach Hause zu fahren. Ganz im Gegenteil habe sie von ihrer intakten harmonischen Ehe und ihren beiden Kindern berichtet. Am polizeilichen Aktenvermerk sei allein richtig, dass der Antragsteller aufgrund des Ehestreits aufgebracht gewesen sei. Nicht er, sondern die Polizeiobermeisterin sei äußerst unfreundlich und schroff gewesen und habe den Eheleuten zur Trennung geraten. Die Eheleute seien dann auch gemeinsam nach Hause gefahren und hätten die Situation untereinander erklärt. Zudem hätten sie sich entschlossen, gemeinsam bei der PI F… anzurufen und mit der Polizeiobermeisterin die Angelegenheit nochmals zu besprechen. In diesem Telefonat habe einzig und allein die Polizeiobermeisterin aufgebracht und uneinsichtig reagiert, als der Antragsteller eine Entschuldigung verlangt habe. Mangels Erfolg des Telefonats habe der Antragsteller eine Dienstaufsichtsbeschwerde verfasst, infolgedessen sich der Dienststellenleiter telefonisch bei ihm entschuldigt habe.
Der Vorfall am 30. April 2018 sei ebenfalls nicht zutreffend dargestellt. Nicht der Antragsteller, sondern ein Polizist sei schreiend aus dem Nachbaranwesen gekommen und habe nach dem Hund des Antragstellers gefragt, der angeblich eine Person gebissen habe. Der Polizeibeamte habe behauptet, mit eigenen Augen gesehen zu haben, dass der Hund eine Radfahrerin gebissen habe. Als eine Radfahrerin vorbei gefahren sei, die der Polizeibeamte laut eigener Angabe gemeint habe, habe diese auf Frage des Antragstellers den Hundebiss verneint. Aufgrund dieses Verhaltens hätten der Antragsteller und seine Ehefrau beschlossen, die PI P… anzurufen und mit dem Vorgesetzten des Beamten zu sprechen. Weder im Rahmen dieses Telefonats noch während eines weiteren im Laufe des Abends sei der Antragsteller aggressiv gewesen oder habe herumgebrüllt.
Schließlich werde auch der Vorfall vom 14. Juli 2018 vom Landratsamt einseitig dargestellt. Das Landratsamt verkenne, dass es sich um ein einseitig darstellendes Schreiben des Bruders des Antragstellers und dessen Ehefrau handle. Zudem habe es sich um eine banale Familienstreitigkeit zwischen den Eheleuten und ihrem ältesten Sohn gehandelt, in welche sich der Bruder des Antragstellers eingemischt habe. So sei es gerade der Bruder des Antragstellers gewesen, der mit einem Baseballschläger in der Hand auf den Antragsteller zugegangen sei und diesen bedroht habe. Auch im aus diesem Vorfall resultierenden Gewaltschutzverfahren vor dem Amtsgericht P… … … lasse sich die vom Landratsamt vertretene Auffassung nicht herleiten. In diesem Verfahren sei gerade ein Vergleich geschlossen worden, in welchem sich die Parteien gegenseitig zu Tun bzw. Unterlassen verpflichtet hätten. Der zuständige Amtsrichter habe gerade auf den Abschluss eines Vergleichs gedrängt, da nicht zweifelsfrei zu ermitteln sei, was sich zwischen den Brüdern abgespielt habe. Im Rahmen dieses Verfahrens habe auch die Behauptung des Bruders des Antragstellers widerlegt werden können, dass der Antragsteller das Garagentor zerstört und Telefonleitungen aus der Wand gerissen habe. Beim Garagentor handle es sich lediglich um einen Alu-Torrahmen, welcher mehr als 15 Jahre in der Halle des Antragstellers gelagert gewesen sei. Man habe diesen entsorgen wollen. Als der Bruder des Antragstellers dies mitbekommen habe, habe er angekündigt, dass er ihn abholen werde. Da eine Abholung anschließend nicht erfolgt sei, sei man davon ausgegangen, dass der Bruder den Rahmen nun doch nicht mehr benötige. Um die Entsorgung zu erleichtern, habe der Antragsteller den Rahmen an den Ecken mit der Flex auseinandergeschnitten. Die Telefonleitung habe der Antragsteller entgegen der Behauptung des Landratsamts nicht aus der Wand gerissen, sondern vielmehr habe er den Stecker der Leitung aus der Dose gezogen, um weitere Beschimpfungen seines Bruders gegenüber seiner Mutter zu verhindern.
Bei entsprechender richtiger Würdigung des den Bescheiden zugrunde gelegten Sachverhalts sei zu erkennen, dass es sich beim Antragsteller nicht um eine jähzornige, unbeherrschte, zur Aggression oder Affekthandlungen neigende Person handle. Das Landratsamt habe es unterlassen, sich selbst ein Bild von der Glaubwürdigkeit der Aussagen und Glaubhaftigkeit der Vorgänge zu machen. Hintergrund der Anzeigeerstattung insbesondere der Nachbarfamilie sei einzig und allein, dass diese ein Interesse daran habe, dem Antragsteller und dessen Familie zu schaden. Darüber hinaus seien die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG und die waffenrechtliche persönliche Eignung nach § 6 WaffG des Antragstellers positiv durch ein fachpsychologisches Gutachten vom 6. November 2018 festgestellt worden. Als Anlage zu den Schriftsätzen ist ein Vermerk zur nichtöffentlichen Sitzung des Amtsgerichts P… … … vom 26. Juli 2018 enthalten, betreffend eine Anordnung nach § 1 Gewaltschutzgesetz. Auf dessen Inhalt wird verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 14. Februar 2019 legte das Landratsamt ein Schreiben der PI P… vom 10. Februar 2019 vor. Darin heißt es, dass der Antragsteller vorstellig wurde, um eine Strafanzeige gegen einen Dritten zu erstatten. Als der Antragsteller im Rahmen der Anzeigenaufnahme den Nachnamen des Polizeibeamten erfahren habe, habe sich der Antragsteller äußerst unkooperativ, aufgebracht und aggressiv gegenüber diesem verhalten. Demnach sei der Antragsteller wohl scheinbar irrigerweise davon ausgegangen, dass der Polizeibeamte an der Sicherstellung der Schusswaffen des Antragstellers sowie der Entziehung von dessen waffenrechtlichen Erlaubnissen 2018 beteiligt gewesen sei. Nach Ansicht des Polizeibeamten sei aufgrund dessen Erfahrung damit zu rechnen, dass es bei ähnlichen Fällen zukünftig zu weiteren Aggressionen des Antragstellers zum Nachteil der Beschäftigen der PI P… und des Landratsamts P… kommen könne, auch wenn diese gar nicht an der damaligen Maßnahme beteiligt gewesen seien. Im Einzelnen bzw. ergänzend wird auf den vorgelegten Aktenvermerk verwiesen.
Am 16. April 2019 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers bezogen auf die Klagen Az. M 7 K 18.3669 (Klage gegen den Sicherstellungsbescheid vom …7.2018) und Az. M 7 K 18.4626 (Klage gegen den Widerrufsbescheid vom …9.2018) jeweils einen Antrag im einstweiligen Rechtsschutz und beantragt jeweils,
die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung wird bezüglich beider Eilanträge auf die entsprechenden Ausführungen in den Klageverfahren verwiesen und zudem angeführt, dass ein Gutachten eines anerkannten Sachverständigen vorliege, wonach vom Antragsteller keinerlei Gefahr ausgehe und dieser ausdrücklich zum Führen von Waffen geeignet sei.
Mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2019 beantragt der Antragsgegner sinngemäß,
die Anträge abzulehnen,
und verweist zur Begründung insbesondere auf die Argumentation im Widerrufsbescheid vom … September 2018 und das Schreiben vom 12. November 2018.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten im vorliegenden Verfahren und in den Verfahren M 7 K 18.4017 und M 7 K 18.4626 verwiesen.
II.
Die überwiegend zulässigen Anträge auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klagen haben in der Sache überwiegend keinen Erfolg.
1. Bzgl. der Nrn. 2 bis 4 des Widerrufsbescheids vom … September 2018 ist ein Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO unstatthaft und damit unzulässig, weil insoweit weder eine gesetzlich noch behördlich angeordnete sofortige Vollziehbarkeit vorliegt.
2. Der Antrag ist begründet, soweit er sich gegen die in Nr. 2 des Sicherstellungsbescheids vom … Juli 2018 verfügte Sicherstellung des Jagdscheins sowie die in Nr. 4 Satz 3 verfügte (sofortige) Sicherstellung (auch) von erlaubnisfreien Schusswaffen und erlaubnisfreier Munition richtet; insoweit hat die Klage Az. M 7 K 18.3669 in der Hauptsache voraussichtlich Aussicht auf Erfolg (zum Prüfungsmaßstab im Einzelnen s.u.). Zwar wurde die Nr. 2 des Bescheids formell rechtmäßig für sofort vollziehbar erklärt. § 18 BJagdG sieht aber keine mit § 46 Abs. 4 WaffG vergleichbare sofortige Sicherstellung eines Jagdscheins ohne vorherige Ungültigerklärung/Einziehung vor, so dass die Nr. 2 des Bescheids rechtswidrig ist; andere Rechtsgrundlagen (im Sinne einer Umdeutung/eines Austausches) sind vorliegend nicht erkennbar. Ebenso ermöglicht § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WaffG, auf welchen die in Nr. 4 Satz 3 des Bescheids enthaltene Verfügung laut Bescheidsbegründung gestützt sein soll, die Sicherstellung von in § 46 Abs. 2 und 3 WaffG bezeichneten Waffen oder Munition – d.h. erlaubnisfreier Waffen und Munition – nur, soweit ein vollziehbares Verbot nach § 41 Abs. 1 WaffG besteht. An einem solchen vollziehbaren Verbot i.S.v. § 41 Abs. 1 WaffG fehlt es vorliegend allerdings, weil erst in Nr. 4 des Widerrufsbescheids vom … September 2018 ein solches verfügt wurde und dieses infolge der erhobenen Anfechtungsklage M 7 K 18.4626 (und fehlendem Sofortvollzug, vgl. 1.) nicht vollziehbar ist.
3. Im Übrigen sind beide Anträge unbegründet, weil das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Sicherstellungsbescheids vom … Juli 2018 sowie des Widerrufsbescheids vom … September 2018 (jeweils soweit antragsgegenständlich) das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der dagegen gerichteten Klagen jeweils überwiegt.
Maßgeblich hierfür ist eine originäre Ermessensentscheidung des Gerichts. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs bzw. seiner Rechtsbehelfe. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten der jeweiligen Klage in der Hauptsache anhand einer summarischen Prüfung zu berücksichtigen. Ergibt diese, dass der Hauptsacherechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Ergibt diese jedoch, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig ist, überwiegt das Interesse des Antragstellers, da an der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsaktes, der an schwerwiegenden Mängeln leidet oder dessen sofortige Vollziehung eine unbillige Härte darstellen würde, von vornherein kein überwiegendes öffentliches Interesse bestehen kann. Ist dagegen der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt die summarische Prüfung, dass beide Klagen in der Hauptsache – soweit sie im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO summarisch zu prüfen sind (s.o.) – insoweit keine Aussicht auf Erfolg haben dürften.
3.1 Die Klage gegen die in Nrn. 1 und 5 des Widerrufsbescheids enthaltenen Verfügungen vom … September 2018 dürfte demnach unbegründet sein.
Der in Nr. 1 des Bescheids verfügte Widerruf der Waffenbesitzkarten und des Europäischen Feuerwaffenpasses dürfte rechtmäßig sein. Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis – vorliegend also die Waffenbesitzkarten (§ 10 Abs. 1 WaffG) und der Europäische Feuerwaffenpasses (§ 32 Abs. 6 WaffG) – zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG) und nicht die persönliche Eignung i.S.v. § 6 WaffG besitzt (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 WaffG). Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden (Buchst. a).
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen. Dieses Vertrauen verdient insbesondere nicht, wer in Konfliktsituationen nicht so besonnen reagiert, wie das von einem Waffenbesitzer erwartet werden muss (BayVGH, B.v. 14.11.2016 – 21 ZB 15.648 – juris Rn. 16). In Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Vielmehr genügt eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14). Unter Berücksichtigung des strikt präventiven, auf die Umsetzung grundrechtlicher Schutzpflichten gerichteten Regelungskonzepts des Waffengesetzes ist die Prognose der Unzuverlässigkeit nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Tatsachen, auf die sie gestützt ist, nach aller Lebenserfahrung kein plausibles Risiko dafür begründen, dass der Betroffene künftig Verhaltensweisen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG begehen werde (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1.14 – juris Rn. 17).
Speziell eine missbräuchliche Verwendung i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG ist dann zu befürchten, wenn die Gefahr besteht, dass der Erlaubnisinhaber „sein Recht“ außerhalb oder neben der bestehenden Rechtsordnung durchsetzen wird, sei es im Rahmen planvoll begangener Straftaten, sei es im Rahmen sogenannter Selbsthilfeexzesse (BayVGH, U.v. 10.10.2013 – 21 B 12.964 – juris Rn. 20); ferner bei leicht erregbaren (reizbaren) oder in der Erregung unbeherrschten, jähzornigen oder zur Aggression oder zu Affekthandlungen neigenden Personen (Heinrich in Steindorf, Waffenrecht,10. Aufl. 2015, § 5 Rn. 9 m.w.N.). Ebenso trägt ein mangelndes Potential für gewaltfreie Konfliktlösungen die Prognose einer missbräuchlichen Verwendung. Eine aggressive Grundhaltung genügt, die die Taten anderer eher begünstigt als verhindert. Denn hierin zeigt sich die Bereitschaft zur Konfliktlösung mit Gewalt und damit der Mangel, Konflikte friedlich zu lösen. Missbräuchliches Verhalten setzt dabei Vorsatz voraus, wobei bedingter Vorsatz ausreicht (Heinrich a.a.O.).
Die Tatsachen, die dem Gericht derzeit vorliegen und die im Rahmen des Eilverfahrens zu würdigen sind, geben Anlass zur Befürchtung, dass der Antragsteller künftig (Schuss-)Waffen auch missbräuchlich verwendet, sprich nicht nur dann, wenn es ihm die Rechtsordnung gestattet. Die vom Landratsamt dem Bescheid zugrunde gelegten Sachverhalte bzw. Vorfälle lassen in einer Gesamtschau – selbst wenn sie sich den Einlassungen des Antragstellers folgend teilweise anders darstellen sollten als vom Landratsamt angenommen – den Rückschluss zu, dass der Antragsteller eine leicht erreg- bzw. reizbare Person ist, die zudem in dieser Erregung jähzornig und unbeherrscht agiert sowie zur Aggression oder zu Affekthandlungen neigt. Dieser Eindruck, den das Gericht bereits aufgrund der Aktenlage vom Antragsteller bekommen hat, basiert auf Folgendem:
Im Rahmen des Vorfalls am 16. Oktober 2016 und das Packen/Drücken des Nachbarn mit den Worten „I werd die sofort übern Haufa schlong.“ hat der Antragsteller bereits gezeigt, dass er auch von der Androhung bzw. (beginnender) Anwendung körperlicher Gewalt nicht zurückschreckt. Es mag sein, wie der Bevollmächtigte des Antragstellers vorträgt, dass dem eine Provokation seitens des Nachbarn vorausgegangen ist. Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Antragsteller sich in dieser Situation eben offensichtlich nicht zurückgehalten oder besonnen, sondern gereizt und auch von einer verbalen zu einer auch (beginnenden) körperlichen Auseinandersetzung eskalierend reagiert hat.
Ebenso verhält es sich bezüglich des Vorfalls am 12. März 2018. Unstreitig ist jedenfalls, dass die Ehefrau des Antragstellers die Polizei aufgrund Drohungen ihres Ehemanns angerufen hat. Auch ein freilich vorkommender „deftiger Ehestreit“ (so der Bevollmächtigte des Antragstellers) führt bei einer halbwegs besonnenen Person aber nicht dazu, dass der jeweilige Partner dermaßen massiv bedroht wird, dass er sogar die Polizei einschaltet. Weder eine – ohnehin nur behauptete – Annahme des Antragstellers, dass seine Frau einen Liebhaber habe, noch die angeblich unpassende Bemerkung eines Polizeibeamten relativieren bzw. rechtfertigen das Agieren des Antragstellers. Insoweit hält das Gericht die Darstellung im Aktenvermerk der PI F… vom 3. September 2018 für glaubhaft, wonach der Antragsteller durchgängig aufgebracht (also erregt) war und sich nicht beruhigen ließ, sondern im Gegenteil im Verlauf des Gesprächs immer aufbrausender wurde. Es sind keine Anhaltspunkte für eine grob falsche Darstellung des Sachverhalts seitens der Polizeibeamten erkennbar. Dass sich der Antragsteller dabei selbst gegenüber der Polizei letztendlich „nicht ausreichend im Griff hatte“, erscheint dem Gericht dabei als ein erhebliches, stichhaltiges Indiz für seine Unbesonnenheit und Unbeherrschtheit. Denn im Normalfall wird jedenfalls von einem durchschnittlichen Bürger, selbst wenn er anfangs aufgrund einer außergewöhnlichen Situation aufgebracht sein sollte, die staatliche Autorität der Polizei anerkannt (letztendlich schon aus Eigeninteresse), zumal Polizeibeamten in derartigen Situationen in der Regel – wofür vorliegend auch vieles spricht – deeskalierend agieren. Ebenso glaubhaft ist, dass die Ehefrau des Antragstellers gegenüber der Polizei geäußert hat, ihr Mann sei sehr cholerisch, sie habe Angst und die Polizei sei schon öfters bei ihnen gewesen. Und schließlich zeigt auch der im Nachgang getätigte Anruf des Antragstellers bei der PI F…, wie schwer es dem Antragsteller offensichtlich fällt, seinen Erregungszustand wieder zu beenden und damit letztendlich wieder beherrscht und einsichtig zu (re) agieren, und dass es ihm insoweit in gewissen Maße wohl auch an Selbstreflexion fehlt. Letztendlich hat der Antragsteller durch sein unbeherrschtes Verhalten einen Polizeieinsatz ausgelöst. Anstatt dies zu bedauern oder es wenigstens auf sich beruhen zu lassen, genügt dem Antragsteller – selbst unterstellt, diese wäre so gefallen – eine eher harmlose und keineswegs beleidigende Äußerung, um weiter aufbrausend und deutlich überzogen aufzutreten.
Auch die Geschehnisse am 30. April 2018 – also nur 1 ½ Monate nach dem vorhergehenden (aktenkundigen) Vorfall mit polizeilicher Beteiligung – bestätigen diesen Eindruck vom Antragsteller, insbesondere dass dieser aus einem letztendlich nichtigen bzw. belanglosen Grund heraus die Beherrschung verliert und in einen deutlich aggressiven, unbeherrschten, anhaltenden Zustand wechselt. Zudem zeigen sich Parallelen zum Vorfall vom 12. März 2018. Wieder ist Anlass ein Fehlverhalten des Antragstellers (sein Hund gefährdet durch Verlassen des Hofs einen Verkehrsteilnehmer, ob der Hund nun bloß nach diesem „schnappt“ oder ihn gar beißt ist insoweit irrelevant), das ihn selbst gegenüber der Polizei zu einer maßlosen und unverhältnismäßigen Reaktion provoziert. Und wiederum war es dem Antragsteller selbst nach Ablauf von mindestens 45 Minuten nicht möglich, sich zu beruhigen und besonnen zu agieren. Auch insoweit sind für das Gericht keine Anhaltspunkte erkennbar, die an der Darstellung der PI P… im Vermerk vom 25. Mai 2018 erheblich zweifeln ließen. Im Gegenteil fällt auf, dass zwei unterschiedliche Polizeiinspektionen quasi unabhängig voneinander ähnliche Erfahrungen mit dem Antragsteller gemacht haben, was es sehr unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass beides Mal die Polizeibeamten den jeweiligen Vorfall erheblich falsch eingeschätzt bzw. dargestellt haben.
Deutlich bzw. in erheblichem Maße unbesonnen erscheint auch das Verhalten des Antragstellers im Rahmen des Vorfalls am 14. Juli 2018. Auch hier kommt es nicht auf sich ggf. im Detail widersprechende Angaben zum Geschehensablauf an. Allein die Tatsache, dass der Antragsteller in Gegenwart seines Sohnes dermaßen aggressiv und unbeherrscht aufgetreten ist, zeigt, wie wenig er sich insoweit kontrollieren kann bzw. überreagiert. Das Gericht hält es zudem für glaubhaft, dass der Antragsteller im Laufe des Geschehens geäußert hat, seine Angehörigen „erschlagen zu wollen“, und auch durch seinen in diesem Zusammenhang gefallenen Hinweis auf den Jagdschein mittelbar eine Drohung ausgesprochen hat. Auch eine solch allein verbale Drohung mit einem Waffeneinsatz kann dabei als Tatsache berücksichtigt werden, die den Schluss auf eine missbräuchliche Verwendung stützt (vgl. OVG Berlin-Bbg., B.v. 25.5.2015 – OVG 11 S 47.14 – juris Rn. 4; vgl. weiter zu einschlägigen Äußerungen in Facebook als Grundlage für einen Widerruf BayVGH, B.v. 14.12.2018 – 21 ZB 16.1678 – juris Rn. 21 ff.).
Insgesamt zeichnen diese Vorfälle ein deutliches Bild vom Antragsteller als einer leicht erreg- bzw. reizbaren Person, die in dieser Erregung jähzornig und unbeherrscht agiert sowie zur Aggression oder zu Affekthandlungen neigt, so dass ihm die Zuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a WaffG fehlen dürfte. Auf den im Schreiben der PI P… vom 10. Februar 2019 geschilderten Vorfall (nach Erlass beider verfahrensgegenständlicher Bescheide) kommt es insoweit gar nicht mehr an.
Ebenso vermag das vom Bevollmächtigten des Antragstellers vorgelegte Gutachten des Instituts für Rechtspsychologie der Universität B… vom 24. Oktober 2018 an dieser Einschätzung nichts zu ändern, da es die Eignung des Antragstellers nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2, § 6 WaffG zum Gegenstand und damit keine relevante Aussagekraft bzgl. der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragsstellers hat.
Ob ein Widerruf des laut Antragsgegners bereits abgelaufenen europäischen Feuerwaffenpasses – etwa zur Beseitigung eines etwaigen Rechtsscheins – angezeigt ist, braucht schließlich ebenso wenig vertieft werden. Falls man dies als unnötig erachtet, würde es der entsprechenden Anfechtungsklage jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis bzw. der Klagebefugnis fehlen.
3.2 Die Klage gegen den Sicherstellungsbescheid vom … Juli 2018 dürfte – soweit sie vorliegend im Rahmen von § 80 Abs. 5 VwGO Prüfungsgegenstand ist (s.o.) – demnach ebenfalls unbegründet sein.
Die in den Nrn. 1 und 3 verfügte Sicherstellung der Waffenbesitzkarten sowie der erlaubnispflichtigen Waffen und Munition und die insoweit zugehörige Kostenentscheidung sind rechtmäßig.
Gemäß § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WaffG kann die zuständige Behörde u.a. Erlaubnisurkunden sowie erlaubnispflichtige Waffen oder Munition sofort sicherstellen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen. Die Voraussetzungen dieser sofortigen Sicherstellung nach § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WaffG sind erfüllt. Mit der sofortigen Sicherstellung soll entweder schon für die Zeit bis zur Erfüllung aller Vollzugsvoraussetzungen das Unterlaufen einer Besitzuntersagung verhindert werden oder es sollen – wie hier – ohne eine Besitzuntersagung, bei tatsachengestützten Anhaltspunkten für eine missbräuchliche Waffen- und Munitionsverwendung Gefahren für die Allgemeinheit umgehend unterbunden werden (vgl. VG Augsburg, B.v. 18.8.2014 – Au 4 V 14.1198 – juris Rn. 8). Wie eben dargelegt rechtfertigen die auch dem Widerrufsbescheid vom … September 2018 zugrunde gelegten Vorfälle, dass der Antragsteller seine Waffen oder Munition missbräuchlich verwendet. Der Antragsgegner hat zudem ihm sein nach § 46 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WaffG eingeräumtes Ermessen der – sehr knappen, aber noch ausreichenden – Begründung folgend ordnungsgemäß ausgeübt (§ 114 VwGO).
4. Die Kostenentscheidung basiert auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; so weit ein Antrag teilweise Erfolg hat (s.o.), betrifft dies in Relation zum gesamten Antragsgegenstand nur deutlich untergeordnete Aspekte.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Nrn. 50.2, 20.3 und 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der Widerruf des Europäischen Feuerwaffenpasses bleibt dabei ohne Ansatz (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 24).