Aktenzeichen 21 ZB 18.2379
VwGO § 124 Abs. 2
Leitsatz
Auch ein einmalig festgestellter Verstoß gegen die elementare Pflicht zur Entladung einer Waffe kann so schwerwiegend sein, dass er unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Prognose rechtfertigt, der Betreffende werde auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig umgehen. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 7 K 17.3808 2018-09-26 Urt VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
II. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 16.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
1. Der Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten sowie die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins.
Der Kläger ist Inhaber zweier Waffenbesitzkarten (jeweils ausgestellt am 16.3.1976), in die drei Lang- und zwei Kurzwaffen eingetragen sind. Am 30. Mai 2016 stellte der Beklagte dem Kläger einen Jahresjagdschein (3 Jahre) aus.
Am 24. Mai 2017 wurde im Rahmen einer angekündigten Waffenaufbewahrungskontrolle durch das Landratsamt M* … festgestellt, dass sich in dem in der Waffe steckenden Magazin der halbautomatischen Pistole Walther PPK (Hersteller-Nr. …*) Patronen befanden, diese also unterladen war. Nach den Feststellungen des Landratsamts zeigte sich der Kläger hiervon nicht überrascht, sondern gab an, dass er sonst zeitaufwändig die Waffe laden müsse, wenn ein Einbrecher käme. Er sei sich eines Vergehens nicht bewusst erschienen, sondern habe auf die Rechtslage geschimpft.
Im Rahmen der Anhörung zu den waffen- und jagdrechtlichen Maßnahmen trug der Kläger vor, dass es sich um einen einmaligen Verstoß gehandelt habe. Er habe beim Einräumen des Waffenschranks plötzlich Besuch bekommen und daher die Waffe schnell einräumen müssen und dann vergessen, dass diese noch unterladen sei. Außerdem verwies er darauf, dass er seit 59 Jahren Jäger sei und es nie Beanstandungen gegeben habe. Die Bemerkung mit dem Einbrecher sei „flapsig“ gemeint gewesen und entspreche nicht seiner Auffassung in Bezug auf Waffenaufbewahrung.
Mit Bescheid vom 25. Juli 2017 widerrief das Landratsamt M* … die dem Kläger erteilten Waffenbesitzkarten (Nr. 1 des Bescheids). Zugleich wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 6) der Jagdschein für ungültig erklärt und eingezogen (Nr. 2). Zur Begründung verwies das Landratsamt darauf, dass der Kläger gegen § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG (i.d.F.v. 17.07.2009) verstoßen habe. Aufgrund dieser schwerwiegenden Ordnungswidrigkeit sei auf die jagd- und waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers zu schließen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG bzw. § 17 Abs. 3 Nr. 2 JagdG).
2. Der Kläger hat gegen den Widerrufsbescheid Klage erhoben und vorläufigen Rechtsschutz beantragt.
Der Senat hat die Beschwerde gegen die Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes durch das Verwaltungsgericht unter dem Az. 21 CS 17.2506 zurückgewiesen.
Die gegen den Widerruf der Waffenbesitzkarten sowie die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. September 2018 abgewiesen.
Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor oder wurden entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hinreichend dargelegt.
1.1. Das innerhalb der Beschwerdefrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils.
Der Bevollmächtigte des Klägers rügt, dass der Beklagte den „Beurteilungsspielraum“ bezüglich der Zukunftsprognose nicht korrekt ausgeübt habe. Insbesondere sei den Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Waffenrecht, wonach ein einmaliger Verstoß in der Regel einen Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis noch nicht begründen könne, in keiner Weise Rechnung getragen worden. Es handle sich um ein einmaliges Versehen des Klägers und nicht um einen Dauerzustand.
Dies entspricht im Wesentlichen dem bereits im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Vorgetragenen.
Das Verwaltungsgericht hat sich mit den vom Kläger zitierten Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern zum Waffenrecht auseinandergesetzt (UA, S. 15 f.). Es hat dabei die im Verstoß gegen eine elementare und selbstverständliche Pflicht beim Umgang mit Waffen liegende Pflichtverletzung als so schwerwiegend angesehen, dass sie auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Prognose rechtfertige, der Kläger werde auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig umgehen. Insoweit hat es sich der Auffassung des Senats im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes angeschlossen. Dabei hat es in seine Prognoseentscheidung die Gesamtumstände des Einzelfalls einbezogen und berücksichtigt, dass bei lebensnaher Betrachtung die Umstände sowie die Einlassungen des Klägers gerade gegen die Annahme sprechen, dass es sich bei der vorgefundenen Aufbewahrungssituation nur um eine Momentaufnahme gehandelt haben könnte (UA, S. 15). Damit setzt sich der Zulassungsantrag nicht auseinander.
1.2 Zu dem vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgrund der rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geht die Darlegung nicht über das hinaus, was zur Begründung der Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ausgeführt ist. Besondere Schwierigkeiten im Sinne offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 27) ergeben sich daraus nicht.
1.3. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) wurde entgegen § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht hinreichend dargelegt.
Dazu ist es erforderlich, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ihre Entscheidungserheblichkeit für den Rechtsstreit ausführt, die Klärungsbedürftigkeit der Frage erläutert und darlegt, warum die Frage über den Einzelfall hinaus bedeutsam ist (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72).
Dem genügt der Zulassungsantrag nicht. Ihm lässt sich eine konkret formulierte Grundsatzfrage schon nicht entnehmen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
3. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an die Nrn. 50.2 und 20.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantragsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).