Aktenzeichen W 2 K 18.987
Studien- und Prüfungsordnung der Julius-Maximilians-Universität für den Studiengang Rechtswissenschaft mit dem Abschluss Erste Juristische Prüfung vom 29. September idF der Änderungssatzung vom 5. August 2014
Leitsatz
1 Die unzureichende Regelung der Prüfungsgegenstände der Zwischenprüfung verstößt gegen das Gebot der Rechtssicherheit und -klarheit, welchem aufgrund der herausragenden Relevanz der Zwischenprüfung für den beruflichen Werdegang des Studierenden der Rechtswissenschaft eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der geltungserhaltenden Reduktion einer einheitlichen Rechtsgrundlage im grundrechtssensiblen Prüfungsrecht sind enge rechtsstaatliche Grenzen gesetzt, die weder durch sachfremde Zweckmäßigkeitsüberlegungen noch durch eine vermeintlich ergebnisorientierte Vorwegnahme des mutmaßlichen Prüfungsergebnisses verwischt werden dürfen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3 Da die Bestimmtheit des Prüfungsstoffes dem Prüfling durch die Eingrenzung des zulässigen Prüfungsstoffs unter anderem eine angemessene Vorbereitung auf die Prüfung ermöglichen soll, scheidet auch eine nachträgliche Heilung nach Abschluss der Prüfung aus. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2016 in der Fassung des Abhilfe- und Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 18. Juni 2018 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe
1. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die bloße Anfechtung des verfahrensgegenständlichen Prüfungsbescheides.
Auch wenn die Klägerin nicht mehr bei der Beklagten als Studentin immatrikuliert ist und dort tatsächlich nicht mehr die Zulassung zu einer erneuten Wiederholung der Zwischenprüfung anstrebt, hat die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der Feststellung des endgültigen Nichtbestehen der Zwischenprüfung im Studiengang Rechtswissenschaften. Denn gem. Art. 46 Nr. 3 des Bayerisches Hochschulgesetz (BayHSchG) v. 23. Mai 2006 (GVBl S. 245; BayRS 2210-1-1-WK), zuletzt geänd. d. § 1 Abs. 186 der Verordnung v. 26. März 2019 (GVBl S. 98), führt die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens auch an anderen bayerischen Universitäten zu einem Immatrikulationshindernis im Studiengang Rechtswissenschaften, das sich – aufgrund der inhaltsgleichen Regelung in den Hochschulgesetzen der anderen Länder – bundesweit auswirkt. Schon im Hinblick auf den – auch von der Beklagten nicht bestrittenen – Vortrag der Klägerin, die Zwischenprüfung an einer anderen Universität im Rahmen einer erneuten Aufnahme des juristischen Studiums nochmals ablegen zu wollen, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die jetzige Anfechtungsklage, deren Ziel es ist, die von der Klägerin als „Zwischenprüfungssperre“ bezeichnete Wirkung des Art. 46 Nr. 3 BayHSchG zu beseitigen.
2. Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Universität Würzburg über das endgültige Nichtbestehen der Zwischenprüfung im Studiengang Rechtswissenschaft vom 27. Juli 2016 in der Fassung des Abhilfe- und Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 18. Juni 2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Die von der Beklagten als Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Prüfungsbescheid herangezogene Studien- und Prüfungsordnung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg für den Studiengang Rechtswissenschaft mit dem Abschluss Erste Juristische Prüfung (StPrO) vom 29. September 2008, in der hier maßgeblichen Fassung der Änderungssatzung vom 5. August 2014, bietet keine taugliche Rechtsgrundlage für die Feststellung des endgültigen Nichtbestehens der Zwischenprüfung.
Wie bereits im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. Dezember 2015 im ebenfalls zwischen den hiesigen Beteiligten geführten Verfahren W 2 K 14.960 hinreichend deutlich ausgeführt, mangelt es der Studien- und Prüfungsordnung in der für dieses Verfahren relevanten Fassung, d.h. in der Fassung der Änderungssatzung vom 5. August 2014, bei der Konkretisierung des zulässigen Prüfungsstoffes für die Zwischenprüfung an dem rechtsstaatlich gebotenen Mindestmaß an Bestimmtheit.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht auf seine Ausführungen im Urteil vom 9. Dezember 2015 – W 2 K 14.960 – juris, Bezug:
„[…] Rechtsvorschriften müssen den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Normklarheit und Justitiabilität entsprechen. Das Rechtsstaatsprinzip erfordert, dass Rechtsnormen in ihren Voraussetzungen und in ihrem Inhalt so formuliert sind, dass die von ihnen Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (BVerfG, B.v. 12.1.1967 – 1 BvR 169/63 – BVerfGE 21, 73). Bestimmungen des Prüfungsrechts, die – wie hier – mit den darin angeordneten Rechtsfolgen die Berufswahl und die spätere Berufsausübung berühren, unterstehen dem Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, der eine Regelung durch Gesetz oder durch eine auf hinreichender gesetzlicher Grundlage beruhende untergesetzliche Rechtsnorm verlangt (vgl. VGH BW, U.v. 7.7.1980 – IX 111/79 – DÖV 1981, 584 m.w.N.). Dementsprechend obliegt bei berufsbezogenen Prüfungen die Festlegung des generell zulässigen Prüfungsinhalts nicht dem einzelnen Prüfer. Vielmehr bedarf es eines normativ vorgegebenen Rahmens. Hierbei kann der parlamentarische Gesetzgeber die Umschreibung des zulässigen Prüfungsstoffes einer als Rechtsverordnung oder Hochschulsatzung auszugestaltenden Prüfungsordnung überlassen (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 374). Die Prüfungsordnung setzt der Auswahl der konkreten Prüfungsaufgaben rechtserhebliche Grenzen, deren Überschreitung die Prüfung fehlerhaft macht (BVerwG, U.v. 16.4.1997 – 6 C 9.95 – NJW 1998, 323). Die Anforderungen an die Bestimmtheit der Regelungen über die Prüfungsinhalte steigen mit der Relevanz der Prüfung für den weiteren beruflichen Werdegang des Prüflings (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 375). Demzufolge müssen sie so hinreichend bestimmt sein, dass der Prüfungserfolg, nämlich die Eignung des Prüflings für den angestrebten Beruf, daran gemessen werden kann (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl. 2014, Rn. 375).
… Unter Zugrundelegung dieser Anforderungen genügen die Regelungen der Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten über die Prüfungsinhalte der Zwischenprüfung nicht dem Maßstab der hinreichenden Bestimmtheit. Hierbei ist hervorzuheben, dass die Zwischenprüfung im Studiengang Rechtswissenschaft als eine berufsbezogene Prüfung zu qualifizieren ist. Berufsbezogene Prüfungen werden dadurch gekennzeichnet, dass sie „intensiv in die Freiheit der Berufswahl ein(greifen), weil von ihrem Ergebnis abhängt, ob ein bestimmter Beruf überhaupt ergriffen und welche Tätigkeit gewählt werden kann“ (BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 – BVerfGE 84, 34; s.a. BVerwG, B.v. 9.10.2012 – 6 B 39/12 – NVwZ 2013, 44). Dies trifft auf die Zwischenprüfung im Studiengang Rechtswissenschaft zu. Bereits der Verweis des § 1 Satz 2 StPrO auf die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) als deren Grundlage macht den besonderen Charakter der Zwischenprüfung deutlich. Sinn und Zweck der Zwischenprüfung ist es, frühzeitig festzustellen, ob das Ziel des Grundstudiums erreicht und eine Eignung für ein weiteres Jurastudium gegeben ist (s.a. VG Regensburg, U.v. 8.8.2012- RO 1 K 11.800 – juris). Dementsprechend besagt § 17 StPrO, dass die Zwischenprüfung das Grundstudium abschließt, ihr Bestehen nach Maßgabe der Studien- und Prüfungsordnung zur Fortsetzung des Studiums berechtigt und zugleich Voraussetzung für die Zulassung zu den Übungen für Fortgeschrittene und zum Studium im Schwerpunktbereich ist. Die Zwischenprüfung ist bestanden, wenn sämtliche vier Teilprüfungen der Zwischenprüfung bestanden sind. Das endgültige Nichtbestehen führt gemäß Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayHSchG i.V.m. § 19 Immatrikulations-, Rückmelde- und Exmatrikulationssatzung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Immatrikulationssatzung) vom 7. März 2007, zuletzt geändert durch Satzung vom 12. November 2014, von Amts wegen zur Exmatrikulation. Zugleich stellt das endgültige Nichtbestehen der Zwischenprüfung im Studiengang Rechtswissenschaft ein deutschlandweites Immatrikulationshindernis dar (vgl. in Bezug auf Bayern: Art. 46 Abs. 3 BayHSchG). Demnach ist eine Fortsetzung des Studiums der Rechtswissenschaft im Falle des endgültigen Nichtbestehens in Deutschland nicht möglich.
…
Die streitgegenständliche satzungsrechtliche Ausgestaltung der Zwischenprüfung ist in Anbetracht der erheblichen Konsequenzen, die das endgültige Nichtbestehen für den Studierenden zeitigt, unzureichend. Die Regelungen der Prüfungsinhalte genügen nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit.
Im Hinblick auf die Prüfungsgegenstände der Zwischenprüfung lässt sich der Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten lediglich Folgendes entnehmen: Die Ziele und Inhalte des Studiums werden den Studierenden insbesondere in Pflichtveranstaltungen vermittelt (§ 6 Abs. 5 Satz 1 StPrO). Pflichtveranstaltungen sind solche, die den Pflichtstoff der Ersten Juristischen Staatsprüfung (§ 18 JAPO) oder der Juristischen Universitätsprüfung vermitteln (§ 6 Abs. 5 Satz 2 StPrO). Der Fakultätsrat stellt nach § 7 StPrO einen Studienplan auf, der den Vorgaben der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen und der Studien- und Prüfungsordnung entspricht. Das Studium gliedert sich in Grund-, Mittelsowie Wiederholungs- und Vertiefungsphase (§ 5 Abs. 1 Satz 1 StPrO). Die Grundphase soll den Studierenden Grundkenntnisse vermitteln und sie zu einem intensiven, eigenen Studium des Rechts und zu kritischem Nachdenken hinführen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 StPrO). Neben dem Studium des Bürgerlichen Rechts, des Öffentlichen Rechts und des Strafrechts in Grundkursen werden die Studierenden mit den geschichtlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen, rechtsphilosophischen und europarechtlichen Grundlagen des Recht vertraut gemacht (§ 5 Abs. 2 Satz 2 StPrO). Die Grundphase wird abgeschlossen durch das Bestehen der Zwischenprüfung (§ 5 Abs. 2 Satz 3 StPrO), die studienbegleitend abgehalten wird (§ 21 Abs. 1 Satz 1 StPrO). Die Zwischenprüfung setzt sich aus vier schriftlichen Teilprüfungen von jeweils zweistündiger Dauer in den Hauptfächern Bürgerliches Recht, Öffentliches Recht und Strafrecht sowie in einem Grundlagenfach zusammen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 StPrO). Die Zwischenprüfungsklausuren in den drei Hauptfächern werden im Bürgerlichen und im Öffentlichen Recht in den jeweiligen Grundkursen III, im Strafrecht im Grundkurs III oder IV geschrieben (§ 21 Abs. 2 Satz 2 StPrO). Sie erstrecken sich auf den „Gegenstand der Lehrveranstaltung“, beziehen aber im Bürgerlichen und im Öffentlichen Recht die Gegenstände der jeweiligen Grundkurse I und II, im Strafrecht auch die des Grundkurses III mit ein (§ 21 Abs. 2 Satz 3 StPrO). Als Grundlagenfächer gelten Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie (§ 21 Abs. 3 Satz 1 StPrO). Die Prüfungen werden nach Wahl des Prüfungsteilnehmers in den Lehrveranstaltungen Rechtsgeschichte I oder II oder Rechtsphilosophie I oder II abgenommen (§ 21 Abs. 3 Satz 2 StPrO).
Weitere Angaben zum Prüfungsinhalt der Zwischenprüfung sind der Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten allerdings nicht zu entnehmen. Der Verweis des § 21 Abs. 2 Satz 3 StPrO auf den Gegenstand der jeweiligen Lehrveranstaltung genügt nicht den Anforderungen an eine hinreichende Bestimmtheit. Denn explizite Angaben zu den Inhalten der Lehrveranstaltungen in den Grundkursen der Hauptfächer Bürgerliches Recht, Öffentliches Recht und Strafrecht sind der Studien- und Prüfungsordnung nicht zu entnehmen. Diese ordnet die Grundkurse lediglich der „Grundphase“ zu. Demgegenüber sind in der Satzung keine detaillierten Angaben zu den Inhalten der Grundphase enthalten. Es ist dem Studierenden bzw. Kandidaten der Zwischenprüfung nicht möglich, anhand der Angabe des § 5 Abs. 2 Satz 1 StPrO, wonach die „Grundphase den Studierenden Grundkenntnisse vermitteln und sie zu einem intensiven, eigenen Studium des Rechts und zu kritischem Nachdenken hinführen soll“, Rückschlüsse auf die Prüfungsinhalte der Zwischenprüfung zu tätigen. Dies gilt gleichermaßen für die Bestimmung des § 6 Abs. 1 StPrO. Danach erstreckt sich das Studium der Rechtswissenschaft mit dem Abschluss Erste Juristische Prüfung auf die Prüfungsgebiete der Ersten Juristischen Staatsprüfung (§ 18 JAPO) sowie einen von dem Studierenden zu wählenden Schwerpunktbereich. Schließlich führt die Bestimmung des § 18 JAPO die Prüfungsgebiete der Ersten Juristischen Staatsprüfung (Pflichtfächer) auf. Demgegenüber trifft sie keine Aussage in Bezug auf die Prüfungsinhalte der Zwischenprüfung. Dieser Befund gilt gleichermaßen für die Prüfungsgegenstände in Bezug auf die Grundlagenfächer Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie. Angaben zu den Inhalten der Lehrveranstaltungen Rechtsgeschichte I und II sowie Rechtsphilosophie I und II sind in der Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten nicht niedergelegt. Die Vorschrift des § 5 Abs. 2 StPrO, wonach die Studierenden mit den geschichtlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen, rechtsphilosophischen und europarechtlichen Grundlagen des Rechts vertraut gemacht werden, lässt eine konkrete Darstellung der Lehrinhalte und somit zugleich der Prüfungsgegenstände vermissen.
Infolgedessen wird den Veranstaltungsleitern bei der Aufgabenstellung der jeweiligen Zwischenprüfungsklausur sowohl im Hinblick auf den Prüfungsgegenstand als auch bzgl. des Schwierigkeitsgrades eine übergroße Freiheit eingeräumt, während den Studierenden eine gezielte Vorbereitung und eine Berechenbarkeit der Prüfungsinhalte verwehrt bleiben. Der große Spielraum des Veranstaltungsleiters geht auch aus der Bestimmung des § 9 Abs. 2 Satz 1 StPrO hervor, wonach die Durchführung der Leistungskontrollen, insbesondere die Auswahl der Aufgaben, in der Verantwortung des Veranstaltungsleiters liegt, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Dass dies nicht ausreichend ist, haben frühere Verfahren vor der Kammer überdeutlich gezeigt, bei denen sich der Schwierigkeitsgrad der parallel gestellten Klausuren in einer die Chancengleichheit der Prüflinge verletzender Weise unterschieden hat (vgl. VG Würzburg, Be. v. 2.9.2015 – W 2 K 14.1138 und W 2 K 14.1139).
Die unzureichende Regelung der Prüfungsgegenstände der Zwischenprüfung verstößt gegen das Gebot der Rechtssicherheit und -klarheit, welchem aufgrund der herausragenden Relevanz der Zwischenprüfung für den beruflichen Werdegang des Studierenden der Rechtswissenschaft eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Aufgrund der mangelnden Bestimmtheit der satzungsrechtlichen Vorgaben werden willkürlichen Entscheidungen Tür und Tor geöffnet.
Im Ergebnis ist die Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten bereits aufgrund der fehlenden hinreichenden Bestimmtheit im Hinblick auf die Prüfungsgegenstände der Zwischenprüfung Rechtswissenschaft rechtswidrig und damit keine taugliche Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten vom 16. Oktober 2012.“
Auch fast vier Jahre später sieht das Gericht keinerlei Veranlassung, von diesen – nach wie vor zutreffenden – Ausführungen abzuweichen. Der für das jetzige Verfahren relevante Sachverhalt hat sich nicht geändert. Nach wie vor bildet die Studien- und Prüfungsordnung in der Fassung der Änderungssatzung vom 5. August 2014 die maßgebliche Rechtsgrundlage für die erneute Feststellung des endgültigen Nichtbestehens der Zwischenprüfung. Denn für den verfahrensgegenständlichen Prüfungsbescheid ist unerheblich, dass die Beklagte mit ihrer Änderungssatzung vom 20. Juli 2016 auf die im Urteil vom 9. Dezember 2015 aufgezeigten inhaltlichen Mängel ihrer Studien- und Prüfungsordnung reagiert und die Prüfungsbestimmungen inzwischen umfänglich ergänzt hat.
Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, die Mängel der einschlägigen Prüfungsordnung hätten sich bei den – nach dem Abhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2018 – nur noch verfahrensgegenständlichen Klausuren im Bürgerlichen Recht und im Strafrecht nicht konkret ausgewirkt und seien deswegen für die Rechtmäßigkeit der Feststellung des endgültigen Nichtbestehens unbeachtlich, verkennt sie, dass dies allenfalls für die – im Urteil vom 9. Dezember 2015 ebenfalls thematisierte – Verletzung der Chancengleichheit der Prüflinge im Hinblick auf den unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad der Aufgaben gelten könnte. So hatte das Gericht im Urteil vom 9. Dezember 2015 auch darauf hingewiesen, dass für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen und Bewertungskriterien gegeben sein müssen und dass Schwerpunkt und Schwierigkeitsgrad der Prüfungsaufgaben innerhalb eines Prüfungstermins und Prüfungsfaches nicht so erheblich voneinander abweichen dürfen, wie es in dem relevanten Prüfungstermin insbesondere bei den Prüfungsklausuren im Öffentlichen Recht der Fall gewesen ist. Ob und in wie weit dies bei den nur noch verfahrensgegenständlichen Prüfungsfächern Bürgerliches Recht und Strafrecht zur Tragen kommt, kann hier dahinstehen.
Denn der einschlägigen Prüfungsordnung mangelt es – auch bezogen auf diese Prüfungsfächer – an einer hinreichenden Bestimmung des möglichen Prüfungsinhalts. Damit sind das Zwischenprüfungsverfahren und die Prüfungsentscheidung insgesamt in ihrem Kernbereich betroffen. Dieser inhaltliche Mangel betrifft alle zur Zwischenprüfung gehörenden Teilprüfungen, ohne dass eine Differenzierung bezogen auf einzelne Teilprüfungen möglich ist. Eine Geltungserhaltung des an sich nichtigen Prüfungsrechts bezogen auf einzelne Teilprüfungen findet in der §§ 17 und 21 StrPrO i.d.F. der Änderungssatzung v. 5. August 2014 keinerlei Anhaltspunkte. Hier wird bei der (fehlenden) Eingrenzung des möglichen Prüfungsstoffes kein Unterschied macht, der eine entsprechende Differenzierung nach den einzelnen Teilprüfungen rechtfertigen würde.
Auch der Beklagten sollte klar sein, dass der geltungserhaltenden Reduktion einer einheitlichen Rechtsgrundlage im grundrechtssensiblen Prüfungsrecht enge rechtsstaatliche Grenzen gesetzt sind. Diese dürfen – ungeachtet der Person und Vorgeschichte des jeweiligen Prüflings und des einzelnen Prüfungsverfahrens – weder durch sachfremde Zweckmäßigkeitsüberlegungen noch durch eine vermeintlich ergebnisorientierte Vorwegnahme des mutmaßlichen Prüfungsergebnisses verwischt werden.
Mithin ist es auch nicht an der Klägerin, den Nachweis zu führen, ob und wie sich die fehlende Bestimmtheit des Prüfungsstoffes in ihrem Prüfungsverfahren in den einzelnen Klausuren konkret ausgewirkt hat. Da sich die fehlende Bestimmtheit auf den gesamten Prüfungsstoff der Zwischenprüfung bezieht, macht die einschlägige Prüfungsordnung – bezogen auf die Zwischenprüfung – rechtsungültig. Eine ungültige Rechtsgrundlage hat im Allgemeinen zur Folge, dass der beanstandeten Prüfungsentscheidung die erforderliche Rechtsgrundlage fehlt und sie daher rechtswidrig ist (vgl. dazu: Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 62). Denn die Rechtswidrigkeit des Prüfungsergebnisses ist rechtsstaatliche Konsequenz der aus dem Verantwortungsbereich der Beklagten stammenden mängelbehafteten Prüfungsordnung und setzt gerade keinen Kausalitätsnachweis im Sinne einer „Schadensrealisierung“ bei den einzelnen Teilprüfungen voraus. Besondere Umstände, die ausschließen würden, dass sich die fehlende Eingrenzung des zulässigen Prüfungsstoffes in der verfahrensgegenständlichen Prüfungsentscheidung niedergeschlagen haben können, sind weder ersichtlich noch von der Beklagten substantiiert vorgetragen.
Da die Bestimmtheit des Prüfungsstoffes dem Prüfling durch die Eingrenzung des zulässigen Prüfungsstoffs u.a. eine angemessene Vorbereitung auf die Prüfung ermöglichen soll, scheidet auch eine nachträgliche Heilung nach Abschluss der Prüfung aus. Im Übrigen sieht auch § 2 Abs. 1 der Änderungssatzung vom 20. Juli 2016, mit der die Beklagte den Beanstandungen des Gerichts im Urteil vom 9. Dezember 2015 Rechnung getragen hat, keine Rückwirkung vor. Mithin hat die aktuelle, seit 21. Juli 2016 gültige Fassung der Studien- und Prüfungsordnung der Beklagten für das hiesige Verfahren, dem Zwischenprüfungsklausuren aus dem Jahr 2012 zugrunde liegen, keine Relevanz. Sie ist nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung.
Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 27. Juli 2016 in der Fassung des Abhilfe- und Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2018 ist deshalb mangels tauglicher Rechtsgrundlage rechtswidrig und verletzt die Klägerin – schon im Hinblick auf Art. 46 Nr. 3 BayHSchG – in ihren Rechten.
3. Der Klage war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
4. Eine Zulassung der Berufung gem. §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 bzw. 4 VwGO kommt nicht in Betracht, da das Urteil weder von obergerichtlicher Rechtsprechung abweicht noch grundsätzliche Bedeutung hat. Letztere scheidet schon deshalb aus, weil sich die Frage der Unwirksamkeit des verfahrensgegenständlichen Prüfungsrechtes auf eine Fassung der Prüfungs- und Studienordnung der Beklagten bezieht, die seit dem 21. Juli 2016 nicht mehr in Kraft ist, so dass eine präjudizielle Wirkung des Urteils für aktuelle wie zukünftige Prüfungsentscheidungen ausgeschlossen erscheint.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.