Aktenzeichen B 3 K 17.32897
Leitsatz
1. Bei der in § 36 Abs. 1 AsylG normierten Ausreisefrist handelt es sich nicht etwa nur um eine Mindestfrist, vielemhr ist sie nach oben hin begrenzt und darf nicht überschritten werden. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Art. 3 EMRK wird durch die Aufenthaltsbedingungen für international schutzberechtigte Personen in Dänemark nicht verletzt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Ziffer 3 des Bescheides der Beklagten vom 17.08.2017 wird insoweit aufgehoben, als dem Kläger darin eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Der Kläger wurde gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
Die zulässige Klage hat teilweise Erfolg.
Die Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides der Beklagten ist insoweit rechtswidrig, als dem Kläger darin eine Ausreisefrist von 30 Tagen gesetzt wurde, denn dies verstößt gegen § 36 Abs. 1 AsylG, wonach im Fall der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nummer 2 AsylG, wie sie hier gegeben ist, die Ausreisefrist eine Woche beträgt. Diese ist gesetzlich zwingend vorgeschrieben und von ihr kann selbst bei Vorliegen besonderer Umstände, die im Übrigen weder vorgetragen noch ersichtlich sind, abgewichen werden (Hailbronner, AsylG, Stand Dezember 2016, § 36 RdNr. 11). Es handelt sich auch nicht etwa nur um eine Mindestfrist, vielmehr ist sie nach oben hin begrenzt und darf nicht überschritten werden (Funke-Kaiser, GK-AsylG, Stand April 2016, § 36 RdNr. 10). Weshalb die Beklagte stattdessen – rechtswidriger Weise – von der Ausreisefrist nach § 38 Abs. 1 AsylG Gebrauch gemacht hat, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar.
Durch die rechtswidrige Ausreisefrist ist der Kläger als Adressat des Verwaltungsaktes nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in seinen Rechten verletzt, denn nach der Aufhebung der Fristbestimmung kann die Abschiebungsandrohung zunächst nicht mehr umgesetzt werden; dafür wäre zunächst ein neuerliches Handeln der Beklagten erforderlich. Dem Kläger fehlt aber insoweit auch nicht etwa das Rechtsschutzbedürfnis für seine Klage im Hinblick darauf, dass er durch die zwar rechtswidrige, aber längere Fristsetzung besser gestellt ist als bei rechtmäßigem Handeln der Beklagten; vielmehr würde dies die für den Kläger aufgezeigte positive Folge außer Acht lassen, die die Aufhebung der Ausreisefrist mit sich bringt.
Im Übrigen ist der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2017 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, so dass er nicht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO aufzuheben, sondern die dagegen erhobene Klage abzuweisen war.
Das Gericht folgt insoweit der zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG). Rechtsgrundlage für die Feststellung der Unzulässigkeit des Asylantrags ist § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, denn Dänemark hat dem Kläger internationalen Schutz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt. Dass der Kläger nicht mehr dorthin zurückkehren kann, hat er nicht nachgewiesen. Er hat bisher nicht – wie ihm aufgegeben – das vollständige Urteil des dänischen Landgerichts Sonderborg vom 08.09.2016 in leserlicher Form vorgelegt und zwar weder in der dänischen Fassung noch in deutscher Übersetzung. Das Gericht kann daher nicht nachprüfen, ob die Angaben des Klägers zu dessen Inhalt stimmen, insbesondere ob darin tatsächlich ein mehrjähriges Einreiseverbot gegen ihn verhängt worden ist und welche Konsequenzen das für ihn hat.
Der Kläger kann sich zudem nicht auf die Abschiebungsverbote in § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG berufen, weil Art. 3 EMRK durch die Aufenthaltsbedingungen für international schutzberechtigte Personen in Dänemark nicht verletzt ist (VG Dresden, Beschluss vom 08.02.2017, Az. 12 L 116/17 A; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 04.12.2015, Az. 6a K 4430/15.A).
Der Kläger hat auch nicht substantiiert dargelegt, dass ihm aufgrund seiner individuellen Umstände eine konkrete erhebliche Gefahr droht.
Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung des nach § 83 b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.