Aktenzeichen 19 CE 17.2007
Leitsatz
1 Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einer Ausländerin und ihrem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind deutscher Staatsangehörigkeit und ihm wegen der Beziehungen zu seinem Vater das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Diese Grundsätze, die den verfassungsrechtlichen Rahmen für die Zuerkennung von Abschiebungsschutz für den ausländischen Elternteil eines deutschen Kindes bilden, können bereits vor der Geburt des Kindes aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen entfalten. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
3 Werdende Eltern eines deutschen Kindes, die sich bereits im Bundesgebiet befinden, haben zwar noch keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, wegen der aufenthaltsrechtlichen Vorwirkung des Schutzgebots aus Art. 6 GG kann dieser erwartete Anspruch jedoch durch Erteilung einer Duldung gemäß § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG gesichert werden. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 5 E 17.1672 2017-10-04 Bes VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Dem Antragsgegner wird unter entsprechender Abänderung der Nrn. 2 und 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 4. Oktober 2017 vorläufig untersagt, die Antragsteller abzuschieben.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller, eine 1984 geborene, derzeit schwangere russische Staatsangehörige und ihr am 5. April 2015 in der Bundesrepublik geborener Sohn, wenden sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die vom Antragsgegner beabsichtigte Abschiebung.
Die Antragstellerin zu 1 reiste am 13. März 2015 in das Bundesgebiet ein; am 5. April 2015 wurde der Antragsteller zu 2 im Bundesgebiet geboren. Den Asylantrag vom 21. Mai 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 12. Januar 2017, bestandskräftig seit 1. Februar 2017, ab (Nr. 1), die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus wurden nicht zuerkannt (Nrn. 2, 3), es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4), die Abschiebung in die Russische Föderation oder einen anderen aufnahmebereiten Staat wurde angedroht (Nr. 5) und das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Der Asylantrag war im Wesentlichen auf Gewalttätigkeiten, sexuelle Erniedrigung und Bedrohungen durch den damaligen Lebenspartner der Antragstellerin zu 1 gestützt. Folgeanträge vom 9. Februar 2017, vom 8. März 2017 und vom 10. Mai 2017 wurden durch Bescheide des Bundesamtes vom 8. März 2017, vom 4. April 2017 (unter Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate ab freiwilliger Ausreise) und vom 7. Juni 2017 jeweils bestandskräftig abgelehnt.
Die Antragsteller erhielten am 17. Februar 2017 und am 16. Mai 2017 Duldungen unter der Nebenbestimmung, dass eine Erwerbstätigkeit nicht gestattet sei, mit einer Gültigkeit bis zuletzt 15. August 2017. Seit dem 15. August 2017 sind die Antragsteller im Besitz von Grenzübertrittsbescheinigungen. Mit Schriftsatz vom 27. Juli 2017 ließ die Antragstellerin zu 1 mitteilen, dass sie ehrenamtlich bei der Caritas vor Ort tätig sei und eine Zusage für eine Ausbildung zur Altenpflegerin ab August 2017 bekommen habe. Die Antragstellerin zu 1 beabsichtige die Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen und sei hierfür beim Standesamt vorstellig geworden. Auf telefonische Nachfrage vom 24. August 2017 teilte das Standesamt H. der Ausländerbehörde mit, dass bis auf die Geburtsurkunde des Verlobten alle erforderlichen Unterlagen für die Eheschließung vorlägen. Die Neuausstellung der Geburtsurkunde des deutschen Verlobten, der im Jahr 1976 in Kasachstan geboren sei, werde bis zu vier Monate in Anspruch nehmen. Eine danach folgende Weiterleitung des Verfahrens an das Oberlandesgericht und die dortige Prüfung werde weitere drei Wochen beanspruchen. Laut einer Bestätigung des Standesamtes vom 11. September 2017 könne, sobald die Originalgeburtsurkunde des Verlobten vorliege, die Anmeldung zur Eheschließung unterschrieben und dem Oberlandesgericht weitergereicht werden.
Mit Schriftsatz der vormaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 17. August 2017 haben die Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz gegen die drohende Abschiebung und die Versagung einer weiteren Duldung und Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Der Antrag wurde im Wesentlichen auf die bevorstehende Eheschließung und die begonnene Ausbildung zur Altenpflegerin gestützt. Die Bevollmächtigte der Antragsteller teilte mit Telefax-Schreiben vom 4. Oktober 2017 mit, dass die Antragstellerin zu 1 schwanger sei. Ein zitiertes ärztliches Attest vom 29. September 2017 lag diesem Schreiben nicht bei.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 4. Oktober 2017 den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht, da die Antragsteller keine Duldung beanspruchen könnten. Die beabsichtigte Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen stehe nicht unmittelbar bevor. Es sei lediglich dargelegt, dass fast alle erforderlichen Unterlagen für eine förmliche Anmeldung der Eheschließung vorlägen. Die Berufsausbildung sei nicht erlaubtermaßen nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG aufgenommen worden. Eine geltend gemachte Schwangerschaft sei nicht hinreichend belegt.
Nachdem der Beklagte die Antragsteller am 11. Oktober 2017 zum Flughafen gebracht hat mit dem Ziel der sofortigen Abschiebung, haben sie am selben Tag Beschwerde einlegen lassen. Die Antragsteller machen geltend, die Antragstellerin zu 1 erwarte ein Kind von einem deutschen Staatsangehörigen, dem Verlobten der Antragstellerin zu 1. Ausweislich des beigefügten ärztlichen Attestes vom 29. September 2017 bestehe bei der Antragstellerin zu 1 eine Schwangerschaft in der 5. Schwangerschaftswoche, Entbindungstermin sei voraussichtlich der 13. Juni 2018. Die Antragstellerin zu 1 und ihr Verlobter hätten beabsichtigt, nach Erhalt des Mutterpasses zum Jugendamt zu gehen, um die Vaterschaft zu erklären. Beide Eltern könnten an Eides Statt erklären, dass sie die Eltern des ungeborenen Kindes seien und die Vaterschaftserklärung nachholen. Die Abschiebung sei unverhältnismäßig, da die Antragstellerin zu 1 ein deutsches Kind erwarte, dem im Falle einer Abschiebung der Vater genommen werde. Die Möglichkeit einer Familienzusammenführung im Wege des Visumsverfahrens sei keine Alternative, da der Zeitraum unabsehbar und die Hindernisse vielfältig seien.
II.
Die Beschwerde hat Erfolg.
Das nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung maßgebende Beschwerdevorbringen ergibt, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert werden muss und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung stattzugeben ist mit der Folge einer Aussetzung der Abschiebung.
Im Rahmen der allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren ist aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls, der nunmehr belegten (frühen) Schwangerschaft der Antragstellerin zu 1, der aufgrund der nach § 59 Abs. 1 Satz 8 AufenthG unangekündigten Abschiebung insoweit bestehenden Beweisschwierigkeiten und unter Berücksichtigung der angestrebten Eheschließung der Antragstellerin zu 1 mit einem deutschen Staatsangehörigen sowie dessen Absicht, die Vaterschaft anzuerkennen, wegen der aufenthaltsrechtlichen Vorwirkungen des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG von einem rechtlichen Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG auszugehen.
Zwar hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss zu Recht ausgeführt, dass mangels einer unmittelbar bevorstehenden Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen kein rechtliches Abschiebungshindernis wegen aufenthaltsrechtlicher Vorwirkung des Schutzgebotes aus Art. 6 GG vorliegt. In Zusammenschau mit der nunmehr belegten Schwangerschaft der Antragstellerin zu 1 ist aufgrund der werdenden Elternschaft jedoch eine solche aufenthaltsrechtliche Vorwirkung für den Schutz der Familie aus Art. 6 GG zu bejahen.
Auch ohne bislang erfolgter Vaterschaftsanerkennung hat die Antragstellerin zu 1 hinreichend glaubhaft gemacht, dass ihr ein Verlassen der Bundesrepublik Deutschland mit ihrem zweijährigen Kleinkind und in Erwartung eines Kindes von einem deutschen Staatsangehörigen, mit dem die Eheschließung beabsichtigt ist, unter Berücksichtigung des bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots von 30 Monaten ab Abschiebung nicht zumutbar ist. Dies hat zur Folge, dass derzeit wegen des Gewichts der aus Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 8 EMRK fließenden Rechte von der Abschiebung der Antragsteller abzusehen ist.
Zwar vermitteln Art. 6 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG keinen grundrechtlichen Anspruch auf Einreise und Aufenthalt. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Abschiebung einer schwangeren Ausländerin, die von einem deutschen Staatsangehörigen ein Kind erwartet, das mit der Geburt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 StAG bei wirksamer Vaterschaftsanerkennung die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wird, nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen vorläufig auszusetzen ist, sind zunächst die Grundsätze zu beachten, die das Bundesverfassungsgericht zum Familienschutz entwickelt hat (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 – 2 BvR 1935/05 – NVwZ 2006, 682; B.v. 8.12.2005 – 2 BvR 1001/04 – FamRZ 2006, 187 ff.). Danach verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des den (weiteren) Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, pflichtgemäß, das heißt entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Dieser verfassungsrechtlichen Pflicht des Staates zum Schutz der Familie entspricht ein Anspruch des Trägers des Grundrechts aus Art. 6 GG, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbegehren seine familiären Bindungen an im Bundesgebiet lebende Personen angemessen berücksichtigen. Dabei ist grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalles geboten, bei der auf der einen Seite die familiären Bindungen zu berücksichtigen sind, auf der anderen Seite aber auch die sonstigen Umstände des Einzelfalles. Kann die Lebensgemeinschaft zwischen einer Ausländerin und ihrem Kind nur in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden, etwa weil das Kind deutscher Staatsangehörigkeit und ihm wegen der Beziehungen zu seinem Vater das Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nicht zumutbar ist, so drängt die Pflicht des Staates, die Familie zu schützen, einwanderungspolitische Belange regelmäßig zurück. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind die Rechtspositionen des Kindes und seiner Eltern im Einzelfall umfassend zu berücksichtigen, insbesondere sei deshalb maßgeblich auch auf die Sicht des Kindes abzustellen und im Einzelfall zu untersuchen, ob tatsächlich eine persönliche Verbundenheit bestehe, auf deren Aufrechterhaltung das Kind zu seinem Wohl angewiesen sei (BVerfG, B.v. 8.12.2005, a.a.O.; B.v. 23.1.2006, a.a.O.; vgl. auch BVerwG, U.v. 20.2.2003 – 1 C 13/02 – BVerwGE 117, 380, 390 f.).
Diese Grundsätze, die den verfassungsrechtlichen Rahmen für die Zuerkennung von Abschiebungsschutz für den ausländischen Elternteil eines deutschen Kindes bilden, können bereits vor der Geburt des Kindes aufenthaltsrechtliche Vorwirkungen entfalten. Die o.g. Grundsätze bedürfen jedoch – da die familiäre Lebensgemeinschaft zwischen den Eltern und dem Kind erst bevorsteht – einer den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden modifizierten Anwendung. Insoweit ist in der Rechtsprechung hinsichtlich der Vaterschaft eines ungeborenen Kindes und dessen aufenthaltsrechtlichen Vorwirkungen entschieden, dass – anstelle des Bestehens einer bereits gelebten familiären Gemeinschaft – zunächst regelmäßig zu fordern ist, dass der ausländische Vater gegenüber den zuständigen Behörden seine Vaterschaft (mit Zustimmung der Mutter) anerkannt hat und beide bereits in Verhältnissen leben, welche die gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung und eine gemeinsame Erziehung und Betreuung des Kindes sicher erwarten lassen (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 3.9.2012 – OVG 11 S. 40.12 –; B.v. 30.3.2009 – OVG 12 S. 28.09 –; B.v. 18.11.2013 – OVG 7 S. 92.13 –; SächsOVG, B.v. 2.10.2009 – 3 B 482/09 –; B.v. 25.1.2006 – 3 BS 274/05 –; OVG LSA, B.v. 10.12.2014 – 2 M 127/14 –; OVG Hamburg, B.v. 10.12.2009 – 3 Bs 209/09 –; B.v. 14.8.2008 – 4 Bs 84/08 – jeweils juris). Zum anderen wird eine (vorübergehende) Ausreise des ausländischen Vaters eines noch nicht geborenen deutschen Kindes (etwa zur Durchführung des Sichtvermerksverfahrens) dann als unzumutbar und als Abschiebungshindernis nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG angesehen, wenn nach den im Einzelfall gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen mit seiner Rückkehr vor dem voraussichtlichen Geburtstermin nicht gerechnet werden kann (vgl. SächsOVG, B.v. 25.1.2006, a.a.O.).
Diese Grundsätze lassen sich auf die werdende Elternschaft im vorliegenden Fall übertragen. Der Auffassung, wonach erst ab dem Zeitpunkt, nach dem ein straffreier Schwangerschaftsabbruch nach § 218a Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht mehr möglich ist, die physische Existenz des ungeborene Kindes tatsächlich und rechtlich hinreichend gesichert ist (OVG Hamburg, B.v. 14.8.2008, a.a.O.), folgt der Senat im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht (kritisch dazu auch Funke-Kaiser, GK-AufenthG, Stand 3/2015, § 60a Rn. 172; ein Nasciturus im frühen Stadium erscheint nicht weniger schutzwürdig), zumal eine rechtzeitige legale Wiedereinreise der schwangeren Antragstellerin zu 1 vor der Niederkunft nicht gesichert erscheint. Bei der Wiedereinreise zu einem unbestimmten Zeitpunkt nach der Geburt (im Wege des Familiennachzugs) wäre das deutsche Kind von dem spezifischen Betreuungsbeitrag seines Vaters ausgeschlossen, der entsprechend der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Erziehungsbeitrags beider Eltern in der ersten Zeit nach einer Geburt durch die mütterliche Betreuung nicht ersetzt werden kann (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006, a.a.O.). Die Auffassung, dass einer – nichtehelich – schwangeren Ausländerin ein Aussetzungsanspruch zustehen kann, wenn das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit haben wird, mithin an der Vaterschaft eines deutschen Staatsangehörigen keine durchgreifenden Zweifel bestehen und die Abschiebung der Schwangeren wegen der Ungewissheit einer rechtzeitigen Wiedereinreise als unzumutbar erscheint, wird auch von Funke-Kaiser vertreten (a.a.O., § 60a Rn. 170, 174).
Insgesamt spricht vorliegend wegen der Schwangerschaft der Antragstellerin zu 1 in Zusammenschau mit dem glaubhaften Bemühen auch des deutschen Staatsangehörigen um eine Eheschließung Überwiegendes dafür, die Abschiebung als unzumutbar anzusehen. Zwar liegt eine Vaterschaftsanerkennung des deutschen Verlobten der Antragstellerin zu 1 noch nicht vor; dies dürfte jedoch auf das frühe Stadium der Schwangerschaft zurückzuführen sein. Nach Auffassung des Senats ist derzeit im Hinblick auf die seit Juli 2017 bestehenden Bemühungen der Antragstellerin zu 1 und ihres Verlobten um eine Eheschließung und unter Berücksichtigung der besonderen Nachweisschwierigkeiten im vorliegenden, innerhalb weniger Stunden durchzuführenden Beschwerdeverfahren von der geltend gemachten Vaterschaft des deutschen Staatsangehörigen auszugehen. Die Bemühungen um eine Eheschließung vermitteln auch ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine gemeinsame Übernahme der elterlichen Verantwortung und die Begründung einer Ehe und Familiengemeinschaft beabsichtigt sind. Unter Berücksichtigung dessen und des gegenüber den Antragstellern bestandskräftigen Einreise- und Aufenthaltsverbots von 30 Monaten ab Abschiebung durch Bescheid des Bundesamtes vom 12. Januar 2017 erscheint es nach Auffassung des Senats ungewiss, ob eine legale Wiedereinreise der Antragsteller noch vor der Geburt des Kindes im Juni 2018 realisiert werden könnte. Zwar kann aufgrund der aufenthaltsrechtlichen Vorwirkung des Schutzgebots des Art. 6 GG im Ausland befindlichen werdenden Eltern von Kindern, die aufgrund ihrer Abstammung von einem deutschen Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen werden (§ 4 Abs. 1 StAG), ein mit Blick auf den voraussichtlichen Geburtszeitpunkt entsprechend langfristig berechnetes Visum zur Einreise auf Grundlage des künftigen Anspruchs nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG erteilt werden (vgl. Nr. 28.1.4 VwV AufenthG). Vorliegend erscheint es aber fraglich, ob im Hinblick auf die bislang noch nicht erfolgte Vaterschaftsanerkennung und die damit verbundenen Beweisschwierigkeiten die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots und die Erteilung eines Visums noch vor der Geburt des erwarteten Kindes erlangt werden könnten. Werdende Eltern eines deutschen Kindes, die sich bereits im Bundesgebiet befinden, haben zwar noch keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG, wegen der aufenthaltsrechtlichen Vorwirkung des Schutzgebots aus Art. 6 GG kann dieser erwartete Anspruch jedoch durch Erteilung einer Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG gesichert werden (vgl. Nr. 28.1.4 Satz 11 VwV AufenthG). § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG, wonach einem unanfechtbar abgelehnten Asylbewerber nur ein Aufenthaltstitel nach Maßgabe des Abschnitts 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden darf, steht dem insoweit nicht entgegen, als mit Geburt des deutschen Kindes nach § 10 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu erwarten ist.
Sollte eine rechtswirksame Klärung der Vaterschaft des erwarteten Kindes nicht in angemessenem Zeitraum erfolgen, wird den Antragstellern die Aufenthaltsbeendigung sowie das Visumverfahren zur Wiedereinreise vom Heimatland aus zuzumuten sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.1.3, 1.5 und 8.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013; in vorläufigen Rechtsschutzverfahren wird der Hauptsachestreitwert halbiert.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).