Verwaltungsrecht

Zugelassene medizinische Versorgungszentren nicht beteiligtenfähig

Aktenzeichen  L 12 KA 162/15

Datum:
27.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB V SGB V § 95 Abs. 1
SGG SGG § 70
SGB X SGB X § 10

 

Leitsatz

Zugelassene medizinische Versorgungszentren (§ 95 Abs. 1 SGB V) sind weder juristische Personen noch nichtrechtsfähige Personenvereinigungen. Sie sind nicht beteiligtenfähig nach § 10 SGB X bzw. nach § 70 SGG (Fortführung von BayLSG, Urteil vom 21.10.2015, L 12 KA 65/15; ebenso BSG, Urteil vom 04.05.2016, B 6 KA 28/15 R). (amtlicher Leitsatz)
Beteiligtenfähig ist nur die in einer gesellschaftsrechtlich zulässige Rechtsform auftretende Trägergesellschaft. (amtlicher Leitsatz)
Nicht am Verfahren zu beteiligen ist die rechtlich unselbstständige organisatorische Einheit MVZ xy-Stadt mit dem Ärztlichen Leiter. Eine Hinzuziehung eines rechtlich unselbstständigen Organisationsgebildes nach § 12 Abs. 2 SGB X ist rechtlich nicht möglich.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Berufungen der Klägerin werden zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt auch die Kosten der Berufungsverfahren, einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8), 11) und 12).
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufungen sind unbegründet. Das SG Nürnberg hat die Klagen im Ergebnis zutreffend als unzulässig verworfen, weil sie jeweils verfristet waren.
Nach den vorliegenden Postzustellungsurkunden sind die streitgegenständlichen Bescheide, d. h. die Ausfertigungen vom 04.08.2014 aufgrund der Sitzung am 22.05.2014, am 07.08.2014 an RA Dr. Dr. A. zugestellt worden.
RA Dr. Dr. A. handelte bei dieser Zustellung aufgrund einer konkludenten Vollmacht für die MVZ E.-H-Stadt GmbH.
Am Verfahren beteiligt war nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 SGB X die Antragstellerin. Dies war die Trägergesellschaft MVZ H-Stadt GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer N. und K.. Der Antrag, der dem Zulassungsausschuss zugeleitet wurde, trägt die Unterschriften der beiden Geschäftsführer. Dasselbe gilt für das Begleitschreiben, mit dem der Antrag dem Zulassungsausschuss zugeleitet wurde. Die Trägergesellschaft MVZ H-Stadt GmbH ist als juristische Person auch beteiligtenfähig nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB X.
Nicht am Verfahren beteiligt war dagegen die rechtlich unselbstständige organisatorische Einheit MVZ H-Stadt mit dem Ärztlichen Leiter Dr. R.. Diese Organisationseinheit ist nicht beteiligungsfähig nach § 10 Abs. 1 SGB X bzw. nach § 70 SGG (hierzu ausführlich BSG Urteil vom 04.05.2016, B 6 KA 28/15 R, Rn. 11 und 12). Insoweit wird ergänzend auf die Ausführungen des BSG und des Senats in den Vorentscheidungen verwiesen (L 12 KA 65/15). Eine Hinzuziehung dieses rechtlich unselbstständigen Organisationsgebildes nach § 12 Abs. 2 SGB X ist demgemäß rechtlich nicht möglich und auch tatsächlich zu keinem Zeitpunkt erfolgt.
In der mündlichen Verhandlung am 22.05.2014 vor dem Beklagten war für die verfahrensbeteiligte Trägergesellschaft MVZ H-Stadt GmbH ihr Geschäftsführer N. anwesend sowie der in Untervollmacht für Dr. Dr. A. auftretende Rechtsanwalt U.. Da weder aus dem Protokoll noch aus den nachfolgenden Unterlagen ersichtlich ist, dass Rechtsanwalt U. nicht bzw. nicht mehr für die allein verfahrensbeteiligte Trägergesellschaft auftreten sollte, ist von einer konkludenten Vollmachtserteilung durch den in der Sitzung anwesenden vertretungsberechtigten Geschäftsführer N. auszugehen. Aus dem Ablauf des Verwaltungsverfahrens bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheides ergibt sich somit, dass entgegen der Darlegungen des Rechtsanwalt Dr. Dr. A. am Verwaltungsverfahren nur die Trägergesellschaft als Antragstellerin beteiligt war. Nachdem der Geschäftsführer der Trägergesellschaft in der mündlichen Verhandlung gemeinsam mit dem in Untervollmacht für Rechtsanwalt Dr. Dr. A. tätigen Rechtsanwalt U. aufgetreten ist und nach § 13 SGB X für die Vollmachtserteilung eine bestimmte Form nicht vorgesehen ist, ist von einer konkludenten Bevollmächtigung auszugehen.
Diese Vollmacht gilt so lange, wie das Verwaltungsverfahren dauert. Sie endet erst mit der Bindungswirkung des Bescheides, d. mit der Rechtskraft des Urteils. Dem Beklagten ist auch kein Widerruf der Vollmacht im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 4 SGB X zugegangenen.
Diese Vollmacht ermächtigt nach § 13 Abs. 1 Satz 2 SGB X zu allen Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nichts anderes ergibt. Damit war der Rechtsanwalt Dr. Dr. A. im Rahmen seiner Vollmacht ermächtigt, den Bescheid des Beklagten für die Trägergesellschaft entgegenzunehmen. Der Bescheid ist über den Rechtsanwalt am 07.08.2014 wirksam zugestellt worden.
Die Klagen sind damit verfristet (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG). Im Ergebnis sind die Berufungen ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG, § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Revision war nicht zuzulassen.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen