Verwaltungsrecht

Zulassung der Berufung bei einer selbständig tragenden mehrfach begründeten erstinstanzlichen Entscheidung

Aktenzeichen  6 ZB 18.252

Datum:
26.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 6917
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 4, § 152 Abs. 1, § 154 Abs. 2
GKG § 47‚ § 52 Abs. 6
GG Art. 3, Art. 33 Abs. 2
SG § 3 Abs. 1

 

Leitsatz

Ist die erstinstanzliche Entscheidung selbständig tragend mehrfach begründet, ist eine Zulassung der Berufung nur gerechtfertigt, wenn im Hinblick auf jeden der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund dargelegt wird und gegeben ist. (Rn. 3 – 4) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 21 K 17.147 2017-12-12 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. Dezember 2017 – M 21 K 17.147 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 19.370,76,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, greifen nicht durch (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Der Kläger stand bis zu seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf 31. Dezember 2017 als Hauptfeldwebel (Besoldungsgruppe A8 Z) im Dienst der Beklagten. Mit seiner Klage beantragte er die Verpflichtung der Beklagten, seinem Antrag vom 19. September 2016 auf Beförderung zum Stabsfeldwebel zum 1. September 2016 stattzugeben. Die Regelung der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-1340/49 Nr. 219, auf die die Beklagte die Ablehnung seines Antrags gestützt habe, wonach u.a. die Beförderung von Berufssoldaten nur zulässig sind, wenn die weitere Verwendung in der Bundeswehr für mindestens zwei Jahre vorgesehen ist, sei verfassungswidrig, da ihre Anwendung den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG verletze. Das Verwaltungsgericht hat die Klage für unbegründet erachtet und mit Urteil vom 12. Dezember 2017 aus zwei, die Entscheidung jeweils für sich tragenden Gründen abgewiesen. Zum einen verstoße der Anspruch auf rückwirkende Beförderung zum 1. September 2016 bereits gegen das Verbot rückwirkender Statusbegründungen und -änderungen. Einem Anspruch auf Beförderung mit Wirkung für die Zukunft stehe bei dem gebotenen Abstellen auf den für die Beurteilung des geltend gemachten Verpflichtungsbegehrens maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt von vornherein entgegen, dass der Kläger mit Ablauf des 31. Dezember 2017 vorzeitig in den Ruhestand versetzt werde und damit die nach dem beamtenrechtlichen Leistungsprinzip für eine Beförderung erforderliche Eignung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG nicht mehr gegeben sei. Der Kläger könne das neue Statusamt nicht mehr ausüben. Eine Beförderung erfolge nicht vorrangig, um einen Soldaten für in der Vergangenheit erbrachte Leistungen zu belohnen, sondern im Hinblick auf die von ihm im neuen Amt künftig wahrzunehmenden Aufgaben. Der angegriffene Bescheid sei zum anderen auch nicht wegen Ermessensfehlern rechtswidrig. Gegen die Verwaltungsvorschrift bestünden keine rechtlichen Bedenken. Die Berücksichtigung einer hinreichenden Restdienstzeit bei militärischen Verwendungsentscheidungen, die mit der Übertragung eines höher bewerteten Dienstpostens verbunden seien, stellten im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 21.10.2010 – 1 WB 18.10 – juris Rn. 28 ff.) ein mit Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG vereinbares Auswahlkriterium dar.
Ist die erstinstanzliche Entscheidung demnach selbständig tragend mehrfach begründet, ist eine Zulassung der Berufung nur gerechtfertigt, wenn im Hinblick auf jeden der Begründungsstränge ein Zulassungsgrund dargelegt wird und gegeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2018 – 6 ZB 17.956 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Daran fehlt es. Mit seinem Zulassungsantrag wendet sich der Kläger nur gegen den zweiten Begründungsstrang des Verwaltungsgerichts (rechtliche Unbedenklichkeit der Anwendung der ZDv A-1340/49 Nr. 219). Sowohl die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) als auch die Rüge ernstlicher Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) betreffen allein die Auffassung der Vorinstanz, die Anwendung der Verwaltungsvorschrift sei mit Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG vereinbar. Da aber der erste, das Urteil ebenfalls selbständig tragende Begründungsstrang (Verbot der Statusänderung für die Vergangenheit; Fehlen der für eine Beförderung mit Wirkung lediglich für die Zukunft erforderlichen Eignung, da im für die Verpflichtungsklage maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt feststehe, dass der Kläger wegen der Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand das angestrebte Beförderungsamt nicht mehr für eine angemessene Zeit ausüben könne) nicht mit Zulassungsgründen angegriffen wird, muss die Zulassung der Berufung von vornherein ausscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47‚ § 52 Abs. 6 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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