Aktenzeichen 7 CE 19.10014
VwGO § 146 Abs. 4 S. 6
HZG Art. 4 Abs. 1 S. 1
Approbationsordnung für Ärzte § 1 Abs. 2, § 1 Abs. 3
Leitsatz
Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV sind als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität für den Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte und dem Beginn des Praktischen Jahres nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte (klinischer Teil, vgl. § 44 Abs. 3 Satz 1 HZV) 15,5 v.H. der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums anzusetzen. Für die Kapazitätsberechnung für den vorklinischen Teil des Studiengangs Medizin existiert keine gleichlautende Vorschrift. (Rn. 8) (red. LS Alexander Tauchert)
Verfahrensgang
AN 2 E 18.10093 2019-02-15 Bes VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin im ersten Fachsemester an der F.-A.-Universität … (FAU) nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2018/2019, hilfsweise sie vorläufig auf den vorklinischen Studienabschnitt beschränkt zuzulassen.
Das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach hat den Antrag mit Beschluss vom 15. Februar 2019 abgelehnt. Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie macht geltend, die FAU habe ihre tatsächliche Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft. Die Berechnung der Ausbildungskapazität auf der Grundlage der tagesbelegten Betten sei nicht haltbar, da dieser Parameter inzwischen durch die Gesundheitsreform völlig überholt sei. Bei der Ermittlung der Anzahl der tagesbelegten Betten müsse angesichts der gesunkenen Verweildauer der Patienten ausschließlich auf die ausbildungsbezogenen Wochentage von Montag bis Freitag abgestellt werden. Zudem habe das Verwaltungsgericht jeweils den Durchschnitt aus den Jahren 2015-2017 zugrunde gelegt und nicht die allein maßgebliche Belegung im Jahr 2017. Die Vorgabe in § 17 KapVO sei aller Voraussicht nach insbesondere im Hinblick auf das BACES-Gutachten, wonach Erhebungen an den jeweiligen Modellhochschulen im Bundesgebiet eine patientenbezogene Eignungswahrscheinlichkeit von 17,1% ergeben hätten, nichtig. Bei der Schwundberechnung verkenne das Verwaltungsgericht, dass der Gerichtsmedizinerschwund bei Teilstudienplätzen wesentlich höher sei als bei Vollstudienplätzen. Es verbiete sich deshalb zumindest bei vorläufigen Teilstudienplätzen, diese in die Schwundberechnung endgültiger Vollstudienplätze einzubeziehen. Nicht gefolgt werden könne der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Gerichtsmediziner seien bei der Schwundberechnung überhaupt nicht zu berücksichtigen. Wenig konsequent sei es, diese nicht zu berücksichtigen, wenn es sich nur um wenige gerichtlich zugelassene Bewerber handele.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 11. April 2019 verwiesen.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde. Es wird auf den Schriftsatz vom 16. April 2019 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Ungeachtet dessen, dass sich die Beschwerde schon nicht – wie es § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO voraussetzt – mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt, da sie auf deren Begründung nicht konkret Bezug nimmt, lassen die von der Antragstellerin vorgetragenen Gründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), nicht erkennen, dass die FAU über die für den Studiengang Medizin (Vorklinik) zum Wintersemester 2018/2019 ausgewiesenen 690 Studienplätzen bzw. über die 714 immatrikulierten Studierenden hinaus noch über weitere Ausbildungskapazität verfügen würde.
Soweit die Antragstellerin rügt, die Berechnung der Ausbildungskapazität auf der Grundlage der tagesbelegten Betten unter Zugrundelegung des Faktors 15,5% nach § 17 Abs. 1 KapVO sei infolge der Gesundheitsreform nicht mehr haltbar, kann sie damit nicht durchdringen. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 HZG wird die jährliche Aufnahmekapazität insbesondere auf der Grundlage des Lehrangebots und des Ausbildungsaufwands ermittelt. Nach § 44 Abs. 3 Satz 1 HZV wird der Studiengang Medizin für Berechnungszwecke in einen vorklinischen und einen klinischen Teil untergliedert, wobei der vorklinische Teil den Studienabschnitt bis zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte und der klinische Teil den Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung und dem Beginn des Praktischen Jahres nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung umfasst. § 17 Abs. 1 Nr. 1 KapVO bezieht sich – ebenso wie die in Bayern maßgebliche, gleichlautende Regelung des § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV – ausschließlich auf den klinischen Teil des Studiengangs Medizin. Nach § 51 Abs. 2 Nr. 4, § 54 Abs. 1 Satz 1 HZV ist das Berechnungsergebnis für den klinischen Teil des Studiengangs Medizin anhand der patientenbezogenen Einflussfaktoren zu überprüfen. Nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HZV sind als patientenbezogene jährliche Aufnahmekapazität für den Studienabschnitt zwischen dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte und dem Beginn des Praktischen Jahres nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Approbationsordnung für Ärzte (klinischer Teil, vgl. § 44 Abs. 3 Satz 1 HZV) 15,5 v.H. der Gesamtzahl der tagesbelegten Betten des Klinikums anzusetzen. Eine gleichlautende Vorschrift für die hier inmitten stehende Kapazitätsberechnung für den vorklinischen Teil des Studiengangs Medizin existiert nicht. Auswirkungen der patientenbezogenen Aufnahmekapazität im Klinikum auf die Aufnahmekapazität in der Vorklinik könnten sich nur im Rahmen von § 55 Abs. 2 HZV ergeben. Auf den vorklinischen Teil des Studiengangs beschränkte Teilstudienplätze (§ 22 Abs. 1 HZV) sind jedoch weder streitgegenständlich noch wurden solche festgesetzt.
Mit dem Einwand, die Schwundberechnung berücksichtige fehlerhaft nicht, dass der Gerichtsmedizinerschwund bei Teilstudienplätzen wesentlich höher sei als bei Vollstudienplätzen, kann die Antragstellerin ebenfalls nicht durchdringen. Die Zulassungszahlsatzung 2018/2019 der FAU weist keine Teilstudienplätze, sondern ausschließlich Vollstudienplätze aus, sodass sich schon aus diesem Grund keine Auswirkungen auf die Schwundberechnung ergeben können. Abgesehen davon ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine getrennte Schwundberechnung für Voll- und Teilstudienplätze des Studiengangs Medizin kapazitätsrechtlich nicht geboten (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2012 – 7 CE 11.10770 u.a. – juris Rn. 13 m.w.N.).
Ungeachtet dessen war die Frage der Berücksichtigung von Gerichtsmedizinern im Rahmen der Schwundquote nicht Gegenstand der Entscheidung. Insoweit ist auch unerheblich, dass nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. B.v. 11.7.2016 – 7 CE 16.10111 u.a. – juris Rn. 12) eine “Korrektur” der in die Schwundberechnung einbezogenen Bestandszahlen der Studierenden nur dann in Betracht kommt, wenn sich die Studierendenzahlen aufgrund außergewöhnlicher Einflussfaktoren in “atypischer” Weise entwickeln und diese im sonstigen Studienverlauf ungewöhnliche Entwicklung in geeigneter Weise rechnerisch auszugleichen oder zu neutralisieren ist. Dies kann etwa bei gerichtlich nachträglich zugelassenen Studierenden (den sog. “Gerichtsmedizinern”) der Fall sein, wenn sich bei Zugrundelegung der Bestandszahlen eine “ganz ungewöhnliche (positive) Schwundquote” ergeben würde, wofür jedoch nichts vorgetragen wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.