Verwaltungsrecht

Zulassung zur Laufbahn der Offiziere; Beschwerde als Reservist; Fortsetzungsfeststellungsantrag

Aktenzeichen  1 WB 15/18

Datum:
30.8.2018
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2018:300818B1WB15.18.0
Normen:
§ 1 Abs 3 WBO
§ 7 Abs 2 WBO
§ 17 WBO
§ 19 WBO
§ 3 Abs 1 SG
§ 59 Abs 1 SG
§ 59 Abs 2 SG
§ 82 Abs 1 SG
§ 40 SLV 2002
§ 43 Abs 2 SLV 2002
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat

Leitsatz

Der Begriff des Beschwerdeanlasses im Sinne des § 1 Abs. 3 WBO ist nach dem Gegenstand zu bestimmen, auf den sich die Beschwerde und ggf. der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bezieht. Der frühere Soldat hat dann ein Beschwerderecht nach der Wehrbeschwerdeordnung, wenn die behauptete Verletzung seiner Rechte durch die angefochtene Maßnahme oder der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Erlass der unterlassenen oder abgelehnten Maßnahme in die Wehrdienstzeit fällt.

Tatbestand

1
Der Antragsteller begehrt die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.
2
Der … geborene Antragsteller war Soldat auf Zeit in der Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes, seit dem 26. Februar … im Dienstgrad eines Hauptbootsmanns. Seine zunächst auf zehn Jahre festgesetzte Dienstzeit wurde zuletzt bis zum 31. Oktober … verlängert. Seit 1. November … ist er als Tarifbeschäftigter beim …amt … (im Folgenden: …amt …) angestellt.
3
Mit Formularantrag vom 22. Januar 2015 beantragte der Antragsteller die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2015 in der Verwendungsreihe 61 (Stabsdienst); insoweit ist der Antrag Gegenstand des Parallelverfahrens BVerwG 1 WB 37.17. In einem Anhang zum Antrag erklärte der Antragsteller sich außerdem damit einverstanden, auch in der Verwendungsreihe 85 (Militärmusikdienst) betrachtet zu werden; in Bezug hierauf erfolgte am 29. September 2016 eine Nachbetrachtung durch den Abteilungsleiter … des …amts …, die negativ ausfiel.
4
Mit Bescheid vom 7. September 2017 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in der Verwendungsreihe 85 ab, weil eine Zulassung nach dem Ende des Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit nicht mehr möglich sei. Außerhalb der Entscheidung wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass der Abteilungsleiter … im Rahmen der Nachbetrachtung keine Zulassungsempfehlung ausgesprochen habe.
5
Hiergegen erhob der Antragsteller – entsprechend der dem Bescheid angefügten Rechtsbehelfsbelehrung – mit Schreiben vom 12. September 2017 Widerspruch. Mit Bescheid vom 7. November 2017 wies das Bundesamt für das Personalmanagement den Widerspruch aus den gleichen Gründen wie der angefochtene Bescheid zurück; die Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheids lautet dahingehend, dass der Antragsteller innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage zum Verwaltungsgericht D. erheben könne.
6
Mit Schreiben an das Bundesministerium der Verteidigung vom 19. Februar 2018 erhob der Antragsteller Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement vom 7. September 2017. Die Beschwerde sei der statthafte Rechtsbehelf, weil der Beschwerdeanlass in seine Wehrdienstzeit falle. Außerdem gebiete der in § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG enthaltene Grundsatz der “perpetuatio fori”, dass der Bescheid vom 7. September 2017 – ebenso wie der die Zulassung in der Verwendungsreihe 61 betreffende Bescheid vom 6. Oktober 2016 – in die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts – 1. Wehrdienstsenat – falle. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids vom 7. September 2017 sei unrichtig.
7
Mit Schreiben an das Bundesministerium der Verteidigung vom 20. März 2018 sowie nochmals mit Schreiben vom 4. Juni 2018 an das Bundesverwaltungsgericht beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Das Bundesministerium der Verteidigung – R II 2 – hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 9. Juli 2018 dem Senat vorgelegt.
8
Zur Begründung führt der Antragsteller insbesondere aus:
Der Grundsatz der “perpetuatio fori” gebiete, dass der bereits beim Bundesverwaltungsgericht mit dem Verfahren BVerwG 1 WB 37.17 eröffnete Rechtsweg auch hinsichtlich des Bescheids vom 7. September 2017 erhalten bleibe. Dass es sich bei den Bescheiden vom 6. Oktober 2016 und 7. September 2017 um zwei selbstständige Streitgegenstände handele, sei für den Rechtsweg unerheblich; da beide Bescheide den gleichen Zulassungsantrag ablehnten, gelte für sie auch die gleiche Rechtswegzuweisung. Der Bescheid vom 7. September 2017 sei nicht in Bestandskraft erwachsen, weil ihm eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt gewesen sei. Das Rechtsschutzbegehren habe sich auch nicht mit dem Ende der Dienstzeit erledigt. Es mache für ihn, den Antragsteller, einen Unterschied, ob er bei künftigen Dienstleistungen gemäß § 59 Abs. 2 SG als Hauptbootsmann oder als Oberfähnrich zur See herangezogen werde. Sein Anspruch auf eine Sachentscheidung über den Zulassungsantrag sei bislang nicht erfüllt worden.
9
Der Antragsteller beantragt,
den Bescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 7. September 2017 aufzuheben und die Bundesministerin der Verteidigung zu verpflichten, über den Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 22. Januar 2015 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
10
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
das Verfahren an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen,
hilfsweise den Antrag zurückzuweisen.
11
Im vorliegenden Fall sei der Rechtsweg nicht zu den Wehrdienstgerichten, sondern zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet, weil der Klageanlass nicht in die Wehrdienstzeit des Antragstellers falle. Der Antragsteller wende sich gegen die Entscheidungen des Bundesamts für das Personalmanagement vom 7. September 2017 und 7. November 2017; sein Wehrdienstverhältnis habe jedoch bereits mit Ablauf des 31. Oktober 2016 geendet. Bei der Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in den Verwendungsreihen 61 (Stabsdienst) und 85 (Militärmusikdienst) handele es sich um zwei selbstständige Streitgegenstände, auf die der Rechtsgrundsatz der “perpetuatio fori” nicht anwendbar sei. Für das Vorliegen unterschiedlicher Streitgegenstände spreche, dass die Auswahlentscheidungen hinsichtlich der verschiedenen Verwendungsreihen in unterschiedlichen Auswahlkonferenzen getroffen würden und dabei jeweils unterschiedliche Bedarfslagen maßgeblich seien.
Im Übrigen sei der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig, weil er seit dem Ende der Dienstzeit des Antragstellers auf ein rechtlich unmögliches Ziel gerichtet sei. Voraussetzung für einen Laufbahnwechsel gemäß § 40 SLV sei ein aktives Wehrdienstverhältnis im Status eines Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit. Eine Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes in der Reserve sei nicht möglich. Dem Antragsteller fehle es zudem an einem Feststellungsinteresse. Es sei weder beabsichtigt, ihn zu Dienstleistungen gemäß § 59 Abs. 2 SG heranzuziehen noch habe er hierauf einen Anspruch. Abgesehen davon würde selbst bei einem Obsiegen im vorliegenden Verfahren keine Ernennung zum Oberfähnrich zur See erfolgen.
12
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung – R II 2 – Az.: … -, die Personalgrundakte des Antragstellers und die Akten des Parallelverfahrens BVerwG 1 WB 37.17 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

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