Verwaltungsrecht

Zulassung zur mündlichen Abiturprüfung im Fach Deutsch

Aktenzeichen  M 3 E 17.3542

Datum:
29.8.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 123 Abs. 1 S. 1, § 154 Abs. 1, § 166
ZPO ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 294
BayFOBOSO § 49 Abs. 7 S. 1, S. 3, § 53 Abs. 1 S. 2, § 64 Abs. 2, § 65 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, S. 2, Abs. 4, § 67 Abs. 1 S. 4, Abs. 2 S. 2
GKG GKG § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Gemäß § 65 Abs. 4 FOBOSO ist von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen, wer auch bei besten Ergebnissen in den mündlichen Prüfungen die für das Bestehen der Abschlussprüfung erforderlichen Leistungsbewertungen nicht mehr erreichen kann. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Bewertung mit der Note 6 darf nicht nur dann erfolgen, wenn der Unterschleif während der Prüfung festgestellt und gleichzeitig die Arbeit abgenommen wird. Sie ist auch noch nach Rückgabe des Leistungsnachweises möglich.(Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Zulassung zur mündlichen Abiturprüfung im Fach Deutsch.
Er besuchte im Schuljahr 2016/2017 die 12. Jahrgangsstufe der Städtischen Fachoberschule für Sozialwesen M. Nord (im Folgenden: die Schule).
Am 5. Mai 2017 nahm er am Nachtermin der 3. Schulaufgabe im Fach Pädagogik/Psychologie teil. Seine Arbeit wurde wegen Unterschleifs mit 0 Punkten bewertet. Ohne Berücksichtigung des Unterschleifs wäre die Arbeit mit 2 Notenpunkten bewertet worden.
Den dagegen vom Antragsteller mit Schriftsatz seiner damaligen Bevollmächtigten eingelegten Widerspruch wies die Schule mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2017 sowohl als unzulässig als auch als unbegründet zurück.
Am 27. Juni 2017 tagte der Prüfungsausschuss und stellte fest, dass der Antragsteller in den Prüfungsfächern Deutsch, Englisch und Pädagogik/Psychologie jeweils als Gesamtergebnis die Note 5 (1 bis 3 Notenpunkte) erzielen würde. Im Fach Deutsch lag das Gesamtergebnis des Antragstellers bei 3,04 Punkten, im Fach Englisch bei 1,78 Punkten und im Fach Pädagogik/Psychologie bei 3,3 Punkten. Angesichts des Ergebnisses im Fach Pädagogik/Psychologie stellte der Prüfungsausschuss der Schule fest, dass im Falle des Antragstellers in diesem Fach nach den besonderen Umständen des Falles der Leistungsstand durch das Jahresfortgangsergebnis und das Ergebnis der schriftlichen Prüfung nicht ausreichend geklärt erscheine und lud diesen zu einer verpflichtenden mündlichen Prüfung in diesem Fach am 29. Juni 2017. Zu dieser Prüfung erschien der Antragsteller nicht, weswegen diese mit 0 Punkten bewertet wurde.
Am 31. Juli 2017 erhob der Antragsteller zur Niederschrift Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Ziel, die Benotung der Nachholschulaufgabe im Fach Pädagogik/Psychologie vom 5. Mai 2017 sowie den Widerspruchsbescheid der Beklagten aufzuheben, und die Beklagte zu verpflichten, die Nachholschulaufgabe mit den ursprünglichen 2 Punkten zu bewerten und den Kläger zur Teilnahme am Nachholtermin der mündlichen Deutsch-Abiturprüfung zuzulassen.
Außerdem beantragte der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Kläger zur Teilnahme am Nachholtermin der mündlichen Deutsch-Abiturprüfung zuzulassen, sowie,
dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Der Antragsteller habe die Zusage für einen dualen Studiengang, der am 1. Oktober 2017 beginne. Daher sei es wichtig, dass er am Nachholtermin Anfang September teilnehmen könne.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag sei jedenfalls nicht begründet.
Die Antragsgegnerin sei nicht die richtige Antragsgegnerin für die Regelungsanordnung, da die Abschlussprüfung nur mit Genehmigung des Ministerialbeauftragten nachgeholt werden könne. Dieser sei jedoch stets Beamter des Freistaats Bayern.
Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er sei zu Recht von der mündlichen Abschlussprüfung im Fach Deutsch ausgeschlossen worden.
Die Bewertung der Nachholschulaufgabe im Fach Pädagogik/Psychologie mit 0 Punkten aufgrund von Unterschleif sei rechtmäßig gewesen. Es stehe zur Überzeugung der Korrektorin sowie der Lehrerkonferenz fest, dass sich der Antragsteller bei der Prüfung unerlaubter Hilfsmittel bedient habe. Zunächst sei hier die wörtliche Übereinstimmung des Textes der Schulaufgabe mit der Lösungsskizze im Buch des Stark-Verlags zu nennen. Dabei handele es sich nicht um wenige Zeilen, die ein Prüfling auswendig lernen könne, sondern um fast die komplette Aufgabe 2 der Schulaufgabe. Lediglich eine kurze, hauptsächlich aus Wiederholungen bestehende Zusammenfassung entspreche nicht wörtlich der Lösungsskizze oder sei sehr stark an sie angelehnt. Von fünfeinhalb Seiten der Aufgabenlösung der Aufgabe 2 seien viereinhalb Seiten fast wörtlich aus dem Lösungsbuch entnommen, eine halbe Seite eine Zusammenfassung des Lösungsbuchs sowie eine halbe Seite eine eigenständige Zusammenfassung des bisher Geschriebenen.
Derart umfangreiche Übereinstimmungen seien auch nicht mit auswendig gelernten Textpassagen zu erklären. Diese im Widerspruch vom Antragsteller vorgetragene Behauptung überzeuge insbesondere deshalb nicht, da der Antragsteller in den wortgleichen Passagen trotz seiner ärztlich bestätigten Rechtschreibschwäche kaum Fehler in der Rechtschreibung habe und eine einwandfreie deutsche Grammatik beherrsche. Bei einem auswendig gelernten Text würden bei einem Schüler mit Rechtschreibschwäche dennoch Rechtschreibfehler in überdurchschnittlichem Maße auftreten. Da es sich um einen Nachschreibetermin gehandelt habe, bei dem verschiedenste Prüfungen im selben Raum geschrieben worden seien und die Aufsicht nicht von der üblichen Fachlehrkraft geführt worden sei, sei es durchaus möglich, dass der Antragsteller das Lösungsbuch oder Kopien daraus als unerlaubtes Hilfsmittel benutzt habe, ohne dass es der aufsichtsführenden Lehrkraft sofort hätte auffallen müssen. In anderen Fächern seien für Schulaufgaben durchaus Hilfsmittel wie Wörterbücher und Formelsammlungen zugelassen sowie unterschiedlich viele Aufgabenblätter auf dem Tisch.
Aufgrund des Nichtantritts zur verpflichtenden mündlichen Prüfung im Fach Pädagogik/Psychologie wäre der Antragsteller auch dann nicht zur mündlichen Prüfung im Fach Deutsch zuzulassen, wenn die Nachholschulaufgabe nicht wegen Unterschleifs mit 0 Punkten, sondern regulär mit 2 Punkten bewertet worden wäre.
In diesem Fall läge das Gesamtergebnis in diesem Fach bei 3,19 Punkten und damit ebenfalls bei 3 Punkten.
Da sich der Antragsteller nur in einem Fach einer mündlichen Prüfung unterziehen könne, würde er selbst bei einer Notenverbesserung im Fach „Deutsch“ auf ein „ausreichend“ (mindestens 4 Punkte) in den Fächern Englisch und Pädagogik/Psychologie immer noch bei der Note 5 stehen und die Abschlussprüfung nicht bestehen.
Mit undatiertem Schreiben, eingegangen am 24. August 2017, trägt der Antragsteller vor, wäre seine Nachholschulaufgabe mit 2 Punkten bewertet worden, dann wäre die Teilnahme an der mündlichen Prüfung am 29. Juni 2017 im Fach Pädagogik/Psychologie nicht verpflichtend gewesen. Es hätte sich dann eine Gesamtnote von 3,52 = 4 ergeben und die Schule hätte ihn im Fach Deutsch zur mündlichen Prüfung zulassen müssen.
Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte und die von der Antragsgegnerin vorgelegten Aktenvorgänge Bezug genommen.
II.
1. Der zulässige Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO hat keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO ist eine Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Regelung nötig erscheint, um den Antragsteller vor bestimmten Nachteilen zu bewahren. Der Antrag ist somit begründet, wenn insbesondere der prozessuale Anspruch auf Sicherung des Hauptsacheanspruchs besteht. Das ist der Fall, wenn der zu sichernde Anspruch des Antragstellers nach den Vorschriften des materiellen Rechts besteht (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft (§ 294 ZPO) gemacht wird. Bei der Entscheidung nach § 123 Abs. 1 VwGO hat das Gericht die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Für diese Abwägung ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BayVGH vom 5.8.1992 Az. 7 CE 92.1896 u.a. BayVBl 1992, 659) in erster Linie entscheidend, ob die Antragspartei mit einem Erfolg in einem Hauptsacheverfahren rechnen könnte.
Der Antragsteller hat den Antrag gegen die richtige Antragsgegnerin gerichtet, da sein Antrag dahingehend auszulegen ist, dass er in erster Linie einen Anspruch auf Zulassung zu einer mündlichen Abiturprüfung im Fach Deutsch geltend macht.
Der Antragsteller konnte jedoch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft machen.
Gemäß § 65 Abs. 2 Satz 1 der Schulordnung für die Berufliche Oberschule – Fachoberschulen und Berufsoberschulen -(Fachober- und Berufsoberschulordnung – FOBOSO) vom 28. August 2008 kann sich jede Schülerin und jeder Schüler auf Antrag in höchstens einem Fach der schriftlichen Prüfung (§ 64 Abs. 2) einer mündlichen Prüfung unterziehen sowie in höchstens einem sonstigen Pflichtfach des laufenden Schuljahres mit Ausnahme der zweiten Fremdsprache, in dem die Jahresfortgangsleistung mit der Note 5 oder 6 (weniger als 4 Punkte) bewertet worden ist.
Allerdings ist gemäß § 65 Abs. 4 FOBOSO von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen, wer auch bei besten Ergebnissen in den mündlichen Prüfungen die für das Bestehen der Abschlussprüfung erforderlichen Leistungsbewertungen nicht mehr erreichen kann.
Dies ist beim Antragsteller der Fall. Die Abschlussprüfung ist, sofern kein Notenausgleich gewährt wird, nicht bestanden, wenn bei den Gesamtergebnissen einmal die Note 6 (0 Punkte) oder zweimal die Note 5 (1 bis 3 Punkte) erzielt wurde; das Fach Sport bleibt außer Betracht (§ 67 Abs. 2 Satz 2 FOBOSO). Da der Antragsteller in drei Fächern (Deutsch, Englisch und Pädagogik/Psychologie) die Note 5 erzielt hat, kann er auch bei einer erfolgreichen mündlichen Prüfung im Fach Deutsch die Abschlussprüfung nicht mehr bestehen, da dann immer noch zweimal die Note 5 erzielt wurde. Da es sich im Fall des Antragstellers bei den drei Fächern mit der Note 5 jeweils um Fächer handelt, die Gegenstand der schriftlichen Prüfung sind (§ 64 Abs. 2 FOBOSO), kommt beim Antragsteller auch kein Notenausgleich in Betracht, da in diesem Fall zum Ausgleich nur Pflichtfächer der schriftlichen oder praktischen Prüfung herangezogen werden können (§ 53 Abs. 1 Satz 2 FOBOSO). Mangels entsprechender Leistungen kann der Antragsteller in diesen Fächern jedoch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FOBOSO nicht erfüllen.
Auch die Bewertung im Fach Pädagogik/Psychologie ist rechtmäßig erfolgt.
Schülerinnen und Schülern, die sich unerlaubter Hilfe bedienen oder den Versuch dazu machen (Unterschleif), wird die Arbeit abgenommen; diese wird mit der Note 6 (0 Punkte) bewertet (§ 49 Abs. 7 Satz 1 FOBOSO).
Aus der Tatsache, dass in § 49 Abs. 7 Satz 1 FOBOSO vor der Rechtsfolge der Bewertung mit der Note 6, noch der Halbsatz „so wird die Arbeit abgenommen“ steht, kann nicht geschlossen werden, dass die Abnahme der Arbeit und die Bewertung mit der Note 6 nur als einheitliche Rechtsfolge möglich ist. Vielmehr stellt die Abnahme der Arbeit auf den wohl häufigeren Fall ab, dass der Unterschleif bereits während der Bearbeitung der Prüfungsaufgabe festgestellt wird und stellt insoweit klar, dass neben der Sanktionierung mit der Note 6 die Prüfung für den betroffenen Schüler beendet ist, was durch die Abnahme der Arbeit manifestiert wird. Keinesfalls kann aus dem Erwähnen beider Rechtsfolgen geschlossen werden, dass eine Bewertung mit der Note 6 nur erfolgen darf, wenn der Unterschleif während der Prüfung festgestellt wird und gleichzeitig die Arbeit abgenommen werden kann. Dies ergibt sich auch aus § 49 Abs. 7 Satz 3 FOBOSO, wonach die Bewertung mit der Note 6 (0 Punkte) auch noch nach Rückgabe des Leistungsnachweises möglich ist. Nur dieses Verständnis der Vorschrift genügt auch dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungsrecht.
Es steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass bei der Bearbeitung der Frage 2 der Nachholschulaufgabe im Fach Pädagogik/Psychologie ein Fall des Unterschleifs vorliegt. Der größte Teil des vom Antragsteller geschriebenen Textes entspricht einer in der Regel wörtlichen Übernahme aus der in den Behördenakten auf den Seiten 41 bis 43 kopierten Musterprüfungsaufgabe in einem Buch des Stark-Verlags. Dabei wurde sowohl die dieser Musteraufgabe vorangestellte Fallbeschreibung weitgehend wörtlich übernommen als auch der erste Teil der dortigen Musterlösung. Auch wenn der Antragsteller in der Fallbeschreibung den beschriebenen Jugendlichen von „Jan“ in „Peter“ abwandelt, hält er diese Diktion nicht völlig durch, sondern nennt am Ende der Seite 4 seiner Arbeit die Person wieder Jan.
Nach Auffassung des Gerichts lassen sich derart starke, in der Regel wörtliche Übereinstimmungen so langer Textabschnitte nicht mehr mit einem Auswendiglernen erklären, da eine derartige Fähigkeit mit der Lebenswirklichkeit nicht mehr in Einklang zu bringen ist.
Darüber hinaus wäre es widersinnig, wenn ein Schüler zur Vorbereitung auf eine Schulaufgabe ein Fallbeispiel auswendig lernen würde, das keinerlei Lösungsansätze enthält sondern lediglich die Grundlage für darauf aufbauende Fragen darstellt.
Das Gericht geht daher davon aus, dass der Antragsteller bei Bearbeitung der Nachholschulaufgabe den Text der Abschlussprüfung 2016 in welcher Form auch immer zur Verfügung hatte, verwendete und damit den Tatbestand des Unterschleifs erfüllte.
Die Nachholschulaufgabe wurde somit zu Recht mit 0 Punkten bewertet.
Daraus ergab sich für den Antragsteller eine Jahresfortgangsnote von 4,60 und eine Prüfungsleistung in der schriftlichen Abschlussprüfung von 2 Punkten.
Bei dieser Konstellation ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Prüfungsausschuss in seiner Sitzung am 27. Juni 2017 zu dem Ergebnis kam, dass sich der Antragsteller noch einer mündlichen Prüfung im Fach Pädagogik/Psychologie zu unterziehen habe. § 65 Abs. 3 Satz 1 FOBOSO, wonach Schülerinnen und Schüler sich der mündlichen Prüfung zu unterziehen haben, wenn nach den besonderen Umständen des Falles der Leistungsstand in einem Pflichtfach nach dem Urteil des Prüfungsausschusses durch das Jahresfortgangsergebnis und das Ergebnis der schriftlichen Prüfung nicht geklärt erscheint, ist wohl auch dann anwendbar, wenn im Jahresfortgang und in der Abschlussprüfung deutlich unterschiedliche Leistungen gezeigt wurden, wie dies beim Antragsteller der Fall war. In diesem Fall ist es durchaus sinnvoll, den Prüfling zur Klärung seines tatsächlichen Leistungsvermögens einer zusätzlichen mündlichen Prüfung zu unterziehen. Im Übrigen liegt dieses Verständnis des Anwendungsbereichs der Vorschrift im Interesse des Schülers, deem damit eine Chance zur Verbesserung eröffnet wird.
Nachdem der Antragsteller nichts anderes vorgetragen hat, die Entscheidung des Prüfungsausschusses am 27. Juni 2017 getroffen und die Prüfung auf den 29. Juni 2017 festgesetzt wurde, geht das Gericht davon aus, dass der Antragsteller über die Verpflichtung zur mündlichen Prüfung noch rechtzeitig, nämlich spätestens zwei Tage vor deren Beginn (§ 65 Abs. 3 Satz 2 FOBOSO) informiert wurde.
Da der Antragsteller zu dieser Prüfung nicht erschienen ist, war diese mit 0 Punkten zu bewerten. Daraus ergibt sich eine Gesamtnote von 4,6 + 1,33 = 5,93 : 2 = 2,96 = 3 Punkte Entgegen der Ansicht des Antragstellers würde sich an dieser Notwendigkeit einer verpflichtenden zusätzlichen mündlichen Prüfung auch dann nichts ändern, wenn die Nachholschulaufgabe mit 2 Punkten bewertet worden wäre. In diesem Fall wäre die Divergenz zwischen Jahresfortgang und Prüfungsleistung in der Abschlussprüfung sogar noch größer.
Dem steht auch nicht entgegen, dass sich in diesem Fall ohne die mündliche Prüfung ein Gesamtergebnis von 3,52 ergeben würde. Zwar wäre ein derartiges Ergebnis gemäß § 67 Abs. 1Satz 4 FOBOSO auf 4 Punkte aufzurunden, diese Regelung gilt aber erst bei Festsetzung des Gesamtergebnisses; d.h. die Entscheidung über die Notwendigkeit einer zusätzlichen mündlichen Prüfung gemäß § 65 Abs. 3 FOBOSO hat vorher zu erfolgen.
Der Antragsteller hätte damit auch in diesem Fall im Fach Pädagogik/Psychologie ein Gesamtergebnis von 5,04 + 1,33 = 6,37 : 2 = 3,18 = 3 Punkten und damit die Note 5 erzielt.
Aus den dargestellten Gründen war der Antrag daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Entscheidung über den Streitwert beruht unter Berücksichtigung der Vorläufigkeit des Verfahrens auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.
2. Ist nach dem Vorstehenden der Antrag auf einstweilige Anordnung bereits aus mehreren Gründen erfolglos, so gilt dies auch für den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren. Nach § 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zu einem Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet nach den obigen Ausführungen keine auch nur hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO.

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