Aktenzeichen B 5 S 19.631
BBG § 28 Abs. 2, § 61 Abs. 2, § 126 Abs. 4
PostPersRG § 2 Abs. 2, § 4 Abs. 1
VwVfG § 28
GG Art. 143b Abs. 3
Leitsatz
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 17.06.2019 gegen die Versetzungsentscheidung vom 27.05.2019, Versetzung zur Organisationseinheit …, wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Zuweisung einer Tätigkeit in einer Organisationseinheit der Antragsgegnerin.
1. Die Antragstellerin ist Beamtin der Antragsgegnerin (Fernmeldehauptsekretärin, Besoldungsgruppe A8). Sie ist auf Grundlage von Art. 143b Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) bei der … eingesetzt, aber seit dem 01.12.2013 ohne Beschäftigung.
Ausweislich eines sozialmedizinischen Gutachtens vom 11.12.2017 ist die am …06.1999 geborene Tochter der Antragstellerin pflegebedürftig mit einem Pflegegrad der Pflegestufe 3. Die Antragstellerin ist als Pflegeperson in einem Umfang von 7 Pflegetagen pro Woche eingetragen.
Nach dem ärztlichen Attest der behandelnden Orthopädin Dr. B. vom 19.05.2017 habe es die Antragstellerin durch erheblichen persönlichen Einsatz und Aufbau eines gut funktionierenden Netzwerkes geschafft, ihrer Tochter eine weitgehend normale Schullaufbahn und Schulausbildung zu ermöglichen. Aufgrund der erheblichen Körperbehinderung seien regelmäßige Besuche beim Physiotherapeuten und bei Ärzten erforderlich. Dieses aktuell gut funktionierende Netzwerk würde völlig zerschlagen und müsste bei einem Umzug nach … neu aufgebaut werden. Dies würde zu einem erheblichen Rückschritt der körperlichen Entwicklung der Tochter der Antragstellerin führen.
Nach dem Attest des Dr. S., FA für Allgemeinmedizin, Naturheilverfahren, vom 22.05.2017 sei die Tochter der Antragstellerin körperlich aufgrund einer Spina bifida sehr stark eingeschränkt und zugleich hochsensibel und reagiere mit körperlichen Symptomen auf jede Art von Veränderung. Ein Betreuungs-/Therapeutenwechsel und jede Art von Veränderung in ihrem persönlichen Umfeld würden die Tochter weit zurückwerfen. Die Antragstellerin brauche die Unterstützung ihrer Eltern, mit denen sie im selben Haus lebe, um eine Betreuung der Tochter in der häuslichen Umgebung umsetzen zu können. Ein Umzug würde den Gesunderhaltungsprozess extrem gefährden.
Laut Attest des Dr. H., psychologischer Psychotherapeut, vom 02.07.2019 sei die Tochter der Antragstellerin seit 03.07.2018 wegen einer Agoraphobie mit Panik sowie einer generalisierten Angst bei ihm in Behandlung. Die Tochter leide unter starken Angstanfällen, wenn sie sich weiter weg von zu Hause befinde, ihre Mutter nicht in der Nähe sei und sie weitere Reisen allein unternehmen müsse. Eine vollständige räumliche Trennung von der Mutter über längere Zeit dürfte sich aktuell und in der nächsten Zeit voraussichtlich als deutliche Überforderung für die Tochter der Antragstellerin darstellen.
Bereits im Jahr 2013 und im Jahr 2017 hatte sich die Antragstellerin unter Verweis auf die Behinderung ihrer Tochter mit entsprechenden Eilanträgen gegen von der Antragsgegnerin ausgesprochene Zuweisungsverfügungen in Bezug auf eine Tätigkeit bei der … mit Dienstort … (B 5 S 13.213) bzw. Dienstort … (B 5 S 17.366) zur Wehr gesetzt. Im Verfahren B 5 S 13.213 unterlag die Antragstellerin mit Beschluss vom 24.04.2013, im Verfahren B 5 S 17.366 gab das Gericht ihrem Antrag mit Beschluss vom 17.07.2017 statt.
2. Mit Schreiben vom 08.08.2018 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin gemäß § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zur beabsichtigten Versetzung der Antragstellerin gemäß § 28 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) in die Organisationseinheit …, als Sachbearbeiterin Projektmanagement (A8), nach … in einem Umfang von 30 Wochenstunden mit Wirkung vom 01.10.2018 an.
Mit Schreiben vom 07.09.2018 teilte der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit, dass die Beamtin der Versetzung nicht zustimme. Die nach § 28 Abs. 2, 2. Alternative BBG erforderlichen Voraussetzungen für eine Versetzung ohne Zustimmung des Beamten würden nicht vorliegen. Darüber hinaus lägen erhebliche und umfangreiche persönliche Gründe vor, die eine Versetzung ausschließen würden. Die Antragstellerin sei geschieden und alleinerziehende Mutter eines Sohnes von 16 Jahren, der sich gerade in der Abschlussklasse der Realschule befinde sowie einer 19-jährigen Tochter, die Pflegegrad 3 aufweise und zu 100% schwerbehindert sei. Sie befinde sich in der Ausbildung im 2. Ausbildungsjahr und sei zu Hause wohnhaft. Sie habe einen seit vielen Jahren vertrauten Therapeuten und sei auf die ständige Betreuung der ihr vertrauten Bezugspersonen angewiesen. Ein Umzug habe gesundheitsgefährdende Auswirkungen.
Mit Schreiben vom 09.01.2019 hörte die … den Betriebsrat zur beabsichtigten Versetzung der Antragstellerin mit Wirkung vom 29.07.2019 an.
Mit Schreiben vom 10.01.2019 teilte der zuständige Betriebsrat der … mit, dass man die beabsichtigte Versetzung ablehne. Über die zu berücksichtigenden persönlichen Belange hinaus unterliege der Betrieb … gerade einer Rationalisierungsmaßnahme mit Personalabbau.
Mit Schreiben vom 21.01.2019 teilte der Betriebsrat … der … mit, dass er die Zustimmung zur streitgegenständlichen Versetzung der Antragstellerin gemäß § 28 Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG) i. V. m. § 77 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) und i. V. m. § 99 Abs. 2 Sätze 3 und 4 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) verweigere. Die Auswahl verstoße gegen das Prinzip der Bestenauswahl. Die Ermessensausübung sei fehlerhaft.
In der Sitzung der Einigungsstelle am 07.02.2019 erging folgender Beschluss: Es wird gemäß § 29 Abs. 3 Sätze 1 und 2 PostPersRG festgestellt, dass mit Bezug auf die die Beamtin betreffende Personalmaßnahme kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung im Sinne des § 77 Abs. 2 BPersVG vorliegt. Die Versetzung erfolgt zum 01.06.2019 zu … Standort … In der folgenden Sitzung der Einigungsstelle am 25.03.2019 wurde nach mehrmaligen Beratungen und Abstimmungen nicht einstimmig beschlossen, dass der Antragstellerin die Versetzung nach … zumutbar sei. Die Versetzung solle zum 01.08.2019 erfolgen. Für den Fall etwaiger erfolgreicher anderweitiger Bewerbungen der Beamtin werde die Dienststelle eine entsprechende Personalmaßnahme anstoßen.
Mit Verfügung vom 27.05.2019 versetzte die Antragsgegnerin die Antragstellerin mit Wirkung vom 01.09.2019 zur Organisationseinheit … als Sachbearbeiterin Projektmanagement im Bereich Business Projects am Beschäftigungsort … Gleichzeitig übertrug sie ihr den Personalposten BPR-1048, Bewertung A8.
Ein Arbeitsposten Sachbearbeiter am Standort … sei frei und müsse im Interesse einer geregelten Arbeitserledigung besetzt werden. Zudem sei der Anspruch der Antragstellerin auf amtsangemessene Beschäftigung zu erfüllen. Ein wohnortnäherer Einsatz sei nicht möglich. Zwingende Gründe dafür, dass wegen der Schwerbehinderung sowie angesichts der laufenden Ausbildung der Tochter ein Umzug an den neuen Dienstort … nicht möglich sein soll, lägen nicht vor. Die von der Antragstellerin vorgetragenen Umstände seien dem Bereich der privaten Lebensführung zuzurechnen. Eine Beamtin könne aber nicht einerseits in einem aktiven Beamtenverhältnis stehen und entsprechend alimentiert werden und sich andererseits auf die Übernahme anderer, dienstfremder Verpflichtungen berufen, wenn diese Tätigkeiten mit der Aufnahme einer Diensttätigkeit nicht zu vereinbaren seien. Die Sicherstellung des ärztlich attestierten Pflegeaufwands für die schwerbehinderte Tochter von wenigstens 10 Stunden, verteilt auf regelmäßig mindestens 2 Tage pro Woche, könne die Antragstellerin gewährleisten, indem sie die zur Verfügung stehenden gesetzlichen Instrumente in Anspruch nehme. Soweit Dr. B attestiere, ein durch einen Wohnortwechsel bedingter Verlust bzw. Wechsel von Betreuungspersonen und Therapeuten bedeute für die Tochter der Antragstellerin einen erheblichen Rückschritt der körperlichen Entwicklung, könne die Antragstellerin dem dergestalt entgegenwirken, dass sie stärker auf die Inanspruchnahme des familiären Verbundes setze. Es sei nicht erkennbar, dass das von ihr aufgebaute familiäre Netzwerk nicht auch weiterhin, und zwar ausdrücklich auch im Falle eines Wohnortwechsels, gewährleistet bleiben könne bei entsprechendem Bemühen. Es dürfte auch zu hinterfragen sein, ob und inwieweit der Vater der Tochter für eine Unterstützung verpflichtet werden könne. Ein Verlust bzw. Wechsel von Therapeuten könne auch bei einer auch die dienstlichen Interessen berücksichtigenden Planung dieser Notwendigkeiten verhindert werden. So könnte die Tochter auch weiterhin Arzt- und Therapeutentermine am ehemaligen Wohnort wahrnehmen. Bei entsprechend frühzeitiger und vorausschauender Terminvereinbarung dürften hierbei auch Terminvergaben erreicht werden können, die für eine Beamtin realisierbar seien.
Mit Schriftsatz vom 17.06.2019 legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch gegen die Verfügung der Antragsgegnerin ein. Aus der Versetzungsverfügung sei bereits nicht ersichtlich, inwieweit es sich hier um eine Tätigkeit im nichttechnischen Dienst handle. Das Anhörungsverfahren nach § 28 VwVfG sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt und der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Für eine ursprünglich beabsichtigte Versetzungsentscheidung mit Wirkung zum 01.10.2018 wurde mit Schreiben vom 08.08.2018 eine Anhörung durchgeführt. Die tatsächlich nunmehr streitgegenständliche Entscheidung vom 27.05.2019 beinhalte eine Versetzung mit Wirkung zum 01.09.2019. Dahingehend sei der Betriebsrat auch nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.
Die Versetzungsverfügung sei auch materiell rechtswidrig, weil die Voraussetzungen des § 28 BBG nicht vorliegen würden. Es sei bereits nicht erkennbar, in welchem Umfang die Besetzung der Stelle anderweitig durch ortsnah wohnende Mitarbeiter der … möglich sei und inwieweit diese Möglichkeit geprüft wurde. Die im Versetzungsamt auszuübende Tätigkeit als Sachbearbeiterin Projektmanagement habe die Antragstellerin noch nie ausgeführt. Die Antragsgegnerin habe sich nur bruchstückhaft und unvollständig mit den erheblichen umfangreichen persönlichen Gründen der Antragstellerin für eine Unzumutbarkeit der Versetzung auseinandergesetzt. Darüber hinaus sei die Mutter der Antragstellerin zwischenzeitlich erkrankt und in Pflegegrad 1 ab dem 01.03.2019 zunächst befristet bis 31.03.2020 eingestuft. Entsprechend der Bescheinigung der Postbeamtenkrankenkasse vom 05.06.2019 sei die Antragstellerin darüber hinaus als Pflegeperson mit dem zwischenzeitlich 78-jährigen Vater zusammen eingetragen und eingesetzt. Dem Schriftsatz lag ein entsprechendes Schreiben der Postbeamtenkrankenkasse vom 05.06.2019 bei.
3. Mit Schriftsatz vom 12.07.2019, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth am selben Tag, stellte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin den folgenden Antrag:
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 17.06.2019 gegen die Versetzungsentscheidung vom 27.05.2019, Versetzung zur Organisationseinheit …, wird angeordnet.
Zur Begründung wiederholte er die bereits im Widerspruchsschreiben vorgebrachten Argumente.
Aufgrund der permanenten Ungewissheit bezüglich der Wohnortsituation habe sich bei der Tochter der Antragstellerin inzwischen eine Angststörung eingestellt.
Die Antragstellerin beabsichtige nach jetziger Lebensplanung darüber hinaus, von der 55er-Regelung Gebrauch zu machen und in knapp zwei Jahren in den Vorruhestand zu treten.
Mit Schriftsatz vom 31.07.2019 beantragte die … für die Antragsgegnerin den Antrag abzulehnen.
Die Versetzungsverfügung sei formell rechtmäßig, auch wenn die Versetzung nicht zum 01.10.2018, sondern zum 01.09.2019 erfolgen solle. Auch der Betriebsrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden.
Die Versetzung sei materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 BBG seien erfüllt. Die dienstlichen Gründe bestünden darin, dass der Arbeitsposten Sachbearbeiterin Projektmanagement bei der … am Standort … frei sei und im Interesse einer geregelten Arbeitserledigung besetzt werden müsse. Daneben werde so der Anspruch der Antragstellerin auf amtsangemessene Beschäftigung erfüllt. Zudem werde die Antragstellerin alimentiert, sodass es im dienstlichen Interesse der … sowie im öffentlichen Interesse liege, eine Gegenleistung für die gezahlten Bezüge zu erhalten. Das neue Amt sei mit demselben Endgrundgehalt verbunden wie das bisherige und die Tätigkeit sei der Antragstellerin zumutbar, auch wenn die Antragstellerin in diesem Bereich bislang nicht tätig gewesen sei.
Die Versetzung verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und sei nicht ermessensfehlerhaft. Sie stelle insbesondere keinen Verstoß gegen die Fürsorgepflicht der Antragsgegnerin dar. Die mit der Möglichkeit der Versetzung und allgemein verbundenen persönlichen, familiären und nicht abgedeckten finanziellen Belastungen nehme ein Bundesbeamter mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis grundsätzlich in Kauf. Da nach dem Willen des Gesetzgebers die dienstlichen Belange insoweit grundsätzlich den Vorrang genießen würden, vermögen allein schwerwiegende persönliche Gründe oder außergewöhnliche Härten die Rechtswidrigkeit einer im dienstlichen Interesse angeordneten Versetzung zu begründen. Solche Gründe habe die Antragstellerin nicht vorgetragen. Zwar sei vom Wohnort aus ein tägliches Pendeln nach … nicht möglich, der Antragstellerin stehe es jedoch frei, umzuziehen oder sich am Dienstort eine Wohnung anzumieten. Wohnortnahe Beschäftigungsmöglichkeiten stünden bis heute nicht zur Verfügung. Die Erkrankung der Tochter sei der persönlichen Sphäre der Antragstellerin bzw. der der Tochter zuzuordnen. Auch bei der Pflegebedürftigkeit der Mutter handle es sich um kein ungewöhnliches Vorkommnis. Deren Betreuung könne durch die Einbindung von Dritten oder Pflegediensten gewährleistet werden.
Die Unzumutbarkeit der Maßnahme ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass nach Angaben von … der Standort … umzugsbedingt zum Ablauf des Monats September 2019 geschlossen und nach … verlagert werde. Dazu werde die Antragstellerin in Kürze angehört. Mit Schriftsatz vom selben Tag übersandte die Antragsgegnerin ergänzend den Verwaltungsvorgang hinsichtlich der beabsichtigten Umsetzung innerhalb der Organisationseinheit … nach … sowie eine Übersicht über die bisherigen Vermittlungsbemühungen.
Ergänzend wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten sowie die Akten in den Verfahren B 5 S 13.213 und B 5 S 17.366 verwiesen.
I.
Der Antrag ist zulässig und begründet (§ 80 Abs. 5 Satz 1, Alt. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 126 Abs. 4 BBG).
1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen eine Versetzungsverfügung, die gemäß § 126 Abs. 4 BBG sofort vollziehbar ist, anordnen, wenn bei der vorzunehmenden Interessenabwägung das private Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides überwiegt.
Bei der gerichtlichen Abwägung kommt den Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs, wie sie sich nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage darstellen, indizielle Bedeutung zu. In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich indes die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 80 Rn. 152a; BVerfG, B.v. 10.10.2003, Az.: 1 BvR 2025/03 ‒ juris Rn. 21 f.; BVerwG, B.v. 14.4.2005, Az.: 4 VR 1005/04 ‒ juris). Die einfachgesetzliche Ausgestaltung wirkt sich mithin auf die Anforderungen an die Interessenabwägung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren aus. Hat sich der Gesetzgeber ‒ wie hier ‒ für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden oder gerichtsbekannt bzw. offenkundig sind und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. VG Würzburg, B.v. 21.8.2014, Az.: W 1 S 14.170 ‒ juris Rn. 20).
2. Gemessen daran führt die allgemeine Interessenabwägung nach derzeitigem Stand zu einem Überwiegen der Interessen der Antragstellerin. Die Versetzung ist nach derzeitigem Erkenntnisstand jedenfalls nicht offensichtlich oder mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig. Zwar ist die angefochtene Verfügung wohl formell rechtmäßig (dazu sogleich unter b), jedoch sind die Voraussetzungen des für die streitgegenständliche Versetzungsverfügung insoweit maßgeblichen § 28 Abs. 2 BBG nur teilweise erfüllt, weil nach summarischer Prüfung die angefochtene Verfügung ermessensfehlerhaft ergangen ist (dazu unter c).
a) Rechtsgrundlage für eine Versetzung von Beamten bei Postnachfolgeunternehmen wie der … ist § 28 BBG, welcher aufgrund von § 2 Abs. 2 PostPersRG Anwendung findet. Die in Rede stehende Personalmaßnahme stellt eine (organisationsrechtliche) Versetzung i.S.d. § 28 Abs. 1 BBG dar.
Nach dieser Vorschrift ist eine Versetzung die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen Amtes bei einer anderen Dienststelle bei demselben oder bei einem anderen Dienstherrn. „Amt“ im Sinne dieser Vorschrift ist das Amt im abstrakt-funktionellen Sinne. Bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen, deren berufliche Tätigkeit (lediglich) als Dienst gilt (§ 4 Abs. 1 PostPersRG), tritt an die Stelle des neuen abstrakt-funktionellen Amtes der neue, ebenfalls abstrakt zu verstehende Aufgabenbereich und an die Stelle des Dienststellen- oder Behördenwechsels der Betriebswechsel (OVG Saarl., B.v. 19.1.2017, Az.: 1 B 310/16 – beck-online). Insoweit ist zur Abgrenzung zunächst maßgebend, dass die Antragstellerin weiterhin bei der … beschäftigt bleibt und keine (dauerhafte) Zuweisung im Sinne von § 4 Abs. 4 PostPersRG zu einem rechtlich selbständigen Tochterunternehmen vorliegt. Des Weiteren stellt sich die streitbefangene Übertragung der Tätigkeit eines „Sachbearbeiters Projektmanagement im Bereich Business Projects“ innerhalb der Organisationseinheit … der … am Standort … bzw. … wegen der nicht nur vorübergehenden Zuweisung eines neuen Aufgabenbereichs – gleichbedeutend mit der Verleihung eines neuen abstrakt-funktionellen Amtes – sowie des damit verbundenen Wechsels der Betriebsstätte als organisationsrechtliche Versetzung dar (VG Saarl., B.v. 15.11.2016, Az.: 2 L 990/16).
b) Die Versetzung erweist sich nach summarischer Prüfung als formell rechtmäßig.
Die Antragstellerin ist bereits mit Schreiben vom 08.08.2018 zu einer beabsichtigten Versetzung nach … mit Wirkung zum 01.10.2018 gemäß § 28 VwVfG angehört worden.
Ferner ist der Betriebsrat an der Versetzung gem. § 28 Abs. 1 und § 29 Abs. 1 PostPersRG, § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG i.V.m. § 24 PostPersRG ordnungsgemäß beteiligt worden. Die versagte Zustimmung des Betriebsrats der … wurde durch den Beschluss der Einigungsstelle vom 07.02.2019 nach § 29 Abs. 3 Satz 1 und 2 PostPersRG ersetzt, in dem diese feststellte, dass bei der Antragstellerin ein Grund für die Verweigerung der Zustimmung im Sinne § 77 Abs. 2 BPersVG nicht vorliegt. Die Einigungsstelle ging bei ihrem Beschluss von einer Versetzung zu TPS-BPR, Standort …, mit Wirkung vom 01.06.2018 aus. Die Versetzung wurde in der Folge zunächst nicht vollzogen.
In der am 25.03.2019 stattfindenden Sitzung der Einigungsstelle wurde beschlossen, dass der Antragstellerin die Versetzung nach … zumutbar sei. Die Versetzung solle zum 01.08.2019 erfolgen.
In der streitgegenständlichen Versetzungsverfügung bestimmte die Antragsgegnerin als Wirksamkeitszeitpunkt für die Versetzung den 01.09.2019.
Trotz dieser Diskrepanzen im Hinblick auf den Beginn der neuen Tätigkeit für die Antragstellerin sind sowohl die Anhörung nach § 28 VwVfG als auch die Betriebsratsbeteiligung ordnungsgemäß erfolgt.
Das Anhörungsrecht nach § 28 Abs. 1 VwVfG hat zur Voraussetzung, dass der zu erlassende bzw. jedenfalls auf Grund des Verfahrens in Betracht kommende Verwaltungsakt in Rechte eines Beteiligten eingreift, erfasst also alle belastenden Verwaltungsakte, die eine rechtlich geschützte Position eines Beteiligten beeinträchtigten (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 28 Rn. 24 f.).
Gemessen daran kommen eine Verletzung der Anhörungspflicht und damit auch eine fehlerhafte Betriebsratsbeteiligung durch die zuletzt vorgenommene Verschiebung des Wirksamkeitszeitpunkts schon nicht in Betracht. Diese basiert rein auf einem Entgegenkommen der Antragsgegnerin gegenüber den Belangen der Antragstellerin, indem sie deren Anliegen, dass der Sohn noch den Schulabschluss in seiner bisherigen Schule absolvieren können soll, entspricht. Dies resultiert u.a. daraus, dass genau diese Problematik auch im Rahmen der Betriebsratsbeteiligung thematisiert wurde. Insofern handelt es sich hierbei um eine Abweichung rein zu Gunsten der Antragstellerin, woraus sich eine Beschwer der Antragstellerin, die zu einer formellen Rechtswidrigkeit der Versetzungsverfügung mangels ordnungsgemäßer Anhörung führen würde, schon nicht ergeben kann.
Auch die Tatsache, dass die ursprüngliche Versetzung zunächst zum 01.06.2018 Wirkung entfalten sollte, dann aber der Wirksamkeitszeitpunkt über ein Jahr nach hinten, nämlich auf den 01.08.2019 verschoben wurde, macht die Anhörung der Antragstellerin als auch die Betriebsratsbeteiligung nicht rechtswidrig.
Grundsätzlich hat die Behörde den beabsichtigten Verwaltungsakt nach Art und Inhalt so konkret zu umschreiben, dass für den Beteiligten hinreichend erkennbar ist, weshalb und wozu er sich äußern können soll und mit welcher eingreifenden Entscheidung er zu welchem ungefähren Zeitpunkt zu rechnen hat (BVerfG, B. v. 19. 11. 2002, Az.: 2 BvR 329/97). Es erscheint allerdings bereits fraglich, ob der Umstand, dass der Verwaltungsakt später erlassen wurde als angekündigt, die Rechte der Antragsteller nachteilig berührt hat. Jedenfalls wäre ein etwaiger Anhörungsfehler im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt worden, da die Antragstellerin hier umfassend zu der Versetzung Stellung genommen hat. Auch wurde, wie eben ausgeführt, der Betriebsrat im Hinblick auf den späteren Wirksamkeitszeitpunkt erneut beteiligt.
c) Die Versetzung ist aber nicht offensichtlich oder höchstwahrscheinlich materiell rechtmäßig. Eine Versetzung ist aus dienstlichen Gründen ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das übertragene Amt/Aufgabenbereich mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt, und die Tätigkeit aufgrund der Vorbildung oder Berufsausbildung zumutbar ist (§ 28 Abs. 2 BBG).
aa) Der unbestimmte Rechtsbegriff des „dienstlichen Grundes“ unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung, wobei allerdings regelmäßig die organisatorischen und personalwirtschaftlichen Entscheidungen, die der Dienstherr in Ausübung des ihm zustehenden Organisationsrechts getroffen hat, zugrunde zu legen sind. Zu den dienstlichen Gründen zählt das öffentliche Interesse an der sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung der Verwaltung. Bei den privatrechtlich organisierten Postnachfolgeunternehmen sind dienstliche Gründe naturgemäß eher betriebswirtschaftlicher Natur; sie können sich aus den organisatorischen und personellen Strukturen des Unternehmens und deren beabsichtigter Weiterentwicklung ergeben (BayVGH, B.v. 9.7.2014, Az.:6 ZB 13.1467 – juris Rn. 10).
Gemessen hieran mag vorliegend ein dienstlicher Grund darin bestehen, dass die Antragsgegnerin glaubhaft vorgebracht hat, dass der Arbeitsposten Sachbearbeiter Projektmanagement im Bereich Business Projects am Beschäftigungsort … – bzw. nach dem Wechsel der Räumlichkeiten im nahegelegenen … – frei ist und im Interesse einer geregelten Arbeitserledigung besetzt werden soll. Hierdurch soll eine sach- und zeitgerechte Erfüllung der Dienstgeschäfte erfolgen. Dies liegt nicht nur im betriebswirtschaftlichen Interesse des Postnachfolgeunternehmens, eine Gegenleistung für die fortlaufend gezahlten Bezüge zu erhalten, sondern auch im öffentlichen Interesse an einer sachgerechten und reibungslosen Aufgabenwahrnehmung. Hinzu kommt die durch die Versetzung erfolgende Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs der bis zur Versetzung beschäftigungslosen Antragstellerin aus Art. 33 Abs. 5 GG (vgl. VG Kassel, B.v. 25.8.2016, Az.: 1 L 1330/16.KS – beck-online).
bb) Das der Antragstellerin in der Organisationseinheit … in … verliehene abstrakt-funktionelle Amt ist auch mit mindestens demselben Endgrundgehalt (A 8) wie das bisherige Amt (A 8) verbunden.
cc) Die von der Antragsgegnerin für die Antragstellerin vorgesehene Beschäftigung ist für diese aufgrund ihrer Vorbildung auch zumutbar. Die Antragstellerin hat zwar über ihren Bevollmächtigten vortragen lassen, dass sie in dem nun für sie vorgesehenen Bereich noch nie tätig war. Dies hat jedoch auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung keinen Einfluss.
Nach § 61 Abs. 2 BBG sind Beamte verpflichtet, an Maßnahmen der dienstlichen Qualifizierung zur Erhaltung oder Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teilzunehmen. Entsprechend regelt § 47 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV), dass die dienstliche Qualifizierung zu fördern ist. Qualifizierungsmaßnahmen sind insbesondere die Erhaltung und Fortentwicklung der Fach-, Methoden- und sozialen Kompetenzen für die Aufgaben des übertragenen Dienstpostens. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift sind die Beamtinnen und Beamten verpflichtet, an dienstlichen Qualifizierungen nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 teilzunehmen. Der Beamte muss sich dabei insoweit fortbilden, wie das zur Wahrnehmung von Aufgaben der bisherigen Funktionsebene und gerade auch bei sich erhöhenden und verändernden Anforderungen erforderlich ist, einschließlich der Angleichung an seinen Befähigungsgrad als Folge von Änderungen der Laufbahnanforderungen (Grigoleit in: Battis, Bundesbeamtengesetz, 5. Aufl. 2017, § 61 Rn. 17).
Dementsprechend besteht nach summarischer Prüfung kein Zweifel daran, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf den in der streitgegenständlichen Versetzungsverfügung vorgesehenen Dienstposten als Sachbearbeiterin Projektmanagement in der Organisationseinheit … Abteilung Business Projects … versetzen durfte, auch wenn die Antragstellerin die dort geforderte Tätigkeit bislang nicht ausgeübt hat.
Bei summarischer Prüfung spricht insoweit alles dafür, dass die Antragstellerin damit eine amtsangemessene Beschäftigung erhielte.
dd) Im Fall der Antragstellerin fehlt es jedoch bzgl. der Frage der Zumutbarkeit des mit der Maßnahme verbundenen Ortswechsels nach den allgemeinen beamtenrechtlichen Grundsätzen an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den in der Interessenabwägung widerstreitenden persönlichen und dienstlichen Belangen.
Die Frage, wonach sich das der Behörde bei der Entscheidung über eine Versetzung eröffnete Ermessen zu richten hat, ist in der Rechtsprechung des BVerwG geklärt. Der Dienstherr muss sich bei der Ausübung des Versetzungsermessens von der ihm gegenüber dem einzelnen Beamten obliegenden Fürsorgepflicht leiten lassen. Nach § 78 BBG sorgt der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seiner Familie. Ferner schützt er ihn bei seiner amtlichen Tätigkeit in seiner Stellung als Beamter. Wegen der einseitigen Anordnungsbefugnis gegenüber seinen Beamten ist der Dienstherr auf Grund der Fürsorgepflicht gehalten, die ihm untergebenen Beamten mit Gerechtigkeit zu behandeln, ihnen die Erfüllung ihrer Dienste nach Möglichkeit zu erleichtern und ihre Belange wohlwollend zu berücksichtigen und zu wahren. Der Dienstherr hat alle Umstände der privaten Lebensführung des Beamten, die durch seine Versetzung nachteilig betroffen sein können, zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen (BVerwG, B.v. 18.2.2013, Az.: 2 B 51/12, NVwZ 2013 S. 797).
Das vom Beamten dargelegte Interesse an seinem Verbleiben im bisherigen Amt oder etwa daran, jedenfalls nicht in das in Aussicht genommene Amt versetzt zu werden, ist unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 78 BBG) mit den dienstlichen Belangen abzuwägen. Dabei ist vom Grundsatz der Versetzbarkeit des Beamten als wesentlichem Bestand seiner Pflicht zur Dienstleistung für die Allgemeinheit unter voller Hingabe an den Beruf (§ 61 Abs. 1 Satz 1 BBG) auszugehen. Die mit der Möglichkeit der Versetzung, insbesondere mit Ortswechsel durch das ganze Bundesgebiet, unvermeidlich allgemein verbundenen persönlichen, familiären und auch die nicht abgedeckten finanziellen Belastungen nimmt ein Bundesbeamter mit dem Eintritt in das Beamtenverhältnis grundsätzlich in Kauf (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Stand Juni 2018, § 28 BBG Rn. 76).
Der Dienstherr handelt in aller Regel nicht ermessensfehlerhaft, wenn er trotz dieser Belastungen dem dienstlichen Bedürfnis für die Versetzung den Vorrang gibt. Vielmehr können regelmäßig nur ganz schwerwiegende persönliche Gründe oder außergewöhnliche Härten die Anordnung einer Versetzung aus dienstlichem Bedürfnis als rechtswidrig erscheinen lassen (Plog/Wiedow, a.a.O., Rn. 77).
Solche liegen nach summarischer Prüfung – und mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren nach Klärung der sogleich zu erörternden unklaren Aspekte durchaus zugunsten der Antragsgegnerin ausfallen kann – hier nach Auffassung des Gerichts vor.
Das Gericht sieht durchaus, dass die Antragstellerin seit dem 01.12.2013 und damit seit nunmehr bereits beinahe sechs Jahren ohne amtsangemessene Beschäftigung ist und damit ohne entsprechende Gegenleistung voll alimentiert wird. Darüber hinaus ist sich das Gericht auch bewusst, dass der Dienstherr gerade bei Bundesbeamten ein hohes Maß an Flexibilität fordern darf, weil dem Beamten bereits bei Eingehung des Beamtenverhältnisses seine Stellung als Bundesbeamter bewusst ist, einschließlich der Möglichkeit jederzeit an weit entfernter Stelle zum bisherigen Dienstort im gesamten Bundesgebiet eingesetzt werden zu können. Auch scheinen die Bemühungen der Antragstellerin, wieder eine dienstliche Tätigkeit aufzunehmen, um ihrem Dienstherrn eine Gegenleistung für die von ihm gewährte Alimentierung bieten zu können, bislang eher begrenzt gewesen zu sein.
Dennoch fällt die summarische Prüfung – es sei erneut betont: ohne Indizwirkung auf den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens – hier zugunsten der Antragstellerin aus.
Dieses Ergebnis der Abwägung ergibt sich aus der Summierungswirkung der im Raum stehenden Umstände, die einerseits für die Antragstellerin sprechen, andererseits noch nicht abschließend geklärt sind und einer Entscheidung in der Hauptsache vorbehalten bleiben.
Nach den von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogenen ärztlichen Schreiben, die die Antragsgegnerin vorgelegt hat, ist die Tochter der Antragstellerin, die mit einem Grad der Behinderung von 100 und einem Pflegegrad der Pflegestufe 3 schwerst körperlich beeinträchtigt ist, nicht in der Lage, einen Umzug nach … aufgrund einer Versetzung ihrer Hauptpflegeperson ohne schwere gesundheitliche Auswirkungen zu verkraften. Nach dem ärztlichen Attest der behandelnden Orthopädin Dr. B. vom 19.05.2017 würde die Zerschlagung des von der Antragstellerin für ihre Tochter aufgebauten Netzwerks aus Therapeuten und Ärzten zu einem erheblichen Rückschritt der körperlichen Entwicklung der Tochter der Antragstellerin führen. Auch nach dem Attest des Dr. S. vom 22.05.2017 sei die Tochter der Antragstellerin hochsensibel und reagiere mit körperlichen Symptomen auf jede Art von Veränderung. Ein Betreuungs-/Therapeutenwechsel und jede Art von Veränderung in ihrem persönlichen Umfeld würden die Tochter weit zurückwerfen. Die Antragstellerin brauche die Unterstützung ihrer Eltern, mit denen sie im selben Haus lebe, um eine Betreuung der Tochter in der häuslichen Umgebung umsetzen zu können. Ein Umzug würde den Gesunderhaltungsprozess extrem gefährden. Laut dem aktuellen Attest des Psychotherapeuten Dr. H. vom 02.07.2019 leide die Tochter der Antragstellerin seit dem Jahr 2018 unter starken Angstanfällen, wenn sie sich weiter weg von zu Hause befinde, ihre Mutter nicht in der Nähe sei und sie weitere Reisen allein unternehmen müsse. Eine vollständige räumliche Trennung von der Mutter über längere Zeit dürfte sich aktuell und in der nächsten Zeit voraussichtlich als deutliche Überforderung für die Tochter der Antragstellerin darstellen. Es sind nach summarischer Prüfung keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Atteste, von denen zwei auf das Jahr 2017 datieren, inhaltlich keine Aktualität mehr hätten. Somit sind bei einem versetzungsbedingten Umzug gravierende gesundheitliche Belange der Tochter der Antragstellerin gefährdet.
Darüber hinaus ist die Antragstellerin, die mit ihren Eltern im selben Haus lebt, nun noch für die Pflege ihrer Mutter – wenigstens vorübergehend – mit verantwortlich.
Diesen unbestrittenen Fakten steht zunächst eine äußerst oberflächliche Auseinandersetzung der Antragsgegnerin mit diesen Umständen gegenüber, die eher realitätsfern anmutet. Wie die Antragstellerin von … aus regelmäßige Therapeuten- und Artztermine an ihrem derzeitigen Wohnort in mehreren hundert Kilometern Entfernung wahrnehmen können soll, erschließt sich dem Gericht nicht. Auch die Ausführungen der Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin ihr – am derzeitigen Wohnort befindliches – familiäres Netzwerk auch in Köln bemühen können soll, legen eine unzureichende Befassung mit den privaten, familiären Belangen der Antragstellerin nahe. Zumindest der Hinweis darauf, dass der Vater zu Betreuungsleistungen gegenüber der behinderten Tochter herangezogen werden könne, lässt sich nach summarischer Prüfung mit dem Gesundheitszustand der Tochter nicht vereinbaren, da nach den Ausführungen des Dr. H. eine Trennung von der Mutter, noch dazu über eine größere Distanz hinweg, derzeit nicht darstellbar ist.
Der bloße Verweis darauf, dass es sich bei den dargelegten Umständen um nicht in die Sphäre des Dienstherrn fallende private Belange handle, für die die Antragstellerin selbst verantwortlich sei, steht dabei in Widerspruch zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten.
Des Weiteren klang in den Behördenakten im Rahmen der Befassung des Betriebsrats mit dem Standort … an, dass der Bereich, in den die Antragstellerin versetzt werden soll, von Umstrukturierungen mit Personalabbau betroffen sein soll. Dieser Umstand, von dem sich das Gericht im Zuge der lediglich summarischen Prüfung im Rahmen eines Eilverfahrens kein genaues Bild machen kann, und dessen Umfang und zeitliches Fortschreiten dem Gericht nach Aktenlage auch nicht bekannt ist, wurde von der Antragsgegnerin auch nicht bestritten.
Schließlich steht diesen einschneidenden Herausforderungen, die die streitgegenständliche Versetzung für die Antragstellerin bedeuten würde, ein womöglich naher Zeitpunkt des Ruhestandseintritts der Antragstellerin gegenüber, der nach den Ausführungen ihres Bevollmächtigten nach derzeitigem Stand in zwei Jahren stattfinden soll. Dieser zeitliche Umstand lässt die Auswirkungen für das familiäre Leben der Antragstellerin im Verhältnis zu einer möglicherweise höchst begrenzten Zeitspanne, in der die Antragsgegnerin von einem Vollzug der angefochtenen Versetzungsverfügung profitieren könnte, in einem noch gravierenderen Licht erscheinen.
ee) Letztlich überwiegt hier damit (ausnahmsweise) das Suspensivinteresse der Antragstellerin das öffentliche Vollzugsinteresse an einer möglichst raschen Durchsetzung der streitigen Versetzungsverfügung.
Zwar sprechen sowohl der durch den Gesetzgeber angeordnete grundsätzliche Vorrang des Vollziehungsinteresses als auch die Beendigung des rechtswidrigen Zustands der Beschäftigungslosigkeit mit nicht unerheblichem Gewicht für die sofortige Vollziehung der Versetzungsverfügung. Jedoch sind auf der anderen Seite insbesondere die privaten, familiären Belange der Antragstellerin zu betrachten; dies hauptsächlich vor dem Hintergrund, dass einem mit ungewöhnlich hohem Aufwand und Organisationserfordernissen sowie mit Gesundheitsgefahren für die Tochter verbundenen Umzug der Antragstellerin unter Aufgabe eines an die Tochter der Antragstellerin angepassten und in jahrelanger Arbeit aufgebauten Betreuungsnetzes ein womöglich allenfalls noch geringer Zeitraum aktiver Dienstzeit von höchstens zwei Jahren gegenüber steht.
Im konkreten Fall erscheint es deshalb vorrangig, bis zu der abschließenden Klärung der unter dd) aufgeworfenen Fragen in einem Hauptsacheverfahren die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin anzuordnen.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.