Aktenzeichen S 46 EG 21/17 ER
BEEG BEEG § 13 Abs. 2
GVG GVG § 17a Abs 2 S. 1
Leitsatz
Wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde oder eine Revision beim BSG anhängig ist, ist das BSG für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG das zuständige Gericht der Hauptsache.
Tenor
Das Sozialgericht München erklärt sich für unzuständig und verweist den Rechtsstreit an das zuständige Bundessozialgericht.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Eilverfahren gegen die Rückforderung von Elterngeld in Höhe von 18.090,- Euro.
Mit Bescheid vom 05.12.2012 forderte der Antragsgegner von der Antragstellerin 18.090,- Euro an zuvor ausgezahltem Elterngeld zurück. Das Sozialgericht München gab der Klage statt. Das Bayerische Landessozialgericht hob mit Urteil vom 30.06.2016, L 12 EG 29/4 das sozialgerichtliche Urteil auf und wies die Klage ab, ohne die Revision zuzulassen. Die Antragstellerin hat am 29.11.2016 Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG eingelegt und diese am 15.02.2017 begründet.
Mit Schreiben vom 09.02.2017 kündigte das Finanzamt C-Stadt die Vollstreckung der Rückforderung an. Am 01.03.2017 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht München diesen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Die Beteiligten wurden zur beabsichtigten Verweisung an das BSG gehört.
II.
Der Eilantrag ist an das BSG zu verweisen, weil dieses für den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung das zuständige Gericht der Hauptsache im Sinn von § 86b Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist.
Widerspruch und Anfechtungsklage entfalten in Elterngeldsachen gemäß § 13 Abs. 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) keine aufschiebende Wirkung. Die ansonsten nach § 86a Abs. 1 SGG grundsätzlich eintretende aufschiebende Wirkung entfällt hier deshalb gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG. Statthaft ist in diesem Eilverfahren daher ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG.
Gericht der Hauptsache nach § 86b Abs. 1 S. 1 SGG ist das Gericht, an dem die Hauptsache anhängig ist bzw., wenn sie noch nicht anhängig ist, das Gericht, an das die Klage zu richten wäre. Wenn eine Nichtzulassungsbeschwerde oder eine Revision beim BSG anhängig ist, ist das BSG das Gericht der Hauptsache, sofern ein Antrag auf Anordnung oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung statthaft ist (Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Auflage 2014, § 86b Rn. 11; Wahrendorf in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 86b Rn. 59; Meßling in Henning, SGG; § 86b Rn. 31).
Dem entspricht auch der Beschluss des BSG vom 29.08.2011, B 6 KA 18/11 R. Dort wurde nach Zulassung der Revision ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung an das BSG gestellt, den das BSG nicht verwies, sondern zum Anlass von Ermittlungen nahm (vgl. dort Rn. 5). Zu einer Entscheidung des BSG kam es dort nur deswegen nicht, weil die Hauptsache für erledigt erklärt wurde.
Im Bereich der einstweiligen Anordnung kann das BSG wegen § 86b Abs. 2 S. 3 SGG niemals für das Eilverfahren zuständiges Gericht sein. Im Falle einer Nichtzulassungsbeschwerde oder Revision beim BSG ist dann das Sozialgericht das für das Eilverfahren nach § 86b Abs. 2 SGG zuständige Gericht (Keller a.a.O., § 86b Rn. 37, Wahrendorf a.a.O., Rn. 236; Binder in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Auflage 2016, § 86b Rn. 33; Hintz/Lowe, SGG, 2012, § 86b Rn. 93). Nach zutreffender Ansicht ist diese Regelung wegen ihrer systematischen Stellung in § 86b Abs. 2 SGG nicht auf die Fälle des § 86b Abs. 1 SGG übertragbar (so ausdrücklich Meßling a.a.O., Rn. 31).
Die Verweisung beruht auf § 98 S. 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG. Diese Vorschriften gelten auch für das Eilverfahren (Keller a.a.O., § 51 Rn. 71). Die instanzielle Zuständigkeit ist ein Unterfall der sachlichen Zuständigkeit, so dass § 98 SGG anwendbar ist.
Der Beschluss ist gemäß § 98 S. 2 SGG unanfechtbar.