Zivil- und Zivilprozessrecht

Anerkenntnis in der Berufungsinstanz

Aktenzeichen  10 B 18.483

Datum:
8.4.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7290
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43, § 87a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 113 Abs. 1 S. 4, § 125 Abs. 2 S. 1
ZPO § 307 Abs. 1, § 313b Abs. 1

 

Leitsatz

Auch in der Berufungsinstanz eines Verwaltungsprozesses ist es dem Beklagten möglich, den Klageanspruch anzuerkennen. Dies gilt auch für den Fall einer Fortsetzungsfeststellungs- und Feststellungsklage (ebenso BVerwG BeckRS 2017, 129343). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

7 K 14.1468 2016-07-27 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. Juli 2016 wird geändert. Es wird festgestellt, dass die beim Kläger am 7. Januar 2014 von Beamten der Bundespolizei vorgenommene Identitätsfeststellung sowie der anschließend durchgeführte Datenabgleich rechtswidrig waren.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Beklagte war gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 307 Satz 1 ZPO ihrem Anerkenntnis gemäß wie aus dem Tenor ersichtlich zu verurteilen. Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung (§ 173 VwGO i.V.m. § 307 Satz 2 ZPO; vgl. auch OVG Sachsen, U.v. 20.2.2017 – 3 A 793/16 – juris Rn. 2 m.w.N.; Peters in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Auflage 2018, § 87a Rn. 15 m.w.N.; Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 156 Rn. 11) durch den Berichterstatter (§ 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 87a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 VwGO entspr.).
Der Beklagten ist es im Verwaltungsprozess auch in der Berufungsinstanz unbenommen, den Klageanspruch anzuerkennen (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2017 – 8 C 21.16 – juris Rn. 4 m.w.N.; GB v. 7.1.1997 – 4 A 20.95 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 21.2.2002 – 8 B 97.32535 – juris Rn. 4; Saenger in Saenger, Zivilprozessordnung, 7. Auflage 2017, § 307 Rn. 4). Dies gilt auch für den Fall der hier erhobenen Fortsetzungsfeststellungs- und Feststellungsklage (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2017 – 8 C 21.16 – juris Rn. 4; Clausing in Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand September 2018, § 107 Rn. 8; Wolff in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 5. Auflage 2018, § 107 Rn. 22).
Die Beklagte hat das Anerkenntnis des im Berufungsverfahren streitgegenständlichen Klagebegehrens wirksam erklärt. Ferner liegen die für den Erlass eines Anerkenntnisurteils erforderlichen Sachurteilsvoraussetzungen vor, insbesondere hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung. Er nimmt einen Lehrauftrag in Kempten wahr und fährt daher weiterhin regelmäßig mit dem Zug auf der Strecke Lindau – München, so dass aufgrund im Wesentlichen unveränderter Verhältnisse auch künftig mit Personenkontrollen zu rechnen und damit eine Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2017 – 10 ZB 16.965 – juris Rn. 11 m.w.N). Ob beim Kläger daneben ein berechtigtes Interesse auch aus anderen Gründen besteht, etwa wegen Rehabilitierung (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 31.8.2018 – 10 ZB 18.871 – juris Rn. 9 ff.) oder unter dem Aspekt der typischerweise kurzfristigen Erledigung (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 39.12 – juris Rn. 26 ff.; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – juris -Lsu. Rn. 32 m.w.N.; U.v. 29.4.1997 – 1 C 2.95 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 13.3.2017 – 10 ZB 16.965 – juris Rn. 10), bedarf daher hier keiner Klärung.
Eine Sachprüfung findet gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 307, § 313b Abs. 1 ZPO nicht statt (vgl. BVerwG, U.v. 27.9.2017 – 8 C 21.16 – juris Rn. 7; BGH, U.v. 8.10.1953 – III ZR 206/61 – juris Rn. 18; Saenger in Saenger, Zivilprozessordnung, 7. Auflage 2017, § 307 Rn. 9).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

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