Aktenzeichen AN 15 S 17.02338
Leitsatz
1. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass von großen und kräftigen Hunden, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen, in der Regel eine konkrete Gefahr im Sinne von Art. 18 Abs. 2 iVm Abs. 1 S. 1 LStVG für Leib und Leben Dritter oder für andere Hunde ausgeht (zB BayVGH BeckRS 2011,30473 Rn. 21 mwN). (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zu beanstanden, wenn die Anordnung eines Leinenzwangs auf den bebauten Bereich beschränkt und für den Außenbereich grundsätzlich ein Auslauf ohne Leinenzwang gestattet wird, soweit die Hunde auf einer einsehbaren und überschaubaren Fläche ausgeführt werden und soweit sich keine anderen Personen oder Hunde nähern; dabei ist auch die Anordnung einer bestimmten Leinenlänge, etwa von 1,5 m, rechtlich nicht zu bestanden. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Antragsgegnerin vom 1. September 2017, durch den gegenüber der Antragstellerin Anordnungen zur Haltung ihrer Hündin „…“ und ihres Hundes „…“ (jeweils Husky-Mix) angeordnet wurden.
Bereits am 2. August 2016 erließ die Antragsgegnerin einen mittlerweile bestandskräftigen Bescheid gegenüber der Antragstellerin und ordnete u.a. einen Leinenzwang hinsichtlich der Hündin „…“ an. Hintergrund dieses Bescheides war ein Vorfall am 25. Mai 2016, als die Hündin „…“ unbemerkt das Grundstück der Antragstellerin verlassen hatte und einen anderen – kleineren – Hund, der in der Folge tierärztlich behandelt werden musste, gebissen hatte.
Mit Bescheid vom 12. August 2016 änderte die Antragsgegnerin auf Bitten der Antragstellerin den Bescheid vom 2. August 2016 und verfügte neben einem Leinenzwang für den Innenbereich und den Bereichen außerhalb bewohnter Gebiete, die nicht einsehbar und unübersichtlich sind, dass die Antragstellerin bei Freilauf der Hündin außerhalb des Halteranwesens und außerhalb bewohnter Gebiete dieser einen Maulkorb anzulegen hat.
Unter dem 22. Juni 2017 übermittelte die Polizeiinspektion … der Antragsgegnerin eine polizeiliche Ereignismeldung, wonach am 8. Mai 2017 Herr … mit einer Freundin, Frau …, in der …straße in … seinen Hund ausgeführt habe. Auf der Höhe der Hausnummer … sei ein weißer Husky auf Herrn … und dessen Hund zugelaufen. Der weiße Husky sei weder angeleint gewesen noch habe er ein Halsband getragen. Sowohl dieser Husky als auch der andere (schwarze) Husky seien sehr aggressiv gewesen und seien schon mehrfach aufgefallen. Herr … habe seinen Hund hochgenommen, um ihn zu schützen. Der Husky habe Herrn … … angesprungen und ihn in die rechte Hand und seinen Hund in die rechte Körperseite gebissen. Dies sei völlig unerwartet geschehen. In der Folge habe der Husky seinen Hund erneut angegriffen und in die rechte Körperseite gebissen. Herr … und sein Hund seien ärztlich bzw. tierärztlich behandelt worden. Der polizeilichen Ereignismeldung war eine Stellungnahme von Frau … … vom 12. Mai 2017 beigefügt, wonach diese am 15. November 2016 mit ihrem Hund unterwegs gewesen sei, als plötzlich zwei große Hunde ohne Leine, wobei der schwarze Hund einen Maulkorb getragen habe, auf sie und ihren angeleinten Hund zugestürmt seien. Die beiden Hunde hätten sie angesprungen und am Oberkörper attackiert. Beim Zurückweichen sei sie mit dem rechten Fuß auf der Bordsteinkante des Gehweges ausgeglitten. Die Attacke habe angedauert, bis die Besitzerin der Huskys gekommen sei. Dabei habe sie diese als ihre Nachbarin erkannt. Ihr Fuß sei gebrochen gewesen und habe operiert werden müssen.
Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin mit Schreiben vom 19. Juli 2017 an. Dabei führte die Antragsgegnerin auch aus, dass sich die beiden Hunde der Antragstellerin am 15. November 2016 gegen 6:00 Uhr unangeleint im öffentlichen Verkehrsraum in der …straße befunden hätten.
Die Bevollmächtigten der Antragstellerin legten mit Schriftsatz vom 21. Juli 2017 dar, wegen eines einmaligen Vorfalls vom 8. Mai 2017 seien weitere Maßnahmen unverhältnismäßig. Es sei tatsächlich zu keiner Attacke gekommen. Die Angabe, der Hund „…“ habe Herrn … oder dessen Hund gebissen oder angegriffen oder sei an ihm hochgesprungen, sei weder objektiv nachvollziehbar noch wahr. Der Hund „…“ sei unaggressiv und schlicht verspielt. Es gehe schlicht darum, dass die Familie … möglicherweise Angst vor großen Hunden habe und eine negative Stimmung gegen die Antragstellerin erzeuge. Auch im November 2016 habe keiner der beiden Hunde Frau … attackiert. Die Antragstellerin sei an diesem Tag mit ihren beiden Hunden zuvor auf dem Acker unterwegs gewesen und ihre beiden Hunde seien stark verdreckt gewesen. Wären sie an Frau … hochgesprungen oder hätten diese in irgendeiner Form attackiert, wäre die Kleidung von Frau … entsprechend verdreckt gewesen. Dies sei allerdings nicht der Fall gewesen. Der Vorfall habe sich vielmehr so abgespielt, dass die beiden Hunde im Lichtkegel der Straßenlaterne offenbar in relativ kurzem Abstand zu Frau … erschienen seien. Die Antragstellerin habe allerdings in genügendem Abstand die beiden Hunde festgehalten und beruhigend auf Frau … eingeredet. Da der kleine Hund von Frau … etwas aufgeregt gewesen sei, sei auch Frau … aufgeregt gewesen. Frau … sei allerdings immer noch sehr verängstigt rückwärts gelaufen, sei auf dem Gehweg gestolpert und unter Schmerzen zusammengeknickt. Frau … habe auch keine zivilrechtlichen Forderungen gegen die Antragstellerin gestellt.
Die Staatsanwaltschaft … stellte ein Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung aufgrund des Vorfalls vom 8. Mai 2017 mangels öffentlichen Interesses ein. Das Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Tat vom 15. November 2016 wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Die anwaltlichen Vertreter von Frau … legten mit Schriftsatz vom 17. August 2017 gegenüber der Antragsgegnerin u.a. dar, ganz offensichtlich komme die Antragstellerin ihrer Verpflichtung, die Hunde nur angeleint und mit Maulkorb zu führen, immer wieder nicht nach. Nachfragen in der unmittelbaren Nachbarschaft hätten ergeben, dass zahlreiche Nachbarn von ähnlichen Vorfällen berichtet hätten.
Die Antragsgegnerin erließ am 1. September 2017 folgenden Bescheid:
1. Frau … wird verpflichtet, ihre beiden Hunde, im Einzelnen Hündin „…“, Wurfdatum …2012, weiblich, Farbe grau-schwarz, Husky-Mix, sowie Hund „…“, Wurfdatum …2008, männlich, Farbe schwarz, Husky-Mix, außerhalb des befriedeten Besitztums (derzeit …straße …, …*) innerhalb bewohnter Gebiete sowie außerhalb bewohnter Bereiche, welche nicht einsehbar und unübersichtlich sind, und beim Nähern von Menschen und anderen Hunden nur an einer reißfesten, schlupfsicheren und maximal 150 cm langen Leine auszuführen. Ansonsten sind die Hunde ausbruchssicher zu verwahren.
2. Frau … hat sicherzustellen, dass die sich aus Ziffer 1 des Bescheides ergebenden Verpflichtungen auch von Dritten erfüllt werden, welche mit der Betreuung und Ausführung der am …2012 geworfenen Hündin „…“ und dem am …2008 geworfenen Hund „…“, beide Husky-Mix, beauftragt werden. Beauftragt werden darf nur eine Person, die zuverlässig und körperlich hinreichend befähigt ist, die Hunde zu kontrollieren; diese Voraussetzungen sind auch von der Bescheidsadressatin zu erfüllen, wenn diese die verfahrensgegenständlichen Hunde selbst ausführt.
3. Die Abgabe der Hunde an einen anderen Halter oder ihr sonstiger Verbleib ist der Stadt … unverzüglich unter Angabe des neuen Aufenthaltsortes und ggf. des Namens des neuen Halters mitzuteilen.
4. Die sofortige Vollziehung der Ziff. 1 bis 3 dieses Bescheids wird angeordnet.
5. Für den Fall eines Verstoßes gegen die Verpflichtungen aus den Ziffern 1 und 2 des Bescheides wird ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 2.000,00 € zur Zahlung fällig.
6. Frau … trägt die Kosten des Verfahrens.
7. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 250,00 € erhoben.
Auslagen werden in Höhe von 4,11 € festgesetzt.“
Auf die Begründung dieses Bescheides wird Bezug genommen.
Auf eine entsprechende Nachfrage der Antragsgegnerin vom 1. September 2017 äußerte sich Herr …, …straße …, … mit Schreiben vom 5. September 2017 und legte im Wesentlichen dar, am 13. August 2017 sei der schwarze Hund der Antragstellerin unangeleint in der …straße in … gelaufen.
Auf eine entsprechende Nachfrage der Antragsgegnerin vom 1. September 2017 äußerte sich Frau …, …Straße …, … mit E-Mail vom 6. September 2017 und legte im Wesentlichen dar, sie sei am 21. September 2016 mit ihrem kleinen Pudel auf dem Gehweg …straße … in … unterwegs gewesen. Unerwartet sei sie von hinten von einem schwarzen Hund angegriffen worden. Nur durch ihre schnelle Reaktion habe sie verhindern können, dass ihr Hund zerfleischt worden sei. Eine Bissverletzung habe sie bei ihrem Hund nicht feststellen können. Ihr Hund habe sich aber nicht anfassen lassen. Aus diesem Grund sei sie am nächsten Tag mit dem Hund zum Tierarzt gegangen. Die Tierarztrechnung habe die Antragstellerin bezahlt.
Mit Schreiben vom 6. September 2017 stellte die Antragsgegnerin das im Bescheid vom 2. August 2016 angedrohte Zwangsgeld fällig.
Die Antragstellervertreter erklärten mit Schriftsatz vom 13. September 2017, dass sich die Antragstellerin nicht gegen das Zwangsgeld zur Wehr setzen werde.
Ein von der Antragstellerseite gestellter Antrag nach § 80 Abs. 4 VwGO wurde mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 14. September 2017 abgelehnt.
Die Antragstellerin ließ durch Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 13. September 2017 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 1. September 2017 Klage erheben.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 3. November 2017 ließ die Antragstellerin beantragen,
gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen dargelegt, die Antragsgegnerin lasse sich durch verärgerte Mitbürger instrumentalisieren. Am 15. November 2016 habe „…“ einen Maulkorb getragen. Die Antragstellerin habe die Hunde auf freiem Feld ausgeführt. Eine Attacke des Hundes gegenüber Frau … habe es nicht gegeben. Frau … habe sich ohne das Zutun der Hunde der Antragstellerin am Knöchel verletzt. Die Antragstellerin habe nichts dagegen, ihre Hunde an der Leine zu führen. Sie wehre sich jedoch dagegen, dass die Sache einseitig dargestellt werde und dass sie mit einer Zwangsgeldandrohung in erheblicher Höhe belastet werde. Die Anordnung habe zur Folge, dass die Hunde nicht mehr artgerecht gehalten werden könnten. Auch seien 1,5 m Leinenlänge zu kurz bemessen vor dem Hintergrund, dass der Bewegungsbedarf der Hunde durch ein Mitlaufen am Pferd und im Zugsport abgedeckt werden müsse. Am 9. Mai 2017 habe der Hund „…“ Herrn … nicht attackiert. Dies ergebe sich aus der strafrechtlichen Ermittlungsakte. Erst als der Hund von Herrn … ausgekommen sei, sei „…“ diesem spielend hinterher gelaufen. Herr … habe völlig überreagiert, laut rumgeschrien und die Tochter der Antragstellerin massiv attackiert. An diesem Tag sei der Hund „…“ unbemerkt aus dem Haus gelangt, weil der körperlich und geistig behinderte Pflegesohn der Antragstellerin den Hund in einem unbemerkten Moment durch die Haustür entlassen habe. Es sei an diesem Tag niemand zu Schaden gekommen. Am 25. Mai 2016 seien zwei in Größe und Gewicht ebenbürtige Hunde aufeinander getroffen. Der Hund von Frau … habe sich gegenüber den Hunden der Antragstellerin in der Vergangenheit schon aggressiv gezeigt.
Die Hündin „…“ sei an diesem Tag zum Tor hinausgerannt und habe die Hündin von Frau … angegangen. Grund hierfür sei gewesen, dass der damalige Hund der Antragstellerin „…“ todkrank und hilflos da gelegen habe. Die Hündin „…“ habe aus diesem Grund den Hund von Frau … vorsorglich verscheuchen wollen.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 21. März 2018 die Ablehnung des Antrags.
Der streitgegenständliche Bescheid sei rechtmäßig. Beide Hunde der Antragstellerin seien an verschiedenen sicherheitsrelevanten Vorfällen beteiligt gewesen. Der Vorwurf, die Antragsgegnerin lasse sich von verärgerten Mitbürgern instrumentalisieren, werde zurückgewiesen. Es werde bestritten, dass die Hunde der Antragstellerin gut geschult seien. Der Bewegungsdrang der Hunde der Antragstellerin könne durchaus dadurch gestillt werden, indem die Antragstellerin mit den Hunden auf einen Trainingsplatz gehe oder aber den Hund an einer Leine neben dem Fahrrad herlaufen lassen. Die Höhe des Zwangsgelds sei angemessen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
Der Antrag stellt sich nach notwendiger und sachgerechter Auslegung des Antragsbegehrens (§§ 122, 88 VwGO) als Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 13. September 2017 erhobenen Klage dar.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes, wie hier nach Art. 21a VwZVG im Hinblick auf die Ziffer 5 des Bescheides vom 1. September 2017, kraft Gesetzes gegeben ist oder, wie im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Ziffern 1 bis 3 des Bescheids, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den zu Grunde liegenden Bescheid ganz oder teilweise anordnen bzw. wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten eine eigene originäre Ermessensentscheidung, wobei den Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage in der Hauptsache entscheidende Bedeutung zukommt. Bleibt dieser Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, so tritt das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage regelmäßig zurück; erscheint der angefochtene Bescheid dagegen voraussichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde erfordert zunächst nach § 80 Abs. 3 VwGO, dass das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich begründet wird. Dabei setzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung grundsätzlich ein besonderes Vollzugsinteresse voraus, das über das hinausgeht, was den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (BayVGH, B. v. 28.09.2012 – 10 CS 12.1791 – juris Rn. 24). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Antragsgegnerin führt im Bescheid vom 1. September 2017 aus, dass mit Schäden an den Rechtsgütern Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter gerechnet werden müsse und es daher erforderlich sei, zum Schutz der Allgemeinheit unverzüglich zu handeln. Das Risiko, erst den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten, könne nicht in Kauf genommen werden. Im Hinblick auf das Gefahrenpotential, das von einem Hund grundsätzlich ausgehen kann und das sich hier vorliegend bereits realisiert hat, bestehen gegen diese Begründung der sofortigen Vollziehung wegen des hohen Stellenwerts, der insbesondere dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit von Menschen nach Art. 2 Abs. 2 GG zukommt, keine Bedenken.
Im Rahmen der Interessenabwägung ergibt sich nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO erforderlichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung vorliegend, dass die Anfechtungsklage voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin in den Ziffern 1 bis 3 des streitgegenständlichen Bescheids zu Recht Anordnungen zur Hundehaltung getroffen hat, der angegriffene Bescheid insgesamt rechtmäßig ist und die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Dies hat zur Folge, dass das öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung der angeordneten Maßnahmen das private Interesse der Antragstellerin am Suspensiveffekt ihres Hauptsacherechtsbehelfs überwiegt.
Die Antragsgegnerin hat gegenüber der Antragstellerin zu Recht Anordnungen bezüglich der Haltung ihrer beiden Hunde getroffen.
Rechtsgrundlage für die Anordnung ist Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LStVG. Danach können die Gemeinden zur Verhütung von Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder die öffentliche Reinlichkeit Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen. Für Anordnungen gemäß Art. 18 Abs. 2 LStVG ist es dabei nicht zwingend erforderlich, dass ein Hund bereits durch Beißen von Menschen oder Tieren oder durch sonst aggressives Verhalten auffällig geworden ist. Die Gefahrenabwehr setzt also nicht voraus, dass bereits ein schädigendes Ereignis stattgefunden hat. Eine hinreichend konkrete Gefahr in diesem Sinne liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vor, wenn in einem zu beurteilenden konkreten Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann (BVerwG, U.v. 18.12.2002 – 6 CN 1/02 – juris). Die an das Vorliegen einer Gefahr zu stellenden Anforderungen hängen von der Wertigkeit des bedrohten Rechtsguts ab. Da es sich bei dem zu befürchtenden Schaden um ein zukünftiges Ereignis handelt, hat die Gemeinde eine wertende Prognoseentscheidung über die zu erwartenden Schäden zu treffen (BayVGH, B.v. 18.11.2011 – 10 ZB 11.1837 – juris). Dabei sind an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Schadens umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer der zu erwartende Schaden ist. Bei einem hohen Schutzgut kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch ein konkreter Gefahrenverdacht für eine sicherheitsrechtliche Anordnung ausreichen (BayVGH, U.v. 18.2.2004 – 24 B 03.645 – BayVBl 2004, 535; B.v. 7.4.2004 – 24 CS 04.53 – BayVBl 2004, 727). Erst recht ermöglicht Art. 18 Abs. 2 LStVG eine entsprechende Anordnung der Sicherheitsbehörden dann, wenn es um die Haltung eines Hundes geht, der bereits in einem Sinn auffällig geworden ist, der eine Gefahr für die Rechtsgüter Leben, Gesundheit und Eigentum beinhaltete.
Vor diesem Hintergrund sind die angegriffenen Anordnungen zu Recht ergangen, da von den Hunden der Antragstellerin eine konkrete Gefahr für die in Art. 18 Abs. 2 LStVG i.V.m. Abs. 1 genannten Rechtsgüter ausgeht. Beide Hunde der Antragstellerin waren in der Vergangenheit in Zwischenfälle verwickelt, bei denen Menschen bzw. Tiere verletzt wurden. So hat die Hündin „…“ am 25. Mai 2016 einen anderen Hund gebissen, nachdem sie aus dem Anwesen der Antragstellerin entwichen ist. Die diesbezügliche in der vorgelegten Behördenakte vorhandene Sachverhaltsschilderung der geschädigten Hundehalterin hat die Antragstellerin nicht in substantiiert Frage gestellt. In der Antragsbegründung wird vielmehr zugestanden, dass die Hündin „…“ den anderen Hund angegangen hat, wobei anzumerken bleibt, dass die Motivation der Hündin „…“ für diesen Angriff bei der Bewertung der Frage, ob von der Hündin „…“ eine konkrete Gefahr ausgeht, außer Acht zu bleiben hat. Im Übrigen trägt die Antragstellerseite auch nicht vor, dass der Angriff der Hündin „…“ als Reaktion auf einen Angriff eines anderen Hund erfolgte; als Ursache für den Angriff wurde vielmehr dargelegt, dass die Hündin „…“ den anderen Hund angegriffen hat, um ihn vorsorglich zu verscheuchen. Auch der Hund „…“ der Antragstellerin war zumindest in einen Beißzwischenfall verwickelt, als er am
8. Mai 2017 Herrn … gebissen hat. Dieser der Prognoseentscheidung der Antragsgegnerin zu Grunde gelegte Sachverhalt steht nach Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der in der vorgelegten Behördenakte befindlichen polizeilichen Zeugenaussage des Geschädigten … … und des in der vorgelegten Behördenakte befindlichen ärztlichen Attests. Das erkennende Gericht geht von der Richtigkeit dieser Aussage aus, da Herr … den Vorfall detailliert und nachvollziehbar schildert. Hinzu kommt, dass die Antragstellerin in der Antragsbegründung darstellen lässt, dass der Hund „…“ an diesem Tag das Anwesen der Antragstellerin unbemerkt verlassen hat und hinter dem Hund des Herrn … her gelaufen ist. Dass es an diesem Tag auch zu einer Bissverletzung bei Herrn … gekommen ist, belegt das in der Behördenakte enthaltene ärztliche Attest, in dem bei Herrn … eine Bisswunde diagnostiziert wurde. Letztendlich schildert auch Frau … in ihrer Zeugenaussage gegenüber der Polizei, dass der Hund … Herrn … und dessen Hund angegriffen hat und Herr … im Verlauf dieses Vorfalls eine Bissverletzung erlitten hat.
Unabhängig von dem vorstehend dargelegten Zwischenfall geht von den Hunden der Antragstellerin eine konkrete Gefahr auch deshalb aus, da es sich bei den Hunden um große Hunde handelt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (z.B. U.v. 15.3.2005, 24 BV 04.2755; U.v. 9.11.2010, 10 BV 06.3053; B.v. 20.1.2011, 10 B 09.2966 – alle juris) die Auffassung, dass von großen und kräftigen Hunden – zu diesen gehören nach Auffassung des erkennenden Gerichts die von der Antragstellerin gehaltenen Hunde, da die Antragstellerseite die Hunde selbst als große Hunde bezeichnet -, die auf öffentlichen Straßen und Wegen mit relevantem Publikumsverkehr frei umherlaufen, in der Regel eine konkrete Gefahr im Sinn von Art. 18 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 LStVG für Leib und Leben Dritter oder, was zur Erfüllung des Tatbestandes auch genügt, für andere Hunde, ausgeht.
Die Antragsgegnerin hat auch das in Art. 18 Abs. 2 LStVG normierte Ermessen, das nach § 114 VwGO nur auf das Vorliegen möglicher Ermessensfehler hin zu überprüfen ist, fehlerfrei ausgeübt. Weder das Entschließungsermessen noch das Auswahlermessen hat die Antragsgegnerin fehlerhaft ausgeübt. Zunächst ist festzuhalten, dass die Antragsgegnerin Ermessenserwägungen angestellt hat, sodass der streitgegenständliche Bescheid nicht vor dem Hintergrund eines Ermessensnichtgebrauchs rechtswidrig ist. In Bezug auf das Entschließungsermessen hat die Antragsgegnerin vollkommen zu Recht darauf abgestellt, dass angesichts der Beißzwischenfälle sicherheitsrechtliche Anordnungen in Bezug auf die Hunde der Antragstellerin zu treffen sind und die Belange der Antragstellerin zurücktreten müssen. Die Ausübung des Auswahlermessens durch die Antragsgegnerin ist auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht zu beanstanden. So hat die Antragsgegnerin die Anordnung des Leinenzwangs auf den bebauten Bereich beschränkt und für den Außenbereich den Hunden grundsätzlich einen Auslauf ohne Leinenzwang, soweit die Hunde auf einer einsehbaren und überschaubaren Fläche ausgeführt werden und soweit sich keine anderen Personen oder Hunde nähern, gestattet. Es besteht kein Zweifel daran, dass diese teilweise Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Hunde im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr geboten ist. Sollte im Bereich der Antragsgegnerin eine einsehbare und überschaubare Fläche im Außenbereich nicht vorhanden sein, so besteht für die Antragstellerin die Möglichkeit, die Hunde in einer anderen Gemeinde auszuführen, in der diese örtlichen Gegebenheiten vorhanden sind. Rechtlich nicht zu bestanden ist, dass die Antragsgegnerin eine Leinenlänge von 1,5 m angeordnet hat. Die Anordnung einer bestimmten Länge der Leine ist schon aus Gründen der Einhaltung des Bestimmtheitsgrundsatzes erforderlich. Im Übrigen wird der Ausführende der Hunde nur bei Verwendung einer entsprechend kurzen Leine in die Lage versetzt, bei Gefahrsituationen unverzüglich auf die Hunde einwirken zu können. Soweit die Antragstellerseite vorträgt, sie benötige für bestimmte Formen des Ausführens der Hunde eine längere Leine, so muss sie diese Einschränkung im Interesse der Gefahrenabwehr hinnehmen.
Die Antragsgegnerin hat auch ermessensfehlerfrei angeordnet, dass die Hunde nur von einer dazu befähigten und zuverlässigen Person geführt werden dürfen. Eine derartige Maßnahme in Bezug auf die Eignung des Hundehalters oder des Hundeführers begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Denn die verfügte Anleinpflicht macht nur dann Sinn, wenn der Hundeführer nach seinen physischen und psychischen Verhältnissen in der Lage ist, über die Leine auf den Hund ausreichend einzuwirken (vgl. Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 18, Rn. 73).
Rechtlich unbedenklich ist auch die Anordnung, dass die Antragstellerin verpflichtet wurde, einen Halterwechsel oder einen Wohnsitzwechsel der Antragsgegnerin zu melden. Derartige Meldepflichten versetzen die Sicherheitsbehörde in die Lage, das Entstehen von Sicherheitslücken infolge von relevanten Sachverhaltsänderungen zu vermeiden (vgl. BayVGH, B. v. 24.1.2003 – 24 CS 02.2894)
Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Höhe des Zwangsgelds hält sich im Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG und ist vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin bereits die ihr mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. August 2016 auferlegte Verpflichtung, die Hündin „…“ an der Leine zu führen, nicht beachtet hat, angemessen.
Der Antrag ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Ziffern 1.5 und 35.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.