Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – „ Köytur “ – keine bösgläubige Markenanmeldung

Aktenzeichen  28 W (pat) 23/17

Datum:
12.2.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:120220B28Wpat23.17.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 14 MarkenG
Spruchkörper:
28. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend die Markeneintragung 30 2012 053 475
(hier: Löschungsverfahren S 135/15 Lösch)
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 12. Februar 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Dr. Söchtig und des Richters Kruppa
beschlossen:
1. Ziffer 1. und 2. des Tenors des Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenabteilung 3.4, vom 30. November 2016 werden aufgehoben.
2. Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.
3. Der Antrag des Inhabers der angegriffenen Marke, dem Löschungsantragsteller die Kosten sowohl des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt als auch des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Wortmarke
2
Köytur
3
ist am 11. Oktober 2012 angemeldet und am 22. April 2013 unter der Nummer 30 2012 053 475 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die nachfolgenden Waren eingetragen worden:
4
Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel, Rind;
5
Klasse 30: Teigwaren;
6
Klasse 31: Obst, Gemüse, Früchte (frisch), Fischmehl.
7
Am 24. Juni 2015 hat der Beschwerdegegner Antrag auf vollständige Löschung der Eintragung der Marke 30 2012 053 475 gestellt, da diese in bösgläubiger Absicht angemeldet worden sei.
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Dem Inhaber der angegriffenen Marke ist am 7. August 2015 der Löschungsantrag zugestellt worden. Er hat mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 – eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag – der Löschung widersprochen und ist dem Löschungsbegehren auch inhaltlich entgegengetreten.
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Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenabteilung 3.4, hat mit Beschluss vom 30. November 2016 die vollständige Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet und deren Inhaber die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziffer 1.
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und Ziffer 2. des Tenors). Ferner hat es den Gegenstandswert des Verfahrens auf … EUR festgesetzt (Ziffer 3. des Tenors).
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Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei zu der Überzeugung gelangt, dass der Inhaber der angegriffenen Marke in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Löschungsantragstellers an dem verfahrensgegenständlichen Zeichen die angegriffene Marke ohne legitime Eigeninteressen lediglich mit dem Ziel angemeldet habe, diesen fremden Besitzstand zu stören.
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Der zum Zeitpunkt der Markenanmeldung (11. Oktober 2012) schutzwürdige Besitzstand des Löschungsantragstellers im In- und Ausland ergebe sich aus der eingetragenen Gemeinschaftsmarke (nunmehr: Unionsmarke) “KÖYTÜR” (EM 003054723), die erst am 14. Februar 2013 – mithin nach dem Anmeldetag der angegriffenen Marke – mangels Verlängerung der Schutzdauer erloschen sei. Auch wenn der Rechtsübergang an dieser Marke von ihrem ehemaligen Inhaber auf den hiesigen Löschungsantragsteller nicht im Register vermerkt worden sei, sei dieser Vorgang durch die Vorlage des Markenrechtsübertragungsvertrages vom 29. Dezember 2006 hinreichend belegt. Im Übrigen müsse es sich auch nicht um einen Besitzstand gerade des Löschungsantragstellers handeln, sondern lediglich um einen fremden Besitzstand.
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Auch sei die Unionsmarke hinreichend benutzt worden, um einen schutzwürdigen Besitzstand des Löschungsantragstellers zu begründen. Dieser habe glaubhaft dargelegt, dass er mit dem Fleischproduzenten “E… B.V.” einen Lizenzvertrag geschlossen habe. Ein schriftlicher Vertrag sei zwar nicht vorgelegt worden, das Lizenzverhältnis ergebe sich jedoch aus der Rechnung vom 18. März 2007, die seitens des Löschungsantragstellers gegenüber der Firma “F… BV” gestellt worden und in der nach dem Betreff “Vergütung von Markenrechten” auch die Unionsmarke 003054723 sowie ein Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von … EUR genannt sei. Darüber hinaus ginge aus den eingereichten Unterlagen hervor, dass der Löschungsantragsteller den Geschäftsführer der niederländischen Firma B.… B.V. am 16. August 2007 bevollmächtigt habe, Erzeugnisse (auch) unter der Unionsmarke des Löschungsantragstellers zu vermarkten, was nachfolgend dann auch umgesetzt worden sei. Dies belegten Rechnungen, die an den Inhaber der angegriffenen Marke adressiert seien (vgl. Anlagen MD 10 und MD 15). Die Firma B… B.V. habe u. a. in Deutschland ein eigenes Vertriebsnetz aufgebaut und Rechnungen ausgestellt, die im Briefkopf ein Köytur-Logo sowie in der Fußzeile die (sinngemäße) Formulierung “B… BV handelnd unter dem Namen KÖYTUR” aufgewiesen hätten. Zwar datierten die Rechnungen aus den Jahren 2007 und 2008, allerdings belegten diese, dass die im Anmeldezeitpunkt noch eingetragene Unionsmarke im geschäftlichen Verkehr in nennenswertem Umfang benutzt worden und dadurch hinreichend bekannt gewesen sei. Auch im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke habe deren Inhaber hiervon Kenntnis gehabt bzw. hätte eine solche haben müssen.
14
Der Löschungsantragsteller habe belegt, dass seine Unionsmarke bis Dezember 2008 benutzt worden sei. Bis zum Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke seien mithin noch nicht einmal vier Jahre vergangen. Diese unter dem fünfjährigen Benutzungszeitraum liegende Zeitspanne sei nicht geeignet, den schutzwürdigen Besitzstand des Löschungsantragstellers in Frage zu stellen.
15
Das Vorbringen des Inhabers der angegriffenen Marke, er sei davon ausgegangen, dass der Löschungsantragsteller seine Unionsmarke nicht mehr habe benutzen wollen, sei nicht hinreichend belegt. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke sei eine korrespondierende Beneluxmarke des Löschungsantragstellers zwar schon wegen Nichtverlängerung der Schutzdauer erloschen gewesen, die Unionsmarke sei jedoch noch im Register eingetragen gewesen. Aus der Aufgabe der Beneluxmarke habe der Inhaber der angegriffenen Marke nicht gleichzeitig auf die bevorstehende Aufgabe der Unionsmarke schließen können, da der Schutz der zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke noch bestehenden Unionsmarke auch die Benelux-Staaten (Belgien, Niederlande, Luxemburg) umfasst habe. Der Inhaber der angegriffenen Marke hätte mithin nur dann darauf vertrauen können, dass auch die Unionsmarke später durch Nichtverlängerung aufgegeben werde, wenn dies in seinem Einflussbereich gelegen hätte. Das sei der Fall gewesen, da der Löschungsantragsteller unter Verweis auf einen entsprechenden mündlichen Vertragsschluss plausibel und glaubhaft vorgetragen habe, den Inhaber der angegriffenen Marke mit der Verlängerung der Schutzdauer der Unionsmarke beauftragt zu haben, was dieser jedoch unterlassen habe.
16
Das subjektive Element der Behinderungsabsicht des Inhabers der angegriffenen Marke ergebe sich bereits aus dem zeitlichen Zusammenhang. Die Markenanmeldung sei unmittelbar nach dem Erlöschen der Beneluxmarke und vier Monate vor Erlöschen der Unionsmarke mangels Zahlung der Verlängerungsgebühr erfolgt, mit deren Entrichtung der Inhaber der angegriffenen Marke beauftragt worden sei. Zudem sei die Markenanmeldung zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem es dem Inhaber der angegriffenen Marke unstreitig gestattet gewesen sei, mit “Köytur” gekennzeichnete Produkte zu vertreiben. Ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Markenanmeldung habe also nicht bestanden und sei auch nicht dargetan worden. Hinzu komme, dass der Inhaber der angegriffenen Marke im Jahr 2015 einen Lizenznehmer des Löschungsantragstellers sowie einen Einzelhändler vor dem LG Bremen auf Unterlassung in Anspruch genommen habe.
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Zwar stehe dies nicht in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Markenanmeldung im Jahr 2012, allerdings manifestiere sich auch in diesem Nachverhalten des Inhabers der angegriffenen Marke seine Bösgläubigkeit zum Anmeldezeitpunkt.
18
Hiergegen wendet sich der Inhaber der angegriffenen Marke mit seiner Beschwerde vom 4. Januar 2017.
19
Er führt hierzu aus, entgegen der Annahme des Deutschen Patent- und Markenamts in seinem angegriffenen Beschluss habe er mit der Anmeldung der verfahrensgegenständlichen Marke nicht in einen schutzwürdigen Besitzstand des Löschungsantragstellers eingegriffen, sondern habe vielmehr ein legitimes Eigeninteresse an der Anmeldung gehabt. Sein Ziel sei es darüber hinaus auch nicht gewesen, einen fremden Besitzstand zu stören. Ein wie auch immer gearteter schutzwürdiger Besitzstand habe zum Zeitpunkt der Markenanmeldung auf Seiten des Löschungsantragstellers nicht vorgelegen. Die bloße Eintragung der Unionsmarke als solche reiche für die Annahme eines schutzwürdigen Besitzstands nicht aus, zumal sie zum Zeitpunkt der Markenanmeldung nicht hinreichend benutzt worden sei.
20
Auch das Deutsche Patent- und Markenamt habe ausgeführt, dass der Löschungsantragsteller seine Marke nur bis Dezember 2008 benutzt habe. Ferner hätten weder das Unternehmen “E… B.V.”, noch das Unternehmen “B… B.V.” über einen schutzwürdigen Besitzstand an der verfahrensgegenständlichen Marke verfügt. Ausweislich einer vermeintlichen Lizenzvereinbarung mit dem Fleischproduzenten “E… B.V.” habe es lediglich eine Zahlung im Jahr 2007 gegeben. Auf einen Linzenzzeitraum bis zum Jahr 2012 könne hieraus nicht geschlossen werden. Auch aus dem angeblichen Lizenzvertrag mit dem Unternehmen “B… B.V.” aus dem Jahr 2007 gehe keine hinreichende Benutzung zum Zeitpunkt der Anmeldung Ende 2012 hervor. Das Deutsche Patent- und Markenamt sei zu einem nicht haltbaren Schluss gekommen, wenn es aus den vom Löschungsantragsteller vorgelegten Rechnungen aus den Jahren 2007 und 2008 eine hinreichende Benutzung und Bekanntheit der Unionsmarke zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke gezogen habe. Es lägen nämlich ganze vier Jahre zwischen der letzten Nutzungshandlung im Jahr 2008 und der Markenanmeldung Ende 2012.
21
Zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke habe der Löschungsantragsteller über keinen schutzwürdigen Besitzstand an dem verfahrensgegenständlichen Zeichen verfügt. Sein Vortrag, es habe bis zum Jahr 2012 Lizenzverträge gegeben, stelle eine bloße Behauptung dar, die nicht belegt sei. Hinzu komme, dass allein eine Lizenz keine hinreichende Marktpräsenz und Bekanntheit auf dem deutschen Markt entstehen lasse.
22
Der Inhaber der angegriffenen Marke sei auch nicht in den Jahren 2007 bis 2010 Vertriebspartner des Unternehmens “B… B.V.” gewesen. Vielmehr habe er stets im eigenen Namen und auf eigene Rechnung dort Produkte eingekauft und dies auch nur bis zum Jahr 2008. Die vom Löschungsantragsteller vorgelegten Werbemittel datierten ebenfalls lediglich aus den Jahren 2007 und 2008 und ließen keine Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke zu.
23
Der Inhaber der angegriffenen Marke habe zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung auch keine Kenntnis von einem schutzwürdigen Besitzstand gehabt. Allein die Kenntnis einer Benutzung der Marke in den Jahren 2007 und 2008 habe keine Indizwirkung für eine Kenntnis einer (angeblichen) Benutzung im Jahr 2012. Dass er keinen Auftrag zur Verlängerung der Schutzdauer der Unionsmarke des Löschungsantragstellers gehabt habe, habe eine Beweisaufnahme vor dem OLG Düsseldorf in dem Verfahren I-20 U 116/16 bestätigt.
24
Eine Behinderungsabsicht im Anmeldezeitpunkt und die Frage, ob dieses ein wesentliches Motiv der Anmeldung gewesen sei, sei auch in der Gesamtschau der Umstände zu verneinen. Der Inhaber der angegriffenen Marke habe vielmehr ein eigenes Interesse an ihr, die er nach deren Anmeldung Ende 2012 selbst benutze, gehabt. Eine Behinderungsabsicht gehe auch nicht aus der Inanspruchnahme eines Einzelhändlers vor dem Landgericht Bremen im Jahr 2015 hervor, da er sich dort lediglich gegen eine Markenrechtsverletzung durch einen Dritten zur Wehr gesetzt habe.
25
Der Inhaber der angegriffenen Marke habe diese auch nicht zur Sperrung des Löschungsantragstellers eingesetzt. Dies gehe auch daraus hervor, dass ihr Schutzbereich nicht mit demjenigen der (zwischenzeitlich erloschenen) Unionsmarke des Löschungsantragstellers deckungsgleich sei. Aus diesem Grund seien sowohl der Löschungsantrag wie auch der Löschungsausspruch zu weitgehend.
26
Schließlich ist der Inhaber der angegriffenen Marke der Auffassung, dass vorliegendes Verfahren wegen anderweitiger Rechtskraft einzustellen sei. So habe das OLG Düsseldorf in seinem Urteil vom 8. Mai 2018 in der Sache I-20 U 116/16 bereits über die Frage der Bösgläubigkeit des Anmelders der verfahrensgegenständlichen Marke mitentschieden und diese verneint.
27
Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,
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1. den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenabteilung 3.4, vom 30. November 2016 aufzuheben und den Antrag auf Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke zurückzuweisen, sowie
29
2. die Kosten sowohl des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wie auch des Beschwerdeverfahrens dem Löschungsantragsteller aufzuerlegen.
30
Der Löschungsantragsteller beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
32
Er führt aus, das Deutsche Patent- und Markenamt habe dem Löschungsantrag zu Recht stattgegeben. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke seien sowohl die Benelux-Marke 0729734 “KÖYTUR HAHAL FOOD” als auch die Unionsmarke 003054723 “KÖYTÜR” in Kraft gewesen. Diese Marken seien zum Anmeldezeitpunkt und auch darüber hinaus von dem Löschungsantragsteller, respektive von seinen Lizenznehmern, benutzt worden.
33
So habe das Unternehmen “E… B.V.” auf Grund einer Lizenzvereinbarung entsprechend gekennzeichnete Produkte für Lizenznehmer hergestellt, wofür eine Lizenzgebühr entrichtet worden sei. Mit dem Vertrieb und der Vermarktung der mit der Marke versehenen Produkte sei die Firma “B… B.V.”beauftragt worden. Für diese habe der Inhaber der angegriffenen Marke jedenfalls in den Jahren 2007 bis 2010 als Vertriebspartner gearbeitet, was u. a. Auszüge des zuständigen niederländischen Finanzamtes belegten.
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Im Jahr 2010 habe Herr T… als Bevollmächtigter des Löschungsantragstellers mit dem Inhaber der angegriffenen Marke vereinbart, dass dieser die Unionsmarke aufrechterhalten solle. Dies habe u. a. auch die Zahlung der fälligen Gebühren umfasst. Im Gegenzug habe der Löschungsantragsteller auf die Geltendmachung von Lizenzgebühren gegenüber dem Inhaber der angegriffenen Marke verzichtet. Nachfolgend hätten auch die Vertriebspartner U… sowie M… “Köytur-Produkte” direkt von der Firma “E… B.V.” bezogen. Da der Inhaber der angegriffenen Marke im Jahr 2011, mithin vor ihrer Anmeldung, auf seinen Rechnungen die Angabe “Köytur NRW” verwendet habe, müsse ihm bewusst gewesen sein, dass in Deutschland andere Vertriebspartner für andere Regionen zuständig gewesen seien.
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Die Marke “Köytur” sei auf dem Markt präsent gewesen, was einen schutzwürdigen Besitzstand begründe. Die hierunter vertriebenen H…-Produkte richteten sich in erster Linie an türkischsprachige Verbraucher. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke seien Regionen beliefert worden, in denen verstärkt türkischstämmige Personen wohnhaft gewesen seien. Hierbei habe es sich um die Regionen Berlin, Norddeutschland, München, Stuttgart, Dortmund, Herford und Ost-NRW gehandelt.
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Durch die Dauer der Marktpräsenz und durch Zeitungs- sowie Fernsehwerbung in türkischer Sprache habe die Marke von 2002 bis 2012 an Beliebtheit gewonnen. Der Inhaber der angegriffenen Marke habe diese ohne sachlichen Grund angemeldet. Er selbst sei Lizenznehmer für die Region Düsseldorf/Duisburg/Köln gewesen. Sein Ziel sei es gewesen, weitere Gebiete, die anderen Lizenznehmern zustanden, zu okkupieren. So habe er in Bremen nicht nur den Vertriebspartner U…, sondern auch den Supermarkt A… gerichtlich in Anspruch genommen.
37
Ferner habe er vor dem Landgericht Stuttgart den Löschungsantragsteller selbst einstweilig in Anspruch genommen.
38
Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
39
Die zulässige Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke hat in der Sache Erfolg. Das Vorbringen des Löschungsantragstellers rechtfertigt vorliegend nicht die Annahme, der Inhaber der angegriffenen Marke habe diese in bösgläubiger Art und Weise gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG a. F.) zur Anmeldung gebracht.
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Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Parteien keinen hierauf gerichteten Antrag gestellt haben und die Durchführung einer solchen auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit geboten war (§ 69 MarkenG).
41
1. Das vorliegende Verfahren ist nicht wegen entgegenstehender Rechtskraft des Urteils des OLG Düsseldorf vom 8. Mai 2018 in der Sache I-20 U 116/16 einzustellen, mit dem über die Berufung gegen das Urteil des LG Düsseldorf vom 31. August 2016 in der Sache 2a O 172/15 entschieden worden ist. Zunächst bleibt offen, ob das OLG-Urteil bereits in Rechtskraft erwachsen ist, da es keinen Rechtskraftvermerk enthält. Unabhängig hiervon betrifft vorliegendes, auf einem Löschungsantrag gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG beruhendes Beschwerdeverfahren einen anderen Streitgegenstand, als er dem Verfahren vor dem OLG Düsseldorf zu Grunde lag.
42
Die hier in Rede stehende Frage einer bösgläubigen Markenanmeldung war in dem OLG-Verfahren nicht streitgegenständlich (Antrag und Lebenssachverhalt), da der dortige Kläger (und hiesige Löschungsantragsteller) seinen Löschungsantrag ausschließlich auf eine prioritätsältere Benutzungsmarke respektive auf eine Agentenmarke gestützt hat. Dies ergibt sich insbesondere aus dem zugrundeliegenden LG-Urteil, in dem explizit und ausschließlich auf die Löschungsgründe der §§ 55 Abs. 1, 51 Abs. 1 i. V. m. §§ 11 und 12 MarkenG a. F. Bezug genommen wird (vgl. Anlage AG 7). Daran ändern auch die Ausführungen auf Seite 4 des OLG-Urteils nichts, wo es unter B) heißt:
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“Im Übrigen ist auch sonst nicht treuwidrig, dass der Beklagte die Klagemarke angemeldet hat”.
44
Hierbei handelt es sich nicht um eine rechtskräftige Entscheidung zur Frage der Bösgläubigkeit, sondern um eine allgemeine Aussage, ob gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstoßen wurde. Auch in dem LG-Urteil ist auf Seite 9, Ziffer 2., die Treuwidrigkeit lediglich kurz angesprochen worden, weil sich der dortige Beklagte (und hiesige Inhaber der angegriffenen Marke) auf die fehlende Eintragung des dortigen Klägers (und hiesigen Löschungsantragstellers) als Markeninhaber berufen hat. Vertiefte Erörterungen zu den besonderen Voraussetzungen der Bösgläubigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG (§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG a. F.) finden sich jedoch weder in dem LG- noch in dem OLG-Urteil.
45
2. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich ausweislich seiner Ausführungen auf Seite 2 seines Schriftsatzes vom 3. Februar 2017 ausdrücklich gegen die Anordnung der Löschung der Eintragung seiner Marke gewandt und darüber hinaus auf Seite 12 dieses Schriftsatzes beantragt, dem Löschungsantragsteller die Kosten des gesamten Verfahrens, also sowohl vor dem Deutschen Patent- und Markenamt als auch vor dem Bundespatentgericht aufzuerlegen. Dieses Vorbringen ist zusammenfassend dahingehend auszulegen, dass er die Festsetzung des Gegenstandswerts in dem angegriffenen Beschluss nicht in Frage stellt.
46
3. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat binnen der 2-Monats-Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG der Löschung widersprochen, so dass das Löschungsverfahren durchzuführen war. Dieses führt jedoch nicht zur begehrten Löschung der Eintragung der Marke 30 2012 053 475.
47
a) Von einer bösgläubigen Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG ist dann auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig, insbesondere im Sinne wettbewerbsrechtlicher Unlauterkeit, erfolgt (vgl. BGH GRUR 2016, 380 – Glückspilz; BGH GRUR 2004, 510 – S 100). Der Eintragungsversagungsgrund soll Anmeldungen von Marken erfassen, die von vornherein nicht dazu bestimmt sind, im Interesse eines lauteren Wettbewerbs Waren und Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens zu individualisieren, sondern Dritte im Wettbewerb zu behindern (Hacker, Markenrecht, 5. Auflage, Rdnr. 182, 184).
48
Eine bösgläubige Markenanmeldung kann demnach vorliegen, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. EUGH GRUR 2009, 763 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth). Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit ist der Zeitpunkt der Markenanmeldung maßgeblich (vgl. BGH GRUR 2013, 1143 – Aus Akten werden Fakten). Dies schließt jedoch eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der Markenanmeldung nicht aus. Aus diesem Verhalten können sich Anhaltspunkte für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht ergeben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist von der Bösgläubigkeit des Anmelders auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Dies ist dann der Fall, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass (1) der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstands des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers oder (2) in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder (3) dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt. Als bösgläubig kann danach auch eine Markenanmeldung zu bewerten sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen (vgl. BPatG 28 W (pat) 39/16 – Frassfood).
49
Dabei dürfen die Anforderungen an die Feststellung der Behinderungsabsicht nicht überspannt werden. Maßgeblich ist, ob sich die Behinderungsabsicht nach der Lebenserfahrung aufdrängt (BGH, a. a. O. – Glückspilz).
50
b) Der Löschungsantragsteller hat sich vorliegend auf einen vermeintlich schutzwürdigen Besitzstand an dem Zeichen “Köytur” berufen, in welchen der Inhaber der angegriffenen Marke durch die Anmeldung derselben in unlauterer Art und Weise eingegriffen habe.
51
(1) Der Besitzstand resultierend aus einer entsprechenden Marktpräsenz und Bekanntheit setzt eine Benutzung über Jahre voraus (vgl. BPatG, a. a. O. – Frassfood). Eine Benutzung im Ausland kann trotz des geltenden Territorialitätsgrundsatzes einen schutzwürdigen Besitzstand begründen. Dies setzt jedoch voraus, dass das Zeichen im Inland im Hinblick auf eine überragende Verkehrsgeltung im Ausland eine gewisse Bekanntheit erreicht hat. Die Anforderungen sind dabei jedoch sehr hoch. Eine entsprechende Verkehrsbekanntheit setzt eine langjährige Benutzung, hohe Umsatzzahlen, Marktanteile und entsprechende Werbeaufwendungen voraus (vgl. zu allem Vorstehenden BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 16. Edition, Stand: 14.01.2019, § 8, Rdnr. 892 ff. m. w. N.).
52
Entgegen dem Vorbringen des Löschungsantragstellers hat er schon keinen schutzwürdigen Besitzstand an dem verfahrensgegenständlichen Zeichen zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke dargetan.
53
Die bloße Eintragung der auf den Löschungsantragsteller übertragenen (vgl. Anlage MD 6) Unionsmarke 003054723 “KÖYTÜR” (vgl. Anlage MD 1), welche – was das Deutsche Patent- und Markenamt verkannt hat – mit der angegriffenen Marke “Köytur” nicht identisch ist, vermag als solche noch keinen schutzwürdigen Besitzstand zu begründen. Entsprechend verhält es sich bei der Benelux-Wort-/Bildmarke 0729734 “KÖYTUR HALAL FOOD” (vgl. Anlage MD 1) und bei der Benelux-Wortmarke 0720231 “KÖYTÜR” (vgl. Anlage MD 1), die beide ebenfalls nicht mit der angegriffenen Marke übereinstimmen.
54
Der Löschungsantragsteller hat zwar behauptet, dem Unternehmen “E…… B.V.” Lizenzen an seinen vorstehend genannten Marken erteilt zu haben. Die Vorlage einer entsprechenden Lizenzvereinbarung ist er jedoch schuldig geblieben. Lediglich aus der Anlage MD 8 geht hervor, dass er im Jahr 2007 von diesem Unternehmen eine Vergütung wohl für Lizenzen zur Nutzung der vorgenannten Marken in Höhe von insgesamt … EUR erhalten hat. Diese Zahlung erfolgte allerdings bereits fünf Jahre vor der Anmeldung der angegriffenen Marke. Weitere Belege für den Erhalt von Lizenzgebühren über das Jahr 2007 hinaus fehlen. Hinzu kommt, dass es sich bei den lizenzierten Marken um zwei Beneluxmarken sowie um eine Unionsmarke gehandelt hat, was bereits keinen zwingenden Schluss auf die Begründung gerade eines inländischen schutzwürdigen Besitzstandes zulässt.
55
Auch die seitens des Löschungsantragstellers dem Geschäftsführer des niederländischen Unternehmens “B… B.V.”, Herrn S…, im Jahr 2007 erteilte Vollmacht “Erzeugnisse, die mit auf meinen Namen registrierten Marken gekennzeichnet sind, im Ausland herzustellen, zu vermarkten, herstellen zu lassen…” (vgl. Anlage MD 9) ist für sich alleine genommen nicht geeignet, einen schutzwürdigen Besitzstand an dem verfahrensgegenständlichen Zeichen zu begründen.
56
In den vom Löschungsantragsteller mit den Anlagen MD 10 und MD 15 vorgelegten Rechnungen werden die Zeichen “KÖYTUR” sowie “KÖYTUR HALAL FOOD” lediglich als Unternehmensbezeichnungen verwendet. Darüber hinaus datieren die Rechnungen aus den Jahren 2007 sowie 2008, also wieder Jahre vor dem Anmeldetag der angegriffenen Marke, und lassen völlig offen, welcher Umsatz mit “KÖYTUR” gekennzeichneten Waren erzielt worden ist. Zudem geht aus den Rechnungen nicht immer eindeutig hervor, um welche Waren es sich konkret handelt und inwieweit sie Berührungspunkte zu den Waren der angegriffenen Marke aufweisen.
57
Ebenso spricht die als Anlage GS 20 vorgelegte, mit “KÖYTUR NRW” überschriebene Rechnung des Inhabers der angegriffenen Marke vom 9. März 2011 nicht für einen Besitzstand des Löschungsantragstellers, da die Rechnung vom Inhaber der angegriffenen Marke stammt. Zudem wird darin das in Rede stehende Zeichen nicht markenmäßig verwendet.
58
Die weiterhin in der Anlage GS 20 enthaltenen Auszüge des Finanzamts sind bereits deshalb als Beleg für das Bestehen eines Besitzstands ungeeignet, weil sie lediglich in niederländischer Sprache gehalten sind und nicht erkennen lassen, was die dort ausgewiesenen Beträge bedeuten. Zudem taucht das Zeichen “Köytur” in den Abrechnungen nicht auf. In der mit “Belanghebbende” überschriebenen Bestätigung des “A1…” wird zwar die Marke “Köytür” erwähnt. Es bleibt jedoch völlig offen, in welchem Umfang eine Benutzung dieser Marke in Deutschland stattgefunden hat. Allein die Existenz einer Marke begründet – wie bereits ausgeführt – noch keinen Besitzstand.
59
Ebenfalls reichen die als Anlage GS 22 vorgelegten Rechnungen für die Begründung eines Besitzstands der Löschungsantragstellerin nicht aus. Einige betreffen Warenlieferungen nach dem Anmeldetag der angegriffenen Marke und können daher nur bedingt zur Beurteilung der Situation am 11. Oktober 2012 herangezogen werden. Alle Rechnungen richten sich zudem nur an die A2… GmbH in B… und an L… bzw. U… in B1…. Diese zwei bzw. drei Adressaten in zwei Städten führen nicht zu einem bundesweiten Besitzstand, der eine Voraussetzung für die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke darstellt (vgl. BGH GRUR 2016, 378, Rdnr. 19 und 20 – LIQUIDROM). Diese Annahme wird auch nicht durch die Aussage des Beschwerdegegners in dem Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 25. November 2017 in Frage gestellt, nach der mit der Marke “Köytur” versehene Produkte auch nach Hamburg, Kornwestheim, Düsseldorf, Duisburg, Köln, Dortmund und Herford geliefert worden seien. Unabhängig davon, dass entsprechende Belege fehlen, handelt es sich hierbei nur um einzelne deutsche Städte, in denen jeweils nur ein Händler beliefert worden ist. Insofern kann nicht von einer umfassenden Bekanntheit der angegriffenen Marke ausgegangen werden.
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Ein schutzwürdiger Besitzstand an dem verfahrensgegenständlichen Zeichen ergibt sich auch nicht aus den vom Löschungsantragsteller vorgetragenen Werbeaufwendungen. Zunächst vermag der Senat schon nicht zu erkennen, inwieweit Werbemaßnahmen in der Türkei (Printwerbung gemäß Anlage MD 16) einen schutzwürdigen Besitzstand im Inland begründen können. Im Zusammenhang mit der weiterhin geltend gemachten “Flyer-Werbung” gemäß Anlage MD 18 ist der Löschungsantragsteller jeden substantiierten Vortrag zu Art und Umfang, respektive Dauer dieser Werbemaßnahme schuldig geblieben, so dass vollkommen offenbleibt, ob diese werbliche Maßnahme geeignet war, sich in irgendeiner Art und Weise auf die Bekanntheit des verfahrensgegenständlichen Zeichens auszuwirken.
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Wie bereits ausgeführt, kann auch eine überragende Verkehrsgeltung im Ausland einen schutzwürdigen inländischen Besitzstand begründen. Anhaltspunkte hierfür hat der Löschungsantragsteller aber in keinster Weise substantiiert dargetan. Hierfür sind im Übrigen auch nicht einmal ansatzweise irgendwelche Anhaltspunkte ersichtlich.
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(2) Die vom Löschungsantragsteller weiterhin geltend gemachte Behinderungsabsicht des Inhabers der angegriffenen Marke vermag der Senat ebenfalls nicht zu erkennen. Der als Beleg vorgelegten Erklärung von Herrn T… (vgl. Anlage MD 11) lässt sich entgegen der Annahme des Löschungsantragstellers nicht entnehmen, dass sich der Inhaber der angegriffenen Marke vertraglich dazu verpflichtet habe, die Schutzdauer der (kurz nach Anmeldung der angegriffenen Marke gelöschten) Unionsmarke “KÖYTÜR” zu verlängern. In der besagten Erklärung heißt es lediglich, der Inhaber der angegriffenen Marke habe versichert, “für die Marke KÖYTUR Sorge zu tragen”. Auch hier fällt im Übrigen auf, dass es sich nicht um die vom Löschungsantragsteller ins Feld geführte Unionsmarke “KÖYTÜR” handelt.
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Eine Vereinbarung zwischen Herrn T… (als Vertreter des Löschungsantragstellers) und dem Inhaber der angegriffenen Marke zur Verlängerung der Schutzdauer der Marken des Löschungsantragstellers hat auch die vom OLG Düsseldorf in oben genanntem Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme nicht ergeben (vgl. Anlage AG 9). So wird in dem OLG-Urteil vom 8. Mai 2018, Seite 5 oben, diesbezüglich ausgeführt:
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“Eine Vereinbarung diesen Inhalts kann danach nicht festgestellt werden. Der Aussage des Zeugen T… ist zunächst zu entnehmen, dass der Beklagte (der Inhaber der angegriffenen Marke) es abgelehnt hat, an den Zeugen T… oder auch den Kläger (den Löschungsantragsteller) Lizenzen zu zahlen, als der Zeuge T… ihm mitgeteilt hat, dass er nun in die Türkei zurückkehren wolle. Der Zeuge will dann hingenommen haben, dass der Beklagte sich “um das Geschäft kümmern” wollte. Insoweit sei aber von der Marke nur allgemein die Rede gewesen. Irgendeine konkrete Vereinbarung gerade in Bezug auf den Schutz und die Aufrechterhaltung der Unionsmarke haben aber weder der Zeuge T…, noch der Zeuge Ö… bekundet. Dies wäre aber – wie die Kammer zu Recht festgestellt hat – erforderlich gewesen. Dem Beklagten ist infolgedessen die zwischenzeitliche Löschung der Unionsmarke nicht anzulasten” (kursiv gedruckte Klammerzusätze stammen vom Senat).
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Der Senat teilt unter Berücksichtigung des Inhalts des Protokolls der Beweisaufnahme die vorstehenden Ausführungen des OLG Düsseldorf und macht sie sich zu eigen.
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Eine andere Sichtweise gebietet auch nicht die als Anlage GS 21 vorgelegte Erklärung von Herrn Ö…, nach der der Inhaber der angegriffenen Marke gegenüber Herrn T… zugesagt habe, sich “um die ganzen rechtlichen Angelegenheiten” zu kümmern. Eine Vereinbarung zur Verlängerung der Schutzdauer der Marken des Löschungsantragstellers ist auch darin nicht zu finden.
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Ebenfalls kommt das als Anlage GS 23 eingereichte Schreiben, mit dem die Firma A… die Firma L… als ihrem Lebensmittellieferanten in Regress nimmt, weil der Beschwerdeführer gegen Erstgenannte wegen Verwendung seines Markenrechts vorgegangen ist, als Beleg einer Behinderungsabsicht des Beschwerdeführers nicht in Betracht. Es kann diesem nicht vorgehalten werden, sich gegen die Verletzung seiner Marke durch Dritte zu wehren.
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(3) Zusammenfassend ist damit festzuhalten, dass der Löschungsantragsteller schon keinen schutzwürdigen Besitzstand an dem Zeichen “Köytur”, geschweige denn in Verbindung mit bestimmten Waren zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke substantiiert dargetan hat. Aus diesem Grund kann es im Ergebnis daher dahinstehen, ob und bejahendenfalls über welchen Zeitraum hinweg der Inhaber der angegriffenen Marke Waren von dem Löschungsantragsteller bzw. dem Unternehmen “B… B.V.” bezogen hat und, ob es sich bei diesem um einen Vertriebspartner gehandelt hat. Liegt somit schon kein Eingriff in einen schutzwürdigen Besitzstand des Löschungsantragstellers (respektive eines anderweitigen Dritten) an dem verfahrensgegenständlichen Zeichen vor, kann die weitere Frage, ob der Löschungsausspruch des Deutschen Patent- und Markenamtes möglicherweise zu weitgehend war, ebenfalls im Ergebnis dahinstehen.
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c) Anhaltspunkte dafür, dass der Inhaber der angegriffenen Marke diese in der Absicht angemeldet hat, den Gebrauch der Bezeichnung für den Löschungsantragsteller zu sperren, oder dass er die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen wollte, sind ebenfalls nicht ersichtlich und vom Löschungsantragsteller auch nicht substantiiert dargetan. Allein der Umstand, dass der Inhaber der angegriffenen Marke einige Jahre nach deren Eintragung gegen eine unerlaubte Verwendung derselben durch einzelne Dritte gerichtlich vorgegangen ist, reicht für die Annahme der Unlauterkeit nicht aus. Die Verteidigung von Markenrechten gegenüber Dritten steht jedem Markeninhaber zu und vermag ohne weitergehende zu missbilligende Anhaltspunkte – für die vorliegend nichts ersichtlich ist – die Bösgläubigkeit nicht zu begründen.
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4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens vor dem Deutschen Patent- und Markenamt verbleibt es bei den gesetzlichen Regelungen der §§ 63 Abs. 1 Satz 3, 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.
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Die Kosten des Verfahrens können lediglich dann dem jeweiligen Löschungsantragsteller auferlegt werden, wenn der Löschungsantrag auf Gründe gestützt wird, für die es weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auch nur ansatzweise eine Bestätigung gibt. Des Weiteren kann in einem Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit die Auferlegung von Kosten dann angezeigt sein, wenn der Löschungsantragsteller Gründe für eine Bösgläubigkeit offenkundig nicht vorbringt bzw. belegt (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, 2018, § 71, Rdnr. 16).
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Im vorliegenden Fall hat der Löschungsantragsteller sein Löschungsbegehren auf die Störung eines vermeintlich schutzwürdigen Besitzstandes an dem Zeichen Köytur gestützt. Hierbei handelt es sich um eine anerkannte Fallgruppe einer bösgläubigen Markenanmeldung. Auch hat er seinen hierauf gerichteten Vortrag zumindest in einem solchen Umfang substantiiert, dass das Deutsche Patent- und Markenamt basierend auf seinem Vorbringen seinem Löschungsbegehren gefolgt ist. Hieraus folgt im Ergebnis, dass für eine einseitige Kostentragungslast des Löschungsantragstellers vorliegend kein Raum ist.

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