Familienrecht

Kindergeld: Persönliche Anspruchsberechtigung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten

Aktenzeichen  V R 31/14

Datum:
23.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2016:U.230816.VR31.14.0
Normen:
§ 62 Abs 1 Nr 1 EStG 2009
§ 64 Abs 2 S 1 EStG 2009
Art 67 S 1 EGV 883/2004
Art 60 Abs 1 S 2 EGV 987/2009
EStG VZ 2011
EStG VZ 2012
Spruchkörper:
5. Senat

Leitsatz

NV: Die Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO Nr. 987/2009 führt dazu, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland, sondern dem im EU-Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (Anschluss an BFH-Urteil vom 4. Februar 2016 III R 17/13, BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612).

Verfahrensgang

vorgehend FG Köln, 23. April 2013, Az: 1 K 3282/12, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 23. April 2013  1 K 3282/12 aufgehoben.
Die Sache wird wegen des Kindergeldes für das Kind D an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
Diesem wird insofern die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Insofern hat die Kosten des gesamten Verfahrens der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist italienischer Staatsbürger, der in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) lebt und nichtselbständig tätig ist. Seine im April 1987 geborene Tochter D studierte 2011 und 2012 in Italien und unterhält dort einen eigenen Haushalt. Sein 1991 geborener Sohn V lebte 2011 und 2012 in Italien im Haushalt der vom Kläger dauernd getrennt lebenden Kindsmutter und besuchte dort eine Schule. Die Kindsmutter ist italienische Staatsangehörige und nichtselbständig tätig. Italienische Familienleistungen bezieht sie nicht.
2
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte einen Antrag des Klägers auf Kindergeld für D und V ab, da die Kindsmutter einen vorrangigen Anspruch auf Kindergeld habe. Den dagegen eingelegten Einspruch wies sie mit Einspruchsentscheidung vom 19. September 2012 zurück. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 1801 veröffentlichten Urteil statt. Dagegen wendet sich die Familienkasse mit der Revision.
3
Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 19. November 2014 bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Trapkowski, C-378/14 ausgesetzt. Nach Veröffentlichung des EuGH-Urteils Trapkowski vom 22. Oktober 2015 C-378/14 (EU:C:2015:720, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst –DStRE– 2015, 1501) hat der Senat das Verfahren wieder aufgenommen und den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu dem EuGH-Urteil zu äußern. Die Familienkasse ist der Auffassung, der EuGH habe ihren Rechtsstandpunkt bestätigt.
4
Die Familienkasse beantragt,das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
5
Der Kläger beantragt,die Revision zurückzuweisen.
6
Nach den nationalen Regelungen habe nur er, der Kläger, einen Kindergeldanspruch, nicht aber die Kindsmutter, da sie weder einen Wohnsitz noch einen ständigen Aufenthalt im Inland habe. Aus dem Unionsrecht könne nichts anderes hergeleitet werden. Dessen Anwendung setze konkurrierende Ansprüche nach dem Recht mehrerer Mitgliedstaaten voraus, woran es im Streitfall fehle. Der Kläger sieht seine Auffassung auch durch das EuGH-Urteil bestärkt.

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