Familienrecht

(Kindergeld: Persönliche Anspruchsberechtigung bei grenzüberschreitenden Sachverhalten – Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 23.08.2016 V R 19/15)

Aktenzeichen  V R 11/13

Datum:
23.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2016:U.230816.VR11.13.0
Normen:
§ 62 Abs 1 Nr 1 EStG 2009
§ 64 Abs 2 S 1 EStG 2009
Art 67 S 1 EGV 883/2004
Art 60 Abs 1 S 2 EGV 987/2009
EStG VZ 2010
Spruchkörper:
5. Senat

Leitsatz

1. NV: Die Fiktion des Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO Nr. 987/2009 führt dazu, dass der Anspruch auf Kindergeld nicht dem in Deutschland, sondern dem im EU Ausland lebenden Elternteil zusteht, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (Anschluss an BFH Urteil vom 10. März 2016 III R 17/13, BFHE 253, 134, BStBl II 2016, 612) .
2. NV: Für den Bezug von Familienleistungen nach ausländischem (hier: polnischem) Recht geltende Einkommensgrenzen sind auf den Kindergeldanspruch nicht anwendbar .

Verfahrensgang

vorgehend FG Köln, 30. Januar 2013, Az: 15 K 3230/11, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 30. Januar 2013 15 K 3230/11 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist polnische Staatsangehörige, die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) lebt und als Gewerbetreibende selbständig ist. Sie ist Mutter des 1992 geborenen Sohnes P, der bis 2012 in Polen im Haushalt des von der Klägerin geschiedenen Kindsvaters lebte und dort eine Schule besuchte. Der Kindsvater ist polnischer Staatsangehöriger. Er arbeitet in einem landwirtschaftlichen Betrieb. Polnische Familienleistungen bezog er nicht.
2
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) lehnte einen Antrag der Klägerin auf Kindergeld für P ab Oktober 2010 ab, da der Kindsvater vorrangig kindergeldberechtigt sei. Den dagegen eingelegten Einspruch wies sie im Oktober 2011 zurück. Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2013, 795 abgedruckten Urteil statt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Familienkasse mit der Revision.
3
Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 1. Oktober 2014 bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache Trapkowski C-378/14 ausgesetzt. Nach Veröffentlichung des EuGH-Urteils Trapkowski vom 22. Oktober 2015 C-378/14 (EU:C:2015, 720, Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst –DStRE– 2015, 1501) hat der Senat das Verfahren wieder aufgenommen und den Beteiligten Gelegenheit gegeben, sich zu dem EuGH-Urteil zu äußern. Die Familienkasse ist der Auffassung, der EuGH habe ihren Rechtsstandpunkt bestätigt.
4
Die Familienkasse beantragt,das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
5
Die Klägerin beantragt,die Revision zurückzuweisen.
6
Wenn unterstellt werde, dass der Kindsvater in Deutschland lebe, müsse auch die Anwendbarkeit der polnischen Einkommensgrenzen für die Gewährung von Familienleistungen unterstellt werden. Danach scheide ein Anspruch des Kindsvaters aus.

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