Aktenzeichen 5 K 815/15
Leitsatz
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 06.03.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.05.2015 wird dahin geändert, dass die Einkommensteuer in Höhe von 8.942 € festgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 47/50 und der Beklagte zu 3/50 zu tragen.
Gründe
Die Klage ist nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Entgegen der in der Einspruchsentscheidung anerkannten Werbungskosten von 6.281 € stehen dem Kläger Werbungskosten von insgesamt 6.553 € zu. Darüber hinaus hat die Klage keinen Erfolg.
Zu Unrecht hat der Beklagte in der Einspruchsentscheidung die Kosten für den Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ in Höhe von 110 € und den Verpflegungsmehraufwand, den der Kläger für die Tage der Anreise und der Rückfahrt insgesamt in Höhe von 24 € geltend macht um an der beruflich veranlassten Job-Messe in 9 teilzunehmen, nicht anerkannt.
Für die berufliche Tätigkeit in 3 stehen dem Kläger nur die tatsächlich angefallenen Fahrtkosten für die von ihm für die Fahrten genutzte BahnCard 100, nämlich 1.895 € und die Pauschale für Verpflegungsmehraufwand von 336 € zu.
Der Senat folgt der Auffassung des Beklagten, dass die Arbeitsstätte in 8 bereits seit dem 12.09.2013 bis zum 31.12.2013 vorlag, da der Kläger anschließend ab 01.01.2014 dort von der Entleiherfirma D-GMBH fest angestellt wurde. Somit ist für die Fahrten von 2 nach 8 die Entfernungspauschale in Höhe von 2.002 € zu gewähren, nicht jedoch ein Verpflegungsmehraufwand; daraus ergibt sich ein Mehr an Werbungskosten von 138 €.
Die Kosten für den Führerschein kann der Kläger nicht als Werbungskosten geltend machen, weil der Erwerb des Führerscheins Klasse B nicht ganz überwiegend der beruflichen Sphäre des Klägers zugeordnet werden kann und eine Kostenaufteilung nicht möglich ist.
1. Die Kosten für den Aufenthaltstitel „Blaue Karte EU“ in Höhe von 110 € sind Werbungskosten.
a) Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlasst sind. Eine solche berufliche Veranlassung ist bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden. Besonderheiten ergeben sich jedoch, wenn die Aufwendungen zugleich die allgemeine Lebensführung berühren. Denn nach § 12 Nr.1 Satz 2 EStG dürfen Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (so auch die ständige Rechtsprechung, vgl. schon BFH-Urteil vom 18.05.1984 VI R 130/80, BFHE 141, 140, BStBl. II 1984, 588).
b) Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Erwerb der „Blauen Karte EU“ nahezu ausschließlich aus beruflicher Veranlassung erfolgt. Die „Blaue Karte EU“ gewährt dem Inhaber nach § 19a AufenthG i.V.m § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a AufenthG den befristeten Aufenthalt im Bundesgebiet, welcher grundsätzlich nötig ist für eine berufliche Tätigkeit in Deutschland. Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG darf zudem ein Ausländer eine Tätigkeit nur ausüben, soweit er im speziellen Aufenthaltstitel dazu berechtigt ist. Dies bedeutet, dass auch ein Arbeitsplatzwechsel einen Vermerk in einem Aufenthaltstitel erfordert. Die „Blaue Karte EU“ ist ein befristeter Aufenthaltstitel auf der Grundlage der europäischen Hochqualifizierten-Richtlinie (2009/50/EG) und erfordert eine besondere berufliche Qualifikation des Antragstellers sowie eine erhebliche Gehaltshöhe. Unter bestimmten weiteren Voraussetzungen kann ein unbefristeter Aufenthaltstitel frühestens nach 33 Monaten in einem Beschäftigungsverhältnis gewährt werden.
Der Kläger besaß sowohl die beruflichen Voraussetzungen zum 5 der „Blauen Karte EU“ als auch eine Beschäftigungszusage mit der erforderlichen Gehaltshöhe. Er hat zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft gemacht, dass seine Anstellung bei der Firma B-GmbH mit der Möglichkeit zur Arbeitnehmerüberlassung nur aufgrund des Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ möglich war. Somit waren die erforderlichen Kosten von 110 € nahezu ausschließlich aus seiner beruflichen Betätigung erwachsen. Ein möglicher hinzutretender „privater“ Vorteil aus der Aufenthaltserlaubnis tritt in den Hintergrund. Insbesondere war damit nicht eine totale Veränderung seines rechtlichen Status verbunden, wie er etwa im Falle einer Einbürgerung erlangt würde (so in BFH-Urteil vom 18.05.1984 VI R 130/80, a.a.O.).
2. Ein Verpflegungsmehraufwand steht dem Kläger wegen der Teilnahme an der beruflich veranlassten Job-Messe in 9 auch für die Tage der Anreise und der Rückfahrt zu; es sind daher weitere Werbungskosten in Höhe von 24 € anzuerkennen.
a) Nach § 9 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 5 Satz 2 EStG (in der im Streitjahr gültigen Fassung) sind Mehraufwendungen für die Verpflegung eines Steuerpflichtigen, insoweit anzuerkennen, als er vorübergehend von seiner Wohnung und dem Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten betrieblichen Tätigkeit entfernt betrieblich tätig ist, und zwar für jeden Kalendertag, an dem der Steuerpflichtige wegen dieser vorübergehenden Tätigkeit von seiner Wohnung und seinem Tätigkeitsmittelpunkt
a) 24 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 24 Euro,
b) weniger als 24 Stunden, aber mindestens 14 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 12 Euro,
c) weniger als 14 Stunden, aber mindestens 8 Stunden abwesend ist, ein Pauschbetrag von 6 Euroabzuziehen; eine Tätigkeit, die nach 16 Uhr begonnen und vor 8 Uhr des nachfolgenden Kalendertags beendet wird, ohne dass eine Übernachtung stattfindet, ist mit der gesamten Abwesenheitsdauer dem Kalendertag der überwiegenden Abwesenheit zuzurechnen.
Der Steuerpflichtige hat einen Rechtsanspruch auf Gewährung der gesetzlichen Pauschbeträge (BFH-Urteil vom 04.04.2006 VI R 44/03, BFHE 212, 571, BStBl. II 2006, 567); zu berücksichtigen sind auch die Tage der An- und Abreise (BFH-Urteil vom 24.12.2011 VI R 66/10, BFHE 232, 524, BStBl. II 2012, 27, Rn. 15) und zwar grundsätzlich ohne Prüfung einer Mindestabwesenheit eine Pauschale von jeweils 12 € (BMF vom 24.10.2014 in BStBl. I 2014, 1412 Rz. 48).
b) Im Streitfall steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Teilnahme an der Job-Messe in 9 ganz überwiegend beruflicher Natur gewesen ist. Die Anreise bzw. Abreise erfolgte unmittelbar am Tag vor und nach der Job-Messe. Der Aufenthalt in 9 war, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung überzeugend darlegte, nahezu ausschließlich auf den Besuch der Job-Messe gerichtet und damit beruflich veranlasst. Die frühzeitige Anreise zur Vorbereitung auf die Messe sowie die private Übernachtung stehen dem nicht entgegen. Ein Zwang zur Nutzung eines Hotels für die Erlangung der Mehrverpflegungsaufwendungen wäre unbillig. Die Übernachtung in 9 nach Ende der Job-Messe um 18 Uhr ist der beruflichen Veranlassung zuzurechnen. Auch wenn im Anschluss an die Messe ab 18 Uhr bis zum nächsten Morgen um 6 Uhr eine Party stattgefunden hat, ist die Rückfahrt des Klägers erst am 27.10.2013, also am Tag nach Beendigung des beruflichen Teils der Messe, nicht der privaten Sphäre zuzurechnen. Es steht im Ermessen des Steuerpflichtigen, die An- und Rückfahrt zu beruflich begründeten Auswärtstätigkeiten so zu gestalten, dass der Aufenthalt zu einer möglichst geringen körperlichen Belastung führt. Die unverzügliche Rückreise nach Beendigung des Dienstgeschäftes kann insbesondere bei weiter Entfernung des Dienstortes vom Wohnort nicht verlangt werden. Zu Recht ist daher für die Abreise am Folgetag des Dienstgeschäftes eine Pauschale in Höhe von 12 € zu gewähren.
3. Das Gericht folgt der Auffassung des Beklagten, dass für die Beschäftigung des Klägers in 3 vom 01.04.2013 bis zum 11.09.2013 eine Auswärtstätigkeit vorlag, die Beschäftigung ab dem 12.09.2013 in 8 aber als an der regelmäßigen Arbeitsstätte zu beurteilen ist, weil der Kläger ohne Unterbrechung dort anschließend ein festes Arbeitsverhältnis eingegangen war.
a) Ein Arbeitnehmer ist grundsätzlich dann nicht an einer regelmäßigen Tätigkeitsstätte, sondern auswärts tätig, wenn er außerhalb einer dem Arbeitgeber zuzuordnenden Tätigkeitsstätte (Betrieb, Zweigbetrieb oder Betriebsstätte) tätig wird, wie dies insbesondere bei Leiharbeitnehmern, aber auch bei allen anderen Arbeitnehmern der Fall ist, die vorübergehend ausschließlich am Betriebssitz eines Kunden des Arbeitgebers tätig werden (BFH-Urteil vom 15.05.2013 VI R 18/12, BFHE 241, 374, BStBl. II 2013, 838 14).
Die Beschäftigung des Klägers in 3 erfolgte unstreitig auf der Grundlage der Arbeitnehmerüberlassung.
b) Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG grundsätzlich in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 10.12.2015 VI R 7/15, BFH/NV 2016, 397). Die Aufwendungen des Klägers für Fahrten an seinen Beschäftigungsort in 3 sind danach nicht mit einer Pauschale, sondern mit dem vom Kläger nachgewiesenen tatsächlichen Aufwendungen für die Bahnfahrten zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 15.05.2013 VI R 18/12, a.a.O.). Diese betrugen unstreitig 1.895 €.
c) Die Berücksichtigung einer Pauschale von 0,30 € je km, somit ein Betrag von 2.793 € wie ihn der Kläger erklärt hat, kommt dagegen nicht in Betracht. Diese Pauschale ist nur gerechtfertigt, wenn bei Nutzung eines PKW die tatsächlich angefallenen Kosten nicht nachgewiesen werden können und eine offensichtlich unzutreffende Besteuerung ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteile vom 26.07.1991 VI R 114, 88, BFHE 165, 374, BStBl. II 1992, 105 und vom 15.04.2010 VI R 20/08, BFHE 229, 203, BStBl. II 2010, 805). Die Pauschale ist nur bei einer tatsächlichen Nutzung eines PKW berechtigt, weil für die Vorhaltung eines Kraftfahrzeugs regelmäßig höhere Kosten anfallen als bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Der Kläger hat aber gerade kein eigenes Kfz für die Fahrten vorgehalten und benutzt, sondern fuhr mit der Bahn. Die Berücksichtigung „nur“ seiner tatsächlich entstandenen Kosten in Höhe von 1.895 € ist daher gerechtfertigt und verstößt nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot.
d) Verpflegungsmehraufwand für die Auswärtstätigkeit in 3 ist wie erklärt und unstreitig für 56 Tage mit je 6 €, also insgesamt mit 336 € als Werbungskosten zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 5 Satz 1 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG; vgl. BFH-Urteil vom 15.052013 VI R 41/12, BFHE 241, 378, BStBl. II 2013, 704).
e) Für die Zeit der Beschäftigung in 8 aber waren dem Kläger nur Werbungskosten zuzurechnen, wie sie für einen Arbeitnehmer anzusetzen sind, der an seiner regelmäßigen Arbeitsstätte tätig ist. Insoweit unterliegt der Werbungskostenabzug bestimmten Einschränkungen, als nämlich für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte die „Entfernungspauschale“ gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG anzusetzen und der Abzug eines Verpflegungsmehraufwandes ausgeschlossen ist (vgl. Krüger in Schmidt, EStG, 36. Aufl. 2017, § 19 Rz. 110 „Reisekosten“ m.w.N.).
Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten etwa durch die Bildung von Fahrgemeinschaften, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und gegebenenfalls sogar durch die entsprechende Wohnsitznahme hinwirken kann. Für diesen Fall erweist sich die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG als sachgerechte und folgerichtige Ausnahme vom objektiven Nettoprinzip (BFH-Urteil vom 17.06.2010 VI R 35/08, BFHE 230, 147, BStBl. II 2010, 852). Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist gerechtfertigt, obgleich der Kläger auch in 8 zunächst auf der Grundlage eines Entleihungsverhältnisses tätig gewesen ist. Denn zu seinen Gunsten ist zu berücksichtigen, dass er mit dem Ziel der späteren Anstellung beim Entleiher (Kunden) eingestellt wurde. Hier kann nicht von einer Auswärtstätigkeit in Form der Tätigkeit an typischerweise ständig wechselnden Tätigkeitsstätten ausgegangen werden; der Arbeitnehmer muss in einer solchen Situation nicht damit rechnen, im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses an wechselnden Tätigkeitsstätten eingesetzt zu werden. Vielmehr wird er in diesem Fall dauerhaft an einer regelmäßigen (wenn auch außerbetrieblichen) Arbeitsstätte tätig (BMF-Schreiben vom 21.12.2009, IV C 5-S 2353/08/10010, BStBl. I 2010, 21).
f) Damit waren für die Beschäftigung in 8 anstelle der tatsächlich angefallenen Bahnkosten von 1.516 € und dem erklärten Verpflegungsmehraufwand für 58 Tage je 6 €, insgesamt von 348 €, die insoweit insgesamt höhere Entfernungspauschale von 2.002 € (für 71 Tage je 94 km je 0,30 €) zu berücksichtigen.
An Werbungskosten für die Beschäftigung in 3 sind somit Werbungskosten von 2.231 € und in 8 von 2.002 € zu gewähren, insgesamt 4.233 €. Da der Beklagte in der Einspruchsentscheidung an Werbungskosten für die Tätigkeiten in 3 und 8 insgesamt nur 4.095 € berücksichtigt hatte, sind weitere Werbungskosten in Höhe von 138 € anzusetzen.
4. Die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse B stellen jedoch keine Werbungskosten dar, sondern sind nichtabzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung.
a) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen Werbungskosten, soweit sie zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen. Die Aufwendungen müssen durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlasst sein. Hierfür müssen die Aufwendungen objektiv mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit zusammenhängen und subjektiv zu dessen Förderung bestimmt sein (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG, a.a.O., § 9 Rz. 40 m.w.N.).
Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Aufwendungen den Kosten der allgemeinen Lebensführung i.S.d. § 12 Nr.1 Satz 2 EStG zuzuordnen sind. Solche sind gegeben, soweit sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen, auch wenn sie zur Förderung des Berufs benötigt werden. Eine ausdrückliche Regelung im § 12 EStG bezüglich der Abzugsfähigkeit der Führerscheinkosten bedarf es nicht. Zwar müssen Gesetze im Hinblick auf den Wesentlichkeitsgrundsatz hinreichend bestimmt sein. Jedoch bedeutet dies nicht, dass der Gesetzgeber jeden Sachverhalt im Detail ausformulieren muss. Der Gesetzgeber muss lediglich die wesentlichen Entscheidungen treffen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind die Kosten für den Erwerb einer allgemeinen Kfz-Fahrerlaubnis (Klasse B) den Kosten der privaten Lebensführung zuzuordnen und nur ausnahmsweise als Werbungskosten anzuerkennen, nämlich dann wenn der Erwerb des Führerscheins unmittelbare Voraussetzung zur Berufsausübung ist (vgl. Krüger in Schmidt, EStG, a.a.O., § 19 Rz. 110 „Führerschein“ m.w.N. d. Rspr.). Maßgeblich hierfür ist, dass die Fahrerlaubnis typischerweise auch in einem nicht unwesentlichen Umfang für Privatfahrten benutzt wird. In welchem Umfang das Fahrzeug beruflich genutzt wird bzw. werden soll, ist nicht ausschlaggebend. Hieraus folgt, dass eine Aufteilung anhand eines objektiv nachprüfbaren Maßstabs nicht möglich ist (BFH-Urteil vom 20.2.1969 IV R 119/66, BStBl II 1969, 433; BFH-Beschluss vom 15.2.2005 VI B 188/04, BFH/NV 2005, 890 und ständige Rechtsprechung, vgl. Nachweise in FG Münster, Urteil vom 27. August 2015 4 K 3243/14 E, juris). Dies gilt selbst dann, wenn dem Erwerb der Fahrerlaubnis ein gesteigerter Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit zu Grunde liegt, da der tatsächliche Gebrauch der Fahrerlaubnis für private Zwecke möglich bleibt (FG München, Urteil vom 4.10.2006 1 K 3885/05, juris).
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Erwerb der Fahrerlaubnis durch die berufliche Tätigkeit veranlasst ist und eine private Nutzung ausgeschlossen werden kann. Dies ist z.B. anzunehmen beim Erwerb eines Taxi-, LKW- oder Busführerscheins. Gleiches gilt für den Erwerb einer Fahrerlaubnis für ausschließlich betrieblich nutzbare Fahrzeuge (FG Niedersachsen, Urteil vom 6.6.2012 4 K 249/11, EFG 2012, 1532; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 29.8.2006 14 K 46/06, EFG 2007,179 und FG Münster, Urteil vom 25.2.1998 7 K 5197/96 E, EFG 1998, 941). Nach den Umständen des Einzelfalles kann eine ausschließliche berufliche Veranlassung der Erwerbskosten einer Fahrerlaubnis ausnahmsweise auch dann vorliegen, wenn ihr Innehaben zwingende Einstellungsvoraussetzung ist (BFH-Urteil vom 8.4.1964 VI 251/63 U, BStBl III 1964, 431). Dies wird dann angenommen, wenn die Fahrerlaubnis nur anlässlich der Führung eines Dienstfahrzeugs erworben wurde, kein eigener PKW zur Verfügung steht und der Steuerpflichtige bisher auf die Nutzung eines Kraftfahrzeugs verzichtet hat (FG Münster, Urteil vom 27.08.2015 4 K 3243/14 E, a.a.O.).
b) Diesen Grundsätzen entsprechend sind die Kosten, die der Kläger für eine Fahrerlaubnis der Klasse B aufgewendet hat, nach den Umständen des Streitfalls dem Bereich seiner privaten Lebensführung zuzuordnen, weil sie nicht ganz überwiegend beruflich veranlasst sind; die Abzugsfähigkeit scheitert an § 12 Nr.1 Satz 2 EStG. Eine zukünftige private Nutzung kann durch den Kläger nicht ausgeräumt werden. Grundsätzlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Kläger die Fahrerlaubnis auch für privat veranlasste Fahrten in Anspruch nimmt. Er konnte hierzu auch keine überzeugenden, entgegenstehenden Tatsachen anführen; lediglich Beteuerungen reichen nicht aus. Der private Anteil kann also hierbei nicht vernachlässigt werden, da gerade ein PKW-Führerschein im Alltag eine durchaus nützliche private Bereicherung darstellt. Es handelt sich hierbei auch um einen Führerschein der Klasse B und nicht um eine Befugnis, die typischerweise eher der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist (LKW, Taxi, Bus etc., vgl. BFH-Urteil vom 8.4.1964 VI 251/63 U, a.a.O.). Ein PKW-Führerschein ist im Gegensatz zu einem LKW-Führerschein nahezu unbeschränkt privat nutzbar.
Dem Umstand, dass der Führerschein auch die berufliche Tätigkeit des Klägers gefördert hat, misst der Senat nicht die Bedeutung bei, dass die Kosten nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen wären. Zwar hat die Firma D-GMBH dem Kläger bestätigt, dass der Besitz des Führerscheins der Klasse B zum Zeitpunkt der Einstellung eine Voraussetzung für die Besetzung der Stelle und für die Teilnahme an Erprobungsfahrten erforderlich gewesen sei. Der Kläger war im Streitjahr aber nicht von der Firma D-GMBH angestellt, sondern dort in Leiharbeit beschäftigt. Auch ein Abzug im Sinne von vorweggenommenen Werbungskosten kommt nicht in Betracht. Denn der wesentliche Arbeitsbereich des Klägers war in der Zeit ab der Festanstellung bei der Firma D-GMBH die Systemsoftware-, Funktions- und Regler-Entwicklung. Die Teilnahme an Erprobungsfahrten stellte daher nur einen Teilbereich der beruflichen Tätigkeit dar, so dass eine Vergleichbarkeit der Arbeitsverhältnisse des Klägers mit denen eines LKW-, Bus- oder Taxifahrers oder einer Krankenschwester, eines Altenpflegers sowie eines auf einen PKW angewiesenen Außendienstmitarbeiters nicht gegeben ist. Es ist somit im Streitfall der Regelungsanordnung in § 12 Nr.1 Satz 2 EStG zu folgen, wonach zu den nichtabzugsfähigen Ausgaben der Lebensführung solche zählen, soweit sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen, auch wenn sie zur Förderung des Berufs benötigt werden. Ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt im Streitfall hinsichtlich des Verhältnisses der beruflichen und privaten Veranlassung der Kosten nicht in Betracht. Das unterschiedliche und nicht klar bestimmbare Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge erfordert es im Streitfall, von einer Aufteilung ganz abzusehen, weil sich der Umfang der jeweiligen Nutzung objektiv nicht überprüfen lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 27.07.2015 GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl. II 2016, 265, Rn. 71; BFHBeschluss vom 21.09.2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl. II 2010, 672, Rn. 128).
5. Abschließend weist der Senat darauf hin, wie bereits in der mündlichen Verhandlung geschehen, dass im Streitfall ein Verstoß gegen die Pflicht auf den Hinweis einer möglichen Verböserung nach § 367 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht vorliegt, da der Kläger auf die Möglichkeit einer Verböserung bereits im Schreiben vom 24.10.2014, sowie mit einer weiteren Begründung im Schreiben vom 02.03.2015 hingewiesen worden ist.
Im Streitfall lag jedoch tatsächlich keine Verböserung der Steuerfestsetzung mit der Einspruchsentscheidung vor, da gegenüber dem angefochtenen Steuerbescheid eine niedrigere Steuer festgesetzt wurde. Auszugehen ist insoweit von dem Tenor des angefochtenen Bescheides, nicht von den einzelnen Besteuerungsgrundlagen (vgl. BFH-Urteil vom 09.09.2010 IV R 47/08, BFH/NV 2011, 426).
Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus §§ 136 Abs. 1 Satz 1, 143 Abs. 1 FGO. Sie waren im Verhältnis des teilweisen Erfolges der Klage verhältnismäßig aufzuteilen.