Aktenzeichen RO 5 K 16.278
BayDSG BayDSG § 28 Abs. 2, § 36
RL 2016/943/EU Art. 1 Abs. 2
GG GG Art. 10, Art. 12, Art. 14
ZustV-GA ZustV-GA § 1 Abs. 1 S. 2
PAG Art. 11 Abs. 2 Nr. 3
BayVwVfG BayVwVfG Art. 39 Abs. 1 S. 3
BDSG BDSG § 4 Abs. 2 S. 2, § 28 Abs. 2 Nr. 2 lit. b
AEUV AEUV Art. 36
Leitsatz
1 Die Änderung des § 4 Abs. 1a FPersG soll den Behörden Maßnahmen zur Kontrolle und Sicherstellung der bereits zuvor bestehenden Pflichten, einschließlich der Mitverantwortung nach § 20a FPersV, an die Hand geben. (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)
2 § 4 Abs. 1a FPersG ermöglicht auch die Anordnung der Übermittlung von Trackingdaten als erforderliche Maßnahme, ungeachtet der bereits vor seiner Einführung bestehenden Pflichten über die Vorlage von bestimmten Unterlagen nach § 4 Abs. 3 FPersG. (Rn. 83 – 84) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ein verfasungsrechtlich geschütztes Recht, die Einsichtnahme in geschäftliche Unterlagen zu verweigern, wenn damit Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten aufgedeckt werden könnten, besteht nicht (Anschluss an BayVGH BeckRS 2007, 25611). (Rn. 116) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid des Gewerbeaufsichtsamts vom 26.01.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Die streitgegenständliche Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage in § 4 Abs. 1a FPersG. Danach kann die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber, der Verlader, der Spediteur, der Reiseveranstalter, der Hauptauftragnehmer, der Unterauftragnehmer und die Fahrervermittlungsagentur zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen – wie der Fahrpersonalverordnung – ergebenden Pflichten zu treffen haben. Wie sich aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 18/3254 Anlage 3, BT-Drs. 18/3586, S. 1, 3 und 7) zu dieser Regelung ergibt, war es gerade die Zielrichtung des Gesetzgebers, für die Aufsichtsbehörden eine Anordnungsbefugnis zu schaffen, um gegenüber an der Beförderungskette beteiligten Unternehmen aufsichtlich tätig werden zu können. Die Erweiterung des Adressatenkreises der Norm über Arbeitgeber hinaus zielte vielmehr darauf ab, die ohnehin bestehenden materiellen Verpflichtungen der an der Beförderungskette Beteiligten besser kontrollieren zu können. (Vgl. zur Gesetzgebungsgeschichte und Auslegung der Anspruchsgrundlage ausführlich VG München, Urteil vom 21. Februar 2017 – M 16 K 16.1813 -, Rn. 15 – 22, juris)
II.
1. Zuständig für Anordnungen nach § 4 Abs. 1a FPersG war auch die handelnde Regierung der Oberpfalz – Gewerbeaufsichtsamt und zwar in sachlicher Hinsicht nach § 4 Abs. 1 FPersG, Art. 1 Abs. 2 S. 1 ZustG, § 1 Abs. 1 S. 2 ZustV-GA § 10 Nr. 1 lit. c) StRGVV, da in der Anlage zur ZustV-GA zwar Anordnungen nach dem FPersG auftauchen (Nrn. 10 und 11), allerdings nur Spezialzuständigkeiten bei (hier nicht vorliegenden) Straßenkontrollen, sodass subsidiär die Zuständigkeit des Gewerbeaufsichtsamts greift.
In örtlicher Hinsicht bezieht sich die Zuständigkeit nach § 1 Abs. 1 S. 2 ZustV-GA auf „ihren örtlichen Bereich“. Unter ergänzender Heranziehung von Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG ist damit der Ort zu verstehen, an dem die Tätigkeit (hier: Ausliefern von Paketen, bezüglich dessen weitere Ermittlungen zu Lenkzeitverstößen durch die Anordnung ermöglicht werden sollen) tatsächlich ausgeübt wird bzw. an dem sich eine Betriebsstätte, nämlich das Depot, auf das sich die Angelegenheit bezieht, befindet. Die genannten Touren befinden sich zwar sowohl in der Oberpfalz als auch in Niederbayern. Auch bei den Touren, die nach Niederbayern führen, bietet jedoch das Depot in der Oberpfalz, bei dem jedenfalls die ersten und letzten Scans durch die Subunternehmer stattfinden, einen hinreichenden Bezug zu einer Betriebsstätte bzw. wird dort ein hinreichend wichtiger Teil für die Tätigkeit durchgeführt (v.a. Erhalt einer bestimmten Menge auszuliefernder Pakete), dass zumindest auch die hier handelnde Behörde örtlich zuständig ist, vgl. Art. 3 Abs. 2 S. 1 BayVwVfG. Auf den Sitz der das Unternehmen betreibenden juristischen Person oder ob auch die Regierung von Niederbayern bei den entsprechenden Touren hätte tätig werden können, kommt es damit für die Begründung der Zuständigkeit nicht an, da die entsprechenden Behörden jedenfalls nicht in Bezug auf die gleichen Datensätze tätig geworden sind.
2. Die Klägerin wurde auch mit dem Schreiben vom 17.12.2015 angehört im Sinne von Art. 28 BayVwVfG. Zwar sollte dieses Schreiben nur dann als Anhörung verstanden werden, wenn man der Aufforderung darin, die offenbar noch keinen Verwaltungsakt darstellen sollte, nicht freiwillig nachkäme. Auch wenn die unmittelbare Gestaltung als Anhörungsschreiben klarer am gesetzlichen Verfahrensablauf orientiert gewesen wäre, schadet die vorliegende Gestaltung nicht, da es sich um eine unschädliche Potestativbedingung handelt, die Empfängerin es also selbst in der Hand hat, ob sie die Daten unmittelbar herausgibt oder sich dem verschließt, sich zu dem Vorhaben äußert und daraufhin ein Verwaltungsakt (wie vorliegend) erlassen wird.
III.
Die Anwendung der Rechtsgrundlage auf den konkreten Fall erfolgte ebenfalls in rechtmäßiger Weise. Es ergeben sich Pflichten (1.) für die Adressatin (2.) des Verwaltungsakts und Klägerin aus den dort genannten Vorschriften und die daraufhin von der Aufsichtsbehörde angeordneten Maßnahmen sind erforderlich (3.), ermessensfehlerfrei getroffen und verhältnismäßig (4.) sowie im Übrigen verfassungsmäßig (5.) und datenschutzkonform (6.).
1. Aus § 1 Abs. 1 FPersV folgt die Pflicht von Fahrern von Fahrzeugen zur Güterbeförderung mit zulässiger Höchstmasse von mehr als 2,8 bis zu 3,5 Tonnen bestimmte Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten, aus § 1 Abs. 6 FPersV die Pflicht, u.a. diese Zeiten aufzuzeichnen und an den Unternehmer auszuhändigen. Aus § 20a Abs. 2 FPersV folgt eine näher bestimmte Mitverantwortung der weiteren an der Beförderungskette beteiligten Unternehmen u.a. für die Einhaltung der FPersV. Für Maßnahmen nach § 4 Abs. 1a FPersG genügt es daher, dass eine solche Pflicht ein genanntes Glied der Beförderungskette trifft, um Maßnahmen auch gegen ein anderes genanntes Glied der Beförderungskette zu treffen. Ersichtlich soll damit verhindert werden, sich durch Aufsplitterung in Subunternehmerkonstellationen den Sozialvorschriften im Straßenverkehr bzw. deren Kontrolle entziehen zu können.
Der Mitverantwortung aus § 20a FPersV kann man sich auch nicht mit dem Argument verschließen, durch ihre Einführung oder die Änderung von § 4 Abs. 1a FPersG sollten keine neuen (materiellen) Pflichten geschaffen werden (BT-Drs. 18/3586, S. 7) und damit gleichsam vortragen, diese Regelung sei letztlich inhaltsleer.
Soweit durch die Änderung des § 4 Abs. 1a FPersG keine neuen Pflichten geschaffen werden sollten, ist dies unmittelbar einleuchtend, da diese Pflichten, einschließlich der Mitverantwortung schon zuvor in § 20a FPersV bestanden. Nunmehr sollte aber den Behörden Maßnahmen zur Kontrolle und Sicherstellung ihrer Einhaltung an die Hand gegeben werden (BT-Drs. ebd.).
Ähnlich lässt sich dies für die Einführung von § 20a Abs. 2 S. 2 ff. FPersV festhalten. Die Mitverantwortung war bereits in S.1 zuvor geregelt gewesen. Aufgrund der allgemein gefassten Formulierung der Regelung (und der naheliegenden Folge, dass diese Regelung nicht ernst genug genommen wird), wurde diese Mitverantwortung durch konkretere (aber nicht als abschließende Aufzählung zu verstehende) Pflichten konkretisiert. Mit dieser Gesetzesänderung wurden die Pflichten also auch nicht neu geschaffen, sondern bestehende Pflichten durch Beispiele konkretisiert.
An deren Bestehen ändert der in beiden Fällen vorgebrachte Hinweis, dass keine neuen Pflichten entstehen sollten, nichts.
Im Ergebnis sind die für § 4 Abs. 1a FPersG erforderlichen Pflichten also sowohl (schon einzeln ausreichend) in den einzuhaltenden und zu dokumentierenden Lenk- und Ruhezeiten etc. bei den Subunternehmern als auch in der Mitverantwortung der Klägerin zu erblicken. Die Anordnung dient auch nach wie vor der Erfüllung dieser Pflichten, schließlich können bei festgestellten Verstößen weitere Maßnahmen gegenüber Haupt- und Unterauftragnehmern (auch basierend auf § 4 Abs. 1a FPersG) getroffen werden oder Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden können, um die Fahrer zu künftig ordnungsgemäßem Verhalten anzuhalten.
2. Die Adressatin des Verwaltungsakts ist die das Unternehmen betreibende juristische Person, welche als Hauptauftragnehmerin im Sinne von § 4 Abs. 1a FPersG anzusehen ist. Letzteres ergibt sich daraus, dass sie die Depots betreibt und den Transport zum Empfänger von dort über Unterauftragnehmer organisiert (so auch VG München, Urteil vom 21. Februar 2017 – M 16 K 16.1813 -, Rn. 22, juris m.w.N.).
Dass die juristische Person und nicht der im Adressfeld des Bescheids genannte Depotleiter und erst recht nicht das Depot, mangels eigener Rechtspersönlichkeit, Adressatin des Verwaltungsakts ist, ergibt sich durch Auslegung. Für die juristische Person als Adressatin spricht dabei deren Nennung im Adressfeld und die Formulierung im Bescheid „Ihnen als an der Beförderungskette beteiligtem Unternehmen“.
Dass nicht an den gesetzlichen Vertreter und den Sitz der Adressatin adressiert wurde, erklärt sich daraus, dass im Vorfeld jedenfalls telefonischer Kontakt zwischen dem Gewerbeaufsichtsamt und dem Depotleiter bestand. Zwar wäre bei Versand an den Sitz der juristischen Person die Adressatin noch klarer benannt gewesen, dies schadet jedoch nicht, da bei Adressierung an die Depotleitung der Depotleiter einen Empfangsboten darstellt (vgl. Fehling/Kastner, Verwaltungsrecht, § 41 VwVfG Rn. 24).
Diese Stellung wird nach der Verkehrssitte bei solchen Personen angenommen, die sich im Machtbereich des Empfängers befinden und auf Grund ihrer Reife und Fähigkeiten dazu imstande sind, die betreffende verkörperte Willenserklärung weiterzugeben (MüKoBGB/Einsele BGB § 130 Rn. 25). Bei einem Depotleiter, der ohnehin in Koordinierungsbeziehungen zum Unternehmensträger steht, ist zweifelsohne davon auszugehen, dass dieser im Machtbereich des Empfängers befindliche Mitarbeiter, die Fähigkeit besitzt, die Anordnung unternehmensintern weiterzugeben. Bei Geschäftsräumen spricht im Übrigen viel dafür, dies im Einklang mit dem Rechtsgedanken des § 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO bei jeder dort beschäftigten Person anzunehmen (so auch Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens VwVfG § 41 Rn. 67). Jedenfalls leitete der Depotleiter die Anordnung auch an die Hauptverwaltung weiter und die Firmenanwälte beschäftigten sich damit, sodass kein Anlass für Zweifel an der Empfangsboteneigenschaft des Depotleiters bleiben kann.
3. § 4 Abs. 1a FPersG ermöglicht gegenüber der Adressatin „erforderliche Maßnahmen“. Eine solche stellt die Vorlage von Unterlagen, hier die Übermittlung von Trackingdaten dar.
a) Dem steht nicht entgegen, dass in § 4 Abs. 3 FPersG (schon länger) eine Vorschrift über die Vorlage von bestimmten Unterlagen und nur bestimmter Adressaten besteht. Nach der Gesetzesbegründung war gerade eine Erweiterung des Adressatenkreises und die Schaffung von Kontrollmöglichkeiten in der gesamten Beförderungskette beabsichtigt (so auch VG München, Urteil vom 21. Februar 2017 – M 16 K 16.1813 -, Rn. 21, juris) und ist von dem generalklauselartigen Wortlaut auch gedeckt. Absatz 3 behält auch bei diesem Verständnis seine Bedeutung als Spezialnorm zur Unterlagenvorlage z.B. der Tageskontrollblätter selbst.
b) Gegen die generalklauselartige Formulierung bestehen ebensowenig Bedenken wie gegen die anerkannten polizei- und sicherheitsrechtlichen Generalklauseln Art. 11 Abs. 2 Nr. 3 PAG und Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG. Den (insbesondere verfassungsrechtlichen) Rechtspositionen der Betroffenen kann bei der Anwendung Rechnung getragen werden.
c) Die Übermittlung von Trackingdaten zur Feststellung von Pflichtverstößen und Vorbereitung weiterer Maßnahmen ist auch geeignet und erforderlich.
aa) Zum einen ist die Geeignetheit gegeben. Bei den Trackingdaten handelt es sich um eine Vielzahl von Datensätzen, welche automatisiert entstehen und weiterverarbeitet werden. Aus ihnen lassen sich zwar nicht unmittelbar Fahrbeginn, – unterbrechungen und -ende ablesen, aber in Zusammenschau mit den anderweitig vorzulegenden handschriftlichen Tageskontrollblättern diese auf Richtigkeit überprüfen und offensichtliche Unrichtigkeiten feststellen. Wäre z.B. ein Arbeitsbeginn bzw. -ende mit einer bestimmten Uhrzeit notiert, davor bzw. danach aber in den Trackingdaten bereits Auslieferungen verzeichnet, wäre eine Unrichtigkeit des Tageskontrollblattes festgestellt. Ebenso wenn Auslieferscans in Pausenzeiten des Tageskontrollblattes liegen oder an ganz anderen Orten geschehen sind, wie nach dem Tageskontrollblatt möglich.
bb) Die Anordnung der Vorlage der Trackingdaten ist auch erforderlich, da es kein milderes, gleich effektives Mittel gibt. Die Tageskontrollblätter sind handschriftliche Aufzeichnungen, woraus allein schon die Fälschungsanfälligkeit deutlich wird. Im konkreten Fall hat sich dies durch von der Polizei aufgefundene um 8:45 Uhr für den bevorstehenden Tag schon ausgefüllte und für mehrere Tage auffallend gleichförmig ausgefüllte Tageskontrollblätter sogar manifestiert. Dispopläne stellen eine Planung im Vorfeld dar und keinen Nachweis der tatsächlich gefahrenen Tour. Arbeitsantritt-/ Pausen- und Arbeitszeitdokumentationen weißen jedenfalls nicht die Vielzahl der Vorgänge (Scans bei jeder Paketübergabe) auf. Insbesondere aber liefert die automatisierte Erfassung einer Vielzahl von Datensätzen eine höhere Gewähr für deren Richtigkeit, da eine Fälschung, die die Daten an die handschriftlichen Tageskontrollblätter anpassen würde, einen hohen manuellen Aufwand bedeuten würde.
Die angeforderten Datenkategorien sind dabei auch als erforderliche Daten zu werten. Die Daten unter Buchstaben a, b und c von Nr. 1.1 des Bescheidtenors ermöglichen damit die Zuordnung eines Fahrers zu einem Trackinggerät und zu den damit erfassten Scans und somit den Vergleich der Scans mit den Tageskontrollblättern. Buchstaben e, f und g stellen die Daten dar, „wann und wo“ ein Scan erfolgte, was erforderlich ist zum Abgleich mit dem Tageskontrollblatt, wann dort Lenk- und Ruhezeiten notiert sind und ob eine Übereinstimmung mit dort notierten Kilometerständen vorliegen kann bzw. eine Übereinstimmung der Örtlichkeiten mit ggf. ebenso vorgelegten Dispoplänen.
Durch Kenntnis der Paketnummer (Buchstabe d) kann zudem die Schlüssigkeit der Trackingdaten dahingehend überprüft werden, ob alle übernommenen Pakete auch übergeben oder zurückgebucht wurden. Im konkreten Fall kann durch die schon vom Klägervertreter vorgetragene Übertragung in ein Archivsystem auch aus der Paketnummer über die Eingabe in der online-Sendungsverfolgung nicht mehr auf Versender und Empfänger geschlossen werden, Daten deren Erforderlichkeit jedenfalls nicht auf der Hand liegen würde. Aufgrund der Archivierung der Daten (letztes angefordertes Datum: 15.11.2015, erbetene Vorlage bis 3.3.2016) ist im vorliegenden Fall ein Rückschluss auf Versender und Empfänger jedoch nicht möglich. Von der Erforderlichkeit kann, wie dargestellt also ausgegangen werden. Ob bei künftigen Bescheiden dem Rechnung getragen wird durch Verzicht auf die Paketnummer, gestaffelte Übermittlung derselben nach Archivierung, Übermittlung der Gesamtdaten erst nach Archivierung oder andere Maßnahmen ist für den vorliegenden Fall aufgrund des zeitlichen Abstands nicht mehr relevant.
cc) Darüber hinausgehende tatbestandliche Voraussetzungen für ein aufsichtsbehördliches Tätigwerden nennt die Regelung des § 4 Abs. 1a FPersG nicht. Die Aufsichtsbehörde kann demnach – wie die Regierung vorgetragen hat – routinemäßig oder anlassbezogen handeln (vgl. auch VG München, Urteil vom 21. Februar 2017 – M 16 K 16.1813 -, Rn. 23, juris unter Bezugnahme auf VG Bayreuth, U.v. 16.4.2013 – B 1 K 12.753 – juris Rn. 22; VG Aachen, B.v. 11.3.2013 – 2 L 590/12 – juris Rn. 6).
4. Auch die Ermessensausübung, die nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist, erweist sich nicht als fehlerhaft (vgl. § 114 VwGO) (a). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, insbesondere das Übermaßverbot (b), ist nicht erkennbar.
a) Den ausführlichen Gründen des Bescheids lässt sich entnehmen (vgl. Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG), dass die Regierung das ihr zustehende Ermessen erkannt und ausgeübt hat. In nicht zu beanstandender Weise ist die Behörde dabei davon ausgegangen, dass die Angaben von ihr benötigt werden, um ihrer behördlichen Aufsichtspflicht nachkommen zu können, namentlich, um Verstöße gegen FPersG und FPersV zu erkennen und abzustellen.
b) Im Gegensatz zum Verfahren vor dem VG München (M 16 K 16.1813) wurden hier nicht nur vereinzelte Daten, sondern eine größere Datenmenge angefordert, was jedoch ebenfalls nicht gegen das Übermaßverbot (aa) verstößt, da eine vorzunehmende Prognose ergibt, dass die elektronisch vorliegenden Daten nur mittels wenig zeitaufwändiger standardmäßiger Operationen gefiltert (bb, cc) und ggf. aufbereitet (dd) werden müssen.
aa) Dabei ist zunächst festzuhalten, dass nicht auf das einzelne Depot, sondern auf die Adressatin des Verwaltungsakts und Hauptauftragnehmerin im Sinne vom § 4 Abs. 1a FPersG hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit abzustellen ist. Diese muss dann dem durch die angeordneten Maßnahmen zu prognostizierendem Aufwand gegenübergestellt werden, um die Zumutbarkeit beurteilen zu können. Zudem kann das Maß des Zumutbaren sich erhöhen, wenn ein zusätzlicher Aufwand auf eigenes Handeln und Unterlassen und Entscheidungen zur Unternehmensorganisation zurückzuführen ist, da es anderenfalls ein Maßnahmeadressat in der Hand hätte, eine eigentlich zumutbare Anordnung unzumutbar werden zu lassen. Beispielsweise Koordinationsaufwand, der durch Aufteilung der Tätigkeit auf Haupt- und Unterauftragnehmer, Konzernstrukturen oder Auslagerung der kompletten EDV zu Drittunternehmen (z.B. „in die Cloud“) entstünde, wäre in aller Regel zumutbar, da dem eine unternehmerische Entscheidung zugrunde liegt, erhöhten Aufwand bei der Koordination aufgrund der Vorteile solcher Strukturen in Kauf zu nehmen. Durch die eigene Struktur und Abläufe erhöhter Aufwand, der „von außen“ herrührt, z.B. bei behördlichen Anordnungen, ist somit in aller Regel ebenfalls zumutbar.
bb) Aus der Eigenbeschreibung der Dienstleistungen der Klägerin wird schon deutlich, dass die Trackingdaten in elektronischer, strukturierter Form vorliegen. Anders wäre es kaum vorstellbar, dass jeder von jährlich mehreren hundert Millionen Paketempfängern diese online verfolgen und umleiten könnte, dass Paketankündigungen per Mail erfolgen, wenn vom Versender an die Klägerin entsprechende Kontaktdaten übermittelt worden waren. Die Prozesse im Umgang mit diesen Daten sind offenbar von dritter Seite ausgezeichnet worden, man behauptet selbst, digitale Möglichkeiten voll auszuschöpfen und man reduziere für Versender den Aufwand durch Bereitstellung digitaler Schnittstellen (vgl. Anlage B1 Bl. 10 und 17).
Die Anordnung des Gewerbeaufsichtsamts beinhaltete nun, aus dieser Menge elektronischer Daten nach allgemein definierten Kriterien (bestimmte Touren in einem bestimmten Zeitraum) Datensätze herauszufiltern und von diesen Datensätze nur bestimmte, ebenfalls allgemein definierte Inhalte (z.B. Fahrer, Ort und Zeit des Scans einer bestimmten Paketnummer) für die Übermittlung zu behalten. Da diese Tätigkeit, wenn sie z.B. durch Personal aus gedruckten Tabellen durch Abschreiben nur bestimmter Zeilen und Spalten erfolgen müsste, sehr aufwändig wäre, ist es bei der dargestellten elektronischen Infrastruktur der Klägerin kaum denkbar, dass dem nicht eine Datenbank o.ä. zugrunde liegt, welche durch Abfrage nach den genannten allgemeinen Kriterien die gewünschte Zusammenstellung selbstständig ausgibt. Dies wird dadurch gestützt, dass in der Sache unwidersprochen (ja sogar durch Verweis auf eine andere rechtliche Grundlage in der Sache bestätigt) von einer Anfrage des Zoll berichtet wurde, bei der eine um ein vielfaches größere Anzahl an Datensätzen in weniger als einem Arbeitstag zur Verfügung gestellt werden konnte.
Darüber hinaus spricht für die Möglichkeit, die elektronischen Daten nach allgemeinen Kriterien automatisch filtern zu können, dass die Datenverarbeitung schon nach Aussage des Klägervertreters nach § 28 BDSG erfolgt, mithin also nach § 1 Abs. 2 Nr.3 BDSG entweder eine Datenverarbeitungsanlage oder eine nicht automatisierte Datei im Sinne der Definition des § 3 Abs. 2 BDSG von der Klägerin betrieben werden muss, sonst wäre der Anwendungsbereich des BDSG schon nicht eröffnet. Da hier offenkundig unter Einsatz von EDV gearbeitet wird, verbleibt nur die Variante der Datenverarbeitungsanlage und diese setzt schon qua definitionem voraus, dass auch eine automatisierte Auswertung, d.h. ein Nutzen der Daten ermöglicht wird (vgl. Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Rn. 15a). Nichts anderes als eine solche automatisierte Auswertung war hier durch die Anordnung zunächst gefordert.
Dabei ist zu betonen, dass die Klägerin unternehmensintern geeignete Personen mit dieser Aufgabe betrauen muss. Dass also ein Depotleiter ohne technischen Vollzugriff auf die zentrale Datenbank selbst die Daten nur unter großem Aufwand beschaffen könnte, ist daher nicht maßgeblich und dessen Aufwand war daher auch nicht weiter zu ermitteln.
Weder die Behörde noch das Gericht mussten zudem die exakt bei der Klägerin bestehenden technischen Strukturen (Hard- und Software, Personal mit vollem Datenzugriff) weiter aufklären. Bei einem Unternehmen, das die geforderten Daten, vielfach elektronisch übermittelt und diese zum Anbieten der eigenen Dienste auswerten können muss, besteht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass auch ein Herausfiltern der vorliegend angeforderten Daten automatisiert und ohne nennenswerten menschlichen Aufwand technisch möglich ist. Die Frage des nötigen Aufwandes wurde darüber hinaus sogar in den Schriftsätzen vor der mündlichen Verhandlung erörtert und von der Beklagten als Schutzbehauptung betitelt, woraufhin keinerlei Vortrag stattfand, der erläutern würde, woher genau der große Aufwand käme, sondern vielmehr zugestanden wurde, dass die Datenherausgabe (in Zusammenhang mit den Ermittlungen des Zolls) mittels des Zentralcomputers möglich war.
cc) Dass bei Bescheidserlass manche bzw. mittlerweile wohl alle Daten nach Ablauf von 3 Monaten sich in einem vom Klägervertreter so bezeichneten Archivsystem befinden und „manuell“ reproduziert werden müssten, stellt kein Element dar, das als für die Unzumutbarkeit sprechend in die Bewertung eingestellt werden müsste. Zum einen entspräche es nicht sinnvollen unternehmerischen Abläufen, ein Archivsystem so zu gestalten, dass die Daten zwar vorhanden, aber nur erheblich erschwert auswertbar wären. Vielmehr besteht ein erster Anschein, dass ein Archivsystem erstellt wird, um die Leistungsfähigkeit der täglich genutzten Datenbank zu erhalten, dieses vielleicht unternehmensintern von weniger Personen, von diesen aber in nicht wesentlich aufwändigerer Weise zugänglich und auswertbar ist, wie das Produktivsystem. Könnte man die archivierten Daten nicht mehr auffinden, wäre die Archivierung an sich schließlich schon wenig sinnvoll. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Archivierung nicht längere Zeit zurückliegt und sich die technischen Gegebenheiten entscheidend geändert haben könnten. Dies wurde bei der Klägerin auch dadurch bestätigt, dass die Zollverwaltung in dem beschriebenen Vergleichsfall Daten eines längeren und länger zurückreichenden Zeitraums problemlos erhalten hatte.
Jedenfalls stellt aber im vorliegenden Fall der Mehraufwand durch die Archivierung einen der Klägerin zumutbaren Aufwand dar, da durch das Anhörungsschreiben vom 17.12.2015 der Herausgabewunsch bekannt war und mit Ausnahme weniger Daten diese noch nicht archiviert waren, da sie für einen Zeitraum vom 15.09.2015 bis 15.11.2015 verlangt worden waren. Wenn man daraufhin zulässt, dass die Archivierung eintritt und damit evtl. ein höherer Aufwand entstehen sollte, wenn der Bescheid, zu dem angehört wurde, erlassen wird, so ist dieser zusätzliche Aufwand gerade im Verantwortungsbereich der Klägerin entstanden und dieser daher unabhängig von dessen Größe stets zumutbar. Dass der Verwaltungsakt noch nicht erlassen war, sondern dessen Erlass nur im Raum stand, steht dieser Bewertung des Aufwands als zumutbar nicht entgegen, da die Frage der Zumutbarkeit eine umfassende Würdigung der Umstände erfordert.
Der Einwand, dass eine längere Speicherung als 3 Monate nicht vorgeschrieben sei, kann nicht durchgreifen. Es wird nicht eine längere Speicherung angeordnet, sondern die Herausgabe von tatsächlich vorhandenen, aus anderen Gründen gespeicherten Daten.
dd) Um den Rückschluss auf Versender und Empfänger der Pakete auszuschließen, weil daran kein Interesse erkennbar ist für Zwecke der Überprüfung bzgl. FPersG und FPersV, erlaubte das Gewerbeaufsichtsamt, bei Datensätzen mit Postleitzahlen, die einem Empfänger spezifisch zugeordnet sind (Firmenpostleitzahlen/Großkundenpostleitzahlen) nur den Zustellungsort anzugeben und nicht die Postleitzahl. Auch der hierzu notwendige Aufwand ist als zumutbar anzusehen, diese Handhabung hätte daher auch unmittelbar angeordnet werden können.
Dazu müssen nämlich die soeben beschafften Datensätze abgeglichen werden mit einer Liste von Firmenpostleitzahlen und/oder Nicht-Firmenpostleitzahlen und die so gefilterten Listen derart bearbeitet werden, dass zu einem Merkmal die Daten gelöscht werden, letztlich also eine Tabellenspalte entfernt wird.
Wie oben auch würde dies einen großen Aufwand darstellen, wenn diese Arbeit „mit Stift und Papier“ erledigt werden müsste. Die Trackingdaten liegen aber, wie dargelegt, elektronisch und strukturiert vor, die Erstellung elektronischer Listen von Firmen- und Nicht-Firmenpostleitzahlen ist einem Unternehmen der Paketzustellungsbrache offensichtlich zuzumuten, da es zu deren Kerntätigkeit gehört, mit diesen Adressdaten zu arbeiten.
Elektronisch vorliegende Listen mit den Trackingdaten einerseits und den Firmenpostleitzahlen andererseits lassen sich aber unter überschaubarem Aufwand wie gefordert bearbeiten. Sollte diese Bearbeitung nicht schon über eine Datenbankabfrage beim ersten Schritt des Exports der geforderten Touren möglich sein, so besteht z.B. in gängigen Tabellenkalkulationsprogrammen wie Microsoft Excel oder dem auch für geschäftliche Nutzung kostenfrei zum Download verfügbaren OpenOffice Calc nicht nur, wie von Beklagtenseite erwähnt, die Funktion „Suchen und Ersetzen“, mit der jeweils nach einer Firmenpostleitzahl gesucht und diese z.B. durch ein Leerzeichen ersetzt werden könnte. Vielmehr bieten beide Programm die Funktion „Spezialfilter“, welche eine vorhandene Liste mit Daten (Trackingdaten) nach mehreren Kriterien ((Nicht-)Firmenpostleitzahlen) filtert und das Ergebnis (Liste ohne/nur mit Firmenpostleitzahlen) an eine andere Stelle schreibt. Dort kann dann schlicht die Spalte mit den Postleitzahlen bei den Firmenpostleitzahlen gelöscht werden.
Die dafür nötigen Dateiformate (z.B. CSV) stellt die Klägerin nach eigener Aussage auf ihrer eigenen Website auch in anderem Zusammenhang für einen Datenaustausch zur Verfügung, sodass es auf den Kenntnisstand des Terminsvertreters in der mündlichen Verhandlung bzgl. der fraglichen Abläufe insoweit nicht ankommt. V.a. aber stützt diese zur Erörterung der Sachlage in der mündlichen Verhandlung durch das Gericht eingeführte Tatsache nur ein auch anderweitig gefundenes Ergebnis. Dass strukturierte elektronische Daten in einem Format vorliegen, welches von den genannten Programmen verarbeitet werden kann, ist nämlich der ganz typische Regelfall. Eine weitergehende Aufklärung war daher nicht erforderlich, da der Klägervertreter trotz des Einwands der Schutzbehauptung in der Klageerwiderung nicht weiter substantiierte, wodurch (außer durch papiergestützte Weiterverabeitung der elektronisch vorliegenden Daten) dieser untypische, große Aufwand hätte entstehen sollen. Der Terminsvertreter konnte hierzu in der mündlichen Verhandlung ebenso nichts weiter ausführen, sodass sich die Beurteilung des Aufwands im Rahmen der vorzunehmenden Prognose an typischerweise möglichen Abläufen zu orientieren hatte.
5. Die angeordnete Maßnahme ist auch im Übrigen verfassungsgemäß, verstößt insb. weder gegen Brief- oder Postgeheimnis (a) noch gegen das Grundrecht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bzw. von Betriebsgeheimnissen (b).
a) Da Versender und Empfänger von Paketen nicht in den geforderten Daten enthalten und auch jedenfalls seit der Archivierung nicht mehr ohne gesonderte (und dann wieder gesondert rechtlich zu überprüfende) Anfrage durch die Paket(schein) nummer ermittelbar sind, ist nach Auffassung der erkennenden Kammer der Schutzbereich von Art. 10 Abs. 1 GG schon nicht eröffnet.
Der Kern des Schutzbereichs ist offenkundig nicht betroffen, da Inhalt und Vertraulichkeit der versandten Pakete nicht Teil der geforderten Daten sind. Auch die Umstände der Kommunikation können jedoch geschützt sein. Entschieden ist dies aber für Fälle (BVerfG, Beschluss vom 27.10.2006 – 1 BvR 1811/99 Rn. 12, 13 m.w.N.), in denen Versender- oder Empfängerdaten Gegenstand des Verfahrens waren, schließlich könnten hieraus Rückschlüsse gezogen und so die Vertraulichkeit verletzt werden. Jede Gefährdung der Vertraulichkeit ist hier aber ausgeschlossen (vgl. Maunz/Dürig Art. 10 Rn 60, 77), da nicht auf spezifische Versender oder Empfänger rückgeschlossen werden kann, auch nicht bei Firmenpostleitzahlen aufgrund deren Löschung, sodass der Zweck von Art. 10 GG, Kommunikationsbeziehungen oder Kommunikationsinhalte zu schützen (BVerfG, Urteil vom 12. März 2003 – 1 BvR 330/96 -, Rn. 50, juris), vollständig gewahrt bleibt.
Selbst wenn man den Schutzbereich aber weiter fassen würde, wäre ein Eingriff als gerechtfertigt zu bewerten, da bei der hier gegenständlichen, geeigneten und erforderlichen Maßnahme (s.o.) die Güter Arbeitsschutz und Verkehrssicherheit das Rest-Interesse an einem derart weit verstandenen Brief- und Postgeheimnis überwiegen würden.
b) Soweit vorgebracht wird, durch die Anordnung würden Details des Geschäftsmodells offengelegt und Betriebsgeheimnisse verletzt, so ist eine eventueller Eingriff in Art. 12 bzw. 14 GG oder die allgemeine Handlungsfreiheit jedenfalls gerechtfertigt. Schließlich werden die Daten nur einer Behörde und nicht einem (potentiellen) Mitbewerber bekannt (aa) und es besteht auch kein Auskunftsverweigerungs- oder vergleichbares Recht, das durch die Anordnung verletzt würde (bb).
aa) Jedenfalls im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung bzgl. der geeigneten und erforderlichen (s.o.) Anordnung überwiegen die Allgemeininteressen an Verkehrssicherheit und Arbeitsschutz das geringe Eingriffsmaß in geschützte Details des Geschäftsmodells oder Betriebsgeheimnisses. Auch wenn Orte der Depots als öffentlich bekannt gewertet werden, die Tätigkeit des Paketauslieferns in der Öffentlichkeit stattfinden und große Versender über die Zeit ähnlich große, wenn nicht größere Datenmengen erhalten, kann jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass die Trackingdaten geschützte Inhalte enthalten. Diese werden jedoch nur einer Behörde bekannt, die auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit weiter tätig werden will. Eine Weitergabe an (potentielle) Mitbewerber ist nämlich weder ersichtlich noch zu befürchten. Der Schutz von Betriebsgeheimnissen zielt aber gerade darauf ab, vor Kenntnisnahme durch Mitbewerber zu schützen. (BVerwG, Beschluss vom 19. Januar 2009 – 20 F 23/07 -, Rn. 11, juris; Landmann/Rohmer, UmweltR/Reidt/Schiller, UIG § 9 Rn. 20) Dieses Ergebnis wird durch die Voraussetzung der Drittbegünstigungsabsicht in der weitesten Variante in § 17 UWG gedeckt, wo allenfalls die Begünstigung von fremden Staaten (z.B. aus ideologischen Motiven) als Verletzungshandlung diskutiert wird (vgl. Erbs/Kohlhaas/Diemer UWG § 17 Rn.31). Ebenso befindet sich diese Ansicht nicht im Widerspruch zu der (aus Transparenzgründen wohl erst noch umzusetzenden, vgl. Kalbfus, GRUR 2016, 1009) EU-Geschäftsgeheimnis-Richtlinie RL 2016/943/EU, welche ausweislich Art. 1 Abs. 2 lit. b) und Erwägungsgrund 11 keine Regelung zu Konstellationen treffen will, in denen Verwaltungsbehörden Geschäftsgeheimnisse zu ihrer Aufgabenerfüllung erhalten.
Zudem sind vor einer eventuellen Weitergabe betriebliche Interessen z.B. an Betriebsgeheimnissen von der Behörde (mit hohem Stellenwert) zu berücksichtigen. So enthält z.B. auch Art. 36 BayDSG, der auch in Ermangelung eines bayerischen Informationsfreiheitsgesetzes einen allgemeinen Informationszugangsanspruch gegenüber öffentlichen Stellen kodifiziert (BayVGH, Beschl. .v. 27.02.2017 – 4 N 16.461, Rz. 38), in seinem Absatz 3 unter Nr. 3 eine zwingende Ausnahme von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Sie werden ebenso in Art. 30 BayVwVfG genannt.
bb) Die klägerischen Bedenken gegenüber der Aufdeckung des Geschäftsmodells können selbst in dem – hypothetischen – Fall, dass dieses einen Verstoß gegen Lenk- und Ruhezeiten quasi erfordern oder regelmäßig in Kauf nehmen würde, nicht zu einem Weigerungsrecht führen. Ein Recht, die Einsichtnahme in geschäftliche Unterlagen zu verweigern, lässt sich dem Grundgesetz nämlich insoweit nicht entnehmen; ein uneingeschränktes Recht auf Selbstbegünstigung als Ausfluss der persönlichen Freiheit besteht nicht. (vgl. VG München, Urteil vom 21. Februar 2017 – M 16 K 16.1813 -, Rn. 26, juris; BayVGH, B.v. 26.6.2007 – 22 ZB 07.1372 – juris Rn.2; VG Augsburg, U.v. 31.1.2013 – Au 5 K 12.1124 – juris Rn. 33).
Selbst eine eventuelle (analoge) Anwendung von § 4 Abs. 4 FPersG auf Anordnungen nach dem später eingefügten § 4 Abs. 1a FPersG würde zu keinem anderen Ergebnis führen, da er sich nur auf Auskunftserteilung und nicht, wie hier, Urkundenvorlage bezieht. Diese Unterscheidung ist auch nicht von Verfassungs wegen anzugreifen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. September 1984 – 2 BvR 159/84 -) und findet sich sogar in der StPO wieder, §§ 94, 98 StPO. (vgl. zum Ganzen Erbs/Kohlhaas/Häberle FPersG § 4 Rn. 10)
6. Die Anordnung nach § 4 Abs. 1a FPersG verstößt auch nicht gegen Datenschutzrecht; dem VG München (M 16 K 16.1813), das ebenfalls zu diesem Ergebnis gelangt, kann hinsichtlich der Übermittlung aber nur im Ergebnis zugestimmt werden. Der Vorgang ist als Erheben von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 b) BayDSG und als Übermitteln von § 28 Abs. 2 Nr. 2 b) BDSG gedeckt.
a) Zu prüfen waren dabei BayDSG und BDSG, da keine Spezialnormen ersichtlich sind. § 10 FPersG findet keine Anwendung, da noch kein Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet ist. Auch § 4 Abs. 1a FPersG bzw. die darauf gestützte Anordnung genügen nicht (so aber VG München, Urteil vom 21. Februar 2017 – M 16 K 16.1813 -, Rn. 27, juris), da § 4 Abs. 1 BDSG und Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG verlangen, dass u.a. Erhebung und Verarbeitung durch Rechtsvorschrift (und nicht nur Verwaltungsakt in Ausführung einer solchen) erlaubt oder angeordnet werden. Eine bloße Aufgabeneröffnung genügt hierfür nicht (Wolff/Brink, Datenschutz in Bund und Ländern, BDSG § 4 Rn. 6). Eine Generalklausel kann genügen, wenn eine gefestigte Rechtsprechung zu deren Konkretisierung existiert (Wolff/Brink, Datenschutz in Bund und Ländern, BDSG § 4 Rn. 9 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 23. Februar 2007 – 1 BvR 2368/06). Eine solche existiert zu § 4 Abs. 1a FPersG noch nicht. Zwar ist der Zweck der Datenerhebung dort bestimmt (Erfüllung fahrpersonalrechtlicher Pflichten), alles weitere ist jedoch den subsidiären Regeln der Datenschutzgesetze zu entnehmen.
b) Zunächst ist festzuhalten, dass die Überlassung von Daten durch eine nicht-öffentliche Stelle an eine öffentliche Stelle nicht nur nach den datenschutzrechtlichen Vorschriften zur Übermittlung zu beurteilen ist, sondern ein Erheben durch die öffentliche Stelle darstellen kann (Plath/Schreiber in: Plath, BDSG/DSGVO, 2. Aufl. 2016, § 3 BDSG, Rn. 31; Gola/Schomerus, BDSG, § 3 Rn. 24). Insofern stellt jedoch der nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BDSG, Art. 2 Abs. 1 BayDSG anwendbare Art. 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2b) BayDSG für die Erhebung personenbezogener Daten des Fahrers bei Dritten dar („Dritter“ ist hier nicht im Sinne der Definition des Art. 4 Abs. 10 BayDSG zu verstehen, der sich auf Art. 4 Abs. 6 S. 2 Nr. 3 BayDSG bezieht, sondern aufgrund der Systematik des Abs. 2 als Gegenbegriff zum Betroffenen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 BayDSG. Gemeint ist das gleiche wie in der widerspruchsfreieren Formulierung des § 4 Abs. 2 S.2 BDSG „ohne seine Mitwirkung“). Die Trackingdaten werden beim Betroffenen nämlich nicht gespeichert, eine Erhebung wäre also allenfalls durch Beobachtung der einzelnen Scanvorgänge denkbar, was im Vergleich zur Übermittlung der gespeicherten Daten durch die Klägerin einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen würde, der auch nicht nur darauf zurückzuführen wäre, dass die Betroffenen kontaktiert werden müssten (Letzteres könnte aufgrund von Pflichten zur Benachrichtigung des Fahrers für die Beurteilung des Aufwands unbeachtlich sein, vgl. Wolff/Brink, Datenschutz in Bund und Ländern, BDSG § 4 Rn. 44). Schutzwürdige Interessen des Betroffenen überwiegen dabei nicht: Für innere Entfaltungsfreiheit und soziale Beziehungen (vgl. Wolff/Brink, Datenschutz in Bund und Ländern, BDSG § 4 Rn. 47) sind die Erhebung der Trackingdaten, und damit wann und wo der Fahrer ein Paket gescannt hat, durch das Gewerbeaufsichtsamt nämlich kaum relevant. Ein Interesse Lenk- und Ruhezeiten zu überschreiten bzw. Nachweisprobleme bei deren Aufzeichnung aufrecht zu erhalten, wäre zudem aufgrund seiner Rechtswidrigkeit nicht schutzwürdig. Berufliche Nachteile oder Rufschädigung (Gola/Schomerus, BDSG § 4 Rn. 28a) sind ebensowenig zu befürchten, da die Erhebung routinemäßig erfolgen kann und daraus von der Klägerin aus dem Wunsch zur Überlassung der Daten kein Rückschluss auf Verfehlungen gezogen werden kann bzw. diese ohnehin schon aus den Trackingdaten bekannt wären. Allein die eigene Pflicht der Fahrer zur Dokumentation und Übermittlung von Lenk- und Ruhezeiten genügt noch nicht zur Verneinung schutzwürdiger Interessen (so aber VG München, Urteil vom 21. Februar 2017 – M 16 K 16.1813 -, Rn. 27, juris), da so Interessen, (vorhandene) Daten selbst den Behörden zu übermitteln stets unberücksichtigt bleiben könnten.
c) Neben der Erhebung aus der Perspektive des Gewerbeaufsichtsamts ist die Überlassung der Trackingdaten auch als Übermittlung aus der Perspektive der Klägerin datenschutzrechtlich zulässig nach § 28 Abs. 2 Nr. 2b) BDSG, da sie erforderlich ist zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit.
aa) Anwendbar ist diese Vorschrift über §§ 1 Abs. 2 Nr.3, 3 Abs. 4 Nr. 3a) und § 27 Abs. 1 Nr. 1 BDSG, da das BayDSG nach dessen Art. 2 keine Regelung für (gänzlich) nicht-öffentliche Stellen wie die Klägerin trifft und hier personenbezogene Daten über den Fahrer von einer nicht-öffentlichen an eine öffentliche Stelle weitergegeben werden.
bb) Hinsichtlich der Voraussatzungen des § 28 Abs. 2 Nr. 2b) BDSG ist dabei festzuhalten: die Übermittlung dient einem anderen Zweck (als eigenem Geschäftszweck im Sinne von Abs. 1) und zur Erforderlichkeit wird auf die oben im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage gemachten Ausführungen verwiesen, insbesondere darauf, dass es kein milderes, gleich geeignetes Mittel gibt. Dass es bei der Anordnung um die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit geht daraus hervor, dass das FPersG sowohl auf Arbeitsschutz als auch auf den Schutz der Verkehrssicherheit abzielt (so auch Erbs/Kohlhaas/Häberle FPersG § 3 Rn. 1).
Der Begriff der öffentlichen Sicherheit ist dabei zwar wie im Polizeirecht zu verstehen als (jedenfalls auch) die Unversehrtheit der objektiven Rechtsordnung umfassend. Dies kann jedoch nicht schlicht aus dem Wortlaut gefolgert werden, da die Formulierung im BDSG zurückgeht auf Art. 13 Abs. 1 c) und f) der Datenschutzrichtlinie (RL 95/46/EG) und daher autonom europarechtlich auszulegen ist. Öffentliche Sicherheit wird z.B. in Art. 36 AEUV deutlich enger verstanden als die für die Existenz eines Staates wesentlichen Fragen der inneren oder äußeren Sicherheit (vgl. nur Calliess/Ruffert/Kingreen AEUV Art. 36 Rn. 197). Anders als dort erwähnt sowohl Art. 13 der Datenschutzrichtlinie als auch § 28 Abs. 2 Nr. 2b) BDSG neben der öffentlichen die staatliche Sicherheit, welche diese Kernfragen staatlicher Existenz umfassen dürfte und die öffentliche Sicherheit daher, wie im deutschen Recht, weiter zu verstehen ist (so ohne Begründung auch Wolff/Brink, Datenschutz in Bund und Ländern, BDSG § 28 Rn. 105 und Grabitz/Hilf, Das Recht der EU, RL 95/46/EG Art. 13 Rn. 10 unter Ziehung einer Parallele zu EuGH, 27.10.1977 – 30/77 (Boucherau)).
Die Gefahr für die öffentliche Sicherheit in diesem Sinne muss dabei nicht konkret gegenwärtig sein (Wolff/Brink, Datenschutz in Bund und Ländern, BDSG § 28 Rn. 106). Es genügt also, wenn eine generell-abstrakte Betrachtung für bestimmte Arten von Verhaltensweisen oder Zuständen zu dem Ergebnis führt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden im Einzelfall einzutreten pflegt. Daraus, dass handschriftliche Aufzeichnungen besonders fälschungsanfällig sind, hier zusätzlich die Einbindung selbstständiger Subunternehmer stattfindet, was höheren Wettbewerbsdruck erzeugen kann, und sich sogar die Fälschungsanfälligkeit schon in Form von vorausgefüllten oder sehr gleichförmig ausgefüllten Tageskontrollblättern realisiert hat, liegen bereits sehr deutliche Hinweise darauf vor, dass bei Fahrern, die nur handschriftlich aufzeichnen, eine Interessenlage entsteht, in der Lenk- und Ruhezeiten überschritten werden. Die nötige (niedrige) Gefahrenschwelle ist daher klar überschritten, die Übermittlung der Daten also zulässig, da auch keine schutzwürdigen Interessen der Fahrer bestehen, dass die Daten nicht übermittelt werden. Insbesondere ist ein Interesse an einer Unkenntnis eventueller Lenkzeitüberschreitungen nicht schutzwürdig, da dieses gesetzwidrige Verhalten gerade durch die Anordnung aufgedeckt werden soll.
7. Die Kostenentscheidung des Bescheids stützt sich auf Art. 1, 2, 6 Abs. 1 und 10 KG.
8. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.