Aktenzeichen M 17 K 16.35539
Leitsatz
1. Die Lage in Afghanistan rechtfertigt nicht die Annahme, dass dort eine extreme Gefahrensituation vorliegt, die bei einer Rückführung zwangsläufig eine Verletzung des Art. 3 EMRK zur Folge hat. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
2. Arbeitsfähige, gesunde junge Männer sind, insbesondere bei einer Rückkehr aus dem Westen nach Afghanistan, auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagte ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen wurde, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesamtes vom 30. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Er hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Auch ein Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG besteht nicht. Die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung sowie das dreißigmonatige Einreise- und Aufenthaltsverbot sind nicht zu beanstanden.
Zur Begründung wird auf die zutreffende Begründung in dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend hierzu wird ausgeführt:
1. Eine Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter im Sinne des Art. 16a GG scheitert bereits daran, dass er nach seinem eigenen Vortrag auf dem Landweg und damit über einen sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylG in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
2.1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
Die einzelnen Verfolgungshandlungen werden in § 3a AsylG näher umschrieben, die einzelnen Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylG einer näheren Begriffsbestimmung zugeführt. Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG kann nach § 3c AsylG ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (Nr. 3).
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (ebenso wie bei der des subsidiären Schutzes, s.u.) in Orientierung an der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK („real risk“) der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen, wie er vormals auch in Art. 2 Buchst. c) RL 2004/83/EG enthalten war und nunmehr in Art. 2 Buchst. d) RL 2011/95/EU in der Umschreibung „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ zu Grunde liegt (vgl. BVerwG, U.v. 1.3.2012 – 10 C 7.11 – juris). Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris; BVerwG, U.v. 5.11.1991 – 9 C 118.90 – juris).
Es ist dabei Sache des jeweiligen Schutzsuchenden darzulegen, dass in seinem Falle die tatsächlichen Grundlagen für eine Schutzgewährung, insbesondere also ein Verfolgungsschicksal und eine (noch) anhaltende Gefährdungssituation gegeben sind. Eine Glaubhaftmachung derjenigen Umstände, die den eigenen Lebensbereich des Asylbewerbers betreffen, erfordert insoweit einen substantiierten, im Wesentlichen widerspruchsfreien und nicht wechselnden Tatsachenvortrag, der geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen, und der auch mit den objektiven Umständen in Einklang zu bringen ist. Der Asylsuchende hat seine guten Gründe für eine ihm drohende Verfolgung unter Angabe genauer Einzelheiten und in sich stimmig zu schildern (BVerwG, B.v. 10.5.1994 – 9 C 434.93 – NVwZ 1994, 1123 f., B.v. 26.10.1989 – 9 B 405.89 – InfAuslR 1990, 38 ff.; OVG NW, B.v. 22.6.1982 – 18 A 10375/81).
Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist gem. Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. Vorgeschädigten wird in Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU (sowohl für die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als auch für die Gewährung subsidiären Schutzes) eine tatsächliche (aber im Einzelfall widerlegbare) Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden, sofern ein innerer Zusammenhang zwischen der erlittenen Verfolgung bzw. dem erlittenen Schaden und der befürchteten Verfolgung bzw. dem befürchteten Schaden besteht. Dadurch wird der Vorverfolgte / Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden (BVerwG, U.v. 07.09.2010 – 10 C 11.09 – juris; BVerwG, U.v. 27.04.2010 – 10 C 5.09 – juris).
2.2. Diese Anforderungen zugrunde gelegt, kann dem Vorbringen des Klägers weder mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit entnommen werden, dass er zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung von staatlichen oder nichtstaatlichen Akteuren vor seiner Ausreise aus Afghanistan aus asylrelevanten Gründen verfolgt worden ist, noch dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von diesen verfolgt werden würde.
Das Vorbringen des Klägers hinsichtlich der geltend gemachten Verfolgungsgefahr ist nicht glaubhaft. Seine Schilderungen erschöpfen sich in Gänze in den bezeichneten Behauptungen und sind damit vage, oberflächlich sowie unsubstantiiert geblieben. Seine Angaben zur vermeintlichen Bedrohungslage sind derart detailarm, dass sie nicht geeignet sind, ein auch nur ansatzweise nachvollziehbares Bild eines realen Geschehensablaufs zu vermitteln.
Gleichwohl der Kläger seine Gründe, weshalb er Afghanistan verlassen habe, sowohl mit den Schriftsätzen seiner Bevollmächtigten als auch in der mündlichen Verhandlung näher zu konkretisieren versuchte, verbleibt seine Schilderung hinsichtlich seiner konkreten Bedrohungssituation aber in wesentlichen Teilen widersprüchlich und damit auch deshalb nicht glaubhaft.
Während der Kläger durch seinen Bevollmächtigten in der Klagebegründung vom 4. Januar 2017 vortragen ließ, dass er selbst Anzeige gegen die Taliban gestellt und die Distriktverwaltung informiert habe, gab er bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung am 6. April 2017 an, sein Vater habe die Polizei benachrichtigt. Vor dem Bundesamt führte der Kläger noch anfänglich (Bl. 66 BA) aus, dass er nicht wisse, ob er (der Vater) die Polizei gerufen habe. Zudem trug der Klägerbevollmächtigte in seinem Schriftsatz vom 4. Januar 2017 vor, dass das in der Sprache Paschtu vorgelegte Dokument der Distriktverwaltung bestätige, dass sich der Kläger zum Arbeiten außerhalb seines Dorfes in der Nähe einer Brücke befunden habe, während er in der mündlichen Verhandlung ausführte, dass sein Wohnhaus 30m von der Brücke entfernt gelegen sei und er sich gerade auf den Weg zu seinem Feld gemacht habe.
Abgesehen von den in Details unterschiedlichen Schilderungen seines Klägerbevollmächtigten sind es aber vor allem die eigenen Darstellungen des Klägers, die zu erheblichen und auch in der mündlichen Verhandlung unauflösbaren Widersprüchen führen. Dies betrifft insbesondere den Kern der durch den Kläger teilweise unmittelbar selbst angeblich erlebten Gefahrensituation – wenn auch keine unmittelbare Bedrohungslage für den Kläger vorlag, da er von den Taliban unbemerkt blieb, als diese nach ihm suchten – die umso eindringlicher im Gedächtnis des Klägers geblieben sein müsste. Entsprechend gab der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt an, dass die Taliban zwei Tage nach den Kampfhandlungen an der Brücke zu ihnen nach Hause gekommen seien und nach ihm gefragt hätten als er nicht anwesend gewesen sei. Als die Taliban einen Tag später nochmals gekommen seien, habe er sich im Bereich der Frauen versteckt. Die Taliban seien auch dorthinein gekommen, hätten den Kläger aber nicht gefunden. Dementgegen teilte der Kläger in der mündlichen Verhandlung mit, dass die Taliban am Morgen nach den Kampfhandlungen zu ihnen nach Hause gekommen seien. Er habe sich an diesem Tag zu Hause befunden und in einem der Zimmer versteckt. Anschließend sei er nach … geflohen. Am nächsten Tag seien die Taliban erneut bei ihnen zu Hause gewesen, er aber habe sich zu diesem Zeitpunkt bereits in … befunden. Auf Vorhalt, dass sich die bisherigen Schilderungen unterscheiden würden, erklärte der Kläger lediglich, dass er all diese Daten nicht in seinem Gedächtnis behalten könne.
Auch aus dem in der Sprache Paschtu vorgelegten Dokument, das nach Angaben des Klägerbevollmächtigten in seinem Schriftsatz vom 4. Januar 2017 bestätige, dass es zu dem Schusswechsel mit den Taliban gekommen sei und Mitglieder der Taliban zu ihm nach Hause gekommen seien und ihn und die Mitglieder seiner Familie mit dem Tod bedroht hätten, nachdem die Taliban davon erfahren haben sollen, dass der Kläger sie angezeigt habe, ergibt sich keine Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags. Ungeachtet der Tatsache, dass nicht in deutscher Sprache abgefasste Schriftstücke und Dokumente für das Gericht grundsätzlich unbeachtlich sind (§ 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG; BVerwG, B.v. 5.2.1990 – 9 B 506/89 – juris; HessVGH, U.v. 26.11.1990 – 13 UE 1086/85 – juris Rn. 39; VG München, U.v. 13.8.2015 – M 17 K 15.30134; mit gerichtlichen Schreiben vom 31.3.2017 wurde die Klagepartei darauf hingewiesen, dass eine deutschsprachige Übersetzung vorzulegen sei), wurde auch die Entscheidungserheblichkeit des Dokuments nicht in schlüssiger Form dargelegt. Bereits die Umschreibung des Inhalts des fremdsprachigen Dokuments in der Klageschrift vom 4. Januar 2017 widerspricht – wie dargestellt -hinsichtlich der Person des Anzeigenden und des Aufenthaltsortes des Klägers („Danach wird bestätigt, dass der Kläger sich zum Arbeiten außerhalb seines Dorfes befand, in der Nähe einer Brücke“, S. 2 der Klagebegründung vom 4. Januar 2017) den Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung und der Anhörung vor dem Bundesamt. Zudem könnte die Distriktverwaltung aus eigener Überzeugung zwar eine kämpferische Auseinandersetzung mit den Taliban bestätigen. Woher sie allerdings aus eigener Anschauung heraus Kenntnis von der Bedrohungslage des Klägers erhalten haben will, ohne dass sie sich dabei allein auf die Schilderungen des Vaters des Klägers stützt, erschließt sich einem nicht, zumal die Klagepartei nicht vortrug, sich wegen der Bedrohung durch die Taliban zum Eigenschutz an die Polizei oder Distriktverwaltung gewandt zu haben.
2.3. Unabhängig von dem Wahrheitsgehalt des Sachvortrages ist aber auch davon auszugehen, dass für den Kläger im Hinblick auf seine individuellen Umstände gemäß § 3e Abs. 1 AsylG, Art. 8 Abs. 1 QualRL eine sogenannte interne Schutzalternative besteht. Dem Ausländer wird der Flüchtlingsstatus sowie der subsidiäre Schutzstatus (§ 4 Abs. 3 AsylG) nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und von vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Dem Ausländer dürfen in dem Betracht kommenden Gebiet keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen, sofern diese existenzielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde (BVerfG, B.v. 10.11.1989 – 2 BvR 403/84 – juris; Hailbronner, Asyl und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1325). Der Flüchtling muss für eine gewisse Dauerhaftigkeit Schutz erhalten und sich dort „niederlassen“ können. Die Verweisung auf eine interne Fluchtalternative ist daher nur zumutbar, wenn dort nicht andere, unzumutbare Nachteile drohen. Eine drohende konkrete Beeinträchtigung elementarer Menschenrechte kann eine Unzumutbarkeit begründen. Zumutbar ist eine Rückkehr nur dann, wenn der Ort der inländischen Schutzalternative ein wirtschaftliches Existenzminimum ermöglicht, zum Beispiel durch zumutbare Beschäftigung oder auf sonstige Weise, oder durch Mittel der Existenzsicherung aufgrund von Leistungen humanitärer Organisationen. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn den Asylsuchenden am Ort der internen Schutzalternative ein Leben erwartet, dass zu Hunger, Verelendung und zum Tod führt oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten hat als ein „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums“ (BVerwG, B.v. 17.5.2006 – 1 B 100/05 – juris; BVerwG, B.v. 21.5.2003 – 1 B 298/02 – juris). Im Hinblick auf den internen Schutz gem. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG muss für den Rückkehrer in dem schutzgewährenden Landesteil auch die Existenzgrundlage soweit gesichert sein, dass von ihm erwartet werden kann, dass er sich vernünftigerweise dort aufhält. Dies geht als Zumutbarkeitsmaßstab über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und Satz 5 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus, wobei das Bundesverwaltungsgericht bislang offen gelassen hat, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 – 10 C 11.07 – juris Rn. 35; U.v. v. 31.01.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 20, jeweils zu § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 3 AufenthG a. F.; NdsOVG, U.v. 19.09.2016 – 9 LB 100/15 – juris; OVG NW, B.v. 6.6.2016 – 13 A 1882/15.A – juris Rn. 14). Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen vom 19. April 2016 hält eine innerstaatliche Fluchtalternative in Afghanistan nur für zumutbar, wenn der betreffende Ausländer dort Zugang zu Obdach, Grundleistungen wie Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, Gesundheitsfürsorge und Bildung sowie die Möglichkeit, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen, hat. Als Ausnahme vom Erfordernis einer externen Unterstützung sieht er alleinstehende, leistungsfähige Männer und Ehepaare im Arbeitsalter an, die nicht aufgrund persönlicher Umstände auf eine besondere Unterstützung angewiesen sind. Solche Personen können dazu in der Lage sein, ohne die Unterstützung durch die Familie oder durch eine Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten zu leben, die unter staatlicher Kontrolle sind und die nötige Infrastruktur und die Möglichkeit bieten, die Grundbedürfnisse zu befriedigen (vgl. UNHCR, Eligibility Guidelines for accessing the international protection needs of asylum-seekers from Afghanistan, 19.4.2016, S. 83 f.; NdsOVG, U.v. 19.9.2016 – 9 LB 100/15 – juris Rn. 76). Außerdem muss das Zufluchtsgebiet für den Betroffenen sicher und legal erreichbar sein (Hailbronner, Asyl und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1325).
Gemessen daran ist das Gericht davon überzeugt, dass sich der Kläger in Afghanistan für ihn zumutbar an einem Ort niederlassen kann, an dem er nach seinem individuellen Risikoprofil verfolgungssicher ist.
Das Gericht ist davon überzeugt, dass sich der Kläger für ihn zumutbar in Kabul niederlassen kann, wo er aufgrund der Anonymität der Großstadt und unter Berücksichtigung des Zeitablaufs sowie der Entfernung zu seinem Heimatort von den Taliban nicht aufgefunden würde, da dort auch die Gebietsgewalt beim afghanischen Staat liegt und nicht bei den Taliban. Diese Einschätzung entspricht auch der aktuellen Auskunftslage (vgl. VG Ansbach, U.v. 13.01.2017 – AN 11 K 15.31065 – juris Rn. 29; VG Augsburg, B.v. 14.3.2017 – Au 5 E 17.31264 – juris; nachfolgend BVerfG, B.v. 27.3.2017 – 2 BvR 681/17 – juris). Nach Angaben des Auswärtigen Amtes bieten größere Städte aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleinere Städte oder Dorfgemeinschaften (Lagebericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 – Stand September 2016 – S. 16). Die Beurteilung, ob eine Fluchtalternative besteht, hängt aber maßgeblich davon ab, in welchem Ausmaß ein Betroffener vorverfolgt ist, und wie sehr er ins Visier seiner Verfolger gelangt ist. Inwieweit die Gefahr besteht, dass der Betroffene bei einer Rückkehr an einem anderen Ort in Afghanistan ebenfalls aufgespürt werden könnte und von Neuem verfolgt würde, lässt sich nicht allgemein beantworten. Für die Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung sind dabei vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalls (BayVGH, B.v. 14.2.2017 – 13a ZB 17.30010 – juris).
Daher könnte sich der erwerbsfähige Kläger nach Überzeugung des Gerichts in Kabul niederlassen, ohne einer Verfolgung ausgesetzt zu sein.
Das Ausmaß der Vorverfolgung des Klägers ist – unterstellt man den Wahrheitsgehalt der klägerischen Angaben – als eher gering einzuschätzen. Er selbst hatte keinen direkten Kontakt zu den Taliban, die nach ihm gefahndet hätten. Auch gaben sich die potentiellen Verfolger – zumindest bei einem ihrer Besuche – sogar durch den Hinweis des Vaters, der Kläger sei nicht zu Hause, zufrieden und unternahmen – soweit ersichtlich – bei ihrem ersten Besuch nicht einmal den Versuch, den Kläger in dem Haus seiner Eltern aufzuspüren. Auch die Tatsache, dass die Taliban den Vater des Klägers unbehelligt gelassen haben, obwohl dieser die Polizei verständigt haben will und als Familienoberhaupt womöglich in Verantwortung hätte genommen werden können, spricht dagegen, dass der Kläger in beträchtlichem Ausmaß in das Visier der Verfolger gelangt ist.
Entsprechend gab der Kläger bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt auch an, dass er normal in Afghanistan leben könnte, solange die Taliban nicht wissen, dass er zurückgekehrt sei. Zwar müsse er seine Eltern auf jeden Fall informieren, wenn er nach Afghanistan gehen würde. Aus welchen Gründen er ihnen auch seinen Aufenthaltsort nennen müsse, trug er indes nicht vor. Es ist damit nicht beachtlich wahrscheinlich, dass der Kläger, der vor dem Gefecht an der Brücke nicht mit den Taliban in Konflikt geraten ist, heute in das Visier seiner vermeintlichen Verfolger gelangen sollte.
Dem Kläger, als gesunden, jungen und arbeitsfähigen Mann, ist nach Überzeugung des Gerichts eine Rückkehr in eine größere afghanische Stadt i.S. einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach seinen individuellen Verhältnissen auch zumutbar. Es bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger bei einer Rückkehr in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, in Kabul oder … einen Lebensunterhalt oberhalb des Existenzminimums insoweit zu verdienen, dass von ihm vernünftigerweise erwartet werden kann, sich dort aufzuhalten (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 25 ff.; OVG NW, B.v. 8.6.2016 – 13 A 1222/16.A – juris Rn. 10; NdsOVG, U.v. 20.07.2015 – 9 LB 320/14 – juris S. 8; OVG NW, U.v. 27.01.2015 – 13 A 1201/12.A – juris Rn. 46; U.v. 26.08.2014 – 13 A 2998/11.A – juris Rn. 197). Grundsätzlich ist Kabul im Hinblick auf die allgemeine Sicherheitslage als Fluchtalternative derzeit geeignet (VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 25 ff.; VG Augsburg, B.v. 14.3.2017 – Au 5 E 17.31264 – juris Rn. 32 ff.). Das Risiko, dort durch Anschläge Schaden an Leib oder Leben zu erleiden, ist weit unterhalb der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (VG München, U.v. 16.3.2017 – M 17 K 16.35014; BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 13a ZB 16.30824 – juris; B.v. 17.8.2016 – 13a ZB 16.30090 – juris, Rn. 10; B.v. 5.2.2015 – 13a ZB 14.30172 – juris, Rn. 7, B.v. 27.5.2014 – 13a ZB 13.30309 – juris Rn. 4, B.v. 19.6.2013 – 13a ZB 12.30386 – juris und B.v. 18.7.2012 – 13a ZB 12.30150 – juris Rn. 7 ff.; OVG NW, U.v. 3.3.2016 – 13 A 1828/09.A – juris, Rn. 73; B.v. 20.7.2015 – 13 A 1531/15.A – juris Rn. 8; VG Lüneburg U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 29 ff.; U.v. 6.2.2017 – 3 A 126/16 – juris Rn. 46 ff. unter Aufzählung einzelner jüngster Anschläge).
Zwar war teilweise ein Anstieg von zivilen Opfern im Vergleich zu den Vorjahreszeiträumen zu verzeichnen. Dass dieser Anstieg jedoch die Sicherheitslage in Kabul derart gravierend verschlechtert hat, dass der Kläger dort mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald einer Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt wären, ergibt sich aus den Auskünften nicht (VG Augsburg, B.v. 14.3.2017 – Au 5 E 17.31264 – juris Rn. 34; nachfolgend BVerfG, B.v. 27.3.2017 – 2 BvR 681/17 – juris; BayVGH, B.v. 14.1.2015 – 13a ZB 14.30410 – juris Rn.5). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der von Klägerseite nunmehr vorgelegten neueren Erkenntnismittel (u.a. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Update zu aktuellen sich als Lage vom 30.9.2016 S. 4ff.; Zeit-Online, Bericht von Kai Biermann vom 20. November 2016; Anmerkungen von UNHCR vom Dezember 2016; Schreiben des Innenministers Studt von Schleswig-Holstein vom 10. Januar 2017; UNAMA-Bericht vom 6. Februar 2017; Anordnung der Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan durch das Innenministerium Schleswig-Holstein vom 14. Februar 2017; Zeit-Online Artikel vom 18. Februar 2017 „NRW stoppt Abschiebungen nach Afghanistan“; Bericht der Deutschen Welle vom 18. Februar 2017 „Afghanistan ist nirgendwo sicher“; Schweizerische Flüchtlingshilfe „Alternative“ Fakten zur Situation in Afghanistan vom 20. März 2017; ACCORD Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan vom 15. März 2017; Bericht des UNO-Generalse-kretärs an den UNO-Sicherheitsrats (United Nations General Assembly Security Council) vom 3. März 2017; UNO-Sicherheitsrat Resolution 2344 (2017) vom 17. März 2017; Aufsatz von Friederike Stahlmann, „Überleben in Afghanistan?“, „Bedrohungen im sozialen Alltag Afghanistans“, Asylmagazin 3/2017).
Soweit die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) in ihrem im Februar 2016 veröffentlichten Jahresbericht für 2015 anführt, dass sie im Jahr 2015 die höchste Zahl an zivilen Opfern seit 2009 dokumentiert hat, ändert dies nichts an obiger Einschätzung. Nachdem es bereits in den Jahren 2013 und 2014 einen Anstieg in der Zahl der zivilen Todesopfer und Verletzten gegeben hatte, stieg im Jahr 2015 die Zahl der durch konfliktbedingte Gewalt getöteten und verletzten Zivilisten im Vergleich zum Jahr 2014 um vier Prozent auf 11.002 zivile Opfer (3.545 Tote und 7.457 Verletzte). Wie UNAMA erläutert, ist der Anstieg in der Gesamtzahl der zivilen Opfer vor allem durch eine Zunahme an komplexen Anschlägen und Selbstmordanschlägen sowie gezielten Tötungen durch regierungsfeindliche Kräfte zu erklären. Darüber hinaus stieg auch die Zahl von Opfern, die durch Regierungskräfte im Zuge von Luft- und Bodengefechten verursacht wurden. Insbesondere in der Provinz Kunduz geriet zudem eine steigende Zahl von Zivilisten zwischen die Frontlinien der Konfliktparteien. UNAMA zu Folge führten komplexe Anschläge und Selbstmordanschläge in der Zentralregion, insbesondere in der Stadt Kabul, zu einem 18-prozentigen Anstieg in der Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2015 (vgl. ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul, Stand: 5.7.2016). Weder diese Erkenntnisse noch die aktuellen Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan vom Dezember 2016 geben jedoch Anlass zu einer Abweichung der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes und einer Neubewertung der bekanntlich angespannten Sicherheitslage (BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30081 – juris Rn. 12; B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30081 – juris Rn. 12; VG München, U.v. 9.3.2017 – M 17 K 16.35022; U.v. 9.3.2017 – M 26 K 16.35363 – UA Bl. 7). Vor dem Hintergrund anhaltender Besorgnis in Bezug auf die Sicherheitslage werden Empfehlungen für den Schutzbedarf ausgesprochen und verschiedene Risikoprofile aufgezeigt, ohne dass dort Zahlen genannt würden, die die bisherige Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs in Frage stellen könnten. Die dortige Bewertung beruht zudem auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben. Des Weiteren sind auch nach dessen Auffassung alleinstehende, leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter in der Lage, ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen zu leben (Richtlinien vom 19.4.2016). Aus den weiteren Ausführungen ergeben sich ebenfalls keine anderen Ausgangsdaten, die darauf schließen ließen, dass die vom Verwaltungsgericht und vom Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegten Erkenntnisse zwischenzeitlich unrichtig oder überholt wären (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30081 – juris Rn. 12; B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – juris Rn. 11 bzgl. des insoweit vergleichbaren UNHCR-Berichts vom 19. April 2016; B.v. 20.1.2017 – 13a ZB 16.30996 – juris Rn. 9; VG München, U.v. 9.3.2017 – M 17 K 16.35022; VG Augsburg, U.v.19.12.2016 – Au 5 K 16. 31939 – juris Rn. 42). Basierend auf den oben dargelegten Zahlen ist auch bei einer Gesamtbetrachtung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem Kläger, bei dem – wie dargestellt – keine individuellen gefahrerhöhenden Umstände vorliegen, ein Leben in Kabul nicht zumutbar wäre. Entsprechendes gilt hinsichtlich des vom Klägerbevollmächtigten eingeführten Schreibens des Innenministers Studt von Schleswig-Holstein vom 10. Januar 2017 und der Anordnung der Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan durch das Innenministerium Schleswig-Holstein vom 14. Februar 2017, die sich zur Begründung neben dem am 7. Februar 2017 auf den Supreme Court in Kabul ausschließlich auf die Anmerkungen des UNHCR vom Dezember 2016 und den UNAMA Jahresbericht 2016 beziehen. Zudem basieren die Überlegungen des Innenministers von Schleswig-Holstein zu einem Abschiebestopp auf politischen Erwägungen (BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30081 – juris Rn. 12). Die zitierten Medienberichterstattungen (Zeit-Online, Bericht von Kai Biermann vom 20. November 2016; Zeit-Online Artikel vom 18. Februar 2017 „NRW stoppt Abschiebungen nach Afghanistan“; Bericht der Deutschen Welle vom 18. Februar 2017 „Afghanistan ist nirgendwo sicher“) beschränken sich im Wesentlichen auf eine Berichterstattung der aktuellen Abschiebepraxis einzelner Bundesländer ohne weitere neue Erkenntnisquellen über die aktuelle Sicherheitslage zu benennen. Übereinstimmend berichten zwar auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe („Alternative“ Fakten zur Situation in Afghanistan vom 20. März 2017) und ACCORD (Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan vom 15. März 2017) unter Bezugnahme auf den Bericht des UNO-Generalsekretärs an den UNO-Sicherheitsrats (United Nations General Assembly Security Council) vom 3. März 2017, auf die sich die Resolution 2344 (2017) des UNO-Sicherheitsrat vom 17. März 2017 stützt, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan, auch in Kabul, während des Jahres 2016 und bis ins Jahr 2017 hinein insgesamt weiterhin verschlechtert hat. Gleichwohl ist auch unter Berücksichtigung dieser Erkenntnismittel kein Abweichen von der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofe geboten (VG München, U.v. 16.3.2017 – M 17 K 16.35014; BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 13a ZB 16.30824 – juris; B.v. 17.8.2016 – 13a ZB 16.30090 – juris, Rn. 10; B.v. 5.2.2015 – 13a ZB 14.30172 – juris, Rn. 7, B.v. 27.5.2014 – 13a ZB 13.30309 – juris Rn. 4, B.v. 19.6.2013 – 13a ZB 12.30386 – juris und B.v. 18.7.2012 – 13a ZB 12.30150 – juris Rn. 7 ff.; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 25 ff.; VG Augsburg, B.v. 14.3.2017 – Au 5 E 17.31264 – juris Rn. 32 ff.). Dies gilt in erster Linie aufgrund der aktuellen Erkenntnisse der UNAMA (Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, Februar 2017, S. 4). In der Zentralregion Afghanistans, die neben Kabul (Einwohnerzahl ca. 4,3 Millionen, jeweils nach EASO Country of Origin Information Report Afghanistan vom November 2016 und dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 19.12.2016, S. 57 ff.) die Provinzen Parwan (Einwohnerzahl ca. 665.000 – siehe EASO Country of Origin Information Report Afghanistan vom November 2016 und UNOCHA Afghanistan: Population estimate for 2015 vom 26. August 2015; entgegen 65.000 im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), Kapisa (Einwohnerzahl ca. 440.000), Logar (Einwohnerzahl ca. 390.000), Panjshir (Einwohnerzahl ca. 150.000) und Wardak (Einwohnerzahl ca. 595.000) umfasst (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Bundesrepublik Österreich Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vom 21.01.2016, aktualisiert am 29.07.2016, S. 49; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update, Die aktuelle Sicherheitslage v. 30.9.2016, S. 12) und in der insgesamt ca. 6,5 Millionen Einwohner leben, wurden bei einem Anstieg von 34% im Vergleich zum Jahr 2015 im Zeitraum Januar bis Dezember 2016 2.348 Zivilpersonen verletzt oder getötet (UNAMA, Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016, Februar 2017, S. 4). Damit ergibt sich ein Risiko von 1:2768, verletzt oder getötet zu werden. Selbst bei einer Verdreifachung der UNAMA-Zahlen aufgrund einer hohen Dunkelziffer vgl. hierzu NdsOVG, U.v. 7.9.2015 – 9 LB 98/13 – juris Rn. 65) ergebe sich eine Wahrscheinlichkeit von 1:922, was keine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – Rn. 22). Damit rechtfertigt die Situation in Afghanistan nicht die Annahme, dass eine extreme Gefahrensituation vorliegt, die zwangsläufig bei einer Rückführung eine Verletzung des Art. 3 EMRK zur Folge hat (vgl. EGMR, U.v. 12.1.2016 – 13442/08 – A.G.R./Niederlande), so dass eine zumutbare inländische Fluchtalternative vorliegt. Dem steht weder das Vorbringen entgegen, Rückkehrer aus Europa seien einer erhöhten Gefahr von Entführungen ausgesetzt (so Friederike Stahlmann, Überleben in Afghanistan? Asylmagazin 2017, S. 73 ff.) noch der Bericht des UNHCR vom Dezember 2016 an das Bundesinnenministerium. Denn dort wird festgestellt, dass der UNHCR an der in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 (http: …www.refworld.org) vertretenen Auffassung zur Rückführmöglichkeit junger, alleinstehender, leistungsfähiger Männer festhält. Insoweit stehen auch die Ausführungen von Frau Stahlmann (Asylmagazin a.a.O.) die ein Überleben junger, alleinstehender, leistungsfähiger Männer in Kabul ohne Unterstützung eines Familienverbandes infrage stellen, in Widerspruch zu obigen Ausführungen des UNHCR.
Auch ist zu erwarten, dass es dem Kläger bei einer Rückkehr in die Hauptstadt Kabul gelingen wird, die genannten Bedürfnisse zu erfüllen und ein Leben oberhalb des Existenzminimums zu führen. Der Kläger ist nach eigenen Angaben 19 Jahre alt, gesund und hat den Großteil seines Lebens, nämlich die Zeit von seiner Geburt bis zur seiner Ausreise im Alter von 17 Jahren in Afghanistan verbracht, ist also mit der dortigen Kultur und den dortigen Lebensumständen vertraut. Allerdings trifft es zu, dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt in Afghanistan allgemein schwierig ist. So wird die Arbeitslosenrate in Afghanistan auf bis zu 50% geschätzt (Fortschrittsbericht der Bundesregierung von Nov. 2014, Update der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13.9.2015, S. 20). Jedes Jahr gelangen weitere ca. 500.000 junge Personen auf den Arbeitsmarkt (Update der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13.9.2015, S. 20). Es gibt kaum legale Erwerbsmöglichkeiten, insbesondere nicht für Menschen ohne qualifizierte Berufsausbildung oder persönliche Beziehungen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 2.3.2015). Dem Kläger kommt allerdings zugute, dass er jung und arbeitsfähig ist sowie bereits in der Landwirtschaft tätig war, so dass ihm in seiner Heimat der Aufbau eines Lebens, beispielsweise in Kabul, zumutbar ist.
3. Darüber hinaus besteht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG. Danach ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dabei gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
3.1. Dass dem Kläger in Afghanistan die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe droht, ist nicht ersichtlich. Soweit der Kläger geltend macht, durch Taliban bedroht zu sein, sind unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz und unter Berücksichtigung des unglaubhaften Vorbringens des Klägers keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass ihm bei Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die bestehende inländische Fluchtalternative ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 Abs. 3 i.V.m. § 3 e AsylG).
3.2. Aber auch eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG kann nicht bejaht werden.
3.2.1. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist rechtsgrundsätzlich geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen eine erhebliche individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F., nunmehr § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG) besteht (und dass es für die Feststellung der erforderlichen Gefahrendichte u.a. einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos bedarf (BVerwG, B.v. 27.6.2013 a.a.O.).
Für die Frage, ob der Kläger bei Rückkehr in sein Heimatland einer erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt ist, ist zu prüfen, ob von einem bewaffneten Konflikt in der Zielregion für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr ausgeht, die sich in der Person des Klägers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 17.1.2017 – 13a ZB 16.30182 – juris Rn. 4BVerwG, U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – NVwZ-RR 2014, 487 = juris Rn. 23; BVerwG, U.v. 17.11.2011 -10 C 13.10 – NVwZ 2012, 454 = juris Rn. 17; BVerwG, B.v. 27.6.2013 – 10 B 11.13 – juris Rn. 7; U.v. 17.11.2011 a.a.O.; U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – BVerwGE 136, 360; U.v. 24.6.2008 – 10 C 43.07 – BVerwGE 131, 198). Denn auch eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr kann sich individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F. und des Art. 15 Buchst. c der Richtlinie 2004/83/EG erfüllen. Eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr kann auch dann, wenn individuelle gefahrerhöhende Umstände in der Person des Klägers fehlen, ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 14.7.2009 – 10 C 9.08 – BVerwGE 134,188 Rn. 15 mit Verweis auf EuGH, U.v. 17.2.2009 – Elgafaji, C-465/07 – Slg. 2009, I-921 = NVwZ 2009, 705). Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 19; U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – BVerwGE 136, 360 Rn. 33). In jedem Fall setzt § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG a.F.) für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr voraus, dass dem Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben droht, was sich aus dem Tatbestandsmerkmal „… tatsächlich Gefahr liefe …“ in Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 2004/83/EG ergibt (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 20). Der darin enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“; BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 20 unter Anführung von EGMR, U.v. 28.2.2008 – Saadi/Italien, Nr. 37201/06 – NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.), was dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entspricht (BVerwG, U.v. 27.4.2010 a.a.O. Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG; BayVGH, B.v. 17.1.2017 – 13a ZB 16.30182 – juris Rn. 7 m.w.N.).
Zur Ermittlung einer für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichenden Gefahrendichte ist – in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu BVerwG, U.v. 18.7.2006 – 1 C 15.05 – BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) – aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Herkunftsprovinz lebenden Zivilpersonen annäherungsweise zu ermitteln und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung zu setzen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ermittelte Risiko für das Jahr 2009 von ca. 1:800 oder 0,12%, in der Herkunftsprovinz verletzt oder getötet zu werden, sowie die auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sei, im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht beanstandet (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 22).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 23; U.v. 27.4.2010 a.a.O. Rn. 33) bedarf es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 23; U.v. 27.4.2010 a.a.O. Rn. 33). Zu dieser wertenden Betrachtung gehört jedenfalls auch die Würdigung der medizinischen Versorgungslage in dem jeweiligen Gebiet, von deren Qualität und Erreichbarkeit die Schwere eingetretener körperlicher Verletzungen mit Blick auf die den Opfern dauerhaft verbleibenden Verletzungsfolgen abhängen kann. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermag sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken (BVerwG, U.v. 17.11.2011 a.a.O. Rn. 23; BayVGH, B.v. 17.1.2017 – 13a ZB 16.30182 – juris Rn. 7 m.w.N.).
3.2.2. Gemessen daran ist die Annahme subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG für den Kläger nicht gerechtfertigt.
Vorliegend kann dahinstehen, ob in der Heimatprovinz des Klägers ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG herrscht, weil jedenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit sein Leben oder seine Unversehrtheit in Kabul infolge willkürlicher Gewalt bedroht sind. In Kabul geht nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person der Kläger so verdichtet, dass sie für diese eine erhebliche individuelle Gefahr (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – juris Rn. 17) bzw. Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt.
Das Bestehen individueller, gefahrerhöhender Umstände, die eine Gefährdung im o.g. Sinne dennoch begründen könnten, ergibt sich für den Kläger nach dessen Vorbringen nicht in einem rechtlich relevanten Maße. In Bezug auf die Herkunftsregion Kabul, wohin sich der Kläger bei seiner Rückkehr aufgrund der dort bestehenden familiären Verbindungen voraussichtlich begeben wird, hat sich die Sicherheitslage trotz der aktuellen Häufung von Anschlägen nicht derart verschärft, dass jede Zivilperson unabhängig von besonderen gefahrerhöhenden Umständen allein aufgrund ihrer Anwesenheit im betreffenden Gebiet konkret und individuell gefährdet ist, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (s.o. unter 2.3.; BayVGH, B.v. 30.1.2017 – 13a ZB 16.30824 – juris; B.v. 17.8.2016 – 13a ZB 16.30090 – juris, Rn. 10; B.v. 5.2.2015 – 13a ZB 14.30172 – juris, Rn. 7, B.v. 27.5.2014 – 13a ZB 13.30309 – juris, Rn. 4 und B.v. 18.7.2012 – 13a ZB 12.30150 – juris Rn. 7 ff.; OVG NW, U.v. 3.3.2016 – 13 A 1828/09.A – juris, Rn. 73; B.v. 20.7.2015 – 13 A 1531/15.A – juris Rn. 8; VG Lüneburg U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 29 ff.; U.v. 6.2.2017 – 3 A 126/16 – juris Rn. 46 ff. unter Aufzählung einzelner jüngster Anschläge). Die Wahrscheinlichkeit für Zivilperson dort verletzt oder getötet zu werden ist nicht so hoch, dass jeder Zivilperson aus Kabul subsidiärer Schutz zuzuerkennen wäre.
4. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen nicht vor.
Bei den national begründeten Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK und dem nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG handelt es sich um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140, 319 Rn. 16f.).
4.1. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK steht einer Abschiebung entgegen, wenn es ernsthafte und stichhaltige Gründe dafür gibt, dass der Betroffene tat-sächlich Gefahr läuft, im Aufnahmeland einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden. Maßgeblich sind die Gesamtumstände des jeweiligen Falls und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit. Ein Abschiebungsverbot infolge der allgemeinen Situation der Gewalt im Herkunftsland kommt nur in Fällen ganz extremer Gewalt in Betracht und auch schlechte humanitäre Bedingungen können nur in besonderen Ausnahmefällen ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen.
In Afghanistan ist die allgemeine bzw. humanitäre Lage aber nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten würde (vgl. BayVGH, B.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn.12; VG München, U.v. 9.3.2017 – M 17 K 16.35022; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 55 ff.). Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen eine auf eine Bevölkerungsgruppe bezogene Gefahrenlage darstellen, die zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn von Art. 3 EMRK führt. Dies ist bei der Rückkehr von arbeitsfähigen, gesunden jungen Männern unter den in Afghanistan derzeit herrschenden Rahmenbedingungen im Allgemeinen jedoch nicht der Fall.
4.2. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG liegt nicht vor.
Die allgemeine Gefahr in Afghanistan hat sich für den Kläger nicht derart zu einer extremen Gefahr verdichtet, dass eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geboten ist. Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die drohenden Gefahren müssten nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Dies setzt voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Ausreise in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann, der Ausländer somit gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – juris Rn. 15).
Arbeitsfähige, gesunde junge Männer sind auch ohne besondere Qualifikation, nennenswertes Vermögen und familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erwirtschaften und damit ein Leben am Rande des Existenzminimums zu bestreiten, so dass für alleinstehende männliche Staatsangehörige keine extreme Gefahrenlage besteht (BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – juris Rn. 12; B.v. 23.1.2017 – 13a ZB 17.30044 – juris Rn. 5; B.v. 17.1.2017 – 13a ZB 16.30929 – juris Rn. 2; B.v. 22.12.2016 – 13a ZB 16.30684 – juris Rn. 7; U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 17; VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 60). Gerade Rückkehrer aus dem Westen sind dabei in einer vergleichsweise guten Position. Allein schon durch die Sprachkenntnisse sind ihre Chancen, einen Arbeitsplatz zu erhalten, gegenüber den Flüchtlingen, die in Nachbarländer Afghanistans geflohen sind, wesentlich höher (BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 21).
Im Hinblick auf eine mögliche Eigenexistenzsicherung hat der Kläger die hierfür erforderliche Leistungsfähigkeit eines gesunden jungen Mannes. Die Chancen des Klägers im Verdrängungskampf um die knappen Arbeitsmarktressourcen sind zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt als nicht aussichtslos im Vergleich bei der derzeitigen afghanischen Konkurrenzsituation einzuschätzen (s. dazu oben unter 2.3.).
Nach alledem ist vorliegend davon auszugehen, dass der Kläger in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland in der Lage wäre, durch Gelegenheitsjobs in der Herkunftsregion Provinz Kabul bzw. Kabul City, wohin eine Abschiebung erfolgen würde (vgl. zum Abschiebe Weg Auswärtiges Amt, Lagebericht, S. 26), ein Einkommen zu erzielen, dass ein Leben über dem Existenzminimums ermöglicht und sich allmählich wieder in die afghanische Gesellschaft zu integrieren.
Somit kann von einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht ausgegangen werden.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfrei.