Europarecht

Bezeichnung “Detox” als unzulässige gesundheitsbezogene Angabe auf einem Kräutertee

Aktenzeichen  3 U 32/16

Datum:
29.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MD – 2016, 948
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3 Abs. 1, § 3a, § 8 Abs. 3 Nr. 2
HCVO Art. 1 Abs. 3, Art. 2 Abs. 3 Nr. 5, Art. 3, Art. 10 Abs. 1, Abs. 3, Art. 13, Art. 28 Abs. 5

 

Leitsatz

1 Eine gesundheitsbezogene Angabe ist gegeben, wenn mit der Angabe erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. (red. LS Dirk Büch)
2 Bei der Produktbezeichnung “Detox” für einen Kräutertee kann es sich um eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe im Sinn der Health-Claims-Verordnung handeln.  (red. LS Dirk Büch)

Verfahrensgang

1 HKO 22/15 2016-02-17 Urt LGHOF LG Hof

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Hof vom 17.02.2016, Az. 1 HKO 22/15, abgeändert:
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Kräuterteemischung „A.”, bestehend aus Anis, Fenchel, Kardamom, Süßholzwurzel und/oder „A. mit X.”, bestehend aus Zitrone, Anissamen, Fenchel, Kardamom und Süßholzwurzel, unter der Bezeichnung
„A.”
respektive „A. mit X.”
auf dem deutschen Markt zu bewerben und/oder zu vertreiben.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 178,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.07.2015 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Unterlassungsverpflichtung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 EUR und die Vollstreckung der Zahlungsverpflichtung sowie die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor einer Vollstreckung der Unterlassungsverpflichtung eine Sicherheit in Höhe von 40.000,00 EUR und vor einer Vollstreckung im Übrigen Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet und führt zur antragsgemäßen Verurteilung des Beklagten.
1. Das Landgericht hat den Kläger zu Recht als klagebefugt gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG angesehen. Dass auch ein Mitglied des Klägers auf dem deutschen Markt einen Kräutertee mit der Bezeichnung „A.plus“ anbietet, ist unschädlich. Insoweit kann auf die im Berufungsverfahren nicht beanstandeten Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden, denen sich der Senat anschließt.
2. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus den §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG in der bis 09.12.2015 geltenden Fassung ( i. F.: a. F.) i. V. m. Art. 1 Abs. 3, Art. 3, 10 Abs. 1, Art. 13 ff. HCVO zu. Soweit der Anspruch in die Zukunft gerichtet ist, ergibt sich aus den §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG i. V. m. Art. 1 Abs. 3, Art. 3, 10 Abs. 1, Art. 13 ff. HCVO.
a) Die Regelungen der HCVO dienen dem Schutz der Verbraucher und stellen daher Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG a. F. dar, deren Verletzung geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 – I ZR 178/12 – Praebiotik, veröffentlicht u.a. in GRUR 2014, 500-503, dort 10 zit. n. JURIS BGH, Urteil vom 17. Januar 2013 – I ZR 5/12 – Vitalpilze, veröffentlicht u.a. in GRUR 2013, 958, dort Rdnr. 22 zit. n. JURIS).
b) Bei der beanstandeten Produktbezeichnung „A.“ bzw. „A. mit X.“ handelt es sich um eine gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO.
aa) Der Anwendungsbereich der HCVO ist eröffnet. Bei den streitgegenständlichen Produkten handelt es sich um Lebensmittel im Sinne des Art. 2 Abs. 1 lit. a) HCVO.
bb) Die verwendete Bezeichnung als „A.“ bzw. „A. mit X.“ ist eine „gesundheitsbezogene Angabe“ i.S.d. Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO.
Eine gesundheitsbezogene Angabe ist gegeben, wenn mit der Angabe erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Der Begriff „Zusammenhang“ ist dabei weit zu verstehen. Der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ erfasst jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert (BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 – I ZR 178/12, a.a.O. Rdnr. 16 mit zahlreichen weiteren Nachweisen BGH, Urteil vom 10.12.2015 – I ZR 222/13 – Lernstark, veröffentlicht u.a. in GRUR 2016, 412-417, dort Rdnr. 20 zit. n. JURIS).
Maßgeblich ist dabei, wie die fragliche Angabe von den angesprochenen Verbrauchern verstanden wird, wobei auf das Verständnis des normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist, das naturgemäß auch durch Vorerwartungen und Kenntnisse geprägt wird (BGH Urteil vom 26. Februar 2014 – I ZR 178/12 a.a.O. Rdnr. 17 unter Hinweis auf Erwägungsgrund 16 der HCVO).
Das danach maßgebliche Verkehrsverständnis, kann der Senat aufgrund eigener Sachkunde feststellen, weil im vorliegenden Fall auch seine Mitglieder zu den angesprochenen Verbrauchern gehören (vgl. BGH, Urteil vom 05. November 2015 – I ZR 182/14 – Durchgestrichener Preis II, veröffentlicht u.a. in GRUR 2016, 521-523, dort Rdnr. 11 zit. n. JURIS). Dem seitens des Beklagten gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage des Verkehrsverständnisses war daher nicht zu entsprechen.
In Übereinstimmung mit dem OLG Celle (OLG Celle, Urteil vom 10. März 2016 – 13 U 77/15, veröffentlicht in MD 2016, 637-641) und dem OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.03.2016 – 20 U 75/15, veröffentlicht in MD 2016, 641-647) und anders als das Landgericht ist auch der erkennende Senat der Auffassung, dass die fraglichen Produktbezeichnungen bei einem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher den Eindruck erwecken, der Verzehr der beworbenen Tees habe wegen der darin enthaltenen pflanzlichen Stoffe eine entgiftende Wirkung und führe damit zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Kunstwort „A.“ von dem Durchschnittsverbraucher als aus dem englischen Wort „detoxinate“ abgeleitet verstanden wird. Maßgeblich ist vielmehr, dass jedenfalls wesentliche Teile der maßgeblichen Durchschnittsverbraucher dessen Bedeutungsgehalt aufgrund der Kombination der Silben „De“ und „tox“ erschließen. Bei der Schlusssilbe „tox“ liegt ein Zusammenhang mit Begriffen wie „Toxin“ oder „toxisch“ nahe, die auch ohne nähere Fremdsprachenkenntnisse im Deutschen geläufig sind und sich auf Gifte beziehen. Mit der Vorsilbe „De“ wird der Bedeutungsgehalt einer Verringerung oder Herabsetzung verknüpft. Dieses Verkehrsverständnis steht in Einklang mit der eigenen Werbung des Herstellers auf dessen Internetseiten, wo ausdrücklich mit einem „inneren Reinemachen“ geworben wird. Deutliche Hinweise zum allgemeinen Verkehrsverständnis liefern auch Publikationen im Internet. Eine Recherche zum Begriff „A.“ mit der Internetsuchmaschine Google liefert bereits auf der ersten Seite folgende Kopfzeilen „A.: Mehr Energie als je zuvor – F.“, „Heilfasten: A.: Entgiftung auf die Schnelle -B.“, „Mit einer A.-Kur richtig entgiften – Z.“, „A.-Kur: Die Entgiftungs-Säfte im Test | E.“, „A.-Diät zur Entgiftung des Körpers – f..de“.
Dies zeigt, dass sich jedenfalls erhebliche Teile der angesprochenen Verbraucher von der Verwendung der mit der Bezeichnung „A.“ beworbenen Tees nicht nur eine allgemeine Verbesserung des Wohlbefindens, sondern eine wie auch immer geartete „Entgiftung“ des Körpers und damit eine Verbesserung ihres somatischen Zustandes versprechen.
Damit liegt eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO vor.
c) Bei der Frage, welche Anforderungen an die Zulässigkeit gesundheitsbezogener Angaben zu stellen sind, ist zwischen speziellen gesundheitsbezogenen Angaben, deren Zulässigkeit nach Art. 10 Abs. 1 HCVO zu beurteilen ist, und nichtspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben zu unterscheiden. Die Zulässigkeit von letzteren ist nach Art. 10 Abs. 3 HCVO zu beurteilen (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.2015 – I ZR 222/13 – Lernstark, a.a.O. Rdnr. 24).
Nichtspezifische gesundheitsbezogene Angaben in diesem Sinne liegen vor, wenn sie – wegen ihrer allgemeinen Formulierung – nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens nach Art. 13 Abs. 1 HCVO sein können (BGH a.a.O. Rdnr. 25; BGH, EuGH-Vorlage vom 12. März 2015 – I ZR 29/13 -RESCUE-Produkte, veröffentlicht u.a. in GRUR 2015, 611-614, dort Rdnr. 29 und 34 zit. n. JURIS). Verweise auf nichtspezifische Vorteile für die Gesundheit oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden sind nach Art. 10 Abs. 3 HCVO nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Artikel 13 oder 14 dieser Verordnung enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist. Solange diese Listen noch nicht erstellt sind, kann Art. 10 Abs. 3 HCVO nicht vollzogen werden, weshalb entsprechende Verweise nicht unzulässig sind (BGH, EuGH-Vorlage vom 12. März 2015 – I ZR 29/13 a.a.O. Rdnr. 31).
Die in den beanstandeten Begriffen zum Ausdruck kommende gesundheitsbezogene Aussage ist allerdings nicht als „nichtspezifisch“ im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO zu bewerten. Nichtspezifische Angaben liegen nur vor, wenn und soweit durch die Verwendung des Produkts lediglich eine Unterstützung oder Steigerung des gesundheitlichen Wohlbefindens in Aussicht gestellt wird. Dagegen ist eine spezifische Angabe anzunehmen, sobald auf bestimmte zu fördernde Funktionen des Körpers Bezug genommen wird (BGH, Urteil vom 17. Januar 2013 – I ZR 5/12 -Vitalpilze, veröffentlicht u.a. in GRUR 2013, 958-960, dort Rdnr. 13 zit. n. JURIS). Nach dem maßgeblichen Verkehrsverständnis stellen die beanstandeten Bezeichnungen „A.“ bzw. „A. mit X.“ nicht nur eine allgemeine Verbesserung des Wohlbefindens in Aussicht, sondern eine Entgiftung des Körpers. Ob diese Entgiftung als solche eine solche bestimmte Körperfunktionen darstellt, kann offen bleiben. Jedenfalls handelt es sich bei ihr um eine spezielle physiologische Wirkung, die als solche messbar und damit hinreichend spezifisch und wissenschaftlich nachweisbar ist, um Gegenstand eines Zulassungsverfahrens sein zu können. Dementsprechend hat der BGH in der vorgenannten Vitalpilze-Entscheidung auch die Angaben „zur unterstützenden Vorbeugung gegen Wassereinlagerungen“ als hinreichend spezifisch erachtet (ebenso OLG Celle, Urteil vom 10. März 2016 a.a.O. und OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.03.2016 a.a.O.). Auch die Aussage „… zur Unterstützung der Konzentrationsfähigkeit“ hat der BGH als spezielle gesundheitsbezogene Aussage gewertet (BGH, Urteil vom 10.12.2015 – I ZR 222/13 – Lernstark, a.a.O. Rdnr. 24). Der Beklagte macht im Übrigen selbst geltend, die streitgegenständlichen Tees würden nachweisbar entgiftend wirken. So ist in dem als Anlage B6 vorgelegten Wissenschaftsdossier u.a. ausgeführt: „… wird angenommen, dass H. A. Tee auf die gleiche Weise auf die inneren Antioxidantien, Enzyme und Transskriptionsfaktoren, die im Entgiftungs-Biotransformationsverfahren beteiligt sind, wirken“ (a.a.O. Seite 14). In dem als Anlage B5 vorgelegten Privatgutachten des Sachverständigen Dr. R. ist ausgeführt, dass für die in den beworbenen Tees enthaltenen Zutaten „diverse ernährungsphsiologische Wirkungen belegt“ seien (a.a.O. Seite 12). Damit ist nach dem eigenen Vortrag des Beklagten die Wirkung der Tees einer wissenschaftlichen Überprüfung und damit auch einem Zulassungsverfahren zugänglich.
d) Gemäß Art. 10 Abs. 1 HCVO sind gesundheitsbezogene Angaben bereits dann verboten, wenn sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II der HCVO (Art. 3 bis 7) entsprechen. Gesundheitsbezogene Angaben müssen demnach insbesondere den Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 1 HCVO genügen. Danach ist die Verwendung gesundheitsbezogener Angaben nur zulässig, wenn anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Nachweise nachgewiesen ist, dass das Vorhandensein der Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, in einem Lebensmittel oder einer Kategorie von Lebensmitteln eine positive ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung hat. Abzustellen ist insoweit auf die Wirkung des Nährstoffs oder der sonstigen Substanz als solcher. Erforderlich ist weiter, dass der Inhaltsstoff im Endprodukt in einer relevanten Menge vorhanden und auch für den Körper verfügbar ist sowie dass das Endprodukt in einer Menge verzehrt wird, die geeignet ist, die Wirkung des Inhaltsstoffs zu erzielen. Alle genannten Voraussetzungen müssen sich auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen lassen und durch diese abgesichert sein (Art. 6 Abs. 1 HCVO).
Ein diesen Anforderungen entsprechender Nachweis liegt unstreitig nicht vor.
Wollte man – entgegen der Ansicht des Senats – eine nichtspezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO annehmen, würde sich im Übrigen nicht anderes ergeben. Die in Kapitel II der HCVO aufgestellten allgemeinen Anforderungen gelten unabhängig von dem in Art. 10 Abs. 1 HCVO geregelten Verbot und sind damit auch für Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO zu beachten (BGH, EuGH-Vorlage vom 12. März 2015 – I ZR 29/13 – RESCUE-Produkte, a.a.O. Rdnr. 33).
e) Die Übergangsvorschrift des Artikel 28 Abs. 5 HCVO kommt hier entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht zum Tragen.
Zwar trifft es zu, dass die EU-Kommission bislang Aussagen über pflanzliche Stoffe (sog. „Botanicals“) bislang noch nicht bewertet hat. Hinsichtlich solcher Produkte hat die European Food Safety Authority (EFSA) die Überprüfung zurückgestellt mit der der Folge, dass insoweit die Aufnahme in die Gemeinschaftsliste oder auch nur ein entsprechender Antrag nicht Voraussetzung für die Zulässigkeit entsprechender gesundheitsbezogener Angaben ist.
Die Ausnahmeregelung bezieht nur auf die Angabe eine „Nährstoffs“ oder einer „anderen Substanz“ (vgl. Art. 13 Abs. 1 lit a) HCVO) und nicht auf das gesamte Produkt. Für dieses gelten jedenfalls insoweit, als spezifische gesundheitsbezogene Angaben vorliegen uneingeschränkt die Anforderungen der Art. 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 HCVO.
f) Auch auf die Übergangsregelung des Art. 28 Abs. 2 HCVO kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg berufen.
Nach dieser Regelung dürfen Produkte mit bereits vor dem 01.01.2005 bestehenden „Handelsmarken oder Markennamen“, die der Verordnung nicht entsprechen, noch bis zum 19.01.2022 weiter in Verkehr gebracht werden.
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass die beanstandeten Bezeichnungen „A.“ bzw. „A. mit X.“ unter diese Regelung fallen. Dies gilt auch, wenn als richtig unterstellt wird, dass die Fa. H. Ltd. bereits seit 2004 einen Tee mit der Bezeichnung „H. A.“ vertreibt.
aa) Die Vorschrift des Art. 28 Abs. 2 HCVO ist dahin auszulegen, dass eine auf der Verpackung eines Lebensmittels angebrachte kommerzielle Mitteilung eine Handelsmarke oder einen Markennamen im Sinne dieser Vorschrift darstellen kann, sofern sie nach den anwendbaren Rechtsvorschriften als solche Marke oder als solcher Name geschützt ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand aller tatsächlichen und rechtlichen Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache zu überprüfen, ob eine solche Mitteilung tatsächlich eine so geschützte Handelsmarke oder ein so geschützter Markenname ist (EuGH, Urteil vom 18. Juli 2013 – C-299/12).
Da danach ausschließlich das deutsche Recht für die Markengeltung maßgeblich ist, müsste der fragliche Tee zumindest ab dem 01.01.2005 auf deutschem Gebiet Markengeltung besitzen. Dass das Produkt zu diesem Zeitpunkt bereits im Inland vertreiben worden ist, behauptet der Beklagte aber nicht einmal. Das diesbezügliche Vorbringen des Beklagten verweist lediglich auf eine britische Supermarktkette. Aus der hierzu vorgelegten Bestätigung des Hersteller (Anlage BB2) ergibt sich nichts anderes.
bb) Hinzu kommt, dass ein markenrechtlicher Schutz ohnehin nicht ersichtlich ist. Zwar setzt ein solcher nicht zwangsläufig eine Eintragung der Marke voraus. Vielmehr genügt auch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erlangt hat (§ 4 Nr. 2 MarkenG).
Dass dies hier überhaupt der Fall ist, kann dem Vorbringen des Beklagten nicht entnommen werden. Eine Verkehrsgeltung im Sinne des Markenrechts setzt voraus, dass das Zeichen oder die Bezeichnung geeignet ist, die bezeichnete Ware von derjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden (Fezer, MarkenR, 4. Auflage, § 4 Rdnr. 27).
Das ist hinsichtlich der Bezeichnungen „A.“ bzw. „A. mit X.“ nicht der Fall, weil unstreitig auch mehrere andere Hersteller Kräutertees mit der Bezeichnung „A.“ anbieten und vertreiben.
cc) Schließlich würde es auch nicht ausreichen, dass die Bezeichnung „A.“ zum Stichtag 01.01.2005 in Gebrauch war.
Da die Übergangsvorschrift des Art. 28 Abs. 2 HCVO lediglich einen Bestandsschutz gewähren soll, kann sie nur dann angewendet werden, wenn die vor dem 01.01.2005 unter dieser Bezeichnung in den Verkehr gebrachten Lebensmittel im Hinblick auf Rezeptur oder Eigenschaften nicht von denen abweichen, die Gegenstand des Unterlassungsbegehrens sind (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2014 – I ZR 178/12 – Praebiotik, a.a.O. Rdnr. 37).
Dass die streitgegenständlichen Tees unter der Bezeichnung „A.“ bereits vor dem 01.01.2005 mit gleicher Rezeptur vertrieben worden sind, behauptet der Beklagte nicht einmal.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers ist daher begründet.
Die Ordnungsmittelandrohung beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO.
3. Ob der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch aus § 8 Abs. 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11, § 5 UWG a.F. i. V. m. § 11 Abs. 1, 3 LFGB in der seit dem 13. Dezember 2014 geltenden Fassung i. V. m. Artikel 7 Abs. 1 lit. b) VO (EU) 1169/2011 sowie i. V. m. Art. 3 lit. a) HCVO begründet ist, weil es sich bei der Bezeichnung „A.“ um eine irreführende Bezeichnung handelt, kann offen bleiben.
4. Der Anspruch auf Ersatz der durch die vorgenommene Abmahnung verursachten Kosten folgt aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die Höhe der geltend gemachten Pauschale von 178,50 EUR entspricht unter Anwendung des dem Senat eingeräumten Ermessens nach § 287 ZPO und unter Berücksichtigung des dargelegten Anteils der durch die Abmahnung bedingten Kosten an den Gesamtkosten des Klägers den durchschnittlich für eine Mahnung entstehenden Kosten.
Hinsichtlich der Zinsen ergibt sich der Anspruch des Klägers aus den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Auf die Berufung des Klägers ist das Urteil des Landgerichts daher abzuändern.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erging aufgrund der §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO vor. Angesichts des Umstands, dass eine ganze Reihe von Herstellern Kräuterteemischungen mit der Bezeichnung „A.“ vertreiben, berühren die Auswirkungen des Rechtsstreits die Interessen der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts in besonderem Maße. Damit ist eine grundsätzliche Bedeutung gegeben.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen