Aktenzeichen AN 3 S 16.50125
Leitsatz
Die Zweimonatsfrist des Art. 23 II Dublin III-Verordnung für die Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs durch die Bundesrepublik Deutschland beginnt mit der EURODAC-Treffermeldung nach Art. 9 V VO (EU) 603/2013. Sie berechnet sich nach § 31 VwVfG iVm §§ 187 I, 188 II BGB. (red. LS Clemens Kurzidem)
Systemische Mängel des Asylsystems eines Mitgliedstaats, die nach Art. 3 II oder Art. 17 I Dublin III-VO zur Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung eines Asylverfahrens führen, liegen dann vor, wenn eine Beeinträchtigung von Art. 4 GR-Charta oder Art. 3 EMRK mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, weil für den Betroffenen die reale, durch eine hinreichende Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass ihm in dem Mitgliedstaat, in den er überstellt werden soll, schon der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet, oder dass es während des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (wie OVG Münster BeckRS 2014, 48497). (red. LS Clemens Kurzidem)
Nach dem aktuell vorliegenden Erkenntnismaterial zur Situation von Asylsuchenden in Ungarn ist jedenfalls für den Antragsteller nicht ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen dort systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention begründen oder zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK führen würden. Dies gilt für die ungarische Regelung zur Asylhaft (im Anschluss an EGMR, Urt. v. 03.07.2014 – 71932/12) ebenso wie für weitere, zum 15. August 2015 in Kraft getretene Verschärfungen des Asylrechts, nach denen Serbien erneut zu einem sicheren Drittstaat erklärt worden ist und Asylverfahren verkürzt und Anträge abgelehnt werden, wenn sich der Asylbewerber unentschuldigt mehr als 48 Stunden aus seiner Unterkunft entfernt. (red. LS Clemens Kurzidem)
Nach der aktuellen Auskunftslage ist die Überstellung eines Dublin-Rückkehrers nach Serbien, dessen Asylsystem und Aufnahmebedingungen möglicherweise nicht europäischen Standards entsprechen, nicht hinreichend wahrscheinlich. Eine nur theoretische Möglichkeit der Abschiebung nach Serbien begründet daher keinen systemischen Mangel des ungarischen Asylsystems. (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben im Jahr 1990 geboren und staatenloser Palästinenser sunnitischen Glaubens. Er reiste seinen Angaben zufolge am 27. Juli 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 28. Oktober 2015 seine Anerkennung als Asylberechtigter.
Den Erkenntnissen des Bundesamtes zufolge (EURODAC-Treffer vom 13. November 2015) lagen Anhaltspunkte für die Zuständigkeit eines anderen Staates gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-Verordnung) hinsichtlich Ungarn und Zypern vor. Der Antragsteller erklärte in seiner Anhörung zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 25. Januar 2016, er habe seit 2008 in Zypern gelebt. Dort habe er internationalen Schutz beantragt. Am 27. Juni 2015 sei er über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Ungarn und Österreich nach Deutschland gereist. Es seien ihm 2008 in Zypern und bei seiner jetzigen Reise in Ungarn Fingerabdrücke abgenommen worden.
Er erklärte, sein Onkel lebe in … Er habe in Deutschland eine bessere Zukunft.
Am 24. November 2015 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-Verordnung an Ungarn und Zypern.
Die ungarischen Behörden bestätigten den Erhalt mit E-Mail vom 24. November 2015.
Die zypriotischen Behörden teilten mit Schreiben vom 7. Dezember 2015 mit, sie seien nicht zur Wiederaufnahme des Antragstellers verpflichtet, da dieser nach Rücknahme seiner Beschwerde gegen die ablehnende Entscheidung über seinen Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes am 27. Februar 2013 mit einem Reisepass Nr. … nach Jordanien ausgereist und seither nicht mehr dorthin zurückgekehrt sei. Eine Zuständigkeit Zyperns sei aufgrund von Art. 19 Dublin III-VO nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 6. April 2016, der dem Antragsteller am 13. April 2016 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, lehnte die Antragsgegnerin den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab (Ziffer 1), ordnete seine Abschiebung nach Ungarn an (Ziffer 2) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 3).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller mache nicht geltend, von Verwandten aufgrund eines Krieges oder einer ähnlichen Situation getrennt worden zu sein. Sein Wunsch, bei seinem Onkel in Deutschland zu leben, führe nicht zu einer Zuständigkeit der Bundesrepublik zur Durchführung des Asylverfahrens, da eine Familieneinheit nicht wiederhergestellt werden müsse. Sonstige außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Antragsgegnerin zu einem Selbsteintritt nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO veranlassen könnten, seien nicht ersichtlich. In Ungarn bestünden keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen.
Zu der nach § 11 Abs. 1 AufenthG vorgenommenen Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird ausgeführt, der Antragsteller habe keine Gründe vorgetragen, die zu einer Verkürzung der festgesetzten Frist führen könnten.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten, der am 20. April 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ der Kläger Klage gegen den genannten Bescheid erheben (AN 3 K 16.50126) und beantragte gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2 des Bescheides anzuordnen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, aufgrund der Staatenlosigkeit des Antragstellers sei die Durchführung eines Asylverfahrens in Ungarn nicht gewährleistet. Auch seien das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn mit systemischen Mängeln behaftet. Dem Antragsteller drohe aufgrund seiner Staatenlosigkeit besonders die Inhaftierung, hierbei werde gegen Art. 6 und 5 Abs. 2 Satz 2 EU-Grundrechtecharta verstoßen. Wegen der Flut von Menschen, die 2015 nach Ungarn eingereist seien, sei die Versorgung nicht mehr sichergestellt. Auch habe sich die ungarische Regierung dahingehend geäußert, dass eine multikulturelle Gesellschaft nicht erwünscht sei. Die vorgenommenen Gesetzesänderungen in Ungarn verstießen gegen die Genfer Flüchtlingskonvention.
Die Antragsgegnerin hat bislang keinen Antrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 1. April 2016 anzuordnen, ist zulässig, aber unbegründet.
Die Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes hat gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 1 AsylG keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn das Interesse auf Aussetzung des Vollzugs das öffentliche Interesse an der Vollziehung des Bescheids überwiegt. Hierbei sind im Wesentlichen auch die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache zu berücksichtigen. Die Klage des Antragstellers wird mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Die angefochtene Abschiebungsanordnung erweist sich unter Berücksichtigung der maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) aller Voraussicht nach als rechtmäßig.
Da die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage auf die Abschiebungsanordnung in Ziffer 2 des Bescheides beschränkt hat, ist Streitgegenstand des vorliegenden Antrags nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheides ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Rechtsgrundlage für die Anordnung der Abschiebung ist § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
1.
Die Antragsgegnerin ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ungarn nach Art. 18 Abs. 1b Dublin III-VO für die Bearbeitung des Antrages auf internationalen Schutz und für die Wiederaufnahme des Antragstellers zuständig ist. Ungarn hat auf das am 24. November 2015 vom Bundesamt erstellte Ersuchen um Wiederaufnahme des Antragstellers innerhalb der zweiwöchigen Frist des Art. 25 Abs. 1 Dublin III-VO nicht geantwortet, so dass die Stattgabe des Wiederaufnahmegesuchs am 8. Dezember 2015 fingiert wurde, Art. 25 Abs. 2 Dublin III-VO.
Die Frist von zwei Monaten, die Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO der Bundesrepublik Deutschland für die Stellung eines Wiederaufnahmegesuchs einräumt, beginnt mit der EURODAC-Treffermeldung nach Art. 9 Absatz 5 der Dublin III-VO zu laufen. Diese erfolgte hier per E-Mail am 13. November 2015 (Blatt 33 der Behördenakte) und lief demzufolge am 13. Januar 2015 ab, §§ 31 VwVfG, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB. Das Ersuchen der ungarischen Behörden um Wiederaufnahme vom 24. November 2015 geschah fristgemäß.
Damit ist Ungarn gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-Verordnung verpflichtet, den Antragsteller innerhalb einer Frist von sechs Monaten, nachdem es die Wiederaufnahme akzeptiert hat bzw. innerhalb von sechs Monaten nach der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat, wieder aufzunehmen. Diese Frist ist vorliegend noch nicht abgelaufen und die Überstellung kann erfolgen. Die Frist für die Überstellung begann am 9. Dezember 2015 und endet am 9. Juni 2016, § 31 VwVfG, §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB.
2.
Der Antragsteller kann nicht mit Erfolg geltend machen, er habe in Ungarn keinen Antrag auf Zuerkennung internationalen Schutzes gestellt. Denn bei den Vorschriften der Dublin III-Verordnung handelt es sich überwiegend um Normen, die die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens regeln und dem Antragsteller gerade kein subjektives Recht darauf einräumen, dass sein Asylverfahren in einem bestimmten Mitgliedsstaat durchgeführt wird (vgl. Beck´scher Online-Kommentar AuslR, Kluth/Heusch, Stand 1.5.2015, Rn. 29 und 30 zu § 27a AsylVfG). Entscheidend ist, dass Ungarn aufgrund der der o.g. Regelungen der Dublin III-Verordnung für die Durchführung des Verfahrens des Antragstellers zuständig geworden ist.
3.
Besondere Umstände, die die Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO begründen oder zur Ausübung ihres Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO führen würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Denn es bestehen keine wesentlichen Gründe für die Annahme, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn für den Antragsteller systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so dass die Überstellung nach Ungarn möglich ist.
a)
Eine systemisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK muss im Sinne einer Selbstbetroffenheit speziell auch gerade für den jeweiligen Rechtsschutzsuchenden in seiner konkreten Situation bestehen. Sie liegt maßgeblich dann vor, wenn mit Blick auf das Gewicht und das Ausmaß einer drohenden Beeinträchtigung dieses Grundrechts mit einem beachtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit die reale, nämlich durch eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage belegte Gefahr besteht, dass dem Betroffenen in dem Mitgliedsstaat, in den er überstellt werden soll, entweder schon der Zugang zu einem Asylverfahren, welches nicht mit grundlegenden Mängeln behaftet ist, verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet, oder dass es während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegen defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. OVG NRW, U.v. 7.3.2015 – 1 A 21/12.A -, DVBl 2014,709ff.).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss sich der Tatrichter zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedsstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedsstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedsstaat mit beachtlicher, d. h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Widerlegung dieser Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (BVerwG, B.v. 6.6.2014 – 10 B 35/14, juris).
Maßgeblich für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in dem zuständigen Mitgliedsstaat sind die regelmäßigen Berichte von internationalen Nichtregierungsorganisationen, Berichte der Kommission zur Bewertung des Dublin-Systems und Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort. Den Berichten des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten vor Ort kommt bei der Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Asylsystems in dem nach der Dublin III-Verordnung zuständigen Mitgliedsstaat besondere Relevanz zu.
b)
Nach diesen Grundsätzen ist auf Grundlage des dem Gericht vorliegenden, aktuellen Erkenntnismaterials zur Situation von Asylbewerbern in Ungarn jedenfalls für die Person des Antragstellers derzeit nicht ernsthaft zu befürchten, dass in Ungarn das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für den Asylbewerber systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen die Genfer Flüchtlingskonvention oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK begründen könnten (vgl. Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016; Stellungnahme des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission vom 30. Oktober 2015 an das Verwaltungsgericht Köln; Human Rights Watch vom 1. Dezember 2015, Hungary: Locked Up for Seeking Asylum, abrufbar unter http://www.refworld.org/country,,,,HUN,,566a8a684,0.html; Bericht des Hungarian Helsinki Committee zu den Änderungen des ungarischen Asylrechts vom 7. August 2015, abrufbar unter http:/helsinki.hu/wpcontent/uploads/HHC-HU-asylumlawamendment-2015-Augustinfonote.pdf; Bericht des Hungarian Helsinki Committee zu Asylhaft und zu den Dublin-Verfahren in Ungarn, Stand Mai 2014; Stellungnahme des UNHCR vom 9.5.2014 an das VG Düsseldorf im Verfahren 13 L 172/14.A jeweils abrufbar unter https://milo.bamf.de; Ungarn Länderbericht des AIDA (Asylum Information Database), Stand November 2015, abrufbar unter http://www.refworld.org/country,,,,HUN,,56652db64,0.html; AIDA (Asylum Information Database), Crossing Boundaries, Oktober 2015, abrufbar unter http://ecre.org/component/downloads/downloads/1056; Bericht von bordermonitoring.eu, Stand Oktober 2013, abrufbar unter http://bordermonitoring.eu; Amnesty International Juli 2015: „Europe’s Borderlands – Violations against refugees and migrants in Macedonia, Serbia and Hungary“, abrufbar unter http://www.amnestyusa.org/research/reports/europesborderlandsviolationsagainstmigrantsandrefugeesinmacedoniaserbiaandhungary; Amnesty International zur Lage der Flüchtlinge in Ungarn Oktober 2015 :“Fenced out-Hungary’s violations of the rights of refugees and migrants“, abrufbar unter http://www.amnesty.org/en/documents/eur27/2614/2015/en/; UNHCR: „Europe’s refugee emergency response update #24, 19. – 25. Februar 2016, abrufbar unter http://www.refworld.org/country,,,,HUN,,56bd9f1a4,0.html; AIDA Country Report Serbia March 2016, abrufbar unter http://www.asylumineurope.org/reports/country/serbia; Auswärtiges Amt, Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne § 29 a AsylVfG vom 23. November 2015, Auswärtiges Amt, Bericht über die asylund abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 15. Dezember 2014), vgl. hierzu VG Ansbach, B.v. 17.2.2016 – AN 3 S 16.50035, juris; VG München, B.v. 17.3.2016 – M 1 S 16.50032 -, juris; VG Augsburg, B.v. 27.1.2016 – 4 S 16.50004 – ; VG Dresden, B.v. 30.12.2015 – 2 L 1378/15.A -, juris; VG Stade, B.v. 4.11.2015 – 1 B 1749/15 -, juris.
Die Verschärfung der gesetzlichen Regelungen in Ungarn, die zum 15. August 2015 in Kraft getreten sind und unter anderem regeln, dass Serbien (wieder) sicherer Drittstaat ist, Asylverfahren verkürzt und Anträge abgelehnt werden, wenn sich ein Asylbewerber unentschuldigt längere Zeit als 48 Stunden aus der ihm zugewiesenen Unterkunft entferne, führt nach Auffassung des Gerichts nicht dazu, dass von systemischen Mängel des ungarischen Asylsystems und der Aufnahmebedingungen für die Person des Antragstellers im Dublin-Verfahren auszugehen wäre.
Dafür sprechen folgende Erwägungen:
Es zu konstatieren, dass der UNHCR – abgesehen von seiner Stellungnahme vom 9. Mai 2014 an das Verwaltungsgericht Düsseldorf – bislang keine generellen Feststellungen zum Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen in Ungarn getroffen und auch keine generelle Empfehlung ausgesprochen hat, im Rahmen des Dublin-Verfahrens Asylbewerber nicht nach Ungarn zu überstellen (vgl. VG Würzburg, B.v. 25.8.2014 – W 6 S 14.50100 – juris). Unter Berücksichtigung der besonderen Relevanz des durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragenen Amtes des UNHCR für die Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens (vgl. EuGH, U.v. 30.5.2013 – C 528/11 – NVwZ-RR 2013, 660), kommt dem Fehlen einer solchen generellen Empfehlung des UNHCR besondere Bedeutung zu (so auch der Juristische Dienst der Europäischen Kommission, vgl. Stellungnahme des Juristischen Dienstes der Europäischen Kommission vom 30. Oktober 2015 an das Verwaltungsgericht Köln). Der Auffassung, die z. B. das Verwaltungsgericht des Saarlandes im Beschluss vom 7. August 2015 (3 L 672/15, juris Rn. 20) vertritt (so auch VG Köln, U.v. 11.9.2015 – 18 K 3279/15.A, juris und VG Bremen, B.v. 1.4.2015 – 3 V 145/15, juris), wonach Äußerungen der Pressesprecherin des UNHCR zu entnehmen sei, dass der UNHCR über die fremdenfeindliche Gesinnung der ungarischen Regierung besorgt sei und dass diese Äußerungen wegen der Rolle, die dem Amt des UNHCR durch die Genfer Flüchtlingskonvention übertragen worden sei, bei der Auslegung des unionsrechtlichen Asylverfahrens besonders zu beachten seien, schließt sich das Gericht nicht an. Abzustellen ist vielmehr auf Empfehlungen des UNHCR zur Beachtung der Aufnahme- und Verfahrensregelungen der Dublin-Verordnungen bei der Umsetzung in nationales Recht (so auch VG Stade, B.v. 4.11.2015 – 1 B 1749/15, juris). Diese gab der UNHCR erst jüngst z. B. zu den Verhältnissen für Asylsuchende in Tschechien ab (siehe hierzu FAZ vom 27.10.2015: UN werfen Tschechien menschenunwürdiges Verhalten vor; Tagesspiegel vom 22.10.2015: UN: Tschechien inhaftiert Flüchtlinge „systematisch“). An einer solchen Empfehlung zu Ungarn fehlt es bislang, wie auch das VG des Saarlandes (a. a. O.) selbst feststellt, obwohl Ungarn in den letzten Monaten in seiner Bedeutung als Transitland stark im Fokus der Öffentlichkeit stand.
Dass der UNHCR sich mehrfach besorgt über den Umgang mit Flüchtlingen geäußert hat, spricht (noch) nicht gegen die Zumutbarkeit einer Überstellung nach Ungarn.
Dasselbe gilt für die Anwendung von Asylhaft bei Dublin-Rückkehrern, die in der Rechtsprechung zur Annahme systemischer Mängel führt (vgl. VG München, U.v. 23.9.2014 – M 24 K 13.31329 -; VG Sigmaringen, B.v. 22.4.2014 – A 5 K 972/14 – juris; VG München, B.v. 26.6.2014 – M 24 S 14.50325; VG Düsseldorf, B.v. 27.8.2014 – 14 L 1786/14.A – VG Düsseldorf, B.v. 16.6.2014 – 13 L 141/14.A – jeweils juris; VG Münster, B.v. 7.7.2015 – 2 L 858/15.A; VG München, B.v. 5.3.2015 – M 15 S 15.50160 – juris; VG Berlin, B.v. 15.1.2015 – 23 L 899.14 A – juris; VG Bremen, B.v. 1.4.2015 – 3 V 145/15 – juris; VG Köln, U.v. 11.9.2015 – 18 K 3279/; VG Oldenburg, U.v. 2.11.2015 – 12 A 2572/15 – juris; VG Augsburg, B.v. 23.10.2015 – Au 5 S 15.50405 – bislang nicht veröffentlicht).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dessen Rechtsprechung grundsätzlich über den jeweils entschiedenen Einzelfall hinaus eine Orientierungs- und Leitfunktion zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2013 – 2 C 3.12 – juris), hat mit Urteil vom 3. Juli 2014 im Ergebnis festgestellt, dass systemische Mängel hinsichtlich der Inhaftierungspraxis Ungarns nicht vorliegen und ein tatsächliches Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung im Sinne des Art. 3 EMRK bei einer Rückkehr nach Ungarn nicht bestehe (vgl. EGMR, U.v. 3.7.2014 – 71932/12). Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in zwei Entscheidungen ausgeführt, allein die Tatsache, dass das ungarische Asylrecht Inhaftierungsgründe für Asylbewerber enthalte und Ungarn auf dieser Grundlage Dublin-Rückkehrer inhaftiere, sei für sich genommen noch kein begründeter Anhaltspunkt für das Vorliegen systemischer Mängel des Asylsystems (so auch VG Dresden, B.v. 9.9. 2015 – 2 L 719/15.A). Er stützt sich weiterhin maßgeblich darauf, dass der UNHCR sich bisher nicht generell gegen Rücküberstellungen nach Ungarn ausgesprochen habe (BayVGH, B.v. 12.6.2015 – 13a ZB 15.50097 – juris; BayVGH, B.v. 27.4.2015 – 14 ZB 13.30076 – juris).
Zur Überzeugung des Gerichts ist für den hier vorliegenden Einzelfall nicht die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung bei einer Rücküberstellung nach Ungarn zu befürchten. Zwar sind Dublin-Rückkehrer häufiger von Asylhaft betroffen als Ersteinreisende. Ausweislich einer Erklärung des Direktors des ungarischen Asyldirektorates gegenüber dem Liaisonmitarbeiter des Bundesamtes in Budapest im September 2013 wurden Asylantragsteller aus sogenannten anerkennungsträchtigen Herkunftsländern aber regelmäßig weder in Asylhaft noch in Abschiebehaft genommen (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 2.9.2014 – 6 L 1235/14.A – juris). Nach der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 28. September 2015 an das Verwaltungsgericht Magdeburg gibt es zwar keine generelle Regelung (mehr), wonach z. B. Dublin-Rückkehrer aus Syrien oder dem Nordirak generell von der Anwendung von Asylhaft ausgenommen sind. Dies geschah vor dem Hintergrund vermehrter Staatsangehörigkeitstäuschungen (vgl. Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016).
Die Zahlen lassen aber den Rückschluss darauf zu, dass Menschen aus anerkennungsträchtigen Herkunftsländern deutlich seltener mit der Anwendung von Asylhaft rechnen müssen. Im Zeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2015 wurden nach den Angaben des Auswärtigen Amtes 492 Personen in Asylhaft genommen, das sind 0,7% aller Asylantragssteller. Asylhaft wird nur nach Einzelfallprüfung und dann angeordnet, wenn kein milderes Mittel möglich ist.
Die Haftplätze waren im September 2015 nicht alle belegt, was trotz der hohen Flüchtlingszahlen für einen maßvollen Umgang der ungarischen Behörden mit dem Instrument der Asylhaft spricht. Nachdem die Flut der Asylbewerber durch die Schließung der Balkanroute weiter zurückgeht, ist nicht damit rechnen, dass sich die Haftbedingungen wesentlich verschlechtern werden. Entgegenstehende Erkenntnisse liegen derzeit nicht vor. Auch der UNHCR kann derzeit keine verlässlichen Angaben über den Umgang mit Asylantragstellern im Dublin-Verfahren in Ungarn machen.
Hinsichtlich der vielfach kritisierten Asylhaft ist anzumerken, dass die meisten Asylbewerber Ungarn erklärtermaßen als Transitland betrachten und dort keinen Asylantrag stellen wollen. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass sie im Falle einer Rückführung nach Ungarn im Rahmen des Dublin-Verfahrens dort in Asylhaft genommen werden, da die ungarischen Behörden ihre wiederholte Ausreise befürchten müssen und eine Inhaftierung zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens notwendig erscheint. Die im ungarischen Asylgesetz genannten Haftgründe sind insoweit auch nachvollziehbar.
Den dem Gericht vorliegenden Erkenntnisquellen lässt sich nicht entnehmen, dass die Haftbedingungen an sich menschenunwürdig im oben dargelegten Sinn wären und es dort systematisch zu Menschenrechtsverletzung kommen würde. Darauf, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 EU-GRCh bzw. des Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war, kommt es im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO nicht an (BVerwG, B.v. 6.6.2014 a. a. O.). Tatsächlich bestehen in den Hafteinrichtungen, sollte es im Einzelfall zur Inhaftierung kommen, menschenwürdige Bedingungen. Beispielsweise findet regelmäßig eine medizinische Betreuung statt, teilweise arbeiten dort Sozialpädagogen und besteht die Möglichkeit der freien Bewegung sowie Sport zu betreiben (Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016).
Die neueren Entscheidungen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung stützen die Annahme systemischer Mängel häufig auf die Gefahr der Rückschiebung von Dublin-Rückkehrern nach Serbien und damit auf die Befürchtung eines Verstoßes Ungarns gegen das Prinzip des nonrefoulement, das in Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention und in Art. 3 der UN-Antifolterkonvention festgelegt ist, da erhebliche Zweifel bestehen, dass Flüchtlinge in Serbien Zugang zu einem ordnungsgemäßen Asylverfahren haben. Serbien gilt in Ungarn seit der Gesetzesänderung zum 1. August 2015 wieder als sicherer Drittstaat, für Asylverfahren in der Bundesrepublik Deutschland ist Serbien mit Inkrafttreten dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes am 24. Oktober 2015 und der damit verbundenen Änderung der Anlage II zu § 29 a AsylG ein sicheres Herkunftsland (BGBl. I S. 1722).
Dem Bericht des Auswärtigen Amtes vom 23. November 2015 zu Serbien (a. a. O., III.5.) ist zu entnehmen, dass es in Serbien ein Asylrecht gibt. Im Zeitraum Januar 2015 bis Mitte August 2015 seien 80.000 Flüchtlinge, v.a. Syrer, Afghanen und Iraker in Serbien registriert worden. Da die meisten Flüchtlinge Richtung EU/Ungarn weiterreisen wollten, hätten nicht einmal 500 Menschen in Serbien Asyl beantragt (so auch amnesty international, „Fenced out“, Oktober 2015, S. 16). Das serbische Asylsystem sei bislang wenig tragfähig und personell teilweise unterbesetzt. Im Zuge des EU-Integrationsprozesses arbeite Serbien jedoch mit Unterstützung des UNHCR und NGOs an Reformen.
Sofern teilweise darauf abgestellt wird, es könne angesichts der neuen Gesetzeslage nicht ausgeschlossen werden, dass auch Dublin-Rückkehrer nach Serbien abgeschoben werden und darauf die Annahme systemischer Mängel in Ungarn für diese Personengruppe gestützt wird (VG Düsseldorf, B.v. 20.8.2015 – 15 L 2556/15.A-, juris; VG Oldenburg, U.v. 2.11.2015, a. a. O.; VG Augsburg, B.v. 23.10.2015 – Au 5 S 15.50405-, bislang unveröffentlicht; VG Arnsberg, B.v. 4. November 2015 – 6 L 1406/15.A, bislang unveröffentlicht und B.v. 4. November 2015 – 6 L 1171/15.A, juris; VG Frankfurt am Main, B.v. 9.3.2016 – 7 L 353/16.F.A, asylnet; VG Arnsberg, U.v. 2.3.2016 – 6 K 2176/15.A-, asylnet; VG Braunschweig, B.v. 3.3.2016 – 7 A 460/15 -, asylnet; VG Kassel, B.v.26.2.2016 – 5 L 2585/15.KS.A-, asylnet), folgt das Gericht dieser Auffassung nicht, da sich hierfür aus den Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte ergeben (so auch VG Stade, B.v. 4.11.2015 a. a. O.).
Dass dem Antragsteller konkret eine Überstellung von Ungarn nach Serbien droht, kann den aktuellen Berichten nicht entnommen werden. Insbesondere schreibt das Auswärtige Amt in seiner Stellungnahme an das Verwaltungsgericht Regensburg: „Serbien lehnt die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn im Wege einer Einzelfallprüfung ab, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass die Antragsteller tatsächlich über Serbien nach Ungarn eingereist sind. Da Serbien in der Regel keine Registrierung der „durchreisenden“ Flüchtlinge vorgenommen hat und keine anderen Nachweise (z. B. serbische Bahnfahrkarten, Hotelbuchungen usw.) vorliegen, kann dieser Nachweis in der Regel nicht erbracht werden.
Die Asylbehörde ist in diesen Fällen von Gesetzes wegen verpflichtet, die Entscheidung aufzuheben und das Asylverfahren weiter zu betreiben (d. h. inhaltlich zu prüfen), wenn der sichere Drittstaat die Übernahme ablehnt.“ (ebenso der Lagebericht zum Mitgliedstaat Ungarn des Liaisonmitarbeiters des Bundesamtes beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft vom 13. Januar 2016).
Die Überstellung des Antragstellers in einen Staat, dessen Asyl- und Ausnahmesystem möglicherweise nicht den europäischen Mindeststandards genügt, ist damit nicht hinreichend wahrscheinlich, zumal der Antragsteller zu einem Aufenthalt in Serbien keinerlei Angaben gemacht hat. Der Antragsteller hat nicht vorgetragen, dass er durch Serbien gereist ist. Er hat erklärt, über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Ungarn und Österreich gereist zu sein.
Insbesondere hat der Antragsteller nicht dargelegt, wo er sich zwischen seiner Ausreise aus Zypern im Februar 2013 und seiner Einreise in die EU aufgehalten hat. Rückschlüsse auf seinen Reiseweg sind daher nicht möglich, so dass nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit besteht, von Ungarn nach Serbien abgeschoben zu werden.
Die theoretische Möglichkeit der Abschiebung nach Serbien begründet keinen systemischen Mangel des ungarischen Asylsystems (VG Stade, B.v. 4.11.2015, a. a. O.; VG München, B.v. 17.3.2016, a. a. O.; VG Ausgburg, B.v. 27.1.2016, a. a. O.).
Auch die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens (Art. 254 AEUV) gegenüber Ungarn durch die Europäische Kommission führt nicht per se zur Annahme des Bestehens systemischer Mängel im Asylsystem. Ein solches Vertragsverletzungsverfahren, das ausweislich einer Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 12. Dezember 2015 (http:/europa.eu/rapid/pressrelease_IP-15-6228_de.htm) wegen Unvereinbarkeit von Vorschriften des ungarischen Asylrechts mit EU-Recht (insbesondere mit der Neufassung der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU) und mit der Richtlinie über das Recht auf Dolmetscherleistungen und Übersetzungen im Strafverfahren (Richtlinie 2010/64/EU) sowie mit Art. 47 der EUGr-Charta) initiiert wurde, findet seinen Abschluss erst in der gerichtlichen Feststellung durch den Europäischen Gerichtshof (Art. 260 Abs. 1, 2 AEUV), dass ein Verstoß gegen EU-Recht tatsächlich vorliegt, so dass vom Vorliegen eines solchen momentan nicht ausgegangen werden kann.
Aus dem Verhalten und den Äußerungen der Europäischen Kommission ergibt sich gerade nicht, dass die Asylrechts-Vollzugspraxis in Ungarn insgesamt systemische Mängel aufweist (VG Augsburg, B.v. 27.1.2016, a. a. O.).
Da wegen der zwischenzeitlich durch die ungarische Regierung ergriffenen Maßnahmen der unkontrollierte Zustrom von Flüchtlingen nach Ungarn nicht mehr anhält, dürften sich auch die durch Kapazitätsprobleme entstandenen Versorgungs- und Unterbringungsengpässe bei zurückkehrenden Asylbewerbern mittlerweile wieder entschärft haben.
Der Antragsteller gehört auch keiner besonders schutzbedürftigen Personengruppe im Sinne des Art. 21 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Aufnahme-Richtlinie) an. Deshalb kann er einer Überstellung nach Ungarn nicht damit entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für ihn in diesem Mitgliedsstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtscharta mit sich bringen würden (vgl. VG Köln, B.v. 28.4.2015 – 17 L 1024/15.A – juris; VG Ansbach, B.v. 16.4.2015 – AN 4 K 14.30119).
Die Anordnung der Abschiebung nach § 34a AsylVfG erscheint somit rechtmäßig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 a AsylG.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz RVG.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.