Verwaltungsrecht

Keine systemischen Mängel in Ungarn

Aktenzeichen  M 9 S 16.50078

Datum:
25.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Dublin III-VO Dublin III-VO Art. 3 Abs. 1, Abs. 3, Art. 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1b, Art. 22 Abs. 7, Art. 25 Abs. 2
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 108 Abs. 1 S. 1
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1
AsylG AsylG § 27a
GRCh GRCh Art. 4
EMRK EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1 Es ist nicht ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren selber oder die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK oder die Genfer Flüchtlingskonvention begründen können.   (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Umstand, dass in Ungarn seit dem 1. August 2015 ein geändertes Asylverfahrensgesetz in Kraft getreten ist, das die Rechte von Asylsuchenden erneut einschränkt, ist nicht dazu geeignet, einen systemischen Mangel zu begründen.   (redaktioneller Leitsatz)
3 Die seit dem 1. August 2015 geltende Regelung, dass zu den sicheren Drittstaaten Serbien als EU-Aufnahmekandidat gehört, führt ebenfalls nicht zu einem systemischen Mangel.  (redaktioneller Leitsatz)
4 Die ungarischen Regelungen über die Asylhaft und die Haftpraxis lassen die Annahme systemischer Mängel ebenfalls nicht zu.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist nach seinen Angaben afghanischer Staatsangehöriger und reiste vermutlich am 26. Juni 2015 in das Bundesgebiet ein und stellte am 18. August 2015 einen Asylantrag. Am 2. Dezember 2015 wurde aufgrund eines EURODAC-Treffers ein Übernahmeersuchen nach der Dublin III-VO an Ungarn gerichtet. Die ungarischen Behörden haben nicht geantwortet.
Mit Bescheid vom … Januar 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Ziffern 1 und 2). Das Verbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 3). Der Asylantrag sei gemäß § 27a AsylG unzulässig, da Ungarn nach Art. 18 Abs. 1b, Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, aufgrund derer ein Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben sei, seien nicht ersichtlich. Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen im Sinne der Rechtsprechung des EuGH lägen in Ungarn nicht vor. Der Vortrag des Klägers, dass er in Ungarn und Serbien Gewalt erfahren habe, die Menschen und die Polizei ihn dort nicht willkommen hießen und er dort nicht leben wolle sowie das vorgelegte Attest über eine Ohrenuntersuchung, rechtfertigten kein anderes Ergebnis und seien keine Gründe, die einer Überstellung nach Ungarn entgegenstehen könnten.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat am 5. Februar 2016 Klage erhoben (M 9 K 16.50077) und gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung im Bescheid der Antragsgegnerin vom … Januar 2016 wird angeordnet.
Die angekündigte Begründung des Antrags ist nicht erfolgt.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) hat den Asylantrag zu Recht als unzulässig abgelehnt, dass nach Art. 22 Abs. 7, Art. 25 Abs. 2 Dublin-III-VO die Zuständigkeit Ungarns für die Durchführung des Asylverfahrens vorliegt.
Die Voraussetzungen für ein ausnahmsweise vorliegendes Selbsteintrittsrecht nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO liegen nicht vor. Danach kann abweichend von Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatangehörigen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den Kriterien der Dublin-III-VO nicht für die Prüfung zuständig ist. Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO bestimmt, dass jeder Antrag auf internationalen Schutz eines Drittstaatsangehörige im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III, Art. 7 ff., als zuständiger Staat bestimmt wird. Dies ist nach Art. 13 Dublin-III-VO derjenige Mitgliedstaat, in den der Betreffende erstmals eingereist ist.
Als Ausnahme von diesem Grundsatz regelt Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO, das im Falle systemischer Schwachstellen in einem Mitgliedstaat für den Fall, dass keine anderen zuständigen Staaten gefunden werden können, der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat wird. An das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls sind strenge Anforderungen zu stellen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherheit von Drittstaaten ist von der Annahme auszugehen, dass alle am europäischen Asylsystem beteiligten Staaten die Grundrechte, die Genfer Flüchtlingskonvention und die Europäische Menschenrechtskonvention beachten und jeder Mitgliedstaat sich versichert, dass niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er einer Verfolgung ausgesetzt ist. Dazu gehört auch, dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen (EuGH U.v. 21.12.2011 – C – 411/10; BVerfG U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93; VG München B.v. 11.2.2016 – M 25 S. 15.51007; VG Ansbach B.v. 10.12.2015 – AN 3 S. 15.50559; VG Greifswald B.v. 14.3.2016 – 4 B 649/16 AsHGW). Dieser Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten einander diesbezüglich vertrauen dürfen, wird bestätigt durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wonach der zurückschiebende Mitgliedstaat die nationalen Regelungen und die Praxis der Zurück- oder Ausweisung in sichere Drittstaaten nicht prüfen muss (EuGH U.v. 17.3.2016 – C-695/15 – PPU).
Von diesem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens kann unter den Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO in Ausnahmefällen abgewichen werden, wenn im Mitgliedstaat eine systemisch begründete, ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 EU-Grundrechtecharta (Art. 4 EU-GRCh) oder Art. 3 Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 3 EMRK) besteht, die speziell und im Einzelfall den jeweiligen Rechtsschutzsuchenden in seiner konkreten Lage betrifft. Davon kann nur ausgegangen werden, wenn der gesamte staatliche, insbesondere der Verwaltungsapparat nach seinen realen Möglichkeiten unfähig ist, Art. 4 EU-GRCh bzw. Art. 3 EMRK zu beachten, da dann strukturelle Mängel im Gesamtsystem des nationalen Asylverfahrens vorliegen. Diese im jeweiligen Asylsystem festzustellenden Mängel müssen so gravierend sein, dass sie nicht lediglich singulär, zufällig oder als Ausnahme geschehen, sondern aufgrund der Systematik in einer Vielzahl von Fällen zur Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung führen. Ursache dafür können einerseits Fehler bereits im System sein, andererseits aber auch die Praxis eines theoretisch nicht zu beanstandenden Asylsystems (BVerwG B.v. 6.6.2014 – 10 B 35.14). Keine systemischen Mängel sind Aufnahmebedingungen, die den Verhältnissen des Mitgliedstaates entsprechen, da ein Schutzsuchender keinen Anspruch darauf hat, besser gestellt und versorgt zu werden als die eigene Bevölkerung. Von systemischen Mängeln kann ausgegangen werden, wenn der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren selber an grundlegenden Mängeln leidet oder dass der Betreffende während der Dauer des Asylverfahrens elementare Grundbedürfnisse des Menschen wie Unterkunft, Nahrung und Hygiene nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (OVG Münster U.v. 7.3.2014 – 1 A 21/12.A).
Voraussetzung ist immer, dass eine durch Tatsachen bestätigte Gefahr für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Asylbewerbers vorliegt. Bloße nicht nachprüfbare Vermutungen, vereinzelt gebliebene Ausnahmefälle oder generell niedrige Unterbringungsstandards reichen dafür nicht aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist Maßstab im gerichtlichen Verfahren die Überzeugungsgewissheit, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, dass eine beachtliche, d.h. überwiegende Wahrscheinlichkeit systemischer Mängel besteht (BVerwG, B.v. 6.6.2014, 10 B 35/14).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist nach der dem Gericht vorliegenden aktuellen Erkenntnisse zur Situation von Asylbewerbern in Ungarn für die Person des Antragstellers nicht ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren selber oder die Aufnahmebedingungen systemische Mängel aufweisen, die einen Verstoß gegen Art. 4 EU-GRCh, Art. 3 EMRK oder die Genfer Flüchtlingskonvention begründen können.
Als aktuelles Erkenntnismaterial haben die Berichte des UNHCR zur Lage von Flüchtlingen und Migranten zu Ungarn einen besonderen Stellenwert (EuGH, U.v. 30.5.2013 – C 528/11). Eine Empfehlung des UNHCR, Asylbewerber im Rahmen des Dublin-Verfahrens nicht nach Ungarn zurück zu überstellen, gibt es zum Zeitpunkt der hier maßgeblichen Entscheidung nicht. Die aktuellen Berichte z.B. vom 17. September 2015 (Homepage des UNHCR: „Kursänderung in Europa notwendig“) betrifft die Grenzschließung durch Ungarn und enthält den Appell an die ungarischen Behörden, Schutzsuchenden uneingeschränkten Zugang an der Grenze zu gewähren. Insbesondere wendet sich der UNHCR in diesem Bericht ausdrücklich gegen das Argument, dass Asylsuchende nicht nach Ungarn einreisen dürften, weil es möglich sei, sie nach Serbien zurück zu bringen; Bedenken des UNHCR diesbezüglich bestünden nur wegen des noch im Aufbau begriffenen Asylsystems in Serbien, das nicht in der Lage sei, mit den Flüchtlingsstrom im Herbst 2015 umzugehen. Auch die Länderseite Ungarn des UNHCR (Stand März 2016) enthält keine Hinweise darauf, dass eine Aufnahme von Asylbewerbern in Ungarn wegen systemischer Mängel nicht in Betracht komme. Der letzte offizielle Bericht zur Situation für Asylsuchende und Flüchtlinge in Ungarn stammt vom April 2012 und ist überholt. Unter Randnummer 89 wird ausgeführt, dass bereits damals Flüchtlingen tagtäglich Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz entgegen gebracht wird; aufgezählt werden einige Fälle, die keine Systematik erkennen lassen. Eine Empfehlung des UNHCR zur Beachtung der Aufnahme und Verfahrensregelungen der Dublin-Verordnungen in nationales Recht gibt es anders als für andere Mitgliedstaaten nicht. Aus dem ebenfalls durch Änderungen der Sach- und Rechtslage überholten Bericht des UNHCR vom 24. November 2014 an das VG Düsseldorf ergibt sich vielmehr, dass der UNHCR im Grunde die Veränderungen des ungarischen Asylsystems ab dem Jahr 2014 begrüßt, wonach u.a. Dublin-Rückkehrer unterstützt werden; eine Übertragung auf die Verhältnisse in der zweiten Hälfte 2015 und die derzeit vorliegende Situation ist allerdings nicht möglich.
Das Gericht folgt nicht den Berichten von Menschenrechtsorganisationen über die Zustände in der zweiten Jahreshälfte 2015, insbesondere August und September. Die Situation von Flüchtlingen war zu diesem Zeitpunkt nicht nur in Ungarn allein aufgrund der Menge untragbar. Soweit das Hungarian-Helsinki-Commitee schlagwortartig über den Zustand und das Verfahren im August 2015 berichtet (Immigration and Asylum in Hungary Facts and Figurs August 2015) betraf das die damalige Situation. Auch der Bericht des European Council of Refugees and Exils (ECRE) vom Januar 2016 wertet die Fälle aus dem Jahr 2015 aus (Fußnote 1). Auch der Bericht ecre und aida „crossing boundaries“ gibt den Informationsstand vom 1. Oktober 2015 wieder. Die Berichte von amnesty international vom Juli 2015 „Europeans Borderland – Violance against refugees and immigrants in Mazedonia, Serbia and Hungary“ und vom 8. Oktober 2015 „Ungarn verletzt Menschenrechte von Flüchtlingen” betreffen das Jahr 2015 und die Lage der Flüchtlinge entlang der Balkan-Route, vor allem die Abschottungspolitik der ungarischen Regierung und das Asylverfahren als Schnellverfahren.
Aktuelle Erkenntnisse, aus denen sich belegbar ergibt, dass die Zustände bei der Unterbringung von Flüchtlingen unzumutbar sind, gibt es keine. Eine Überfüllung der vorhandenen Unterkünfte wird nirgendwo berichtet. Dies ist schlüssig und nachvollziehbar, da zum einen die im Sommer und Herbst 2015 in Ungarn lebenden oder durchreisenden Flüchtlinge mittlerweile das Land Richtung Österreich und Deutschland verlassen haben und da die Grenzen Ungarns geschlossen sind. Menschenunwürdige Unterbringungs- und Versorgungsverhältnisse in den ungarischen Aufnahmeeinrichtungen werden deshalb aus nachvollziehbaren Gründen aktuell nicht vorgetragen.
Der Umstand, dass in Ungarn seit dem 1. August 2015 ein geändertes Asylverfahrensgesetz in Kraft getreten ist, das die Rechte von Asylsuchenden erneut einschränkt, ist nicht dazu geeignet, einen systemischen Mangel zu begründen. Die materielle-rechtliche Verschärfung des Asylrechts, wonach Asylanträge abgelehnt werden dürfen, wenn Asylsuchende über sichere Transitstaaten eingereist sind, ist eine einschränkende Bestimmung, die ebenso wenig wie die entsprechende Bestimmung des § 26a AsylG einen systemischen Mangel darstellt. Auch die Regelung, wonach die Asylverfahren verkürzt werden und Asylanträge dann abgelehnt werden, wenn sich ein Asylbewerber unentschuldigt länger als 48 Stunden aus der ihm zugewiesenen Unterkunft entfernt, kann nicht als systemischer Mangel betrachtet werden. Die Verkürzung der Asylverfahren durch Einführung eines Schnellverfahrens und die rasche Abschiebung ist der Versuch erkennbar, Einreise, Registrierung, Aufenthalt und Anerkennung von Flüchtlingen zu regulieren, um einem ungehinderten Zustrom auch von Flüchtlingen, die nicht in Ungarn Asyl beantragen, sondern weiterreisen wollen, Herr zu werden. Es ist kein systemischer Mangel, wenn nur Asylanträge bearbeitet werden, wenn der Betreffende sich noch an dem ihm zur Verfügung gestellten und zugewiesenen Aufenthaltsort aufhält. Aus dem Rechtsgutachten über das ungarische Asylrecht des Instituts für Ostrecht in München für das Verwaltungsgericht Düsseldorf vom 2. Oktober 2015, in dem das ungarische Asylrecht übersetzt und erläutert wird, folgt, ebenso wie aus der Stellungnahme des Auswärtigen Amts vom 27. Januar 2016 an das Verwaltungsgericht Augsburg, dass die ungarische Rechtslage umfangreiche Regelungen über eine Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung, Rückschickungsverbote und Ausweisungen enthält und gegen die Entscheidung der Flüchtlingsbehörde sowie gegen die Ausweisung Rechtsmittel möglich sind. Danach findet das beschleunigte Verfahren statt, wenn u.a. ein Wiederholungsantrag gestellt wird, ohne dass neue Umstände oder Tatsachen vorliegen (§ 51 Abs. 2 Buchst. d) oder wenn ein sicherer Drittstaat existiert (§ 51 Abs. 2 Buchst. e). Dabei darf die Feststellung der Unzulässigkeit des Antrags wegen eines sicheren Drittstaats nur erfolgen, wenn der Antragsteller in diesem sicheren Drittstaat die Möglichkeit gehabt hätte, Schutz zu beanspruchen oder durch das Gebiet dieses Drittstaats durchgereist ist und dabei die Möglichkeit gehabt hätte, Schutz zu beanspruchen (§ 51 Abs. 4 Buchst. a und b). Eine Beweislastumkehr sieht Abs. 5 bei Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 4 vor. Sonstige Fälle eines beschleunigten Verfahrens regelt Abs. 7 u.a. für den Fall eines wiederholten Antrags, der nicht unzulässig ist, bei illegaler Einreise oder Aufenthalt ohne das Stellen eines Asylantrags in vernünftiger Frist, und u.a. bei der Weigerung, Fingerabdrücke abzugeben. Nach § 51 Abs. 11 hat der Antragsteller eine Frist von drei Tagen um zu erklären, warum in seinem individuellen Fall das angegebene Land kein sicheres Herkunfts- oder Drittland ist (abgedruckt und übersetzt S. 16 bis 18 des Gutachtens). Der verfahrensrechtliche Ablauf bei Unzulässigkeit oder im Schnellverfahren lässt nach der Rechtslage keinen systemischen Mangel erkennen, insbesondere ist nicht erkennbar, dass diese schnelle Durchführung den Zugang zum Asyl faktisch unmöglich machen könnte oder internationale menschen- und flüchtlingsrechtliche Standards dadurch verletzt werden könnten.
Die seit 1. August 2015 geltende Regelung, dass zu den sicheren Drittstaaten Serbien als EU-Aufnahmekandidat gehört, führt ebenfalls nicht zu einem systemischen Mangel in Ungarn. Entgegen der in der Rechtsprechung weit verbreiteten Annahme lässt das Gutachten des Instituts für Ostrecht vom 2. Oktober 2016, erstellt für das Verwaltungsgericht Düsseldorf im dortigen Verfahren 22 K 3263/15.A diesen Schluss nicht zu, da das Gutachten lediglich die Rechtslage übersetzt, darstellt und erläutert. Eine Aussage über die tatsächliche Anwendung und entsprechende Fälle enthält das Gutachten nicht. Auch Ausführungen zu der tatsächlichen und rechtlichen Situation in Serbien gibt es keine (Seite 7 des Gutachtens). Aus diesem Gutachten ebenso wie aus den übrigen Quellen kann nur die Vermutung bzw. Befürchtung entnommen werden, dass Flüchtlinge nach Serbien als sicheren Drittsaat zurückgeführt werden und in Ungarn kein Asylverfahren durchführen können (UNHCR 8. bis 14. Januar 2016, Europens refugees emergency response update 18; amnesty international a.a.O.; Ungarisches Helsiki Kommitee, a.a.O.). Tatsachen diesbezüglich waren nicht benannt. Nach dem Lagebericht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zum Mitgliedsstaat Ungarn vom 13. Januar 2016 des Mitarbeiters des BAMF beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft ist tatsächlich eher die Situation so, dass Serbien momentan die Übernahme von Drittstaatsangehörigen aus Ungarn ablehnt. Anhaltspunkte dafür, dass Serbien seinerseits Drittstaatsangehörige weiter zurückschiebt und so eine Rückschiebungskette bis insbesondere zurück nach Syrien entsteht, sind weder ernsthaft behauptet noch belegt. Auch der EuGH geht in seiner Entscheidung vom 17. März 2016 (C-695/15) davon aus, dass eine Rückführung nach Serbien durch ungarische Behörden unbedenklich möglich ist und offenbar nicht gegen den in Art. 33 Abs. 1 Genfer Flüchtlingskonvention enthaltenen Grundsatz der Nichtzurückweisung (sog. Refoulement-Verbot) verstößt.
Die ungarischen Regelungen über die Asylhaft und die Haftpraxis lassen die Annahme systemischer Mängel ebenfalls nicht zu. Nach dem Lagebericht zum Mitgliedsstaat Ungarn vom 13. Januar 2016 des Mitarbeiters des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge beim ungarischen Amt für Einwanderung und Staatsbürgerschaft werden vor dem Hintergrund vermehrter Staatsangehörigkeitstäuschungen zwar nicht mehr Dublin-Rückkehrer bestimmter Nationalitäten von der Anwendung der Asylhaft ausgenommen. Im Herbst 2015 waren die Haftplätze demnach nicht voll belegt, wobei verlässliche Angaben darüber fehlen. Es ist nach der Stellungnahme des Auswärtigen Amts vom 27. Januar 2016 davon auszugehen ist, dass insbesondere Dublin-Rückkehrer in Asylhaft genommen werden, um ein erneutes Untertauchen zu verhindern. Das führt im vorliegenden Einzelfall nicht zu dem Ergebnis eines systemischen Mangels. Der europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Urteil vom 3. Juli 2014 zur damaligen Situation festgestellt, dass hinsichtlich der Inhaftierungspraxis in Ungarn keine systemischen Mängel vorliegen und dass auch ein tatsächliches Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung im Sinne des § 3 EMRK bei Dublin-Rückkehrern nach Ungarn nicht besteht (EGMR U.v. 3.7.2014 – 71932/12). Da die Inhaftierung zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Asylverfahrens notwendig ist und dies als Haftgrund auch europarechtlichen und menschenrechtlichen Standards entspricht, ist darin kein systemischer Mangel zu erkennen. Es entspricht durchaus rechtsstaatlichen Grundsätzen, dass Ausländer ohne Aufenthaltsstatus und Papiere, die sich einem entsprechenden Verfahren bereits einmal entzogen haben, inhaftiert werden. Darin ist keine Menschenrechtsverletzung zu sehen.
Soweit Menschenrechtsorganisationen bei der Behandlung von Flüchtlingen durch Gewalt bei der Abnahme von Fingerabdrücken dokumentiert haben, wird dies auf entsprechende Berichte von Flüchtlingen gestützt und lasse keinen Schluss auf ein systematisches Vorgehen zu. Eine konkrete Gefahr für den Antragsteller, systematisch, unmenschlich und erniedrigend behandelt zu werden, kann daraus nicht geschlossen werden. Zum einen ist der Antragsteller in Ungarn bereits registriert, zum anderen hat er sich dort nur sehr kurz aufgehalten und gegenüber dem Bundesamt nur eine entsprechende pauschale Behauptung der Fremdenfeindlichkeit aufgestellt.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzulehnen.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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