Aktenzeichen 2 K 1767/13
Leitsatz
Gründe
Finanzgericht München
Az.: 2 K 1767/13
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Stichwort: Keine Option zur Steuerpflicht bei Vermietung an Pauschallandwirt; Gestaltungsmissbrauch
In der Streitsache
…
Klägerin
gegen
Finanzamt …
Beklagter
Wegen Umsatzsteuer 2006
hat der 2. Senat des Finanzgerichts München durch … aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 5. April 2016
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision zu.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof schriftlich einzulegen. Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Eine Abschrift oder Ausfertigung des Urteils soll ihr beigefügt werden. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
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Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Klägerin die ihr für die Errichtung eines landwirtschaftlichen Gebäudes in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen kann.
Die Klägerin ist praktische Ärztin. Ihr Ehemann ist ein Landwirt, für den im Streitjahr die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG) galt.
Am 1. Juli 2006 schlossen die Klägerin und ihr Ehemann einen Mietvertrag über eine Teilfläche des Grundstücks des Ehemanns zur Bebauung mit einem Gebäude durch die Klägerin. Vereinbart wurde ein jährlicher Mietzins von 400 € mit einer Laufzeit bis zum 1. Januar 2017. Der Mietzins war erstmals zum 1. Juni 2007 zu zahlen. In § 4 des Mietvertrags wurde bestimmt, dass nach Ablauf der Mietdauer der Ehemann der Klägerin eine Entschädigung zu zahlen hat, die sich nach dem Verkehrswert des von der Klägerin errichteten landwirtschaftlichen Nebengebäudes bemisst.
Der Bauantrag sowie der Eingabeplan für das Bauprojekt „ wurden 2004 im Namen des
Ehemanns eingereicht.
Im Mai 2006 wurde mit dem Bau begonnen (vgl. Baubeginnsanzeige vom 20. Mai 2006 durch den Ehemann). Am 4. Juni 2006 bat der Ehemann das Bauamt, die Baugenehmigung auf den Namen der Klägerin umzuschreiben. Drei Baurechnungen (für Einmessung, Bauhilfe und Fliesen) über insgesamt 3.523,80 € wurden durch den Ehemann bezahlt, der Rest durch die Klägerin. Dieser standen aufgrund von Grundstücksverkäufen im Streitjahr ausreichende Geldmittel zur Verfügung.
Das Gebäude wurde in einem Abstand von ca. 3 m entlang einer Staatsstraße auf dem Grundstück des Ehemanns errichtet. Es ist ausschließlich vom Innenhof des landwirtschaftlichen Betriebs des Ehemanns her befahr- und begehbar. In dem errichteten Gebäude befinden sich eine Maschinenhalle, eine Werkstatt, ein Kühlraum, ein Schlachtraum sowie weitere Bereiche entsprechend den betrieblichen Bedürfnissen des Ehemanns.
Mit Vertrag vom 1. Januar 2007 überließ die Klägerin ihrem Ehemann das landwirtschaftliche Nebengebäude mit Lager und Werkstatt vom 1. Januar 2007 bis 1. Januar 2017 für monatlich 600 € zzgl. 19% MwSt zur Nutzung. Zusätzliche Betriebskosten waren danach nicht zu zahlen. Regelungen zu Erhaltungskosten wurden nicht getroffen. Am 1. September 2007 wurde der Mietzins ab September 2007 auf 670 € zzgl. 19% MwSt erhöht.
In ihrer berichtigten Umsatzsteuererklärung für 2006, der der Beklagte (das Finanzamt -FA-) zustimmte, errechnete die Klägerin einen Vorsteuerbetrag aus den Gebäudeerrichtungskosten i. H. v. 24.140,74 € und einen Erstattungsanspruch in gleicher Höhe.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung, die die „Vorschaltung“ der Klägerin bei der Errichtung des landwirtschaftlichen Nebengebäudes als Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 Abgabenordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung (AO) würdigte, versagte das FA den Vorsteuerabzug und setzte mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 21. Juli 2011 die Umsatzsteuer für 2006 auf 0 € fest.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2013 als unbegründet zurück.
Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass sie ab 1. Juli 2006 voll in die Bauherrenstellung eingetreten und fortan sowohl wirtschaftlich als auch rechtlich Erstellerin des landwirtschaftlichen Gebäudes gewesen sei. Sie sei auch Vertragspartnerin der am Bau beteiligten Handwerker und Unternehmer geworden. Dass der Bau ausschließlich nach den Bedürfnissen des Ehemanns und Mieters erstellt worden sei, sei nicht ungewöhnlich.
Wäre der Bau durch den Ehemann erfolgt, hätte dieser ihn zum weit überwiegenden Anteil mit Fremdmitteln finanzieren müssen. Ein Darlehen an den Ehemann sei für die Klägerin nicht infrage gekommen, weil ihre Schwiegermutter einer dinglichen Absicherung des Darlehens im Grundbuch hätte zustimmen müssen und sogar von einem Rückübertragungsanspruch Gebrauch hätte machen können.
Die Gestaltung sei nicht unangemessen, da sie einem wirtschaftlichen Zweck und zwar der wertbeständigen Kapitalanlage diene. Aufgrund der Veräußerung von Grundstücken hätten der Klägerin im Streitjahr Geldmittel zur Verfügung gestanden, die aufgrund niedriger Kapitalmarktzinsen und Inflationsängsten in die Erstellung des vom Ehemann geplanten Betriebsgebäudes investiert werden sollten. Durch die entgeltliche Nutzungsüberlassung an den Ehemann habe sie, bezogen auf die Anschaffungskosten, eine Rendite von ca. 4-5% realisieren können. Die Renditeberechnung des FA sei schon deshalb fehlerhaft, weil dabei von einer unrealistischen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes von nur 33 Jahren ausgegangen worden sei und auch – trotz Vereinbarung einer Warmmiete – tatsächlich keine zu übernehmenden Nebenkosten bei der Klägerin anfielen. Strom, Heizung, Wasser, Abwasser u. a. würden vom Ehemann bezahlt. Die Wertbeständigkeit des errichteten Gebäudes sei durch die bereits beschlossene Unternehmensnachfolge des Sohnes gesichert gewesen. Die Eheleute hätten auf ihrer Vermögensebene eine strikte Trennung durchgeführt. Eine Ange-messenheitskontrolle sei von Seiten des FA nicht durchzuführen.
§ 10 Abs. 5 UStG sei in den Folgejahren nicht anwendbar, da die vereinbarte Miete dem marktüblichen Entgelt – wie es sich aus den nachgewiesenen Vergleichsmieten ergebe -entspreche und zumindest aber das marktübliche Entgelt unter der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG liege.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 21. Juli 2011 und der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 2013 die Umsatzsteuer für 2006 auf ./. 24.140,74 € festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA bezieht sich zur Klageerwiderung im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und trägt vor, dass der formale Wechsel der Bauherrschaft auf die Klägerin nur durch die angestrebten steuerlichen Vorteile begründet und damit rechtsmissbräuchlich sei. Der Ehemann habe das Bauvorhaben seit 2004 geplant und bereits mit der Errichtung des Gebäudes begonnen, bevor der Wechsel der Bauherrschaft beantragt worden sei. Bei Abschluss des Grundstückmietvertrags habe sich die Bebauung bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befunden, ein erheblicher Teil des Gebäudes sei bereits fertig gestellt gewesen. Dies ergebe sich daraus, dass die Fußbodenheizung lt. Regiebericht am 14. Juni 2006 geliefert und montiert worden sei.
Die Schlussrechnung der Firma M. sei abzüglich eines Nachlasses für Eigenleistungen ergangen. Da diese Eigenleistungen sicherlich nicht von der Klägerin erbracht worden seien, zeige dies, dass die Rechnung nur pro forma an die Klägerin adressiert worden sei und ihr Ehemann weiterhin faktisch als Bauherr aufgetreten sei.
Ein Darlehen der Klägerin an den Ehemann wäre in Anbetracht der wirtschaftlichen Zielsetzung die angemessene Verfahrensweise gewesen.
Die vorliegende Gestaltung sei allein aus steuerlichen Gründen gewählt worden, da der Ehemann als Landwirt gemäß § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG an der Geltendmachung der Vorsteuer gehindert gewesen sei und durch Vereinbarung einer Ablöseentschädigung am Ende der Mietlaufzeit in Höhe eines zukünftigen Verkehrswerts die Möglichkeit bestehe, durch einen überhöhten Wert erneut steuersparendes AfA-Volumen beim Ehemann zu generieren,
während dies bei der Klägerin ertragsteuerlich ohne Folgen bleiben würde. Die Mietdauer sei auf § 15a UStG abgestimmt.
Die Gestaltung sei missbräuchlich, da sich innerhalb der vereinbarten Mietdauer ein Ausgleich der erstatteten Vorsteuer durch die in diesem Zeitraum zu entrichtende Umsatzsteuer nicht herstellen lasse. Auch werde der Liquiditätsvorteil durch den vollen Vorsteuerabzug im Streitjahr nicht durch eine spätere umsatzsteuerpflichtige Vermietung kompensiert. Dies würde auch nicht durch Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage korrigiert werden, da aufgrund der Besonderheiten des Mietobjekts (fehlende rechtliche Absicherung des Zugangs, Zuschnitt auf die Bedürfnisse des Ehemanns) das marktübliche Entgelt möglicherweise unter der Mindestbemessungsgrundlage liege.
Die Gestaltung sei nicht durch wirtschaftliche oder sonstige außersteuerliche Gründe gerechtfertigt gewesen: Finanziell sei dem Ehemann die Durchführung des Projekts unproblematisch möglich gewesen. Zur Besicherung eines Darlehens hätte das bebaute Grundstück sowie weiterer überwiegend lastenfreier Grundbesitz zur Verfügung gestanden. Insbesondere hätte ein bedingter Rückübereignungsanspruch seiner Mutter nicht entgegengestanden, da die Auflassungsvormerkung zur Sicherung der Mutter bereits am 22. Dezember 2004 gelöscht worden sei. Als Kapitalanlage sei die Investition der Klägerin sehr risikoreich gewesen. Bei einem Kapitaleinsatz von ca. 156.000 € hätte lediglich eine Nettorendite von ca. 3% erzielt werden können.
Die Mietverhältnisse zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann hielten einem Fremdvergleich nicht stand und seien deswegen steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Da die Klägerin das Gebäude auf dem Grundstück des Ehemanns errichtet habe und damit dieser zivilrechtlicher Eigentümer des Gebäudes geworden sei, habe sie im Streitfall keinen Übereignungsanspruch bezüglich des von ihr errichteten Gebäudes, sondern allenfalls einen Auszahlungsanspruch nach § 812 Bürgerliches Gesetzbuch.
Die Laufzeit des Grundstückmietvertrags von 10,5 Jahren sei im Verhältnis zum Investitionsvolumen gering. Danach könne sie das Gebäude nur an ihren Ehemann zum dann gegebenen Verkehrswert übertragen. Zur Bestimmung des Verkehrswerts seien keine weiteren Regelungen getroffen worden, was unter fremden Dritten unüblich sei, da dieser aufgrund der Einzellage und Ausrichtung nach den Mieterbedürfnissen schwer bestimmbar sei. Ein fremder Dritter hätte sich als Mieter nicht verpflichtet, das Mietobjekt nach Ablauf der Mietzeit zum Verkehrswert zu erwerben. Der Wert des Gebäudes sei allein abhängig vom Ehemann: Der Bau sei ausschließlich nach den Bedürfnissen des Ehemanns errichtet worden und damit abhängig von dessen Gestaltung des landwirtschaftlichen Betriebs. Eine Nutzung oder Verkauf des Gebäudes ohne Zustimmung des Ehemanns sei nicht möglich. Da keine Fahrtrechte zum Gebäude auf dem Grundstück des Ehemanns dinglich gesichert seien, sei die Nutzbarkeit des Gebäudes von der Zustimmung des Ehemanns abhängig. Auch die Erhöhung des Mietzinses am 1. September 2007 wäre von einem fremden Dritten so nicht akzeptiert worden, denn die Begründung überzeuge nicht. Als Grund für die Mieterhöhung seien Investitionen am Gebäude (Rolltor) angegeben worden. Das Rolltor sei jedoch bereits im Eingabeplan sowie in der Gesamtfinanzierung berücksichtigt gewesen. Vielmehr habe die Klägerin einen Ansatz der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 UStG vermeiden wollen.
Die einen Monat verspätet gezahlte erste Mietzahlung, die zudem als „Rate“ bezeichnet worden sei, lasse den Schluss zu, dass das gesamte Vertragswerk nur zum Schein abgeschlossen worden sei.
Auf den richterlichen Hinweis vom 26. November 2015 und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann aus dem Bezug von Leistungen für die Errichtung des landwirtschaftlichen Nebengebäudes den Vorsteuerabzug nicht beanspruchen.
1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG kann ein Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der Vorsteuerabzug ist aber gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die Leistungen zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet.
Die – hier vorliegenden – Vermietungsumsätze sind nach § 4 Nr. 12a UStG grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Zudem hat die Klägerin nicht wirksam zur Steuerpflicht der an ihren Ehemann geleisteten Vermietungsumsätze optieren können.
a) Nach § 9 Abs. 1 UStG kann ein Unternehmer zwar zur Umsatzsteuer optieren, wenn die Vermietungsumsätze an einen anderen Unternehmer, für dessen Unternehmen ausgeführt werden. Jedoch ist der Verzicht auf die Steuerfreiheit bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nach § 9 Abs. 2 UStG auf solche Fälle beschränkt, in denen der Leistungsempfänger das Grundstück oder Grundstücksteile ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Der Unternehmer hat die Voraussetzungen nachzuweisen.
Diese einschränkende Regelung erfolgte durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts vom 21. Dezember 1993 insbesondere zur Verhinderung sogenannter Vorschaltmodelle, in denen Unternehmen gegründet werden, die ein Gebäude errichten und unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs steuerpflichtig beispielsweise an Banken, Ärzte, Bildungseinrichtungen und Krankenhäuser vermieten (vgl. Lippross, Umsatzsteuer, 23. Auflage, Seite 717; Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 9, Rn.155; Stadie in Stadie, UStG, § 9, Rn. 25). § 9 Abs. 2 UStG will also gerade künstliche bzw. missbräuchliche Gestaltungen im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug ausschließen.
§ 9 Abs. 2 UStG ist auch mit Unionsrecht vereinbar, da die Mitgliedstaaten bei Einräumung des Optionsrechts zur Steuerpflicht den Umfang dieses Wahlrechts einschränken können (Art. 13 Teil C der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Richtlinie 77/388/EWG – ; jetzt Art. 137 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem – MwStSystRL -).
b) Bei der Nutzungsüberlassung eines Grundstücks an einen Landwirt, der – wie im Streitfall – seine Umsätze nach den Durchschnittssätzen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe versteuert und demnach nur einen „pauschalen Vorsteuerabzug“ nach § 24 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStG geltend machen kann, ist deshalb die Option zur Steuerpflicht nach § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen (vgl. Schüler-Täsch in Sölch/Ringleb, UStG, § 9 Rn. 47; Stadie in Stadie, UStG, § 9, Rn. 28; Nieuwenhuis in Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 9, Rn. 78).
Nach anderer Ansicht bleibt trotz Pauschalierung nach § 24 Abs. 1 UStG der Vorsteuerabzug dem Grunde nach bestehen, so dass eine Option zur Steuerpflicht möglich sein soll (vgl. FG Niedersachsen, Beschluss vom 23. November 2005 Ko 14/00, EFG 2001, 307; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Januar 2005 12 K 493/00, EFG 2005, 761; im Ergebnis auch so: Abschn. 9.2 Abs. 2 UStAE).
Diese Auffassung widerspricht aber der o.g. Intention des § 9 Abs. 2 UStG (vgl. Stadie in Stadie, UStG, § 9, Rn. 28, 25), da damit Vorschaltmodelle, in denen sowohl die pauschalierten Vorsteuern beim Landwirt, als auch die tatsächlichen Vorsteuern aus Investitionsumsätzen bei dem vorgeschalteten Vermieter abzugsfähig sind, weiterhin möglich wären.
Außerdem widerspricht sie § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG. Danach besteht eine Wirkung der Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung darin, dass der Vorsteuerabzug entfällt. Zwar werden nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG unabhängig davon, ob Vorsteuern angefallen sind, Vorsteuerbeträge festgesetzt. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um einen tatsächlichen Vorsteuerabzug, da § 24 UStG lediglich zu einer Pauschalbesteuerung – unabhängig von tatsächlichen Eingangsumsätzen – führt.
Diese Auslegung entspricht auch Art. 25 Abs. 5 Unterabs. 2 Richtlinie 77/388/EWG (jetzt: Art. 302 MwStSystRL), wonach ein Pauschallandwirt, der einen pauschalen Ausgleich in Anspruch nimmt, in Bezug auf die dieser Pauschalregelung unterliegenden Tätigkeiten kein Recht auf Vorsteuerabzug hat (Schüler-Täsch, MwStR 2013, 540, 543 f.).
Im Übrigen geht die Finanzverwaltung in anderem Zusammenhang auch davon aus, dass Pauschallandwirte, keine zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer sind (Abschn. 10.7. Abs. 6 Satz 4 UStAE, neu gefasst durch BMF vom 23. Februar 2016, BStBl I 2016, 240).
2. Selbst wenn der Vorsteuerabzug im Rahmen der hier streitigen Gestaltung nicht schon gemäß § 9 Abs. 2 UStG ausgeschlossen sein sollte, ist die streitgegenständliche Nutzungsüberlassung des von der Klägerin errichteten Gebäudes an ihren Ehemann zumindest gemäß § 42 AO als missbräuchliche Gestaltung umsatzsteuerrechtlich nicht anzuerkennen.
Unionsrechtlich sind nach dem Grundsatz des Verbots missbräuchlicher Praktiken rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen, die allein zu dem Zweck erfolgen, einen Steuervorteil zu erlangen, verboten (vgl. u. a. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union – EuGH – Halifax u. a.C vom 21. Februar 2006 C-255/02, ECLI:EU:C:2006:121, UR 2006, 232, Rz. 74 ff.; WebMindLicenses Cvom 17. Dezember 2015 C-419/14, ECLI:EU:C:2015:832, Rn. 35 f. m. w. N.). Davon kann ausgegangen werden, wenn zum einen die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Voraussetzungen der einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts und des zu ihrer Umsetzung ergangenen nationalen Rechts zur Erlangung eines Steuervorteils führen, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderliefe, und zum anderen aufgrund einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich ist, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird (BFH-Urteil vom 16. Juni 2015 XI R 17/13, BStBl. II 2015, 1024, Rn. 35 f. m. w. N.).
a) Bei der vorliegenden Gestaltung ergibt sich – bei Annahme einer wirksamen Option durch die Klägerin (entgegen dem Ergebnis unter 1.) – ein Steuervorteil dergestalt, dass sämtliche Umsatzsteuerbeträge, die im Zusammenhang mit der Errichtung des Gebäudes für den Ehemann angefallen sind, als Vorsteuerbeträge abziehbar sind. Das wäre nicht der Fall gewesen, wenn der Ehemann das – auf seine Bedürfnisse zugeschnittene – Gebäude selbst errichtet hätte. Denn der Ehemann wäre als Landwirt wegen der nach § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG pauschalierten Vorsteuer mangels einer Option gemäß § 24 Abs. 4 UStG an der Geltendmachung höherer Vorsteuern gehindert.
Die Gewährung dieses Steuervorteils läuft mittelbar dem Zweck des Art. 302 MwStSystRL zuwider, wonach ein Pauschallandwirt, der einen pauschalen Ausgleich in Anspruch nimmt, in Bezug auf die dieser Pauschalregelung unterliegenden Tätigkeiten kein Recht auf Vorsteuerabzug hat (vgl. oben 1 .b)). Denn auf diese Weise werden die Investitionen des Pauschallandwirts doppelt begünstigt, einmal im Wege der pauschalierten Vorsteuer und zum anderen mittelbar durch Abzug der tatsächlichen Vorsteuern auf Seiten der Klägerin.
b) Dieser Steuervorteil ist Zweck der gewählten, künstlichen Gestaltung im Streitfall. Die Klägerin hat einen Grundstücksteil von ihrem Ehemann angemietet, um diesen dann nach dessen Vorgaben mit einem landwirtschaftlichen Nebengebäude zu bebauen, und um das Gebäude, das bereits im Eigentum des Ehemanns steht, im Anschluss daran an ihren Ehemann zurück zu vermieten. Die Klägerin kann das bebaute Grundstück, das sich auf dem Hof ihres Ehemanns befindet, weder für eigene gewerbliche Zwecke nutzen noch kann sie es – mangels Geh- und Fahrtrechten an dem umgebenden Grundstück – beispielsweise an einen Dritten ohne Einwilligung ihres Ehemanns zur Nutzung überlassen. Die Klägerin kann das Grundstück lediglich ihrem Ehemann, nach dessen speziellen Bedürfnissen das Gebäude errichtet worden ist, überlassen.
Dass diese Gestaltung jeglicher wirtschaftlicher Realität entbehrt zeigt sich auch daran, dass die Klägerin weder erkennbar noch vereinbart, irgendwelche gebäudebezogenen Lasten trägt. Nach Aussage der Klägerin trägt sie auf jeden Fall keine Nebenkosten.
c) Diese Gestaltung lässt auch keinen wirtschaftlichen Zweck, mit Ausnahme dem, durch Umgehung des § 24 Abs. 1 Satz 4 UStG einen Steuervorteil zu erlangen, erkennen.
Denn als Geldanlage – wie die Klägerin behauptet – fehlt der Klägerin aufgrund der vorliegenden einvernehmlich mit ihrem Mann getroffenen Gestaltung – mit Ausnahme des befristeten Mietvertrags – jede verlässliche Rechtsposition, die erwarten lässt, dass die Klägerin ihr eingesetztes Kapital verzinst zurückerhalten kann: Die Klägerin kann das Gebäude weder für eigene wirtschaftliche Zwecke verwenden, noch ist das landwirtschaftlichen Nebengebäude auf dem Hof des Ehemanns als Vermietungsobjekt an Dritte marktgängig. Die Klägerin ist im Hinblick auf ihre angebliche Geldanlage – wenn auch einvernehmlich mit ihrem Ehemann – ohne jede Absicherung.
3. Dahingestellt bleiben kann vorerst, ob die Vermietung der Klägerin an den Ehemann nicht schon deshalb ins Leere läuft, da der Ehemann mit dem Bau als Grundstückseigentümer nicht nur das Eigentum an dem landwirtschaftlichen Nebengebäude, sondern auch – unabhängig von der angeblichen Vermietung – von der Klägerin faktisch zugleich die Verfügungsmacht übertragen bekommen hat. Denn es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin die Lasten des bebauten Grundstücks getragen hat. Darüber bestehen keine Regelungen. Die Klägerin trägt jedoch nach ihrem eigenen Bekunden keine Nebenkosten für das Gebäude und das Grundstück.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
5. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen abweichender Finanzgerichtsentscheidungen in Bezug auf § 9 Abs. 2 UStG (FG Niedersachsen, Beschluss vom 23. November 2000 5 Ko 14/00, EFG 2001, 307; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Januar 2005 12 K 493/00, EFG 2005, 761) zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zugelassen.