Aktenzeichen VIII R 24/18
Leitsatz
1. Die Aufforderung der Finanzverwaltung an einen Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, zu Beginn einer Außenprüfung einen Datenträger „nach GDPdU“ zur Verfügung zu stellen, ist als unbegrenzter Zugriff auf alle elektronisch gespeicherten Unterlagen unabhängig von den gemäß § 147 Abs. 1 AO bestehenden Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten des Steuerpflichtigen zu verstehen und damit rechtswidrig (Anschluss an das BFH-Urteil vom 12.02.2020 – X R 8/18, BFH/NV 2020, 1045).
2. Eine solche Aufforderung ist zudem unverhältnismäßig, wenn bei einem Berufsgeheimnisträger nicht sichergestellt ist, dass der Datenzugriff und die Auswertung der Daten nur in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen oder in den Diensträumen der Finanzverwaltung stattfindet (Bestätigung des Senatsurteils vom 16.12.2014 – VIII R 52/12, BFHE 250, 1).
Verfahrensgang
vorgehend FG München, 27. Juni 2018, Az: 1 K 2318/17, Urteil
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 27.06.2018 – 1 K 2318/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
1
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz. Sie ermittelte ihren Gewinn im Streitzeitraum 2012 bis 2014 im Wege der Einnahmen-Überschussrechnung.
2
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) erließ für den Streitzeitraum am 02.01.2017 gegenüber der Klägerin eine Prüfungsanordnung. Geprüft werden sollten die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung einschließlich des Gewerbesteuermessbetrages und die Umsatzsteuer für 2012 bis 2014. Das Finanzgericht (FG) München wies die gegen die Prüfungsanordnung gerichtete Klage durch Urteil vom 27.06.2018 – 1 K 2316/17 (nicht veröffentlicht) als unbegründet ab. Die Entscheidung ist mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin durch den Bundesfinanzhof (BFH) rechtskräftig geworden (Senatsbeschluss vom 13.12.2018 – VIII B 114/18, BFH/NV 2019, 385).
3
Zusammen mit der Prüfungsanordnung forderte der für die Außenprüfung vorgesehene Prüfer „die Überlassung eines Datenträgers nach GDPdU“ (den Grundsätzen zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen –BMF– vom 16.07.2001 – IV D 2 -S 0316- 136/01, BStBl I 2001, 415) zu Beginn der Betriebsprüfung an.
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Der hiergegen erhobene Einspruch der Klägerin blieb erfolglos. Das FG gab jedoch der anschließend erhobenen Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2018, 1845 mitgeteilten Gründen statt.
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Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Es rügt die Verletzung materiellen Bundesrechts, da das FG die Aufforderung zur Überlassung des Datenträgers zu Unrecht als unverhältnismäßig und rechtswidrig beurteilt habe. Zudem sei dem FG ein Verfahrensfehler unterlaufen, da es nicht von Amts wegen aufgeklärt habe, welche Sicherheitsvorkehrungen für den Datenzugriff auf den Laptops der Außenprüfer und im FA vorhanden seien.
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Das FA beantragt,das Urteil des FG München vom 27.06.2018 – 1 K 2318/17 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.