Aktenzeichen 5 U 1620/20
Leitsatz
Verfahrensgang
28 O 15102/19 2020-02-25 LGMUENCHENI LG München I
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.02.2020, Aktenzeichen 28 O 15102/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 51.900,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über den Widerruf des von der beklagten Bank gewährten Autofinanzierungskredits.
Der Kläger nahm zur Finanzierung seines Pkw`s am 01.09.2016 bei der Beklagten ein Darlehen über netto 51.900 € (Anl. K1). Er widerrief den Darlehensvertrag mit Schreiben vom 12.11.2018 (Anl. K2).
Der Kläger war vor dem Landgericht der Meinung, sein Widerruf sei nicht verfristet gewesen, weil die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe.
Er hat beantragt,
I. Es wird festgestellt, dass der Kläger ab seiner Widerrufserklärung vom 12.11.2018
aus dem mit der Beklagten zwecks Finanzierung eines … mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … abgeschlossenen Darlehensvertrages Nr. … weder Zins- noch Tilgungsleistungen gem. § 488 Abs. 1 S.2 BGB schuldet.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.720,66 € zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe des … mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … nebst Fahrzeugschlüsseln und -papieren durch den Kläger an die Beklagte.
III. Die Beklagte befindet sich mit der Annahme des … mit der Fahrzeugidentifikationsnummer … in Verzug.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.954,46 € freizustellen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt
und im Wege der Hilfswiderklage u.a. die Feststellung einer Ersatzpflicht des Klägers für gezogene Nutzungen beantragt.
Der Kläger hat Abweisung der Hilfswiderklage beantragt.
Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 25.02.2020 abgewiesen, weil die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs längst abgelaufen gewesen sei. Gegen das ihm am 26.02.2020 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20.03.2020 Berufung eingelegt, die er am 20.04.2020 begründet hat. Der Senat hat den Kläger mit Beschluss vom 23.04.2020 darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie aus den dort mitgeteilten Gründen keine Erfolgsaussicht habe. Mit Schriftsatz vom 08.05.2020 hat der Kläger hierzu Stellung genommen.
Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz,
das Ersturteil abzuändern und nach seinen erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Weitere Einzelheiten, insbesondere auch hinsichtlich der Anträge der Beklagten im Rahmen der Hilfswiderklage, ergeben sich aus dem Ersturteil, dem bereits zitierten Hinweisbeschluss und den im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätzen.
II.
1. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 25.02.2020, Aktenzeichen 28 O 15102/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers geben keinen Anlass zu einer geänderten Beurteilung. Im Einzelnen: 1) Musterschutz Der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass er aufgrund eigener Beurteilung die Widerrufsinformation für noch ausreichend gut lesbar hält. Soweit der Kläger nunmehr beanstandet, damit sei der Senat nicht auf die „Druckqualität“ eingegangen, ist darauf hinzuweisen, dass die Druckqualität selbst nach der vorgelegten Kopie zu urteilen (Anl. K1, S.1/2 von 5) keine Zweifel an der Lesbarkeit des Textes aufwirft. Minimale optische Abweichungen sind bereits nach dem Gesetzeswortlaut (Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5 EGBGB a.F.) unschädlich; die Anforderungen einer hervorgehobenen und deutlich gestalteten Form sind vorliegend erfüllt, da die Widerrufsinformation auf einer gesonderten Seite abgedruckt ist, mit einer großen und fett gedruckten Überschrift „Widerrufsinformation“ versehen und in übersichtliche Absätze mit durch Fettdruck klar erkennbare Überschriften gegliedert ist. Die Widerrufsinformation beginnt bereits auf Seite 2 des streitgegenständlichen Karten- und Kreditvertrags und fällt im vorliegenden Fall gerade deshalb besonders auf, weil sie sich auf Seite 3 des Vertrags erstreckt, da dort in der unteren Hälfte bei der Schufa-Klausel eine deutlich abweichende und nicht umrandete Gestaltung gewählt wurde. Der Senat hält daher auch nach Einsicht in das vom Klägervertreter vom 05.06.2020 übersandte „Original von Anlage K 1“ daran fest, dass vorliegend eine hervorgehobene und deutlich gestaltete Form gegeben ist (vgl. auch Beschluss des 17. Senats vom 29.05.2020 im Verfahren 17 U 1717/20, in dem auch die Klägervertreter tätig waren).
1) Zu der Entscheidung des EuGH vom 26.3.2020 (C-66/19) hat der Senat schon im Beschluss vom 16.4.2020 ausgeführt, dass diese aufgrund der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB a.F. keine Relevanz für diesen Rechtsstreit haben kann. Dies wurde durch den BGH mit Beschluss vom 31.3.2020 (XI ZR 198/19, Rn. 10 ff, s. aber auch die Beschlussserie vom 26.5.2020) bestätigt; das Rechtsstaatsprinzip und der Grundsatz der Gewaltenteilung verbieten es, dass eine klare und eindeutige nationale gesetzliche Regelung nicht beachtet wird, weil diese laut EuGH gegen EU-Richtlinien verstößt. Der Senat teilt diese Rechtsauffassung.
1) Soweit der Kläger rügt, die Beklagte habe den Effektivzinssatz falsch angegeben, hat er diese Behauptung erstmals im Berufungsverfahren aufgestellt und hierfür Sachverständigenbeweis angeboten. Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme hierzu vom 17.06.2020 einerseits darauf hingewiesen, dass der Kläger ohne hinreichende Entschuldigung ein neues Angriffsmittel geltend mache und andererseits bestritten, dass sie den effektiven Jahreszins falsch angegeben habe. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 29.06.2020 darauf verweist, dass es sich bei dem effektiven Zinssatz um eine Pflichtangabe handele, trifft dies zu, so dass der Senat prüft, ob überhaupt eine Angabe gemacht ist. Hinsichtlich der Tatsachenfrage, ob diese Angabe richtig oder falsch ist, unterliegt es der Parteidisposition, dies darzutun oder nicht. Wenn der Kläger erst in der zweiten Instanz die inhaltliche Richtigkeit der entsprechenden Zahlenangabe der Beklagte in Abrede stellt, ist dies ein neues Angriffsmittel, dass den Regelungen des § 531 Abs. 2 ZPO unterfällt. Es ist aber nicht ersichtlich, dass er dieses Vorbringen wegen eines Fehlers des Erstgerichts bzw. unverschuldet erst in zweiter Instanz anbringt. Im Gegenteil, es hätte ihm frei gestanden, in erster Instanz jederzeit die ersichtlich entscheidungserhebliche Behauptung der falschen Berechnung der Effektivzinssatzes auf- und unter Beweis zu stellen.
2. Nebenentscheidungen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.