Verwaltungsrecht

Kein Abschiebungsverbot in den Iran wegen Corona

Aktenzeichen  B 2 K 18.31976

Datum:
30.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40886
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 5, § 31 Abs. 3, § 37 Abs. 1 S. 1, § 71
VwVfG § 51 Abs. 1
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

Die Gefahr, an Covid-19 zu erkranken, führt nicht zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn dem Betroffenen nicht individuell aufgrund einer möglichen Erkrankung ein hinreichend schwerer Krankheitsverlauf droht. (Rn. 45 – 47)
1. Bei Dauersachverhalten (wie der Konversion zum christlichen Glauben) ist eine Änderung der Sachlage erst dann anzunehmen, wenn die Schwelle zur Entscheidungserheblichkeit der nachträglichen Sachverhaltsänderung überschritten wurde, wenn also eine qualitativ neue Bewertung möglich erscheint. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die (dem Gericht vorliegenden) Erkenntnisse lassen nicht den allgemeinen Schluss zu, im Iran stünde jedem Bewohner oder Rückkehrer – insbesondere aufgrund der infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie zugespitzten wirtschaftlichen und humanitären Situation – vor Ort unabhängig vom eigenen Zutun unausweichlich eine Situation extremer materieller Not oder ein Zustand der Verelendung bevor. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
I.
Der Antrag die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.09.2018, Az. …, zu verpflichten, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen, ist unbegründet.
Dieser Antrag ist unter Zugrundelegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) als Antrag auf Aufhebung der Nr. 1 des Bescheides vom 27.09.2018, mit der das Bundesamt den Folgeantrag (§ 71 des Asylgesetzes – AsylG) des Klägers nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG als unzulässig abgelehnt hat, auszulegen. Denn zur Durchführung eines (weiteren) Asylverfahrens ist das Bundesamt nach Aufhebung einer Entscheidung über die Unzulässigkeit automatisch verpflichtet, da der Rechtsgedanke des § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG, wonach das Bundesamt bei einer stattgebenden gerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG das Asylverfahren fortzuführen hat, auf den Fall der Aufhebung einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG übertragbar ist (BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – BVerwGE 157, 18 Rn. 19).
Nr. 1 des angegriffenen Bescheides ist im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Asylantrag des Klägers ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG unzulässig, da der Kläger zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens nach § 71 AsylG hat.
Stellt ein Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrages erneut einen Asylantrag, so ist ein weiteres Asylverfahren nur dann durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes – VwVfG – vorliegen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 AsylG), wobei die rechtskräftige Ablehnung der unanfechtbaren Ablehnung gleichsteht (Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 71 AsylG Rn. 6).
Der dem streitgegenständlichen Folgeantrag vom 20.07.2018 vorausgehende Folgeantrag des Klägers vom 08.12.2015 ist mit Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 23.11.2017 (B 2 K 16.31112) mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 29.01.2018 (14 ZB 17.31946) rechtskräftig abgelehnt (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
Allerdings liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vor.
1. Die dem Asylfolgeverfahren aufgrund des Antrags des Klägers vom 08.12.2015 zugrunde gelegte Sachlage hat sich nicht im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nachträglich zugunsten des Klägers geändert.
Eine Änderung der Sachlage ist anzunehmen, wenn sich entweder die allgemeinen politischen Verhältnisse oder Lebensbedingungen im Heimatstaat oder aber die das persönliche Schicksal des Asylbewerbers bestimmenden Umstände so verändert haben, dass eine für den Asylbewerber günstigere Entscheidung möglich erscheint (Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 71 AsylG Rn. 21; vgl. BVerwG, U.v. 18.12.2008 – 10 C 27.07 – BVerwGE 133, 31 Rn. 10). Bei Dauersachverhalten ist eine Änderung erst dann anzunehmen, wenn die Schwelle zur Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten nachträglichen Sachverhaltsänderung überschritten wurde, wenn also eine qualitativ neue Bewertung möglich erscheint (vgl. BVerfG, B.v. 12.02.2008 – 2 BvR 1262/07 – juris Rn. 15).
a) Bezüglich der vorgetragenen Konversion des Klägers zum christlichen Glauben, die nicht zur Überzeugung des in den Klageverfahren gegen die Bescheide vom 29.09.2014 und 09.08.2016 jeweils erkennenden Gerichts festgestellt werden konnte (VG Bayreuth, U.v. 08.12.2014 – B 3 K 14.30337 – Bl. 84 der Gerichtsakte; VG Bayreuth, U.v. 23.11.2017 – B 2 K 16.31112 – Bl. 107 der Gerichtsakte), liegt eine Änderung der Sachlage nicht vor. Eine qualitativ neue Bewertung erscheint bezüglich des Dauersachverhalts der Konversion nicht möglich. Denn der Kläger gibt lediglich weiter an, christlichen Glaubens zu sein, ohne dabei zu schildern, ob und inwiefern sich dieser Glaube seit den abgeschlossenen Verfahren entwickelt habe.
b) Auch bezüglich des Vortrags des Klägers, ihm drohe im Iran eine Strafe wegen Ehebruchs sowie wegen des unehelichen Kindes, dass er mit einer (zur Zeit der Zeugung des Kindes noch) verheirateten Frau habe, und ihm drohe Verfolgung durch die Familie des Ehemannes der Frau, sind keine Umstände gegeben, die eine für den Kläger günstigere Entscheidung möglich erscheinen lassen.
Denn der Kläger hat nicht zur Überzeugung des Einzelrichters (§ 108 Abs. 1 VwGO) glaubhaft gemacht, dass ihm diese Gefahren bei einer Rückkehr in den Iran tatsächlich drohen. Zwar geht der Einzelrichter davon aus, dass der Kläger eine Beziehung zu der verheirateten Frau hat und mit dieser ein gemeinsames Kind hat, jedoch ist der Einzelrichter nicht davon überzeugt, dass dem Kläger aufgrund dieser Umstände im Iran eine Gefahr droht, die eine für ihn günstigere Entscheidung möglich werden lässt.
Bezüglich einer möglichen Strafe wegen Ehebruchs durch den iranischen Staat hat der Kläger keine Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass der iranische Staat die für eine Verfolgung nötige Kenntnis vom Ehebruch oder von der Geburt eines unehelichen Kindes des Klägers hat oder diese mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit erlangen wird.
Bezüglich der vom Kläger geltend gemachten Gefahr einer Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens durch die Familie des Ehemannes, als nichtstaatliche Akteure (§ 3c Nr. 3 AsylG), hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht, dass ihm diese Gefahr tatsächlich droht. Der Ehemann der Frau befindet sich nach dem Vortrag des Klägers in Deutschland und der Kläger hat nicht glaubhaft dargelegt, dass dessen Familie im Iran Kenntnis von dem Umstand hat, dass der Kläger mit der Frau eine Beziehung und ein gemeinsames Kind hat. So ist widersprüchlich, dass der Kläger einerseits im Rahmen seiner Anhörung beim Bundesamt angegeben hat, er dürfe seine Freundin seit zwei Monaten nicht mehr besuchen, da sie in M* … sei, dass er aber andererseits dabeigesessen habe, als ihr Bruder angerufen habe und sie beschuldigt habe, eine Beziehung zu einem anderen Mann zu haben, was der Ehemann in der ganzen Familie herumerzählt habe. Weiter läge eine beachtliche Gefahr einer Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens auch dann nicht vor, wenn die Familie des Ehemannes im Iran von der Beziehung, dem unehelichen Kind und der Person des Klägers Kenntnis haben würde. Denn daraus ergibt sich noch nicht, dass die Familie den Kläger auch im Iran ausfindig machen kann. Soweit sich Familienangehörige mit entsprechender Kenntnis von der Beziehung in der Umgebung des ehemaligen Wohnortes des Klägers in Teheran aufhalten würden, so wäre dem Kläger auch dann nach § 3e Abs. 1 AsylG die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz nicht zuzuerkennen, da der Kläger dann in einen anderen Teil des Irans, beispielsweise in einen anderen Teil Teherans oder in eine andere der zahlreichen iranischen Großstädte ziehen könnte, in dem oder in der der Kläger nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Gefahr durch solche Familienangehörigen ausgesetzt wäre.
2. Nachdem bereits ein Grund für die Durchführung eines Folgeverfahrens im Sinne von § 71 Abs. 1 AsylG i.V. m. § 51 Abs. 1 VwVfG fehlt (s. o.), kommt es auf eine mögliche Unzulässigkeit des Antrags nach § 51 Abs. 2 VwVfG oder eine Verfristung des Antrags nach § 51 Abs. 3 VwVfG bezüglich der geltend gemachten Gründe nicht an.
Nach alledem ist ein weiteres Asylverfahren nach § 71 Abs. 1 AsylG nicht durchzuführen und die Ablehnung des Folgeantrags als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 5 AsylG ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
II.
Der Antrag, die Beklagte zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes – AufenthG – hinsichtlich des Irans vorliegen, ist unbegründet.
Nr. 2 des Bescheides der Beklagten vom 27.09.2018, Az. …, ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO). Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) hat der Kläger weder einen Anspruch auf Feststellung, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG gegeben ist (1.), noch einen Anspruch auf Feststellung, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG gegeben ist (2.).
Nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG hat die Beklagte im Rahmen der Entscheidung über den Asylantrag des Klägers vom 20.07.2018 festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, da es sich bei dem Asylantrag um einen unzulässigen Asylantrag handelt (s. o.). Diese Feststellung ist (auch bei einem Folgeantrag) unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 VwVfG erforderlich (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2016 – 1 C 4.16 – BVerwGE 157, 18 Rn. 20; Bergmann in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 13. Aufl. 2020, § 31 AsylG Rn. 3).
1. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG für den Kläger bezüglich einer Abschiebung in die Islamische Republik Iran besteht nicht. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK – (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Durch diesen allgemeinen Verweis auf die EMRK sind die Normen der EMRK unmittelbar anwendbar. Bei der Prüfung der Voraussetzungen ist auf den gesamten Abschiebezielstaat abzustellen.
Vorliegend ist im Wesentlichen Art. 3 EMRK zu prüfen. Gemäß Art. 3 EMRK darf Niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden. Eine dem widersprechende Behandlung im Zielstaat kann sich aus einer allgemeinen Situation der Gewalt, einem besonderen Merkmal des Ausländers oder einer Verbindung aus beiden ergeben (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – BVerwGE 146,12 Rn. 25). Im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG bedarf es jedenfalls in Abgrenzung zu § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG – der wegen seiner Formulierung „Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“ ebenfalls auf den Geltungsbereich von Art. 3 EMRK abzielt und nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG, der die §§ 3c bis 3e AsylG für entsprechend anwendbar erklärt, einen Akteur voraussetzt – keines Akteurs im Sinne von § 3c AsylG; auch wenn die Begriffe „Folter“, „Behandlung“ oder „Strafe“ einen Akteur regelmäßig voraussetzen.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – EGMR – kann die Behandlung auch durch Umstände im Empfangsstaat hervorgerufen werden, die weder unmittelbar noch mittelbar die Verantwortung der staatlichen Behörden dieses Staates auslösen (EGMR, U.v. 2.5.1997 – Nr. 146/1996/767/964 – NVwZ 1998, 161 Rn. 49; BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – BVerwGE 147, 8 Rn. 25). Zugleich weist der EGMR darauf hin, dass die sozio-ökonomischen und humanitären Verhältnisse im Zielstaat nicht notwendig für die Frage bedeutend und erst recht nicht dafür entscheidend sind, ob der Betroffene dort wirklich der Gefahr einer Misshandlung unter Verstoß gegen Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Die Konvention zielt hauptsächlich darauf ab, bürgerliche und politische Rechte zu schützen. Die grundlegende Bedeutung von Art. 3 EMRK macht nach Auffassung des EGMR aber eine gewisse Flexibilität erforderlich, um in sehr ungewöhnlichen Fällen eine Abschiebung zu verhindern. In ganz außergewöhnlichen Fällen können daher auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe zwingend sind (EGMR, U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 – NVwZ 2012, 681 Rn. 278; vgl. BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – BVerwGE 166, 113 Rn. 12; B.v. 23.8.2018 – 1 B 42.18 – juris Rn. 9; U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – BVerwGE 146, 12 Rn. 25; BayVGH, U.v. 14.11.2019 – 13a B 19.31153 – juris Rn. 21; U.v. 8.11.2018 – 13a B 17.31918 – juris Rn. 19; U.v. 21.11.2014 – 13a B 14.30284 -juris Rn. 16 f.).
Solche zwingenden humanitären Gründe können sich aus der allgemeinen wirtschaftlichen Lage, der Versorgungslage betreffend Nahrung, Hygiene, Unterkunft und Gesundheitsversorgung ergeben (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – BVerwGE 146,12 Rn. 25; U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – BVerwGE 166, 113 Rn. 12). Die einem Ausländer im Zielstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein Mindestmaß an Schwere aufweisen (EGMR (GK), U.v. 13.12.2016 – Nr. 41738/10 – juris Rn. 174); es kann erreicht sein, wenn er seinen existenziellen Lebensunterhalt nicht sichern kann, kein Obdach findet oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhält (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – BVerwGE 166, 113 Rn. 12; B.v. 8.8.2018 – 1 B 25.18 – NVwZ 2019, 61 Rn. 11).
Der Gerichtshof der Europäischen Union stellt zu Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – GRCh -, der Art. 3 EMRK entspricht und nach Art. 52 Abs. 3 GRCh die gleiche Bedeutung und Tragweite hat wie Art. 3 EMRK, darauf ab, ob sich die betroffene Person unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befindet, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigt oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzt, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a. – juris Rn. 89 f.; U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 91 f.; BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – BVerwGE 166, 113 Rn. 12 f.).
Dass eine Verletzung von Art. 3 EMRK bei schlechten humanitären Verhältnissen auch nach Auffassung des EGMR nur in ganz außergewöhnlichen Fällen gegeben sein kann (s. o.), hebt den Ausnahmecharakter eines derartigen Abschiebungsverbots hervor (Haderlein in: Heusch/Haderlein/Schönenbroicher, Das neue Asylrecht, 2016, A. Das materielle Asylrecht Rn. 119).
Auch wenn keine Extremgefahr wie im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erforderlich ist (BVerwG, B.v. 23.8.2018 – 1 B 42.18 – juris Rn. 13), müssen bei der Prüfung, ob eine entsprechende Gefahr i. S. d. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V. m. Art. 3 EMRK vorliegt, notwendig strenge Maßstäbe angelegt werden (EGMR, U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 – NVwZ 2012, 681 Rn. 214; U.v. 15.11.1996 – Nr. 70/1995/576/662 – NVwZ 1997, 1093 Rn. 96; EGMR (GK), U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06 – NVwZ 2008, 1330 Rn. 128). Erforderlich ist, dass die tatsächliche Gefahr („real risk“) einer unmenschlichen Behandlung bzw. der zwingenden humanitären Gründe besteht. Dabei ist der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – BVerwGE 136, 377 Rn. 22). Grundsätzlich muss der Asylbewerber ernsthafte Gründe für die Annahme darlegen, dass er im Fall der Durchführung einer Abschiebung tatsächlich Gefahr läuft, einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EGMR, U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 – NVwZ 2012, 681 Rn. 214). Hierbei ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalles anzustellen (vgl. EGMR, U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07 – NVwZ 2012, 681 Rn. 213).
Für die Prognose der bei Rückkehr in den Iran drohenden Gefahren ist von einer Rückkehr des Klägers allein auszugehen. Für die Prognose der bei Rückkehr in das Herkunftsland drohenden Gefahren ist in Bezug auf die einzubeziehenden Personen zu berücksichtigen, unter welchen Voraussetzungen es überhaupt zu einer Rückkehr kommen kann und wird. Der grund- und konventionsrechtliche Schutz eines bestehenden Kernfamilienverbandes nach Art. 6 des Grundgesetzes – GG – und Art. 8 EMRK wirkt auf diese Rückkehrkonstellation ein und lässt eine getrennte Betrachtung einzelner Familienmitglieder für den Rückkehrfall in der Regel nicht zu, da Art. 6 GG und Art. 8 EMRK einer Trennung einer in familiärer Gemeinschaft lebenden Kernfamilie entgegenstehen und es daher zur Rückkehr nur im Familienverband kommen wird (BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – BVerwGE 166, 113 Rn. 21). Danach ist für die Prognose der bei Rückkehr des Klägers in den Iran drohenden Gefahren von einer Rückkehr des Klägers allein auszugehen. Das Kind, dessen leiblicher Vater der Kläger nach dem vorgelegten Abstammungsgutachten ist und dessen Vaterschaft er noch nicht anerkannt hat, sowie die Mutter dieses Kindes sind nicht in die Rückkehrprognose einzustellen, da eine in familiärer Gemeinschaft lebende Kernfamilie nicht gegeben ist, da der Kläger weder mit dem Kind noch mit dessen Mutter in familiärer Gemeinschaft lebt.
Gemessen an diesen Maßstäben ergibt sich aus der EMRK, insbesondere aus Art. 3 EMRK, nicht, dass eine Abschiebung des Klägers in die Islamische Republik Iran unzulässig ist. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) lassen die Erkenntnisse nicht den allgemeinen Schluss zu, im Iran stünde jedem Bewohner oder Rückkehrer – insbesondere aufgrund der infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie zugespitzten wirtschaftlichen und humanitären Situation – vor Ort unabhängig von eigenem Zutun unausweichlich eine Situation extremer materieller Not oder ein Zustand der Verelendung bevor.
Für die Zeit vor den Auswirkungen der Corona-Pandemie ist aufgrund der vorliegenden Erkenntnisse davon auszugehen, dass die zur Erlangung des Existenzminimums erforderliche Grundversorgung im Iran – auch in Anbetracht der wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Iran – gegeben ist (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, 26.2.2020, S. 22 f.; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019, S. 79 ff.). Es besteht eine Sozialversicherungspflicht für alle angestellten Arbeitnehmer mit einem Anspruch nach zwei Jahren der Einzahlung auf Arbeitslosengeld, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Soweit ein entsprechender Anspruch aus einer Versicherung aufgrund fehlender Einzahlungen nicht besteht, gibt es soziale Absicherungsmechanismen wie z. B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch Nichtregierungsorganisationen oder privat organisiert (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, 26.2.2020, S. 22; Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Iran vom 14.06.2019, S. 81).
Zwar dürfte sich die wirtschaftliche Lage im Iran aufgrund der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie nach den vorliegenden Erkenntnissen verschlechtert haben, allerdings ergibt sich daraus nicht, dass der Kläger unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls einer Situation ausgesetzt wäre, bei der zwingende humanitäre Gründe gegen eine Abschiebung sprechen würden. In der Gesamtschau ist nach Überzeugung des Einzelrichters nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass der Kläger bei Rückkehr in den Iran in extreme materielle Not oder einen Zustand der Verelendung gerät. Denn trotz Verschlechterung der Lage im Iran ist aufgrund von Hilfeleistungen im Iran und seiner Arbeitsfähigkeit davon auszugehen, dass der Kläger in ausreichendem Ausmaß einer Erwerbstätigkeit nachgehen und sich um seine Daseinsvorsorge kümmern kann.
Der Kläger, der 41 Jahre alt ist, ist nach Überzeugung des Einzelrichters voll arbeitsfähig. Er hat nach eigenen Angaben einen Bachelorabschluss im Fach Agricultural Engineering und war nach seinen Angaben im Iran zuletzt mit einem Ladengeschäft, in dem er die Reparatur von Mobiltelefonen und Computern angeboten hat, selbstständig. Umstände, die gegen seine Arbeitsfähigkeit sprächen, trägt der Kläger nicht vor. Auch wenn aufgrund der wirtschaftlichen Lage im Iran nicht sicher ist, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt direkt wieder in einem dieser Tätigkeitsfelder bestreiten können wird, so ist aber keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür gegeben, dass der Kläger im Iran – auch unter Zugrundelegung der verschlechterten wirtschaftlichen Lage – unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen keine Tätigkeit finden wird, die ihm nicht zumindest ermöglicht, seine elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden. Darüber hinaus kann der Kläger bei einer Rückkehr in den Iran von seinen Geschwistern sowie seiner Großfamilie, die noch dort leben, Unterstützung erwarten. Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger von seinen Angehörigen keine Unterstützung erhalten wird, ist nicht vorgetragen worden oder sonst ersichtlich.
2. Es besteht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG für den Kläger bezüglich einer Abschiebung in die Islamische Republik Iran. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Beruft sich ein Ausländer auf allgemeine Gefahren, kann er Abschiebungsschutz regelmäßig nur durch einen generellen Abschiebungsstopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhalten, da nach § 60 Abs. 7 Satz 6 Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen sind.
Eine (individuelle) Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann unter anderem bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebungszielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG, dass sich die vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1997 – 9 C 58.96 – BVerwGE 105, 383 Rn. 13; U.v. 17.10.2006 – 1 C 18.05 – BVerwGE 127, 33 Rn. 15; B.v. 17.08.2011 – 10 B 13.11 – juris Rn. 3). Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn in dem Abschiebungszielstaat dringend erforderliche Behandlungsmöglichkeiten fehlen oder wenn solche Behandlungsmöglichkeiten zwar vorhanden, für den betroffenen Ausländer aber aus finanziellen oder sonstigen persönlichen Gründen nicht erreichbar sind (vgl. BVerwG, U.v. 29.10.2002 – 1 C 1.02 – juris Rn. 9). Allerdings muss sich der Ausländer grundsätzlich auf den im Zielstaat vorhandenen Versorgungsstand im Gesundheitswesen verweisen lassen. Denn nach § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG ist es nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG liegt eine ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaates gewährleistet ist. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG garantiert keinen Anspruch auf optimale Behandlung einer Erkrankung oder auf Teilhabe an dem medizinischen Standard in Deutschland. Der Abschiebungsschutz soll den Ausländer vielmehr vor einer gravierenden Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter bewahren (vgl. OVG NW, B.v. 14.6.2005 – 11 A 4518/02.A – juris Rn. 22). Um ein durch eine Erkrankung begründetes Abschiebungshindernis feststellen zu können, ist nach § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V. m. § 60a Abs. 2c Satz 2 und 3 AufenthG erforderlich, dass der Ausländer eine solche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Die Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten.
Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Gefahr an Covid-19 zu erkranken führt nicht zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn diese Gefahr droht nicht nur individuell dem Kläger bei seiner Rückkehr in den Iran, sondern unterschiedslos allen Bewohnern des Irans. Nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG sind derartige Gefahren bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen (s. o.). Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird.
Nur wenn eine solche politische Leitentscheidung fehlt, kann in Ausnahmefällen dennoch in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbotes geboten sein, wenn der Betroffene bei einer Rückkehr aufgrund der Bedingungen im Zielstaat mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG i.V. m. § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu gewähren. Die drohenden Gefahren müssen nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich neben einer quantitativen Betrachtung des Infektionsgeschehens bei weiterer umfassender objektiver Betrachtung, für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Ein Abschiebungsverbot ist demnach dann gegeben, wenn der Betroffene ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“ (vgl. OVG NW, B.v. 17.12.2014 – 11 A 2468/14.A – juris Rn. 10 ff.; BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – BVerwGE 137, 226 Rn. 14 f.; U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – NVwZ 2012, 451 Rn. 19 f.).
Dass der Kläger im Falle einer Rückkehr in den Iran durch eine schwerwiegende Erkrankung am Corona-Virus im o. g. Sinne mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, ist nach der Erkenntnislage nicht anzunehmen. Zwar ist die Gefahr einer Infektion vorhanden, jedoch nicht eine konkrete Gefahr für Leib und Leben. Denn bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild. Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe nimmt mit zunehmendem Alter und bestehenden Vorerkrankungen zu (Robert Koch-Institut, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html, Stand: 23.9.2020, Abgerufen am 30.9.2020). Dass der Kläger zum gefährdeten Personenkreis (hohes Alter, maßgebliche Vorerkrankungen) zählt, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Bisher ist weiterhin nicht bekannt, dass Personen, die sich ohne entsprechende Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe mit dem Virus infizieren, im Allgemeinen einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben (s. o.) ausgesetzt wären.
Nach alledem hat der Kläger keinen Anspruch auf die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbotes und die Ablehnung der Abänderung des Bescheides vom 29.09.2014, Az. …, bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
III.
Der Hilfsweise gestellte Antrag, die Beklagte zu verpflichten, hinsichtlich eines Widerrufs des Bescheides vom 27.09.2018, Az. …, den Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden, ist ebenfalls unbegründet. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Entscheidung der Beklagten über einen Widerruf des Bescheides vom 27.09.2018 (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Nach § 49 Abs. 1 VwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
1. Soweit dieser Hilfsantrag auf einen Widerruf der Ablehnung des Asylfolgeantrags gerichtet ist, besteht ein solcher Anspruch nicht. Denn im Falle der Ablehnung eines Asylantrags kann nach § 71 Abs. 1 AsylG ein Folgeantrag gestellt werden, auf den ein neues Asylverfahren nur durchzuführen ist, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG vorliegen. Diese spezielle Regelung des allgemein in § 51 VwVfG geregelten Wiederaufgreifens des Verfahrens schließt die Anwendung von § 49 VwVfG im Falle eines Asylantrags aus, da § 71 Abs. 1 AsylG ausdrücklich nicht auf § 51 Abs. 5 VwVfG verweist, wonach für das allgemein in § 51 VwVfG geregelte Wiederaufgreifen des Verfahrens die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 VwVfG unberührt bleiben.
2. Soweit der Hilfsantrag auf einen Widerruf der Ablehnung der Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten gerichtet ist, ist ein solcher Anspruch nicht gegeben, da ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste. Denn nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG wäre aufgrund des Asylfolgeantrages vom 20.07.2018 erneut festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, was vorliegend nicht der Fall ist (s. o.).
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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