Aktenzeichen 7 W (pat) 7/14
§ 31 Abs 3b PatG
§ 22 Abs 2 S 2 DPMAV
§ 45 UrhG
Leitsatz
Akteneinsicht in Nichtpatentliteratur
Akteneinsicht in der Form der Übersendung von Kopien der patentamtlichen Akte nach § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV ist auch für solche Aktenteile nicht ausgeschlossen, an denen als sog. Nichtpatentliteratur (NPL) Urheberrecht Dritter bestehen können.
Tenor
In der Beschwerdesache
…
…
betreffend das Patent 198 00 812
wegen Akteneinsicht durch Übermittlung von Kopien bzw. Ausdrucken
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 23. März 2015 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Patentabteilung 41 – vom 1. Oktober 2012 aufgehoben. Dem Antrag auf Übersendung von Kopien nichtamtlicher Druckschriften aus der Akte des Patents 198 00 812.0 – Einspruchsakte Blätter 10 bis 16, 34 bis 44 und 56 bis 63 – wird stattgegeben.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
1
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Verweigerung der Akteneinsicht in Form von Übersendung von Kopien bzw. Ausdrucken bestimmter Aktenteile eines Patents, nämlich hinsichtlich sog. Nichtpatentliteratur (NPL).
2
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens betreffend das deutsche Patent 198 00 812 mit der Bezeichnung „Verbesserte orale Darreichungsformen von L-Arginin-HCI“, dessen Inhaberin die weitere Beteiligte seit 28. November 2012 ist bzw. war, wurden u. a. folgende Dokumente eingereicht (= ursprüngliche Papierseiten 10 bis 16, 34 bis 44 und 56 bis 63 der Einspruchsakte, wobei diese Blattzahl auch in der nunmehr vorliegenden elektronischen Akte bzw. im Ausdruck aus der elektronischen Akte erkennbar ist):
3
E5 Kopien aus „THE MERCK INDEX“, 11. Ausgabe, 1989, Titelblatt und Seiten mit den Ziffern Nr. 805 (Seitenzahl nicht erkennbar) und Nr. 862 (Seite 132);
4
E6 Kopien aus „Europäisches Arzneibuch 1997“, Titelblatt und Seiten 500, 501;
5
E7 Kopie eines Beipackzettels „Sargenor 1 g“, 05/94;
6
D1 Kopien aus „ROTE LISTE 1998“, Titelblatt, Seite 40 und 2 Seiten aus dem Kapitel 52 „Infusions- u. Standardinjektionslösungen, Organperfusionslösungen“;
7
D2 Kopien aus „ROTE LISTE 2000“, Titelblatt, Seiten 44, 45, 1 Seite aus dem Kapitel 52 „Infusions- u. Standardinjektionslösungen, Organperfusionslösungen“; 1 Seite aus dem Kapitel 48 „Hepatika“;
8
D3 Kopien aus Martin Negwer, „Organisch-Chemische Arzneimittel und ihre Synonyma“, 4. Aufl. 1971, Titelblatt und Seite 75;
9
E8 Kopien aus Herbert A. Lieberman, Leon Lachman, „Pharmaceutical Dosage Forms“, Tablets, Volume 1, Marcel Dekker Inc. (1989), Titelblatt und Seiten 225, 232 und 241;
10
E9 Kopien aus P.C. Schmidt, Ilse Christin, „Brausetabletten – eine fast vergessene Arzneiform“, Pharmazie 45 (1990), Heft 2, Seiten 89, 90;
11
E10 Kopie aus A. Barbul et. al., „Arginine enhances wound healing and lymphocyte immune responses in humans“, Department of Surgery, Sinai Hospital, Baltimore, MD 21215, 1 Seite.
12
Durch Beschluss der Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 30. Juni 2006 wurde das Patent unter Würdigung der eingereichten Entgegenhaltungen aufrechterhalten.
13
Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 31. August 2012 Antrag auf Einsicht in die Akte des vorliegenden Patents gestellt und um Übermittlung von Kopien vor allem der Unterlagen des Einspruchsverfahrens gebeten. Nach Übermittlung von Kopien eines Teils der Akte, die aber die oben genannten Unterlagen nicht umfassten, bat der Antragsteller mit weiterem Schriftsatz vom 11. September 2012 darum, auch Kopien derjenigen Druckschriften zu übermitteln, die keine Patentschriften oder Patentanmeldungsveröffentlichungen seien.
14
Durch Beschluss der Patentabteilung 41 des DPMA vom 1. Oktober 2012 ist der Antrag des Antragstellers auf Übersendung von Kopien nichtamtlicher Druckschriften aus der Einspruchsakte des vorliegenden Patents (Blätter 10 bis 16, 34 bis 44 und 56 bis 63) zurückgewiesen worden. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, bei den betroffenen Seiten aus der Einspruchsakte handele es sich ohne Ausnahme um nichtamtliche Druckschriften mit naturwissenschaftlich-technischem Inhalt, sog. Nichtpatentliteratur (NPL). Zum Umfang der Akteneinsicht des § 31 Abs. 2 Nr. 2 PatG gehöre zwar grundsätzlich auch der Erhalt von Kopien bzw. Ausdrucken des Akteninhalts. Die Ausnahme bestimmter Aktenteile von der Einsicht könne jedoch ausnahmsweise erforderlich sein, wenn wichtige übergeordnete Grundsätze des grundrechtlichen Schutzes nach Art. 1, 2 und 14 GG einer Einsicht entgegenstehen. Soweit der Akteninhalt daher – wie hier die genannte NPL – urheberrechtlichen Schutz genieße, stehe dies der Anfertigung von Kopien bzw. Ausdrucken entgegen, da Kopien bzw. Ausdrucke eine öffentliche Zugänglichmachung nach § 15 Abs. 3 UrhG und eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG darstellten. Die Schrankenregelung des § 45 UrhG greife nicht ein, denn diese finde nur Anwendung, falls Kopien oder Ausdrucke von dem Antragsteller innerhalb des Patenterteilungsverfahrens begehrt würden. Die Regelung gelte aber nicht für Dritte im Rahmen der Akteneinsicht nach § 31 PatG, da es sich um ein eigenständiges Verfahren handle. Ebenso wenig liege ein Ausnahmefall nach § 53 UrhG vor. Der Antragsteller bleibe darauf verwiesen, die betroffene NPL bei der Akteneinsicht einzusehen und sich diese selbst zu besorgen.
15
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde und trägt zur Begründung vor, es sei nicht erkennbar, dass wichtige, übergeordnete Grundsätze des grundrechtlichen Schutzes hier der freien Akteneinsicht nach § 31 Abs. 2 PatG, die gemäß § 22 Abs. 2 DPMAV auf Antrag durch Erteilung von Kopien der Akte zu gewähren ist, entgegenstünden. Die betreffenden Anlagen zu Schriftsätzen der Einsprechenden und der Pateninhaberin unterlägen bereits deshalb nicht dem Urheberrechtsschutz, weil es nicht um die Werke selbst, sondern lediglich um als Beweismittel eingereichte, von der Einsprechenden bzw. der Patentinhaberin angefertigte Kopien gehe, die ggfs. (handschriftliche) Modifikationen seitens der Einsprechenden, der Patentinhaberin oder des Prüfers erfahren hätten. Darüber hinaus dürfte es sich nicht bei sämtlichen der genannten Unterlagen um Werke des Urheberrechts handeln, insbesondere bei dem Beipackzettel. Selbst wenn aber einem Originaltext, von dem die seinerzeit am Einspruchsverfahren Beteiligten eine Kopie eingereicht hätten, als solchem Urheberrechtschutz zukomme, sei die Anfertigung von Ablichtungen der in der Akte befindlichen Kopien durch § 45 UrhG gedeckt, wenn die Kopien in einem Gerichtsverfahren verwendet werden sollen. Vorliegend wirke der Antragsteller als Patentanwalt in einem Nichtigkeitsverfahren gegen das Patent mit, und es sei selbstverständlich beabsichtigt, die Kopien in dem Nichtigkeitsverfahren zu verwenden. Aber selbst wenn § 45 UrhG nicht eingreifen würde, sei bei Abwägung der sich gegenüber stehenden Interessen nicht erkennbar, weshalb der urheberrechtliche Kopierschutz gegenüber dem Akteneinsichtsrecht grundsätzlich höherrangig sein solle, zumal es im vorliegenden Fall nicht um das Geheimhalten des Inhalts von Dokumenten gehe. Der Verweis auf öffentliche Bibliotheken sei unzureichend, denn dort befänden sich bestenfalls die Originale, aber nicht die von den Parteien zur Akte gereichten Kopien. Darüber hinaus sei es in vielen Fällen gar nicht möglich, Kopien der Originale der eingereichten Dokumente auf anderem Wege zu beschaffen als durch die Akteneinsicht, z. B. bei dem Beipackzettel aus dem Jahr 1994 oder veralteten Ausgaben des Europäischen Arzneibuchs oder der Roten Liste oder bei Artikeln aus Zeitschriften, die in keiner deutschen Bibliothek verfügbar sein dürften (vgl. insbesondere den Forschungsbericht des Sinai Hospital in Baltimore).
16
Im März 2014 ist das Patent durch Verzicht der Patentinhaberin erloschen. Im Hinblick auf diesen Verzicht und den Umstand, dass das Nichtigkeitsverfahren, das Anlass für die begehrte Akteneinsicht gewesen sei, mittlerweile abgeschlossen sei, hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 5. Juni 2014 mitgeteilt, dass das wirtschaftliche Interesse an der Fortführung des Beschwerdeverfahrens sehr gering sei, die Beschwerde aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache aufrechterhalten werde. Er hat außerdem darauf hingewiesen, dass kein kontradiktorisches Verfahren vorliege, es somit keine Beschwerdegegnerin gebe.
17
Die Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts hat – nachdem ihr der Senat dies durch Beschluss vom 16. Juni 2014 anheim gegeben hatte – gemäß § 77 PatG ihren Beitritt zum Beschwerdeverfahren erklärt. In ihrer Stellungnahme vertritt sie die Auffassung, abhängig vom technischen Gebiet komme der Nichtpatentliteratur bei der Ermittlung des Stands der Technik im Rahmen der Beurteilung der Patentfähigkeit eine erhebliche Bedeutung zu und sei insofern ein wesentlicher Bestandteil des Patentsystems. Gleichwohl müsse das Patentamt die Schranken freier Akteneinsicht beachten, die nunmehr in § 31 Abs. 3b PatG ausdrücklich geregelt seien und zu denen auch Normen des Urheberrechts gehörten. Das Anfertigen von Kopien urheberrechtlich geschützter Werke betreffe das Vervielfältigungsrecht nach § 16 Abs. 1 UrhG, deren Übermittlung das Verbreitungsrecht nach § 17 Abs. 1 UrhG. Diese Verwertungsrechte stünden ausschließlich dem Urheber des Werks bzw. dem Inhaber entsprechender Nutzungsrechte nach § 31 Abs. 1 UrhG, insoweit vorwiegend Verlagen, zu. Ohne Zustimmung der Rechtsinhaber stehe das Urheberrecht der Akteneinsicht in Bezug auf die urheberrechtlich geschützten Aktenteile entgegen, sofern nicht eine Schrankenregelung dazu berechtige, diese Aktenteile zu vervielfältigen und zu verbreiten.
18
Die Schrankenregelung des § 45 Abs. 1 UrhG erlaube, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde herzustellen. Dem Wortlaut der Vorschrift lasse sich zwar keine nähere Bestimmung oder Einschränkung der von der Schranke erfassten „Verfahren“ entnehmen. Die genaue Reichweite der Vorschrift sei jedoch in der Rechtsprechung bislang ungeklärt und in der Literatur umstritten. Vor diesem Hintergrund lege das Patentamt den Begriff „Verfahren“ einschränkend aus. Die diesseits vertretene Auffassung, dass die Schranke nicht für die freie Akteneinsicht eines am Patenterteilungs- und Einspruchsverfahren nicht beteiligen Dritten gelte, beruhe auf der Erwägung, dass der historische Gesetzgeber mit der Vorschrift solche Nutzungshandlungen privilegieren wollte, bei denen ein Werk nicht um seiner selbst willen genutzt werde, sondern als Beweis- oder sonstiges Hilfsmittel für die zu treffende Entscheidung (BT-Drs. IV/270, S. 63); als Beispiel werde in der Gesetzesbegründung insbesondere das Patenterteilungsverfahren genannt. Im Rahmen der Akteneinsicht eines daran nicht beteiligten Dritten diene die Nutzung des Werks demgegenüber nicht unmittelbar der behördlichen Entscheidungsfindung.
19
Der Antragsteller hat hierauf erwidert, es fehle an einer Rechtsgrundlage, die beantragte Herstellung und Übermittlung von Ablichtungen gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV abzulehnen. Vorliegend handle es sich um Aktenteile, die gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 PatG frei zugänglich seien. § 31 Abs. 3b PatG regle Ausnahmen von diesem Grundsatz, nämlich dass Akten von Patenten oder Teile von Patenten von der Akteneinsicht ausgeschlossen sein könnten, soweit eine Rechtsvorschrift entgegenstehe. Ein aufgrund dieser Vorschrift von der freien Akteneinsicht ausgenommener Aktenbestandteil sei in keiner Form der Akteneinsicht zugänglich. Aus dieser Vorschrift ließen sich aber keinerlei Einschränkungen ableiten hinsichtlich der Form, in welcher die Akteneinsicht zu gewähren sei. Eine solche Ausnahme hinsichtlich der Form der Akteneinsicht wäre im Übrigen gesetzessystematisch in § 22 DPMAV zu regeln. Soweit eine Akteneinsicht in einen Aktenteil nach § 31 Abs. 1 Satz 2 PatG jedermann freistehe und für diesen Aktenteil die Ausnahme des Absatzes 3b nicht eingreife, sei auf diesen Aktenteil § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV anwendbar, wonach auf Antrag die (freie) Akteneinsicht durch die Erteilung von Ablichtungen oder Ausdrucken zu gewähren sei.
20
Selbst wenn man zu der (der Gesetzessystematik widersprechenden) Auffassung gelangen würde, mit § 31 Abs. 3b PatG sollten auch Beschränkungen der Form der gewährten Akteneinsicht geregelt werden, würde ein etwaiger Urheberrechtsschutz an dem Original des als Vervielfältigung eingereichten und zur Akte gelangten Dokuments nicht der Herstellung von Ablichtungen nach § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV entgegenstehen. Dies folge aus der gebotenen Abwägung der Interessen des Urhebers an dem ihm ausschließlich zustehenden Verwertungsrecht einerseits und der Interessen des Antragstellers an der Übermittlung von Ablichtungen der Anlagen von Schriftsätzen andererseits. Bei der Übermittlung dieser Ablichtungen gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV handle es sich um eng begrenzte Einzelfälle, wobei regelmäßig vom DPMA nur ein einzelnes Vervielfältigungsstück von einer früheren Kopie des urheberrechtlich geschützten Werkes hergestellt und an einen einzigen Adressaten, nämlich den Antragsteller, übermittelt werde. Die umfassende Einsichtsmöglichkeit in die Akten von Patentanmeldungen und Patenten liege zudem im Interesse der Funktionsfähigkeit des Patentsystems. Insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein Wettbewerber aus einem Patent abgemahnt worden sei und dieser ein Nichtigkeitsverfahren gegen das Patent vorbereite, bestehe ein in hohem Maße schützenswertes Interesse des Antragstellers daran, nicht nur dem Grunde nach vollständige Einsicht in sämtliche Teile der Patentakte zu erhalten, sondern dies auch möglichst früh und in einer Form, die ihm eine einfache Führung eines Nachweises des Akteninhalts gestatte. Einerseits könne der Antragsteller auf der Basis der dadurch erlangten Informationen ggf. seine Reaktion auf ein eingegangenes Abmahnschreiben bestimmen (und hierbei gehe es häufig um Tage oder Wochen), andererseits benötige er Teile der in der Akteneinsicht zur Verfügung gestellten Ablichtungen häufig als Beweismittel im Verletzungs- oder bevorstehenden Nichtigkeitsverfahren. Auch die in § 22 Abs. 2 Satz 3 DPMAV genannte Beglaubigung sei nur auf der Basis von Ablichtungen möglich. Lediglich hilfsweise sei angemerkt, dass auch das Akteneinsichtsverfahren für sich genommen ein Verfahren vor einer Behörde sei, dem das Privileg des § 45 Abs. 1 UrhG zukomme.
II.
21
Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Patentamt hat zu Unrecht die Übersendung von Kopien der streitgegenständlichen Aktenteile, bei denen es sich um sog. Nichtpatentliteratur (NPL) handelt, verweigert.
22
1. Zu der vom Antragsteller gerügten Beteiligung der (ehemaligen) Patentinhaberin am Beschwerdeverfahren ist anzumerken, dass sie der Senat aus Gründen des rechtlichen Gehörs, da es im Verfahren um ihr Patent geht, als weitere Beteiligte ansieht, aber nicht als Antragsgegnerin. Zwar ist im Normalfall eines streitigen Akteneinsichtsverfahrens der Inhaber des betreffenden Schutzrechts Antragsgegner, entweder weil er (im Fall einer nicht freien Akteneinsicht) der Geltendmachung des berechtigten Interesses entgegen getreten ist oder weil er (im Fall freier Akteneinsicht) ein entgegenstehendes Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht hat. Beides liegt hier aber nicht vor, sondern vielmehr der Sonderfall, dass in einem Fall freier Akteneinsicht (der regelmäßig ganz ohne Beteiligung des jeweiligen Schutzrechtsinhabers abläuft, vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 9. Aufl., § 31 Rdn. 41; BPatGE 30, 74, 75) nicht die freie Akteneinsicht als solche in Streit ist (und vom Patentinhaber auch nicht in Frage gestellt wird), sondern die Art der Durchführung der Akteneinsicht, so dass es sich der Sache nach vornehmlich um einen Streit zwischen dem Antragsteller der Akteneinsicht und dem Patentamt handelt.
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2. Der Antragsteller hat nach § 31 Abs. 1 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV, wonach auf Antrag die Einsicht durch Erteilung von Ablichtungen oder Ausdrucken der gesamten Akte oder Teilen davon gewährt wird, Anspruch auf Übersendung von Kopien der im Tenor genannten Teile der vorliegenden Patentakte. Dass es sich hierbei um nichtamtliche Druckschriften mit naturwissenschaftlich-technischem Inhalt, sog. Nichtpatentliteratur handelt, steht der Gewährung der Akteneinsicht in der vorgenannten Form nicht entgegen.
24
a) Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 PatG steht die Einsicht in die Akten von Patenten jedermann frei. Ein solcher Fall grundsätzlich freier Einsicht liegt hier vor, da Einsicht in die Akte eines erteilten Patents begehrt wird. Hiervon sind die streitgegenständlichen Aktenteile, die im Rahmen des Einspruchsverfahrens von den Beteiligten zur Akte eingereicht worden sind, erfasst, denn die Akteneinsicht bezieht sich dem Grundsatz nach stets auf den gesamten Inhalt der Akten eines Patents, wobei zu den Akten eines erteilten Patents auch die Akten eines Einspruchsverfahrens gehören (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, a. a. O., § 31 Rdn. 9, 25; BPatGE 30, 74, 75). Der im März 2014 erklärte Verzicht auf das Patent hat an der bestehenden freien Einsicht nichts geändert (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, a. a. O., § 31 Rdn. 39). Die somit gegebene freie Einsicht, die als solche auch im angefochtenen Beschluss nicht in Frage gestellt wird, da der Antragsteller dort ausdrücklich „darauf verwiesen (bleibt), die betroffene NPL (hier Blätter 10 bis 16, 34 bis 44 und 56 bis 63 der Einspruchsakte) in den bei der der Akteneinsicht vor Ort zur Verfügung gestellten Kopien bzw. Ausdrucken einzusehen …“, wird nach der in der DPMAV zur Durchführung der Akteneinsicht erlassenen Bestimmung des § 22 Abs. 2 Satz 2 auf Antrag durch die Erteilung von Ablichtungen oder Ausdrucken der gesamten Akte oder von Teilen der Akten gewährt. Die Voraussetzungen dieser Form der freien Akteneinsicht liegen ebenfalls vor, denn der Antragsteller hat einen entsprechenden Antrag gestellt.
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b) Die Gewährung der Akteneinsicht in der Form des § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil an den streitgegenständlichen Aktenteilen als sog. Nichtpatentliteratur Urheberrechte Dritter bestehen können. Denn ein mit der patentamtlichen Herstellung und Übersendung von Kopien der streitgegenständlichen Aktenteile möglicherweise verbundener Eingriff in das ausschließlich dem Urheber zustehende Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung nach §§ 16, 17 UrhG ist von der Schrankenregelung des § 45 Abs. 1 UrhG gedeckt.
26
aa) Die Berücksichtigung des Urheberrechts bei der Gewährung der Akteneinsicht folgt aus der – durch Art. 1 Nr. 8b des Gesetzes zur Novellierung patentrechtlicher Vorschriften und anderer Gesetze des gewerblichen Rechtsschutzes vom 19. Oktober 2013 (PatNovG), in Kraft getreten am 25. Oktober 2013 (BGBl. I 3830 ff. = BlPMZ 2013, 362) – neu in das Patentgesetz eingefügten Bestimmung des § 31 Abs. 3b PatG, wonach die Akteneinsicht ausgeschlossen ist, soweit eine Rechtsvorschrift entgegensteht oder soweit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen im Sinne des § 3 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes offensichtlich überwiegt. Diese Vorschrift ist zwar zum Zeitpunkt der Stellung des vorliegenden Akteneinsichtsantrags noch nicht in Kraft gewesen. Da das PatNovG aber insoweit keine Übergangsvorschrift enthält (die Übergangsvorschriften in § 147 Abs. 3 bis 5 PatG n. F. betreffen andere Fälle), ist die geänderte Vorschrift auch dem laufenden Akteneinsichtsverfahren zugrunde zu legen; ein in der Vergangenheit bereits abgeschlossener prozessualer Tatbestand wie etwa eine fristgebundene Verfahrenshandlung liegt nicht vor (vgl. auch Baumbach/Lauterbach, ZPO, 72. Aufl. 2014, Einl. III Rdn. 78). Ausweislich der Gesetzesbegründung geht es bei den in § 31 Abs. 3b, erste Alternative PatG genannten entgegenstehenden Rechtsvorschriften auch um entgegenstehende Belange des Urheberrechts (siehe BlPMZ 2013, 366 ff., 370 linke Spalte oben).
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Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist davon auszugehen, dass die Ausschlusstatbestände des § 31 Abs. 3b PatG nicht nur die Frage betreffen, ob überhaupt Akteneinsicht zu gewähren ist, sondern auch die weitere Frage, ob eine bestimmte Form bzw. Durchführung der Akteneinsicht auszuschließen ist. Denn auch letzteres ist als eine – wenn auch nur partielle – Ausschließung der Akteneinsicht zu verstehen und damit vom Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift erfasst. Dies ergibt sich bereits aus der Gesetzesformulierung, wonach die Akteneinsicht ausgeschlossen ist, „soweit“ eine Rechtsvorschrift entgegensteht, was auch die Möglichkeit einer Einschränkung der Akteneinsicht auf bestimmte Formen der Einsichtnahme impliziert. Auch in der Gesetzesbegründung ist ausgeführt, dass die Einsichtssperre einer entgegenstehenden Rechtsvorschrift deutlich mache, dass das Patentamt „auch Normen aus anderen Rechtsbereichen wie etwa dem Urheberrecht beachten muss, insoweit diese einer öffentlichen Verbreitung der Akteninhalte oder gegebenenfalls speziell ihrer Bekanntgabe über das Internet entgegenstehen“ (siehe BlPMZ 2013, 366 ff., 370 linke Spalte oben). Damit werden aber nur bestimmte Durchführungsformen der Akteneinsicht genannt.
28
bb) Das Urheberrecht ist mit dem vorliegenden Antrag auf Übersendung von Kopien berührt, denn mit dem Patentamt ist davon auszugehen, dass die streitgegenständlichen Aktenteile, bei denen es sich um sog. Nichtpatentliteratur – d. h. keine amtlich herausgegebenen Patent- oder Offenlegungsschriften, sondern um sonstige naturwissenschaftlich-technische Literatur, insbesondere Ausschnitte aus Fachbüchern oder Zeitschriftenaufsätze – handelt, geschützte Werke bzw. Teile davon im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG sein können (zweifelhaft möglicherweise für den Beipackzettel als bloße Gebrauchsinformation, vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 2 Rdn. 97, 98).
29
Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die streitgegenständlichen Aktenteile nicht deshalb vom Urheberrechtsschutz ausgenommen, weil sie Bestandteil einer amtlichen Akte geworden sind. Nach § 5 Abs. 1 UrhG sind zwar gerichtliche und behördliche Entscheidungen als (gemeinfreie) amtliche Werke zu beurteilen, nicht jedoch die Akten selbst mit ihrem gesamten Inhalt (vgl. BGH GRUR 1986, 739 – Anwaltsschriftsatz, juris Tz. 10; Dreier/Schulze, a. a. O., § 5 Rdn. 6). Der urheberrechtliche Schutz entfällt aber, soweit ein Schriftstück Bestandteil einer gerichtlichen Entscheidung geworden und ersichtlich als solcher wiedergegeben wird (vgl. LG Köln GRUR-RR 2011, 4: Anwaltsschriftsatz als Teil einer einstweiligen Verfügung; OLG Braunschweig InstGE 12, 286 – Kühnen II: Wiedergabe von urheberrechtsfähiger Zeichnung in Urteil). Letzteres ist hier nicht der Fall, denn die betroffene Nichtpatentliteratur ist zwar, jedenfalls zum Teil, in der Einspruchsentscheidung des Patentamts (Beschluss vom 30. Juni 2006) gewürdigt, aber nicht als Bestandteil der Entscheidung wiedergegeben.
30
Zu den grundsätzlich ausschließlich dem Urheber vorbehaltenen Verwertungsrechten gehört u. a. das Vervielfältigungsrecht nach § 16 UrhG sowie das Verbreitungsrecht nach § 17 UrhG. Der angefochtene Beschluss sieht auch das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung nach § 15 Abs. 3 UrhG berührt. Letzteres ist nicht der Fall, denn § 15 Abs. 3 UrhG mit der Definition der öffentlichen Wiedergabe bezieht sich auf die in § 15 Abs. 2 UrhG genannten öffentlichen Wiedergabearten und diese betreffen sämtlich den Bereich der Wiedergabe in unkörperlicher Form (Vortrag, Sendung usw.). Vorliegend ist aber mit der begehrten Übersendung von Papierkopien aus der Akte nur die Verwertung in körperlicher Form nach § 15 Abs. 1 UrhG betroffen. In diese ausschließlich dem Urheber vorbehaltenen Rechte greift das Patentamt, wenn es nach § 22 Abs. 2 Satz 2 DMPAV Ablichtungen bzw. Ausdrucke von urheberrechtlich geschützten Aktenteilen herstellt und einem Antragsteller auf Akteneinsicht übersendet, grundsätzlich ein.
31
cc) Der Eingriff in das Urheberrecht ist jedoch gerechtfertigt aufgrund der Schrankenregelung des § 45 UrhG, wonach es zulässig ist, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht, einem Schiedsgericht oder einer Behörde herzustellen oder herstellen zu lassen.
32
Verfahren im Sinne des § 45 UrhG ist jeder Vorgang, der einen konkreten, von dem betreffenden Organ nach außen wirkenden Sachverhalt zum Gegenstand hat, nicht hingegen verwaltungsinterne Vorgänge. Das Gericht oder die Behörde muss einem Rechtssubjekt, also einem Kläger, Antragsteller, Betroffenen, Beschuldigten oder in ähnlicher Funktion Handelndem gegenüber tätig werden. Zu dem von § 45 Abs. 1 privilegierten Zweck darf jeder am betreffenden Verfahren Beteiligte die Vervielfältigungsstücke herstellen oder herstellen lassen. (vgl. Dreier/Schulze, a. a. O., § 45 Rdn. 6, 7). Von § 45 nicht gedeckt ist hingegen die Herstellung zur Weitergabe an Dritte, insbesondere an die Presse (vgl. Dreier/Schulze, a. a. O., § 45 Rdn. 8; Melichar in Schricker/Loewenheim, UrhG, 4. Aufl. 2010, § 45 Rdn. 6).
33
Hiervon ausgehend ist auch ein Akteneinsichtsverfahren nach § 31 Abs. 1 oder Abs. 2 PatG als ein Verfahren im Sinne des § 45 Abs. 1 UrhG anzusehen. Es liegt kein verwaltungsinterner Vorgang, sondern ein Gegenstand mit nach außen wirkendem Sachverhalt vor, nämlich ein gesetzlich geregeltes Verfahren bezüglich der Einsichtnahme in patentamtliche Akten – hier nach § 31 Abs. 1 Satz 2 PatG -, das durch einen entsprechenden Antrag eingeleitet wird. Das Patentamt muss prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Akteneinsicht nach dem Patentgesetz, § 31 Abs. 1 oder Abs. 2, gegeben sind, ggf. unter Beteiligung des Schutzrechtsinhabers, oder eventuell Vorschriften des Datenschutzes oder andere Rechtsvorschiften eine Akteneinsicht nach § 31 Abs. 3b PatG ausschließen. Falls Akteneinsicht gewährt wird, muss diese organisiert werden, sei es durch Aushändigung der Akte zur unmittelbaren Einsichtnahme, sei es durch Übersendung von Kopien des Akteninhalts. Die nach § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV erfolgende Herstellung und Übersendung von Ablichtungen bzw. Ausdrucken aus der patentamtlichen Akte an den die Einsicht begehrenden Antragsteller stellt sich so als die Vervielfältigung bzw. Verbreitung zur Verwendung in einem behördlichen Verfahren dar, nämlich einem Akteneinsichtsverfahren (ebenso, im Zusammenhang mit Einsichtsbegehren nach dem IFG: Schnabel, Geistiges Eigentum als Grenze der Informationsfreiheit, veröffentlicht in K&R 2011, 626 ff., 630 unter III 3 b; Raue, Informationsfreiheit und Urheberrecht, JZ 2013, 280 ff., 287 linke Spalte).
34
Soweit die Präsidentin des Patentamts im Rahmen des § 31 PatG eine enge Auslegung von § 45 UrhG vertritt (ebenso Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 9. Aufl., § 31 Rdn. 47), wonach die Schrankenregelung des § 45 UrhG nicht für das Akteneinsichtsverfahren eines (am Erteilungs- oder Einspruchsverfahren) nicht beteiligten Dritten gilt, kann ihr nicht gefolgt werden. Begründet wird dies damit, dass der historische Gesetzgeber solche Nutzungshandlungen privilegieren wollte, bei denen ein Werk nicht um seiner selbst willen genutzt werde, sondern als Beweis- oder Hilfsmittel für die zu treffende Entscheidung (siehe Bundestags-Drucksache IV/270, Seite 63 rechte Spalte); im Rahmen der Akteneinsicht diene aber die Nutzung des Werks nicht unmittelbar der behördlichen Entscheidungsfindung. Ob die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken im Rahmen des Akteneinsichtsverfahrens nach § 31 PatG „unmittelbar“ der behördlichen Entscheidungsfindung dient, mag fraglich sein, eine solche Einschränkung ist jedoch weder dem Wortlaut des § 45 Abs. 1 UrhG noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Auf jeden Fall handelt es sich bei der Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken im Rahmen des Akteneinsichtsverfahrens nach § 31 PatG um ein bloßes Hilfsmittel bei der Durchführung eines gesetzlich geregelten behördlichen Verfahrens, bei dem es nicht um die Vervielfältigung oder Verbreitung von urheberrechtlich geschützten Werken an sich geht. Es geht vielmehr um die Herstellung und Übersendung von Ablichtungen bzw. Ausdrucken des Inhalts einer patentamtlichen Akte. Die in der patentamtlichen Akte befindlichen Kopien urheberrechtlich geschützter Werke oder Teile davon sind regelmäßig als schriftliche Belege für den bei der Prüfung der Patentfähigkeit zu berücksichtigenden Stand der Technik eingereicht worden und in ihrer Bedeutung als Tatsachen- und Entscheidungsgrundlage essentieller Aktenbestandteil. An dieser Bedeutung ändert sich nichts, wenn einem Akteneinsichtsantragsteller der Inhalt einer patentamtlichen Akte in der Form des § 22 Abs. 2 Satz 2 DPMAV zugänglich gemacht werden soll.
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Eine enge Auslegung von § 45 UrhG ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass es sich um eine Schrankenregelung des Urheberrechts handelt. Der Grundsatz, wonach Schrankenbestimmungen als Ausnahmebestimmungen zum urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrecht grundsätzlich eng auszulegen seien (vgl. Dreier/Schulze, a. a. O., vor § 44a Rdn. 7 m. w. N.; Melichar in Schricker/Loewenheim, a. a. O., vor §§ 44a ff. Rdn. 18) hat nach neuerer Rechtsprechung weitgehend an Bedeutung verloren. Vielmehr verbietet sich eine enge Schrankenauslegung in den Fällen, in denen neben dem Urheberrecht weitere Grundrechtspositionen in Rede stehen (vgl. BVerfG GRUR 2012, 389 Tz. 17 – Kunstausstellung im Online-Archiv; Dreier/Schulze, a. a. O., vor § 44a Rdn. 7 a. E.), etwa die Meinungsfreiheit, die Informationsfreiheit oder die Kunstfreiheit (vgl. Ungern-Sternberg, Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH zum Urheberrecht und zu den verwandten Schutzrechten im Jahre 2013, GRUR 2014, 209 ff., 215 linke Spalte, m. w. N. der Rechtsprechung). Wenn eine Schrankenregelung dazu dient, die unterschiedlichen Grundrechtspositionen in Ausgleich zu bringen, ist die Grundrechtsabwägung bereits im Rahmen ihrer Auslegung vorzunehmen (vgl. BVerfG GRUR 2012, 389 Tz. 13 f – Kunstausstellung im Online-Archiv; BGH GRUR 2013, 614 Tz. 22 – Metall auf Metall II; GRUR 2014, 974 Tz. 34 – Porträtkunst). Die somit gebotene Abwägung der Grundrechtsinteressen spricht ebenfalls dafür, die Einsicht in die streitgegenständlichen Aktenteile in der Form der Herstellung und Übersendung von Ablichtungen bzw. Ausdrucken zuzulassen.
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Vorliegend unterfallen die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, während mit der verlangten Einsicht in die patentamtliche Akte das Grundrecht auf Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG betroffen ist. Soweit im Patenterteilungs- oder Einspruchsverfahren urheberrechtlich geschützte Werke oder Teile davon eingereicht werden, handelt es sich regelmäßig um schriftliche Belege für den Stand der Technik, der bei der Prüfung der Patentfähigkeit von Bedeutung ist; dies ist auch vorliegend der Fall. Wenn solcher (oder anderer) Stand der Technik in Entscheidungen im Patenterteilungsverfahren (etwa bei Zurückweisung einer Patentanmeldung) oder im Einspruchsverfahren gewürdigt wird, kann dies in aller Regel nur nachvollzogen werden bei Kenntnis des Inhalts der Entgegenhaltung. Hierzu reicht eine bloße Einsichtnahme in diese, insbesondere, wenn es sich bei der Entgegenhaltung um Fachliteratur zu komplexen technischen Sachverhalten handelt, in der Regel nicht aus. Dass ein ganz erhebliches Interesse daran bestehen kann, die Akte nicht nur einsehen zu können, sondern auch Kopien zu erhalten, hat zudem der Antragsteller zutreffend dargelegt, indem er auf typische und häufig vorkommende Fallkonstellationen verweist, in denen ein einfacher Nachweis des Inhalts der patentamtlichen Akte von Bedeutung ist, etwa im Falle einer Abmahnung oder als Beweismittel in einem Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren.
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Auf der anderen Seite ist nicht zu erkennen, inwieweit die Ermöglichung des Fertigens einer Kopie bzw. eines Ausdrucks der Werke, die in der patentamtlichen Akte in der Regel nur auszugsweise und beschränkt auf wenige Seiten vorliegen, dem Urheber die weitere wirtschaftliche Auswertung der betroffenen Werke nennenswert beeinträchtigen könnte. Je nach Alter der betroffenen Patentamtsakte handelt es sich zudem regelmäßig um Teile von früheren Auflagen von Werken, da der Stand der Technik mit Bezug auf den jeweiligen Prioritätstag der Anmeldung eingereicht wird. Mit der Übersendung einer Kopie verleiht das Patentamt dem Antragsteller auch keine weiteren Rechte im Umgang mit den urheberrechtlich geschützten Werken.
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Soweit der Antragsteller allerdings geltend macht, er persönlich sei berechtigt, die Kopien zu fertigen, weil er sie in einem Nichtigkeitsverfahren verwenden wolle, so ist dies nicht zu berücksichtigen. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass im Rahmen von § 45 UrhG Kopien von Werken auch in Vorbereitung eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens gemacht werden können (vgl. LG Düsseldorf GRUR-RR 2007, 193). Jedoch greift diese Privilegierung hier schon deshalb nicht (mehr), weil das betreffende Nichtigkeitsverfahren bereits beendet ist, wie der Antragsteller in seinem Schriftsatz vom 5. Juni 2014 mitgeteilt hat. Zudem ist es nicht Aufgabe des Patentamts, vor der Übersendung von Kopien aus der Akte die persönlichen Voraussetzungen eines Antragstellers (der z. B. auch über § 53 Abs. 1 UrhG privilegiert sein könnte: Herstellung einer Kopie für den privaten Gebrauch einer natürlichen Person, was aber bei Anwälten in der Regel ausscheiden dürfte) zu prüfen. Eine solche Prüfung wäre mit einem Massenverfahren wie der freien Einsicht in Patentamtsakten schwerlich zu vereinbaren, worauf auch die Präsidentin in ihrer Stellungnahme zu Recht hingewiesen hat.
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3. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG zuzulassen.