Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “maxi keramik (Wort-Bild-Marke)” – fehlende Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  28 W (pat) 506/18

Datum:
25.6.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:250619B28Wpat506.18.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
28. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung DE 30 2017 103 976.3
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 25. Juni 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Anmelderin hat am 19. April 2017 beim Deutschen Patent- und Markenamt beantragt, das farbige Zeichen
2
als Wort-/Bildmarke (weiß, dunkelgrün, hellgrün) für die nachgenannten Waren in das Markenregister einzutragen:
3
Klasse 19:
4
Baumaterialien, nämlich Fliesen.
5
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 19, hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung vom 6. Juni 2017 mit Beschluss vom 10. November 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Anmeldezeichen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Die angesprochenen Verkehrskreise verstünden die Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens als eine werbeübliche Aneinanderreihung warenbezogener Angaben. Mit dem Element „maxi“ werde nach den Branchengepflogenheiten ein großes Fliesenformat bezeichnet, während das Element „keramik“ die Materialbeschaffenheit benenne. Die grafische Gestaltung könne die Schutzfähigkeit des Zeichens ebenfalls nicht begründen. Die gewählte Gestaltung, die sich im Wesentlichen auf die Anordnung der Wortbestandteile in unterschiedlichen Größen und Farben beschränke, halte sich im Rahmen üblicher werbegrafischer Ausdrucksmittel. Das angesprochene Publikum nehme das Streitzeichen daher nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen wahr.
6
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
7
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 19, vom 10. November 2017 aufzuheben.
8
Eine Begründung der Beschwerde ist unterblieben. Vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat sie geltend gemacht, das gegenständliche Zeichen weise durch die Gesamtkombination von Wörtern in verschiedenen Größen und Farben sowie durch deren Anordnung eine hinreichende Komplexität auf. Es seien bereits vergleichbare Wort-/Bildmarken als schutzfähig erachtet worden. Es sei zu bezweifeln, dass die Wortelemente einen beschreibenden Sinngehalt aufwiesen. Im Fliesenhandel würden üblicherweise Fliesen mit (meist weiblichen) Vornamen oder zumindest mit so klingenden Bezeichnungen angeboten. Da der Zeichenbestandteil „Maxi“ sowohl die Abkürzung für den männlichen Vornamen „Maximilian“ als auch für den weiblichen Vornamen „Maximiliane“ sein könne, werde ihn der Verbraucher nicht als Größenangabe, sondern als Marke auffassen.
9
Den zunächst gestellten Hilfsantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Beschwerdeführerin nach Übermittlung der Ladung mit dem Hinweis, dass die Beschwerde voraussichtlich ohne Erfolg bleiben werde, zurückgenommen.
10
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
11
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Markenstelle für Klasse 19 hat die Anmeldung zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen. Wie sie mit zutreffender Begründung ausgeführt hat, entbehrt das Anmeldezeichen jeglicher Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
12
1. Unterscheidungskraft ist die dem Zeichen innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 – Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 – HOT; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH 2006, 850, Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006).
13
Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen eignet sich das angemeldete Zeichen
14
nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Waren „Baumaterialien, nämlich Fliesen“. Abzustellen ist hierbei insbesondere auf die Sichtweise der gewerblichen und privaten Abnehmer dieser Produkte.
15
2. Es ist mit der Markenstelle davon auszugehen, dass das angesprochene Publikum bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens seine Wortbestandteile als Sachhinweise auf die Größe („maxi“) und das Material („keramik“) der beanspruchten Fliesen verstanden hat. So wird der für verschiedene Gegenstände wie Schallplatten, Briefe, Bekleidung oder Windeln als Größenangabe gebräuchliche Begriff „maxi“ auch in Verbindung mit Fliesen verwendet. Beispielsweise findet sich in der dem Beanstandungsbescheid der Markenstelle vom 6. Juni 2017 beigefügten Anzeige der „Rudolf Richter GmbH Fliesenhandel“ unter dem Titel „Metrofliesen Mini Midi Maxi“ folgende Aussage: „Aufgrund der großen Nachfrage haben wir unser Sortiment nun erweitert auf andere Formatgrößen. Neben dem Format … führen wir nun das Mini-Format … und das Maxi-Format …“ Die weitere Zeichenkomponente „keramik“ weist zwar einen klein geschriebenen Anfangsbuchstaben auf. Dennoch wird sie der inländische Verkehr mit dem Substantiv „Keramik“ gleichsetzen, da die Abweichung geringfügig ist und kaum ins Auge fällt. Bei Keramik handelt es sich um Erzeugnisse u. a. aus gebranntem Ton (vgl. „Munzinger Online“ unter „https://www.munzinger.de/“ als Anlage zum Beanstandungsbescheid vom 6. Juni 2017). Darunter fallen folglich auch die von der Anmelderin beanspruchten Fliesen. Im Zusammenhang mit ihnen wird der Verkehr den Wortbestandteilen des Anmeldezeichens insgesamt lediglich die Bedeutung „großflächige Fliesen“ beimessen.
16
3. Die grafische Ausgestaltung des gegenständlichen Zeichens vermag aufgrund ihrer Einfachheit ebenfalls nicht seine Unterscheidungskraft zu begründen (vgl. BGH GRUR 2014, 376, Rdnr. 18 – grill meister).
17
Die Bildwirkung erschöpft sich in der strukturierten und gefälligen Wiedergabe von Sachaussagen. Im Vordergrund steht der Hinweis „maxi“ auf das Größenformat der angebotenen Fliesen. Demgegenüber tritt im Erscheinungsbild das Wort „keramik“ deutlich zurück, mit dem darüber informiert wird, dass es sich um Keramikfliesen handelt. Diese deutlichen Unterschiede in der Wiedergabe der beiden Wörter vermögen weder ihren Bedeutungsgehalt in Frage zu stellen, noch erwecken sie einen besonderen bildlichen Eindruck. Zum einen ist der Verkehr an verschiedene Größen von Zeichenwörtern gewöhnt. Durch die Variation der Schrifthöhe und -breite soll Aufmerksamkeit erregt werden, was angesichts einer zunehmenden Zahl von Zeichen bzw. Marken immer wichtiger wird. Zum anderen wird mit der größeren Darstellung des Wortes „maxi“ lediglich seine inhaltliche Aussage im Sinne von besonders großen Fliesen bildlich unterstrichen.
18
Auch die Anordnung des Wortes „keramik“ am rechten, statt am sonst üblichen linken Rand ist mit keinem die Unterscheidungskraft begründenden Überraschungseffekt verbunden. Sie gehört zu den Stilmitteln, die vielfach in der Werbung und im geschäftlichen Verkehr zur Anwendung kommen, um sich von den Wettbewerbern abzusetzen.
19
Zudem wirkt die Farbgebung nicht so eigenartig, dass die angesprochenen Verkehrsteilnehmer darin einen Herkunftshinweis erkennen könnten. Die Darstellung des Wortes „maxi“ in Weiß und die in Grün gehaltene Wiedergabe des Wortes „keramik“ dienen der Hervorhebung der jeweiligen Bedeutung der beiden Begriffe. Damit soll lediglich die Erfassung ihres Sinngehalts erleichtert und das Interesse des Verkehrs erregt werden. Zudem kann die grüne Farbe, unabhängig davon, ob sie dunkel (Hintergrund) oder heller („keramik“) ausgestaltet ist, eine weitere Sachaussage im Sinne von Umweltfreundlichkeit der Fliesen vermitteln.
20
Schließlich kommt dem Anmeldezeichen in seiner Gesamtheit kein Schutz begründender grafischer Überschuss zu. Es handelt sich vielmehr um die Aneinanderreihung nicht unterscheidungskräftiger Elemente, die auch in ihrer Kombination (Wörter, Anordnung, Schriftgestaltung, Farbe) keine neue eigenartige Einheit ergeben, die auf die Herkunft der beanspruchten Fliesen hinweist.
21
Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.

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