Aktenzeichen 28 W (pat) 529/18
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2017 113 452.9
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 17. März 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Hermann und des Richters Dr. Söchtig beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
1
Das Wortzeichen
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Rg+
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ist am 27. Dezember 2017 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
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Klasse 6: Unedle Metalle und deren Legierungen; Waren aus Metall, sofern in Klasse 6 enthalten, insbesondere aus Kupfer und Kupferlegierungen; Gussstücke als Roh- und Fertigteile aus Metall, gewalzte Bänder aus Metall; Metallrohre;
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Klasse 9: Apparate zum Schalten von Wasserleitungsgeräten und -anlagen, insbesondere von Trinkwasserversorgungsanlagen zur Vermeidung von Stagnation und der daraus resultierenden negativen Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität; Software, insbesondere im Bereich der Sanitärtechnik; Bedienungsanleitung und Software zum Anschluss von Geräten mit Plattenwärmespeichern und Pufferspeichern, insbesondere Warmwasserspeichern zur Erzeugung von warmem Trinkwasser;
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Klasse 11: Apparate zum Regeln und Kontrollieren von Wasserleitungsgeräten und -anlagen, insbesondere von Trinkwasserversorgungsanlagen und deren Teilen, insbesondere Armaturen zur Vermeidung von Stagnation und der daraus resultierenden negativen Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität; Heizungs-, Dampferzeugungs-, Warmwassererzeugungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, insbesondere sanitäre Armaturen aus Metall und Kunststoff für die Wasserführung, -verteilung, -steuerung und -regelung sowie Geräte mit Plattenwärmeübertragern zur Erzeugung von warmem Trinkwasser, Pufferspeicher, insbesondere Warmwasserspeicher, Anschlusssatz aus Ventilen und Rohrleitungen; Wasseraufbereitungsanlagen;
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Klasse 17: Dichtungs- und Isoliermaterialien für Rohrleitungssysteme, insbesondere Dichtungsringe aus Gummi, Schläuche (nicht aus Metall); Dämmschalen für Rohrleitungssysteme;
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Klasse 37: Installation und Reparatur von Wasserleitungsgeräten und -anlagen, insbesondere von Trinkwasserversorgungsanlagen und deren Teilen, insbesondere Armaturen zur Vermeidung von Stagnation und der daraus resultierenden negativen Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität; Installation und Reparatur von Geräten mit Plattenwärmeübertragern und Pufferspeichern zur Erzeugung von warmem Trinkwasser;
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Klasse 40: Materialbearbeitung, insbesondere Oberflächenbehandlung und/oder -beschichtung von metallischen Erzeugnissen und Halbzeugen; kundenspezifische Anfertigung von Gussteilen, insbesondere für die Anwendung in der Sanitärtechnik;
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Klasse 41: Durchführung von Seminaren und Schulungen, insbesondere im Bereich der Sanitärtechnik sowie im Hinblick auf in der Sanitärtechnik verwendete Software;
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Klasse 42: Technische Auslegung und Planungsdienstleistungen in Bezug auf Wasserleitungsgeräte und -anlagen, insbesondere Trinkwasserversorgungsanlagen und deren Teile, insbesondere Armaturen zur Vermeidung von Stagnation und der daraus resultierenden negativen Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität; Beratung zur technischen Anwendung von Geräten mit Plattenwärmeübertragern und Pufferspeichern zur Erzeugung von warmem Trinkwasser; Entwurf und Entwicklung von Steuerungshardware und -software.
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Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 6, hat die Anmeldung – nach vorangegangener Beanstandung vom 26. Januar 2018 – mit Beschluss vom 3. April 2018 teilweise für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:
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Klasse 6: Unedle Metalle und deren Legierungen; Waren aus Metall, sofern in Klasse 6 enthalten, insbesondere aus Kupfer und Kupferlegierungen; Gussstücke als Roh- und Fertigteile aus Metall; gewalzte Bänder aus Metall; Metallrohre;
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Klasse 11: Apparate zum Regeln und Kontrollieren von Wasserleitungsgeräten und -anlagen, insbesondere von Trinkwasserversorgungsanlagen und deren Teilen, insbesondere Armaturen zur Vermeidung von Stagnation und der daraus resultierenden negativen Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität; Heizungs-, Dampferzeugungs-, Warmwassererzeugungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, insbesondere sanitäre Armaturen aus Metall und Kunststoff für die Wasserführung, -verteilung, -steuerung und -regelung sowie Geräte mit Plattenwärmeübertragern zur Erzeugung von warmem Trinkwasser, Pufferspeicher, insbesondere Warmwasserspeicher, Anschlusssatz aus Ventilen und Rohrleitungen; Wasseraufbereitungsanlagen;
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Klasse 40: Materialbearbeitung, insbesondere Oberflächenbehandlung und/oder -beschichtung von metallischen Erzeugnissen und Halbzeugen; kundenspezifische Anfertigung von Gussteilen, insbesondere für die Anwendung in der Sanitärtechnik;
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Klasse 41: Durchführung von Seminaren und Schulungen, insbesondere im Bereich der Sanitärtechnik sowie im Hinblick auf in der Sanitärtechnik verwendete Software.
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Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Anmeldezeichen fehle es im Umfang der Zurückweisung an der für eine Eintragung erforderlichen Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
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Das Anmeldezeichen sei eine beschreibende Abkürzungskombination mit der Bedeutung „Rotguss mit weiteren zusätzlichen Vorteilen, Eigenschaften oder Kriterien“. Wie bereits im Beanstandungsbescheid ausgeführt, handele es sich bei „Rg“ um die gängige Fachabkürzung für Rotguss, was weitere Recherchenachweise belegten. Rotguss könne allgemein als metallische Mehrstofflegierung auf Kupferbasis beschrieben werden. Es sei vorstellbar, dass die Herstellung, Bearbeitung oder Verarbeitung von Rotguss verbessert werde oder zusätzliche Bestandteile zur Erreichung weiterer Vorteile dem Rotguss beigefügt würden. Solche zusätzlichen Vorteile oder Kriterien würden regelmäßig mit dem Wort „Plus“ oder mit dem mathematischen „+“-Zeichen beschrieben.
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Die von der Zurückweisung umfassten Waren der Klasse 6 könnten aus Rotguss bestehen, Rotguss aufweisen oder aus Rotguss gefertigt worden sein, der über zusätzliche Vorteile oder Produktkriterien bzw. -eigenschaften verfüge. Entsprechend verhalte es sich bei den zurückgewiesenen Waren der Klasse 11, zumal Rotguss insbesondere im Bereich der Heizungstechnik und der Wasserversorgung verwendet werde. Mit Hilfe der Dienstleistungen der Klasse 40 könne Rotguss be- und verarbeitet oder es könnten Teile aus Rotguss hergestellt werden, welche über zusätzliche oder weitere Produktkriterien oder – eigenschaften verfügten. Des Weiteren müssten Kenntnisse zur Weiterentwicklung als auch Fähigkeiten zur Be- und Verarbeitung oder zur Nutzung von Rotguss vermittelt werden. Hierzu könnten die von der Zurückweisung erfassten Dienstleistungen der Klasse 41 dienen.
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Soweit die Beschwerdeführerin auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen verwiesen habe, entfalteten diese keine Bindungswirkung für vorliegendes Verfahren. Ob der Eintragung des Anmeldezeichens für die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen auch ein Freihaltebedürfnis entgegenstehe, könne ob der vorstehenden Ausführungen im Ergebnis dahinstehen.
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Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom 7. Mai 2018, mit der sie sinngemäß beantragt,
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den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 6, vom 3. April 2018 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen worden ist.
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Zur Begründung führt sie aus, entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes verfüge das Anmeldezeichen auch in Verbindung mit den von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen über die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft. Die angesprochenen Verkehrskreise würden vorliegend zumindest weitere gedankliche Zwischenschritte unternehmen müssen, um dem Anmeldezeichen „Rg+“ im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen einen beschreibenden Sinngehalt beizumessen, was dessen hinreichende Unterscheidungskraft begründe. Insbesondere habe das Deutsche Patent- und Markenamt nicht dargelegt, warum es – trotz der von der Beschwerdeführerin ins Feld geführten Voreintragungen – die Anmeldung teilweise zurückgewiesen habe.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
25
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Eintragung des Anmeldezeichens für die verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen abgelehnt, da diesem insoweit das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.
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1. Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 – Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 – HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 – Standbeutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 – BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 – EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 – VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 –Link economy).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 – SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006).
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Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 – Link economy; GRUR 2009, 952, Rdnr. 10 – DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 – BerlinCard; GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 – Cityservice; GRUR 2001, 1143 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 – TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 – FUSSBALL WM 2006).
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Unter Berücksichtigung vorgenannter Grundsätze kommt dem Anmeldezeichen in Verbindung mit den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht zu.
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a) Zutreffend hat das Deutsche Patent- und Markenamt in seinem angegriffenen Beschluss unter Verweis auf eine Vielzahl von Recherchebelegen dargetan, dass es sich bei dem Zeichenbestandteil „Rg“ um die Abkürzung für „Rotguss“ handelt (vgl. u. a. „http://abkuerzungen.woxikon.de/abkuerzung/rg.php“ und DUDEN, Wörterbuch der Abkürzungen, 5. Auflage, 2005, Seite 330). Dies hat auch die Beschwerdeführerin nicht in Abrede gestellt.
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(1) Als Rotguss (auch Rotmessing, Mehrstoff- oder Maschinenbronze) wird eine Reihe von metallischen Werkstoffen bezeichnet. Es handelt sich dabei um Legierungen auf Kupferbasis, die für viele technische Produkte Verwendung finden (vgl. unter „www.wikipedia.org“ – Rotguss). So wird Rotguss im Bauwesen für Armaturen als auch für Schraub-, Löt- sowie Pressfittinge im Bereich der Sanitär- und Heizungstechnik eingesetzt und entspricht den Hygieneanforderungen der DIN 50930-6. Besonders ist Rotguss für Absperr-, Sicherungs- und Regulierarmaturen in der Sanitärinstallationstechnik sowie als Fittingwerkstoff für Rohrsystemkomponenten oder als Konstruktionswerkstoff in der Wasser-, Filter- und Wiederaufbereitungstechnik gut geeignet (vgl. die Fundstelle zu „ROTGUSS (CuSnZnPb)“ unter „http://www.oecam.eu/index.php/kupfer-und-legierungen-de-2/rotguss-de“). Auf diesen Gesichtspunkt ist die Beschwerdeführerin bereits mit der gerichtlichen Stellungnahme vom 4. Oktober 2019 hingewiesen worden.
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(2) In Verbindung mit den vorliegend verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen werden die angesprochenen Verkehrskreise (Fachkreise auf dem Gebiet der Heizungs- und Sanitärtechnik) den Zeichenbestandteil „Rg“ lediglich als beschreibende Sachangabe auffassen.
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Die vom Anmeldezeichen beanspruchten Waren der Klassen 6 und 11 können aus Rotguss (etwa „unedle Metalle und deren Legierungen“) bestehen oder Bauteile aus Rotguss aufweisen, da – wie der bereits oben genannten Fundstelle „http://www.oecam.eu/index.php/kupfer-und-legierungen-de-2/rotguss-de“ zu entnehmen ist – Rotguss gerade im Bereich der gegenständlichen Wasser-, Heizungs-, Sanitär- und Wiederaufbereitungstechnik eingesetzt wird. Nicht zuletzt verschaffen – wie die Beschwerdeführerin selbst auf ihren Internetseiten ausführt die hygienischen Vorteile von Rotguss aufgrund seiner guten bakteriziden Eigenschaften ihm zunehmende Bedeutung (vgl. unter „https://www.kemper-olpe.de/de/geschaeftsbereiche/gusstechnik/werkstoff/“). Demzufolge eignet sich Rotguss in besonderem Maße für die Herstellung der Metalle, Legierungen und Metallwaren in Klasse 6. Da ihr Verwendungszweck nicht ausdrücklich genannt ist, kommen sie auch für die Wasser-, Heizungs-, Sanitär- und Wiederaufbereitungstechnik in Betracht, wo der Hygiene eine große Bedeutung zukommt. Dies gilt gleichermaßen für die in Klasse 11 beanspruchten Apparate, Geräte, Anlagen und Pufferspeicherund deren Teile. In diesem Zusammenhang wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zahlreichen Verwendungsbeispiele im Beanstandungsbescheid vom 26. Januar 2018 sowie im angegriffenen Beschluss verwiesen.
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Die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen der Klasse 40 können die Verarbeitung von Rotguss als auch die Bearbeitung oder die Herstellung von Rotgussteilen zum Gegenstand haben. So ist es möglich, dass Rotgussteile beispielsweise aufgeraut, sandgestrahlt oder aus optischen Gründe mit Chrom überzogen werden. Auch lassen sich auf Kundenwunsch hin spezielle Rotgusslegierungen herstellen, aus denen wiederum besondere, auf die individuellen Bedürfnisse ausgerichtete Rotgussteile entstehen. Diese Dienstleistungen bietet die Beschwerdeführerin ausweislich ihrer Internetpräsenz bereits an (vgl. unter „https://www.kemper-olpe.de/de/geschaeftsbereiche/gusstechnik/kundenspezifische-loesungen/“).
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Die weiterhin in Rede stehenden Dienstleistungen der Klasse 41 können wiederum die Vermittlung von Kenntnissen im Bereich der Sanitärtechnik und den dortigen Einsatz von Rotguss respektive Teilen aus Rotguss zum Inhalt haben, was auch insoweit der Eintragung des Anmeldezeichens entgegensteht.
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b) Auch das der Buchstabenkombination „Rg“ hinzugefügte „+“ vermag die Unterscheidungskraft des Gesamtzeichens nicht zu begründen. Es handelt sich hierbei um das mathematische Zeichen für „plus“. Dieser Begriff wird in Wortkombinationen von der Allgemeinheit der Verbraucher als werbender Hinweis auf zusätzliche Vorteile des Produktes verstanden (vgl. z. B. BPatG 25 W (pat) 107/12 – TapePlus sowie BPatG 28 W (pat) 543/13 – PRIMUS PLUS). Demzufolge werden die angesprochenen Fachkreise davon ausgehen, dass die mit dem Anmeldezeichen versehenen, von der Zurückweisung betroffenen Waren über besondere Rotgusseigenschaften bzw. -kriterien verfügen, welche sie von korrespondierenden (Normal-)Waren positiv abheben. Diese Sichtweise führt weiterhin dazu, dass die maßgeblichen Verkehrsteilnehmer annehmen werden, die in Rede stehenden Dienstleistungen beschäftigen sich mit Rotgusswaren mit gegenüber den Durchschnittsprodukten verbesserten Merkmalen.
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c) Die von der Beschwerdeführerin angeführten Voreintragungen führen zu keinem anderen Ergebnis. Etwaige Entscheidungen über (unterstelltermaßen) ähnliche Anmeldungen sind zwar, soweit sie bekannt sind, im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist oder nicht; sie sind aber keinesfalls bindend (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667 – Bild.T-online.de u. ZVS [Schwabenpost]). Da das Deutsche Patent- und Markenamt die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zutreffend bejaht hat, kommt es auf die weiteren Voreintragungen nicht an, weil zum einen aus nicht begründeten Eintragungen anderer Marken keine weitergehenden Informationen im Hinblick auf die Beurteilung der konkreten Anmeldung entnommen werden können und zum anderen auch unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht von einer den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Entscheidung abgesehen werden darf (vgl. EuGH, GRUR 2009, 667 – Bild.T-Online.de u. ZVS [Schwabenpost]; BGH, GRUR 2011, 230 – SUPERgirl; WRP 2011, 349 – FREIZEIT Rätsel Woche; GRUR 2012, 276 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e.V.).
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2. Aus obigen Ausführungen folgt im Ergebnis weiter, dass die Frage, ob der Eintragung des Anmeldezeichens darüber hinaus ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, im Ergebnis dahinstehen kann.