Aktenzeichen 29 W (pat) 43/18
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 032 782.7
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 31. März 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber und die Richterinnen Lachenmayr-Nikolaou und Seyfarth
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Die Bezeichnung
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Trust your Farmer
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ist am 18. November 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für diverse Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 angemeldet worden.
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Mit Beschluss vom 29. Januar 2018 hat die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA, besetzt mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes, die Anmeldung unter Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 24. Januar 2017 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1, Abs 5 MarkenG teilweise zurückgewiesen, nämlich hinsichtlich der Dienstleistungen
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Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Ausstellung von Urkunden und Zertifikaten [Bürotätigkeit]; Erstellen von Geschäftsgutachten; Erstellen von betriebswirtschaftlichen Gutachten; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Beratung in Fragen des Personalwesens; gewerbliche Lobbyarbeit; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für gewerbliche oder zu Werbezwecken;
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Klasse 41: Ausbildung; Veranstaltung von Seminaren zur Aus- und Weiterbildung; Veranstaltung von Kongressen und Tagungen für wirtschaftliche Zwecke; Veranstaltung von Ausstellungen für Unterrichtszwecke;
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Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Zertifizierung von Qualitätsmanagement-Systemen; Erstellen von technischen und wissenschaftlichen Gutachten.
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Die hiergegen gerichtete Erinnerung wurde mit weiterem Beschluss der Markenstelle für Klasse 35, besetzt mit einer Beamtin des höheren Dienstes, vom 1. Oktober 2018 zurückgewiesen.
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Zur Begründung der Beschlüsse ist ausgeführt, die aus Begriffen des englischen Grundwortschatzes zusammengesetzte Wortfolge „Trust your Farmer“ werde von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen, nämlich Fachkreisen aus der landwirtschaftlichen Verbandsarbeit sowie interessierten und informierten Laien, unmittelbar im Sinne von „Vertraue deinem Bauern“ erfasst und im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen als Hinweis dahingehend verstanden, dass diese Vertrauen gegenüber landwirtschaftlichen Produkten bzw. ihren Erzeugern schaffen sollen. Sämtliche von der Zurückweisung erfassten Dienstleistungen könnten sich auf vertrauensbildende Maßnahmen im Zusammenhang mit landwirtschaftlichen Themen beziehen. So sei beispielsweise die Zertifizierung von Produkten und Dienstleistungen, für die die Bezeichnung „Trust your Farmer“ u. a. Schutz beanspruche, eine derartige vertrauensbildende Maßnahme. Im Rahmen von Zertifizierungen würden Produkte und Leistungen regelmäßig mit Güte- oder Prüfsiegeln ausgezeichnet, die oftmals in Form von Slogans das Vertrauen der Kunden in das Produkt oder die Dienstleistungen thematisieren würden wie beispielsweise die Gütesiegel „TEXTILES VERTRAUEN“, „TRUSTED SHOPS“, „Trusted Cloud“ etc. Somit stelle die Angabe „Trust your Farmer“ für alle Dienstleistungen, die im Rahmen von Zertifizierungen oder mit dem Ziel der Vergabe von Zertifikaten erbracht werden könnten, einen beschreibenden Hinweis auf das Thema, den Inhalt und den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen dar bzw. werde durch die Angabe zumindest ein enger sachlicher Bezug zur Zielsetzung dieser Dienstleistungen hergestellt. Die in den Klassen 35 und 42 beanspruchten Dienstleistungen, hinsichtlich derer die Anmeldung zurückgewiesen werde, könnten alle im Rahmen von Zertifizierungen landwirtschaftlicher Produkte erbracht werden bzw. mit diesen in engem sachlichen und funktionellen Zusammenhang stehen. Dies gelte insbesondere auch für „Bürodienstleistungen“, die Hilfstätigkeiten im Zusammenhang mit derartigen Zertifizierungen umfassen könnten, ebenso für Dienstleistungen der Werbung, die speziell das Ziel verfolgen könnten, Vertrauen gegenüber zertifizierten landwirtschaftlichen Erzeugern zu etablieren. Ebenso könne die in Klasse 42 angemeldete Dienstleistung „Entwurf und Entwicklung von Computersoftware“ der Erstellung von speziell an diese Thematik angepasster Software dienen, etwa zur Erfassung der Zertifizierungskriterien. Um landwirtschaftliche Erzeuger auf die Voraussetzungen für das Zertifizierungsverfahren vorzubereiten, müssten des Weiteren Kenntnisse hinsichtlich der zu erfüllenden Kriterien vermittelt werden. In diesem Zusammenhang könnten neben den in Klasse 35 beanspruchten Beratungsdienstleistungen auch die von der Zurückweisung der Anmeldung erfassten in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen erbracht werden. Die Bezeichnung „Trust your Farmer“ stelle folglich einen beschreibenden Hinweis auf Art, Zweck und Thema der in Frage stehenden Dienstleistungen dar und enthalte eine sinnvolle Sachaussage. Sie sei somit nicht schutzfähig. Im Übrigen würden vergleichbar gebildete Begriffe wie „TRUST YOUR STRENGTH“, „Trust Your Trip“, „TRUST YOUR SELF“, „Trust your Eyes“ und „TRUST YOUR AUDIENCE“ im genannten Sinne bereits verwendet.
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Gegen den ihr am 8. Oktober 2018 zugestellten Erinnerungsbeschluss wendet sich die Anmelderin mit ihrer am 8. November 2018 beim DPMA eingegangenen Beschwerde.
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Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde nicht begründet. Im Verfahren vor dem DPMA hat sie vorgetragen, dass die deutschen Verkehrskreise die Bezeichnung „Trust your Farmer“ zwar verstünden und mit “Vertraue Deinem Bauern” übersetzen würden, dass dieser Bedeutungsgehalt jedoch keinen direkten Bezug zu den angemeldeten Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 aufweise. Das Verzeichnis enthalte keinerlei Produkte, welche üblicherweise auf einem Bauernhof erzeugt oder verkauft würden, und auch keine üblicherweise auf einem Bauernhof angebotenen Dienstleistungen. Angesprochene Verkehrskreise der angemeldeten Dienstleistungen, insbesondere der Zertifizierungsdienstleistungen sowie der diese begleitenden Dienstleistungen, seien in erster Linie Fachkreise, vor allem die Erzeuger landwirtschaftlicher Produkte. Die gegenüber einem Farmer getätigte Aussage „Vertraue Deinem Farmer” könne jedoch nicht als Sachaussage oder Werbeaufforderung angesehen werden, vielmehr sei die Aussage in diesem Kontext ungewöhnlich und weise eine gewisse Originalität auf. Ihr Verständnis erfordere einen Interpretationsaufwand, da offen bleibe, inwieweit ein Farmer „seinem“ Farmer vertrauen solle. Zudem sei bei Dienstleistungen, die einen universellen und kaum abgrenzbaren Einsatzbereich hätten, wie beispielsweise Werbung, Geschäftsführung oder Unternehmensberatung, nicht jeder Benennung einer Person, Sache oder Leistung bereits deshalb die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen, weil diese spezielle Person, Sache oder Leistung im Einzelfall Gegenstand einer Werbung oder Beratung sein könnte. Vielmehr sei insoweit eine differenzierte Beurteilung der Unterscheidungskraft angezeigt.
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Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
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die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Januar 2018 und vom 1. Oktober 2018 aufzuheben.
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Sie hat ausdrücklich mitgeteilt, keine Beschwerdebegründung einzureichen, und um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Die zulässige, insbesondere nach § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
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Der Eintragung der angemeldeten Wortfolge „Trust your farmer“ als Marke steht im Umfang der Zurückweisung durch das DPMA das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat der angemeldeten Bezeichnung daher gem. § 37 Abs. 1, Abs. 5 MarkenG zu Recht die Eintragung versagt.
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1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2012, 304 Rn. 23 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas? I; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143 Rn. 7 – Starsat). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2008, 608 Rn. 66 Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 229 Rn. 27 – BioID AG/HABM [BioID]; BGH GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; GRUR 2014, 565 Rn. 12 – smartbook).
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Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel KGaA; BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 10 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops).
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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013,1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2019, 1194 Rn. 20 – AS/DPMA [#darferdas?]; GRUR 2008, 608 Rn. 67 – Eurohypo AG/HABM [EUROHYPO]; GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord AG/Hukla Germany SA [MATRATZEN]; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).
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Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Koninklijke KPN Nederland NV/Benelux-Merkenbureau [Postkantoor]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas? I). Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2018, 301 Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2009, 952 Rn. 10 – DeutschlandCard). Ferner kommt die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 8 – #darferdas? I; GRUR 2016, 934 Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rn. 26 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy; GRUR 2010, 640 Rn. 13 – hey!).
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Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung von (sloganartigen) Wortfolgen auszugehen, an deren Unterscheidungskraft grundsätzlich keine strengeren Anforderungen als an andere Wortmarken zu stellen sind (EuGH GRURInt 2012, 914 Rn. 25 – Smart Technologies/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 36 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2014, 872 Rn. 14 – Gute Laune Drops; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 14 – smartbook; BGH GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy). Daher ist die Tatsache allein, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, nicht genügend zur Verneinung der für die Schutzfähigkeit erforderlichen Unterscheidungskraft (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 44 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]). Denn der anpreisende Sinn einer Bezeichnung schließt deren Eignung, als Herkunftshinweis zu wirken, nicht von vorneherein aus. Entscheidend ist, ob der Verkehr die Bezeichnung ausschließlich als werbliche Anpreisung versteht, oder ob die Marke zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wahrgenommen wird (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 45 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2014, 872 Rn. 23 – Gute Laune Drops). Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb bei einer kürzeren Wortfolge lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen (vgl. BGH GRUR 2014, 872 Rn. 23 – Gute Laune Drops; GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands schönste Seiten; GRUR 2009, 949 Rn. 12 – My World; GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Weist die Wortfolge einen unterscheidungskräftigen Bestandteil auf, wird dies im Regelfall dazu führen, dass auch der Wortfolge in ihrer Gesamtheit die Unterscheidungskraft i.S.v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht fehlt (vgl. BGH GRUR 2014, 872 Rn. 14 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 565 Rn. 14 – smartbook). Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden des Weiteren in der Regel längere Wortfolgen sein (vgl. BGH GRUR 2014, 565 Rn. 14 – smartbook; GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands schönste Seiten; GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Indizien für die Eignung, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität sowie die Prägnanz einer Wortfolge sein. Auch die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Wortfolge kann einen Anhaltspunkt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung nicht überspannt werden (vgl. EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 57 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 14 – smartbook; GRUR 2013, 522 Rn. 9 – Deutschlands schönste Seiten).
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2. Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortfolge „Trust your farmer“ im hier relevanten Dienstleistungszusammenhang zu verneinen, da die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung ohne besonderen gedanklichen Aufwand nur und ausschließlich als beschreibende Sachangabe mit anpreisendem Charakter auffassen, so dass sie diese nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Betrieb bzw. Unternehmen erkennen.
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a) Angesprochener Verkehrskreis der beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35 und 42 ist in erster Linie ein unternehmerisch tätiges Publikum, während sich die in Klasse 41 beanspruchten beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen sowohl an Fachkreise als auch an Endverbraucherrichten, die Ausbildungsangebote etc. in Anspruch nehmen.
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b) Die angemeldete Wortfolge „Trust your Farmer“ setzt sich aus zum englischen Grundwortschatz gehörenden Worten zusammen, nämlich aus dem – vorliegend im Imperativ verwendeten – transitiven Verb „(to) trust“ mit der Bedeutung „vertrauen“ (vgl. https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/englisch-deutsch/trust), dem Possessivpronomen „your“ (vgl. https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/englisch-deutsch/your?bidir=1) und dem Substantiv „farmer“ mit der Bedeutung „Bauer, Landwirt“ (vgl. https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/englisch-deutsch/farmer und https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/deutsch-englisch/Landwirt). Es handelt sich um einen – mit Ausnahme der Großschreibung des Wortes „Farmer“ – sprachüblich gebildeten Aufforderungssatz, der von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne Weiteres im Sinne von „Vertraue Deinem Bauern“ verstanden wird. Dies hat die Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen.
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In den verschiedensten Branchen wird mit dem Begriff „trust“ – und zwar mit dem Verb im Imperativ „vertraue!“bzw.dem Substantiv mit der Bedeutung „Vertrauen“ – geworben. Den Kunden soll mit diesen sloganartigen Wortfolgen vermittelt werden, dass sie u.a. in Produkte und Leistungen bzw. deren Anbieter Vertrauen haben können bzw. dass die angebotenen Leistungen helfen, Vertrauen zu entwickeln (vgl. die im Verfahren vor dem DPMA zugesandten Belege mit den Aussagen „Trust your energy“, „Trust your dog“, „Trust your horse“, „Trust your strength“, „Trust your trip“, „Trust yourself“, „Trust your eyes“ und „Trust your audience“, vgl. auch BPatG, Beschluss vom 19.02.2019, 27 W (pat) 545/17 – Trust Me; Beschluss vom 19.06.2012, 27 W (pat) 516/12 – TRUST US – Bayreuth; Beschluss vom 20.06.2013, 30 W (pat) 18/12 – EXPERTISE YOU CAN TRUST; Beschluss vom 23.06.2015, 29 W (pat) 582/12 – Managing Trust).
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Der angesprochene (Fach-)Verkehr wird dem Satz „Trust your Farmer“, also der Aufforderung „Vertraue Deinem Bauern“, im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen ohne analysierende Betrachtungsweise und ohne weitere Gedankenschritte unmittelbar den Hinweis entnehmen, dass diese Dienstleistungen ein entsprechendes Vertrauen bei den Kunden der angesprochenen Verkehrskreise hervorrufen bzw. erhalten sollen. Es handelt sich somit um einen in Form eines Werbespruchs gehaltenen Hinweis auf Gegenstand und Zweck der so bezeichneten Dienstleistungen.
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c) Dies gilt zunächst für die Dienstleistungen der Klasse 35. Die beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen auf dem Gebiet der Beratung oder der Erstellung von Gutachten können sich an Landwirte wenden und sich damit befassen, wie ein landwirtschaftlicher Betrieb zu führen oder dessen Produkte zu vermarkten sind, um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen und zu pflegen. Hierbei kann es sich auch um Beratungsdienste oder Gutachten im Zusammenhang mit Zertifizierungen dieser Betriebe handeln; ebenso können weitere beanspruchte Dienstleistungen der Klasse 35 den Bereich der Zertifizierung betreffen. Wie bereits von der Markenstelle dargelegt, kommt dem Wort „trust“ auf diesem Gebiet eine beschreibende Bedeutung dahingehend zu, dass Zertifizierungen oder Gütesiegel Vertrauen schaffen bzw. dass man den ausgezeichneten Produkten und Leistungen sowie deren Anbietern vertrauen kann (vgl. insoweit die im Verfahren vor dem DPMA zugesandten Belege zu diversen Gütesiegeln und zu Aussagen wie „Zertifizierung schafft Vertrauen“). Ebenso können die weiteren in Klasse 35 beanspruchten Dienstleistungen der Präsentation und Vermarktung von landwirtschaftlichen Betrieben und Produkten als vertrauenswürdig dienen, so dass das angesprochene Fachpublikum der angemeldeten Bezeichnung einen Hinweis auf Inhalt und Zweck der Dienstleistungen entnimmt. Dies gilt insbesondere auch für die Dienstleistung der Werbung und mit dieser im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen wie gewerbliche Lobbyarbeit oder Veranstaltung von Messen etc. Zwar führt die Beschwerdeführerin zutreffend aus, dass bei der Dienstleistung der Werbung nicht jeder Benennung einer Person, Sache oder Leistung bereits deshalb die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen ist, weil diese spezielle Person, Sache oder Leistung im Einzelfall Gegenstand einer Werbung sein könne. Entsprechendes gilt auch für die weiteren in der Beschwerdebegründung genannten Dienstleistungen der Geschäftsführung und der Unternehmensverwaltung.Auf diesen Gebieten und insbesondere im Bereich der Werbung werden Dienstleistungen regelmäßig nicht inhaltsbezogen und unter Festlegung auf ein bestimmtes Thema angegeben. Demgegenüber werden Dienstleistungen gerade im Bereich der Werbung jedoch nach Art des Mediums oder der Branchen, auf die die Werbeleistungen bezogen sind, bezeichnet (vgl. BGH GRUR 2009, 949 Rn. 24 – My World). Vorliegend wird mit der Aussage „Trust your Farmer“ auf die Tätigkeit der Landwirte Bezug genommen und damit auf eine gesamte Branche. Für diese Branche werden nach den Feststellungen des Senats eine Vielzahl spezialisierter Dienstleistungen und insbesondere auch spezialisierte Werbe- und Marketingdienstleistungen angeboten. Gerade im Bereich der Werbung wird die in Form eines üblichen Slogans gehaltene Aussage „Trust your Farmer“ von den angesprochenen Verkehrskreisen daher als Bezeichnung des Inhalts der angebotenen Dienstleistungen – nämlich Werbedienstleistungen für Farmer mit dem Ziel, Vertrauen der Kunden in die Produkte und Leistungen der Bauern zu schaffen – verstanden.
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Die in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen aus dem Bereich der Ausbildung, der Veranstaltung von Seminaren, Kongressen und Ausstellungen können sich, ebenso wie die Dienstleistungen der Klasse 42, an Landwirte wenden und beispielsweise Fragen der Zertifizierung oder ganz allgemein die Vertrauensbildung bei den Kunden landwirtschaftlicher Produkte zum Gegenstand haben. Gerade auf dem Agrarsektor spielt das Vertrauen in die Hochwertigkeit der landwirtschaftlichen Produkte und damit z. B. der Pflanzenschutz in der angewandten Forschung eine bedeutende Rolle. Die wissenschaftlichen Dienstleistungen, Forschungsarbeiten, Gutachten beschäftigen sich u. a. mit der Sicherung und Förderung pflanzengenetischer Ressourcen bei wichtigen Kulturpflanzen. So wird in der angewandten Züchtungsforschung u. a. die Herkunft wichtiger Pflanzenarten (Weizen, Gerste, Hafer, Kartoffeln, Mais, Futtergräser- und Leguminosen, Heil- und Gewürzpflanzen, Hopfen) erfasst, bewertet und zur Verbesserung des Genpools bei diesen Arten in Züchtungsprojekten eingesetzt. Ferner geht es um Auftreten, Übertragung und Bekämpfung oder auch den Nachweis von Schaderregern. Damit einher gehen der Entwurf und die Entwicklung entsprechender Software.
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Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden die Wortfolge „Trust your Farmer“ somit im Zusammenhang mit sämtlichen beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen ohne besonderen gedanklichen Aufwand nur und ausschließlich als beschreibende Sachaussage in Form eines gängigen Werbeslogans verstehen, so dass diese sich nicht als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen eignet.
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d) Eine andere Bewertung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Wortfolge ergibt sich nicht aus der Argumentation der Beschwerdeführerin hinsichtlich der angesprochenen Verkehrskreise. Zwar legt die Beschwerdeführerin zutreffend dar, dass sich die beanspruchten Dienstleistungen weitgehend an Fachpublikum wenden und es sich bei diesen nicht um von einem Landwirt gegenüber dem Endkunden angebotene Leistungen handelt, für die die Aussage „Vertraue Deinem Farmer“ als unmittelbare Werbeaussage zu verstehen wäre. Diese von den angesprochenen (Fach-) kreisen unmittelbar bereits ihrer Art nach als typischer Werbeslogan erfasste Wortfolge „Trust your farmer“ kann jedoch – wie dargelegt – den Gegenstand und den Zweck sämtlicher beanspruchter Dienstleistungen bezeichnen, die jeweils das Ziel haben können, das Vertrauen der Endkunden in die Tätigkeit der Landwirte als Auftraggeber dieser Dienstleistungen hervorzurufen oder zu stärken.
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Damit handelt es sich um eine in Form eines Werbeslogans getätigte Aussage über Inhalt und Zweck der angebotenen Dienstleistungen. Die Tatsache, dass diese ihrem Inhalt nach das Ziel der beanspruchten Dienstleistungen beschreibende Angabe im Stil eines Werbespruchs gehalten ist, führt nicht von der beschreibenden Aussage weg. Vielmehr trägt die verwendete Form eines üblichen und auf Anhieb als solchen verstandenen Slogans sogar dazu bei, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dem angemeldeten Zeichen gerade keinen Herkunftshinweis sehen.
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Das Anmeldezeichen wird nach alledem als beschreibende Sachaussage in Form eines Werbeslogans und nicht als individualisierender Herkunftshinweis wahrgenommen.
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3. Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vorliegt, kann dahinstehen, ob die angemeldete Bezeichnung darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für die fraglichen Waren und Dienstleistungen freihaltebedürftig ist.
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4. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beschwerdeführerin die Durchführung einer solchen nicht beantragt (§ 69 Nr. 1 MarkenG) und der Senat sie auch nicht für geboten erachtet hat (§ 69 Nr. 3 MarkenG).