Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – „SODAtrend“ – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  28 W (pat) 513/19

Datum:
4.3.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:040320B28Wpat513.19.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
28. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2017 004 165.9
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 4. März 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Kruppa und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 6, vom 22. November 2018 wird aufgehoben.

Gründe

I.
1
Das Wortzeichen
2
SODAtrend
3
ist am 16. Februar 2017 von der D… GmbH zur Eintragung als Marke in  das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die nachfolgenden Waren angemeldet worden:
4
„Klasse 1: Chemische Erzeugnisse und Substanzen; Kohlensäure und Gase zur Herstellung und Anreicherung von Lebensmitteln, Sodawässern und Getränken;
5
Klasse 6: Behälter aus unedlen Metallen und deren Legierungen; Teile und Anschlussstücke solcher Behälter, soweit in Klasse 6 enthalten; Metallbehälter für Kohlendioxid und andere Druckgase sowie Teile und Anschlussstücke solcher Behälter, soweit in Klasse 6 enthalten; Druckgasflaschen, vollständig oder überwiegend aus unedlen Metallen oder deren Legierungen hergestellt;
6
Klasse 7: Apparate und Maschinen für die Herstellung von Sodawässern und kohlesäurehaltigen Getränken; Apparate und Maschinen für die Herstellung von Getränken; Karbonisierungsgeräte; Abfüllmaschinen; Belüftungsmaschinen; Gaserzeuger; Geräte und Maschinen zum Mischen von Flüssigkeiten; Geräte zum Ansaugen, Komprimieren und für den Transport von Gasen;
7
Klasse 11: Apparate, Anlagen und Geräte zur Aufbereitung und zum Filtern von Wasser;
8
Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche [nicht aus Edelmetall oder plattiert]; Handbetätigte Geräte für Haushalt oder Küche für die Zubereitung von Sodawässern und kohlesäurehaltigen Getränken; Handbetätigte Karbonisierungsgeräte;
9
Klasse 32: Alkoholfreie Getränke; Mineralwasser; Sodawasser; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Konzentrate; Sirupe; Essenzen und andere Präparate für die Zubereitung alkoholfreier Getränke; Erzeugnisse zur Herstellung vorstehend genannter Waren; Sirupkapseln, mit Sirupen zur Herstellung von Getränken“.
10
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 6, hat die Anmeldung – nach vorangegangener Beanstandung vom 22. März 2017 – mit Beschluss vom 22. November 2018 wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG vollumfänglich zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Anmeldezeichens setze sich aus dem Wort „Soda“ und dem Begriff „Trend“ zusammen. Erstgenanntes bedeute „Sodawasser“. Den angesprochenen Verkehrskreisen erschließe sich dieser Sinngehalt im Zusammenhang mit den angemeldeten Waren direkt, da das zu beurteilende Zeichen immer in Beziehung zu ihnen geprüft werden müsse. Daher entfielen Bedeutungen wie Wasch-, Speise-, Backsoda oder Natriumkarbonat. Der weitere Bestandteil „Trend“ bezeichne über einen gewissen Zeitraum bereits zu beobachtende statistisch erfassbare Entwicklungstendenzen. Auf Grund des Plastikmüllproblems, der Umweltschäden etc. liege es derzeit im Trend, Wasser selbst mit Kohlensäure und eventuell mit Geschmack zu versetzen sowie sich selbst (beim Tragen der Wasserflaschen) zu schonen.
11
Der angesprochene inländische Verkehr werde das Anmeldezeichen „SODAtrend“ daher in seiner Gesamtheit naheliegend im Sinne von „Sodawassermethode“ verstehen. Im Übrigen sehe er eine gewisse begriffliche Unschärfe noch nicht als betriebskennzeichnend an. Denn eine beschreibende Benutzung verlange keine festen begrifflichen Konturen oder eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt.
12
In Verbindung mit den Waren der Klasse 1 „Chemische Erzeugnisse und Substanzen; Kohlensäure und Gase zur Herstellung und Anreicherung von Lebensmitteln, Sodawässern und Getränken“ bringe das Anmeldezeichen zum Ausdruck, dass diese Waren dazu dienten, Sodawasser und Getränke herzustellen, und damit dem Trend zu folgen. Wenn diese nun mit „Fruchtsäften; Konzentraten; Sirupen; Essenzen und andere Präparaten für die Zubereitung alkoholfreier Getränke; Erzeugnissen zur Herstellung vorstehend genannter Waren; Sirupkapseln, mit Sirupen zur Herstellung von Getränken“ gemischt würden, dann entständen daraus „Alkoholfreie Getränke; Mineralwässer; Sodawässer; Fruchtgetränke“. Um diesen Vorgang bewerkstelligen zu können, benötige der Verbraucher die weiteren vom Anmeldezeichen beanspruchten Waren.
13
Soweit sich die Anmelderin auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen berufe, entfalteten diese keine Bindungswirkung. Zudem seien die von der Anmelderin ins Feld geführten Eintragungen mit dem Zeichenbestandteil „Soda“ mindestens 8 Jahre alt, so dass unter Berücksichtigung der sprachlichen Weiterentwicklung, insbesondere im Lebensmittelbereich, und der aktuellen Rechtsprechung ein Vergleich mit dem angemeldeten Zeichen nicht möglich sei. Auch die angeführten Marken mit dem Bestandteil „Trend“ könnten nicht herangezogen werden, da diese entweder grafisch ausgestaltet oder auch über 10 Jahre alt seien.
14
Ob der Eintragung des Anmeldezeichens darüber hinaus auch ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, hat das Deutsche Patent- und Markenamt im Ergebnis dahinstehen lassen.
15
Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde vom 29. November 2018, mit der sie sinngemäß beantragt,
16
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes, Markenstelle für Klasse 6, vom 22. November 2018 aufzuheben.
17
Zur Begründung führt sie aus, entgegen der Auffassung der Markenstelle erschöpfe sich das Anmeldezeichen nicht in einem rein beschreibenden Begriff. Es weise nämlich für keine beanspruchte Ware einen in den Vordergrund drängenden beschreibenden Begriffsgehalt auf und stelle ebenso wenig eine Angabe dar, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden könne. Dies gelte nicht einmal dann, wenn unterstellt werde, die Beanstandung richte sich nur gegen diejenigen Waren, die – wenn auch teilweise nur entfernt – mit dem Begriff „Soda“ in Verbindung gebracht werden könnten, wie Sodawässer, Apparate für die Herstellung von Sodawässern und kohlesäurehaltigen Getränken etc. Auch in Verbindung mit diesen sei „SODAtrend“ keine sich dem Verbraucher direkt erschließende beschreibende Sachangabe.
18
Die Wortkombination „SODAtrend“ weise Unterscheidungskraft auf. Sie setze sich aus dem deutschsprachigen Wort „Soda“ sowie dem aus der englischen Sprache stammenden Wort „Trend“ zusammen. Bei dem Begriff „Soda“ handele es sich um die Bezeichnung für ein „in wässriger Lösung alkalisch reagierendes Salz“ oder um die „Kurzform für Sodawasser“. Daraus folge eine Mehrdeutigkeit, die grundsätzlich für die Interpretationsbedürftigkeit und damit für die Unterscheidungskraft des Zeichens spreche.
19
Der Begriff „Trend“ stehe für „eine neue, modische (statistisch erfassbare) Entwicklung“. Vorliegend sei somit schon unklar, was der Verkehr unter „SODAtrend“ zu verstehen habe. Der Begriff lasse verschiedene Deutungsmöglichkeiten zu. So könne es sich dabei um ein Waschmittel bzw. ein Reinigungsmittel als Haushaltshelfer wie auch um ein neues kohlensäurehaltiges Getränk handeln. Selbst wenn der Ansicht der Markenstelle gefolgt und unterstellt werde, dass der Begriff „SODAtrend“ vom Verkehr allein im Sinne von „Sodawassermode“ verstanden werde, so bedürfe es immer noch mehrerer Gedankenschritte, um die Tatsache, dass Sodawasser gerade in Mode sei, mit den angemeldeten Waren zu verknüpfen.
20
Aus vorstehend Gesagtem folge, dass das Anmeldezeichen keinen unmittelbar beschreibenden Begriffsinhalt aufweise, da dieses in seiner Gesamtheit ein Phantasiewort bilde, was auch der Annahme des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses entgegenstehe.
21
Das durch die Anmeldung begründete Recht ist bereits im Laufe des Amtsverfahrens auf die D1… GmbH übertragen worden, die nach Einlegung der  Beschwerde in „S… GmbH“ umfirmierte.
22
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
23
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist begründet. Rechtsfehlerhaft hat das Deutsche Patent- und Markenamt in seiner angegriffenen Entscheidung dem Anmeldezeichen die Eintragung versagt. Einer Eintragung desselben steht weder das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, noch besteht an diesem ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.
24
1. Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt worden. Zwar wurde im Betreff des Beschwerdeschriftsatzes der Verfahrensbevollmächtigten vom 29. November 2018 die D… GmbH und nicht die D1… GmbH als ihre Rechtsnachfolgerin  genannt, die zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung noch nicht umfirmiert war. Aus dem weiteren Sachvortrag in vorgenanntem Schriftsatz geht jedoch zweifelsfrei hervor, dass die Beschwerde „namens und in Vollmacht der Anmelderin“, also der D1… GmbH eingelegt werden sollte. Dies haben die Verfahrensbevollmächtigten mit weiterem Schriftsatz vom 19. Dezember 2018, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 22. Dezember 2018, binnen der Beschwerdefrist nochmals ausdrücklich klargestellt. Die Rechtsnachfolgerin der Anmelderin hat das vorliegende Verfahren zudem wirksam gemäß § 28 Abs. 2 MarkenG übernommen.
25
2. Der Eintragung des Anmeldezeichens steht nicht das Schutzhindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Das Anmeldezeichen „SODAtrend“ weist eine gewisse, für seine Eintragbarkeit ausreichende Originalität auf. Um zu der vom Deutschen Patent- und Markenamt angenommenen Bedeutung zu gelangen, bedarf es zu vieler Gedankenschritte.
26
a) Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, dass die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2012, 610, Rdnr. 42 – Freixenet; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 569, Rdnr. 10 – HOT; GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 – Kaleido; GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2006, 233, Rdnr. 45 – Standbeutel; GRUR 2006, 229, Rdnr. 27 – BioID; GRUR 2008, 608, Rdnr. 66 – EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710, Rdnr. 12 – VISAGE; GRUR 2009, 949, Rdnr. 10 – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 – Starsat; GRUR 2012, 1044, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; GRUR 2012, 270, Rdnr. 8 – Link economy).
27
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, Rdnr. 24 – SAT.2; BGH GRUR 2010, 935, Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2010, 825, Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006).
28
Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (vgl. BGH GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 – Link economy; GRUR 2009, 952, Rdnr. 10 – DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417 – BerlinCard; GRUR 2001, 1151 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – antiKALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2006, 850, Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050 – Cityservice; GRUR 2001, 1143 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2010, 1100, Rdnr. 23 – TOOOR!; GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 – FUSSBALL WM 2006).
29
Ausgehend von vorgenannten Grundsätzen kommt dem Anmeldezeichen die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 Marken zu.
30
b) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Bestandteilen „SODA“ und „trend“ zusammen. Bei Soda handelt es sich um „graues bis gelbliches, wasserlösliches Natriumsalz der Kohlensäure; Natriumkarbonat“. Darüber hinaus hat Soda die Bedeutung „Sodawasser“ (vgl. unter „www.duden.de“, Suchbegriff „Soda“). Das weitere Zeichenelement „Trend“ bezeichnet eine „über einen gewissen Zeitraum bereits zu beobachtende, statistisch erfassbare Entwicklung[stendenz]“ (vgl. unter „www.duden.de“, Suchbegriff „Trend“). In seiner Gesamtheit werden die angesprochenen Verkehrskreise der allgemeinen Durchschnittsverbraucher das Anmeldezeichen im Sinne entweder von „Entwicklungstendenz hin zu Natriumkarbonat“ oder von „Entwicklungstendenz hin zu Sodawasser“, mithin „Entwicklungstendenz hin zu mit Kohlensäure versetztem Mineralwasser“ (vgl. unter „www.duden.de“, Suchbegriff „Sodawasser“) verstehen.
31
Die erste Bedeutung macht in Verbindung mit den vom Anmeldezeichen beanspruchten Waren schlechterdings keinen Sinn und weist daher keinerlei beschreibenden Bezug zu diesen auf. Selbst wenn das Anmeldezeichen jedoch im Sinne von „Entwicklungstendenz hin zu Sodawasser“ bzw. „Entwicklungstendenz hin zu mit Kohlensäure versetztem Mineralwasser“ aufgefasst wird, steht dies seiner Eintragungsfähigkeit nicht entgegen. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat in seinem angegriffenen Beschluss zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass es gerade in der letzten Zeit „im Trend liegt“, Leitungswasser selbst mit Kohlensäure (respektive mit Geschmack) zu versetzen, um den Kauf von entsprechenden Mineralwasserflaschen sowie deren Transport überflüssig zu machen. Die angemeldeten Waren der Klassen 1, 6, 7, 11 und 21 sind dazu geeignet, diesen „Trend“ zu unterstützen, indem mit ihrer Hilfe Mineralwasser mit Kohlensäure versetzt werden kann. Die Waren der Klasse 32 stellen entweder das Ergebnis des besagten Trends dar oder dienen dazu, das kohlensäurehaltige Mineralwasser mit Geschmack zu versehen. Dennoch beschreibt das Anmeldezeichen die beanspruchten Waren weder unmittelbar, noch weist es einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen auf.
32
c) Es bedarf mehrerer Gedankenschritte, um (wie vom Deutschen Patent- und Markenamt vorliegend angenommen) aus der Wortkombination „SODAtrend“ darauf zu schließen, dass die solchermaßen gekennzeichneten Waren zur Anreicherung von Wasser mit Kohlensäure (respektive mit Geschmack) verwendet werden bzw. das Ergebnis eines solchen Anreicherungsvorgangs sein können. Zunächst muss der angesprochene Verkehr den abstrakten Begriff „Trend“ dahingehend auffassen, dass dieser nicht nur eine gesellschaftliche Entwicklung als solche, sondern auch die hiermit im Zusammenhang stehenden Waren umfasst. Einem solchen Verständnis wirkt der Umstand entgegen, dass es sich bei einem Trend zunächst um etwas Abstraktes, nämlich um ein gesellschaftliches Phänomen in Form einer Entwicklung handelt, die regelmäßig keine konkreten Sachaussagen über bestimmte Waren oder Dienstleistungen vermittelt. In einem zweiten Schritt hat der Verkehrsteilnehmer den Zeichenbestandteil „SODA“ im Sinne von „Sodawasser“ und nicht im Sinne von „Natriumkarbonat“ zu verstehen. Dann muss er darauf schließen, dass mit „SODAtrend“ die zunehmende Übung vieler Verbraucher gemeint ist, Leitungswasser mit entsprechenden Hilfsmitteln selbst mit Kohlensäure zu versetzen. Anschließend hat er sich zu vergegenwärtigen, dass die mit dem Anmeldezeichen versehenen Waren einer solchen Anreicherung dienen bzw. durch sie hergestellt werden. Sind somit insgesamt vier einzelne Gedankenschritte erforderlich, um vom Anmeldezeichen einen beschreibenden Bezug zu den beschwerdegegenständlichen Waren herstellen zu können.
33
Ein merkmalsbeschreibender Inhalt, der – wie vorliegend der Fall – erst nach mehreren Gedankenschritten erkennbar wird, steht der Annahme der Unterscheidungskraft nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 2012, 270, Rdnr. 11 – Link economy). Vielmehr müssen die angesprochenen Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem Zeichen und den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen herstellen können, was vorliegend – wie bereits ausgeführt – jedoch nicht der Fall ist (vgl. hierzu auch BeckOK MarkenR, 18. Edition, Stand 01.07.2019, § 8, Rdnr. 165). Vorliegend ist ergänzend zu berücksichtigen, dass es sich bei „SODAtrend“ nach den Recherchen des Senats um keinen gängigen Begriff der deutschen Sprache handelt. Er wird vielmehr von der Beschwerdeführerin zur Bezeichnung ihrer Produkte verwendet. Außerdem ist der Verkehr in Verbindung mit den hier in Rede stehenden Waren an herkunftshinweisende Begriffskombinationen von „Soda“ mit einem Zusatz gewöhnt. In diesem Zusammenhang sind beispielhaft die vergleichbaren als Marke verwendeten Wortfolgen „Sodastream“ oder „Sodaclub“ zu nennen.
34
3. Aus vorstehend Gesagtem folgt im Ergebnis weiter, dass der Eintragung des Anmeldezeichens auch kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.
35
4. Weitere Schutzhindernisse sind nicht ersichtlich, so dass der Beschwerde stattzugeben war.

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