Steuerrecht

Absetzung von Stipendienleistungen von Masterstudium

Aktenzeichen  5 K 1936/19

Datum:
16.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2020, 1750
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 3 Nr. 44, § 10d Abs. 4 S. 1 u. S. 4, § 22 Nr. 1, Nr. 3
AO § 164, § 172

 

Leitsatz

1. Kosten für ein Masterstudium (LLM) in den USA, die als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen sind, sind um Leistungen aus einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austausch Dienst e.V. zu kürzen.
2. Ist dem Steuerpflichtigen wegen der Kosten eines Studiums kein Aufwand entstanden, bedarf es für die Kürzung des Werbungskostenabzugs keines Rückgriffs auf die Regelung des § 3c I EStG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Streitig ist, ob in den Streitjahren 2013 und 2014 als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachte Kosten für einen Studienaufenthalt in den USA um erhaltene Stipendienleistungen zu kürzen waren.
Die Klägerin war nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Ablegen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung bis Mai 2013 zunächst am … tätig. In der Zeit von 15. August 2013 bis 14. Mai 2014 absolvierte sie ein Masterstudium (LL.M.) an der University of California B., USA. Seit August 2014 ist sie als Rechtsanwältin in einer internationalen Rechtsanwaltskanzlei tätig.
Für das Masterstudium erhielt die Klägerin ein nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten nach § 3 Nr. 44 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfreies Stipendium des Deutschen Akademischer Austausch Dienst e.V. (DAAD). Ausweislich der Stipendienzusage vom 24. Juni 2013 umfasste das Stipendium einen Betrag von 9.000 €, zahlbar in neun monatlichen Raten von 1.000 €, einen Reisekostenzuschuss von 1.075 € und die Übernahme der Studiengebühren bis zu einer Höhe von 18.000 € nach Vorlage der Originalrechnung sowie eine Kranken-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung. Bestandteil der Zusage waren die „Allgemeinen Bedingungen für deutsche Stipendiaten des DAAD – Stand: 05/2013 -“ (AB) sowie die „Besonderen Bedingungen und Hinweise“ (BB); auf diese Unterlagen wird Bezug genommen.
In ihren Erklärungen zur Einkommensteuer und zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Streitjahre machte die Klägerin zunächst Fortbildungskosten als Werbungskosten in Höhe von insgesamt 25.766,83 € im Jahr 2013 (davon 1.037,39 € Krankenversicherung) und 23.848,14 € im Jahr 2014 (davon 1.005,62 € Krankenversicherung) geltend. In den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre und den Bescheiden über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember des Jahres (Verlustfeststellungsbescheide) jeweils vom 27. April 2016 berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt – FA -) diese Kosten mit Ausnahme der Krankenversicherungskosten als (vorweggenommene) Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, zog hiervon jedoch im Jahr 2013 den Reisekostenzuschuss in Höhe von 1.075 €, den Zuschuss für die Studiengebühren von 18.000 € sowie monatliche Stipendienzahlungen in Höhe von insgesamt 5.000 € und im Jahr 2014 monatliche Stipendienzahlungen in Höhe von insgesamt 4.000 € ab; im Ergebnis berücksichtigte das FA demnach im Jahr 2013 Werbungskosten in Höhe von 4.427 € und im Jahr 2014 von 18.843 €. Der verbleibende Verlustvortrag wurde für das Jahr 2013 mit 4.427 € und für das Jahr 2014 mit 2.390 € (4.427 € ./. Verlustabzug in 2014 von 2.037 €) festgestellt.
Im Einspruchsverfahren erließ das FA jeweils unter dem 13. Januar 2017 Änderungsbescheide für die Streitjahre. Diesen Bescheiden lagen folgende von der Klägerin geltend gemachte und vom FA auch anerkannte Ausgaben zugrunde:
2013
2014
Umzugskosten
194,00 €
0,00 €
Reisekosten
1.488,97 €
30,37 €
Verpflegungsmehraufwand
3.228,00 €
Mietaufwand
3.763,88 €
4.184,00 €
Sonstige Kosten (Visa, Anzahlung Studentenwohnheim 15,30 €, Anzahlung an Alternativuniversität, Möbel 190 €)
815,16 €
Semester-/Studiengebühren
18.610,03 €
18.739,15 €
Arbeitsmittel
154,40 €
103,00 €
Unfallversicherung
57,50 €
67,13 €
Telefon/Internet
240,00 €
240,00 €
Kontoführung
16,00 €
16,00 €
Summe (gerundet)
28.568,00 €
23.379,00 €
Weiter berücksichtige das FA einen verbleibenden Verlustvortrag aus dem Jahr 2012 von 1.184 €. Abzüglich der laut Stipendienzusage zugesagten Zahlungen setzte das FA demnach im Jahr 2013 Werbungskosten von 4.493 € und im Jahr 2014 von 19.379 € an und stellte einen verbleibenden Verlustvortrag für 2013 von 5.677 € und für 2014 von 4.177 € (5.677 € ./. Verlustabzug in 2014 von 1.500 €) fest.
Der Einspruch blieb in der Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2019 ohne Erfolg. Das Stipendium sei ausschließlich zur Finanzierung des Masterstudiums gewährt worden. Die Mittel des DAAD dienten ihrem Satzungszweck entsprechend nicht der Vermögensmehrung, sondern der Pflege der akademischen Beziehungen mit dem Ausland. Weiter verwies das FA auf die Urteile des Finanzgerichts (FG) Köln vom 20. Mai 2016 12 K 562/13, EFG 2016, 1605, und vom 15. November 2018 1 K 1246/16, EFG 2019, 541. Da die Kosten des Masterstudiums in vollem Umfang Werbungskosten in Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellten, sei auch das Stipendium in voller Höhe anzurechnen.
Zur Begründung ihrer dagegen erhobenen Klage führt die Klägerin aus, dass die geltend gemachten Aufwendungen für das Masterstudium als vorweggenommene Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Zu dem Zeitpunkt, als sie entschieden habe, das Masterstudium antreten zu wollen, habe sie wegen der krankheitsbedingten Verschiebung um ein Jahr nicht davon ausgehen können, dass die Aufwendungen für das Masterstudium durch den DAAD erstattet würden. Ihr seien entsprechende Aufwendungen entstanden. Woher die Mittel stammten, mit denen die Aufwendungen bestritten worden seien – sei es, dass sie zuvor schenkweise überlassen worden seien, sei es, dass sie aus einem Stipendium stammten – sei unerheblich, ein Vermögensabfluss liege jedenfalls vor, zumal sie sämtliche Zahlungen zunächst aus eigenen Mitteln geleistet habe. Eine wirtschaftliche Belastung sei für das Vorliegen von Aufwendungen nicht erforderlich. Die vom FG Köln in EFG 2016, 1605, wohl geforderte Vermögensminderung „per saldo“ sei nicht Element des Aufwendungsbegriffs, sondern als Instrument zur Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Element des Werbungskostenbegriffs. Die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten könne nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach Maßgabe des § 3c Abs. 1 EStG eingeschränkt werden; würde bereits bei der Frage, ob Aufwendungen i.S.d. § 9 Abs. 1 EStG vorlägen, eine Saldenbetrachtung angestellt, wäre § 3c Abs. 1 EStG obsolet. Im Streitfall sei der Werbungskostenabzug nicht nach § 3c Abs. 1 EStG ausgeschlossen, da das Stipendium zwar nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei sei, eine echte Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 44 EStG jedoch nicht vorliege. Das Stipendium könne keiner der sieben Einkunftsarten zugeordnet werden. Das Stipendium habe sie weder als Gegenleistung im Rahmen eines Dienstverhältnisses zum DAAD noch als Gegenleistung für eine selbständige Tätigkeit erhalten. Es lägen auch keine Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen nach § 22 Nr. 1 EStG vor, da die Stipendienleistungen nicht im Rahmen einer mit Einkünfteerzielungsabsicht durchgeführten Erwerbstätigkeit erwirtschaftet worden seien; zu einer Gegenleistung sei sie nicht verpflichtet gewesen. Jedenfalls seien ihr die Bezüge nach § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht zuzurechnen. Auch Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG lägen nicht vor, da sich ein erwerbswirtschaftlicher Zusammenhang zwischen ihrem Tätigwerden, nämlich der Durchführung des Masterstudiums, und den erzielten Vermögenszuflüssen in Form des Bezugs der Stipendienleistungen nicht erkennen lasse. Der Vermögenszufluss sei nicht durch ihr Verhalten ausgelöst worden. Im Übrigen sei auch auf das Urteil des FG München vom 30. Mai 2016 15 K 474/16, EFG 2016, 1513, zu verweisen, das auf den Streitfall übertragbar sei. Das Stipendium sei nicht erfolgsunabhängig geleistet worden, sondern stelle auch eine finanzielle Anerkennung für die zuvor erzielten Studienleistungen sowie den erfolgreichen Abschluss des Masterstudiums dar. Denn im Falle des Abbruchs des Masterstudiums oder nicht hinreichender Studienbemühungen hätte es zurückgezahlt werden müssen.
Jedenfalls könnten die monatlichen Zahlungen von insgesamt 5.000 € im Jahr 2013 und 4.000 € im Jahr 2014 nicht von den Aufwendungen abgesetzt werden, da insoweit ein Lebenshaltungsstipendium vorliege. Auf das Urteil des FG Köln in EFG 2019, 541, werde insoweit verwiesen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Einkommensteuerbescheide für 2013 und 2014, jeweils vom 13. Januar 2017 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Juli 2019 zu ändern, und bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere Werbungskosten für 2013 in Höhe von 24.075 € und für 2014 in Höhe von 4.000 € zu berücksichtigen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Soweit der Klägerin anlässlich des Masterstudiums angefallene Kosten durch das Stipendium steuerfrei erstattet worden seien, habe sie im Ergebnis keine Aufwendungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu tragen gehabt, da sie durch die Ausgaben wirtschaftlich nicht belastet gewesen sei. Werde die durch erwerbsbezogene Aufwendungen verminderte Leistungsfähigkeit durch Zufluss steuerfreier Einnahmen ausgeglichen, trete keine Minderung der objektiven Leistungsfähigkeit ein. Es fehle dann die auf das Leistungsfähigkeitsprinzip gegründete Rechtfertigung, die Aufwendungen zum Abzug zuzulassen. Fehle es daher an einer wirtschaftlichen Belastung des Steuerpflichtigen, seien die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten nicht gegeben. Die steuerfreien Zahlungen des DAAD minderten demzufolge die geltend gemachten Werbungskosten der Klägerin. Das Stipendium sei auch nicht einem vom Freistaat Bayern ausgezahlten Meisterbonus vergleichbar, da dieser nur nach erfolgreich abgelegter Prüfung ausgezahlt werde und damit nur einen zusätzlichen Anreiz zur Fortbildung schaffen wolle. Aus der Vorbemerkung der AB ergebe sich, dass der DAAD und der Stipendiat gegenseitige Verpflichtungen eingingen, das Stipendium sei als Gegenleistung für eine erfolgreiche Bewerbung um das Stipendium und das Einverständnis des Stipendiaten mit den Stipendienbedingungen zu begreifen. Die Stipendienleistungen seien als Gegenleistung i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG anzusehen und damit steuerbar. Andernfalls wäre die Regelung des § 3 Nr. 44 EStG weitgehend überflüssig.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Klage ist unbegründet, da das FA die in den Streitjahren bezogenen Stipendienleistungen zu Recht von den geltend gemachten Kosten für das Masterstudium abgesetzt hat.
1. Der Klageantrag war dergestalt auszulegen, dass die Klägerin die Änderung der für die Streitjahre zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheide begehrt.
Die Klägerin hat trotz der Einkommensteuerfestsetzung 2013 und 2014 von 0 € ein Rechtsschutzbedürfnis gemäß § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hinsichtlich der Änderung der Besteuerungsgrundlagen. Denn sie begehrt die Feststellung eines höheren Verlustvortrags auf den 31. Dezember 2013 und den 31. Dezember 2014 nach § 10d Abs. 4 Satz 1 EStG, die grundsätzlich gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG von den Besteuerungsgrundlagen in den Einkommensteuerbescheiden 2013 und 2014 abhängen, wie sie der Besteuerung jeweils zugrunde gelegt worden sind. Mit der Regelung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG i.d.F. des JStG 2010 wird eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl der Einkommensteuerbescheid kein Grundlagenbescheid ist. Daraus folgt, dass die Änderung der Verlustfeststellung von der Reichweite der verfahrensrechtlichen Änderungsmöglichkeit der Steuerfestsetzung – d.h. gemäß §§ 164 f., §§ 172 ff. der Abgabenordnung (AO) – im Verlustentstehungsjahr abhängig ist. Um sich die Möglichkeit der Änderung der Verlustfeststellung zu erhalten, musste die Klägern mithin gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 Einspruch einlegen und nachfolgend die vorliegende Klage erheben. Hieran ändert auch die Vorschrift des § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG nichts, wonach die Besteuerungsgrundlagen insoweit von Satz 4 abweichend berücksichtigt werden dürfen, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt. Denn auch in diesem Fall muss der Steuerpflichtige die Steuerfestsetzung verfahrensrechtlich offenhalten. Denn würde die Steuerfestsetzung in Bestandskraft erwachsen, würde die Änderung der Steuerfestsetzung nicht mehr ausschließlich wegen fehlender Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleiben, sondern auch aufgrund der Änderungssperre durch die formelle Bestandskraft.
Ist die Klägerin mithin verpflichtet, zur Änderung der Verlustfeststellung einen auf 0 € lautenden Einkommensteuerbescheid anzufechten, so sind in diesem Verfahren auch die unzutreffend angesetzten Besteuerungsgrundlagen zu ändern. Denn die Änderung hat Tatbestandswirkung für die nachfolgende Verlustfeststellung. Diese ergibt sich aus dem Verweis in § 10d Abs. 4 Satz 4 Halbsatz 2 EStG auf die §§ 171 Abs. 10 AO und § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO. Hiernach ist die Finanzverwaltung verpflichtet, bei entsprechender Änderung der Besteuerungsgrundlagen einen Verlustfeststellungsbescheid zu ändern (vgl. auch FG Köln in EFG 2019, 541).
2. Die Kosten für das Masterstudium können dem Grunde nach als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden, da sie nach Abschluss der juristischen Ausbildung der Klägerin durch die Zweite Juristische Staatsprüfung angefallen sind. Darüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht Einigkeit.
3. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen sind Ausgaben, die in Geld oder Geldeswert bestehen und aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen [Schmidt/Krü-ger, Kommentar zum EStG, 39. Auflage (2020), § 9 Rz 12]. Da die Einkommensteuer an die persönliche Leistungsfähigkeit anknüpft, kann nach dem Kostenprinzip als Ausdruck des Leistungsfähigkeitsprinzips Werbungskosten grundsätzlich nur derjenige abziehen, der die Aufwendungen selbst wirtschaftlich getragen hat. Dies setzt voraus, dass der Steuerpflichtige mit den Aufwendungen wirtschaftlich belastet ist (vgl. Schmidt/Krüger, a.a.O., § 9 Rz 14, 15; Blümich/Thürmer, Kommentar zum EStG, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 9 EStG, Rz. 111; Urteile des FG Köln in EFG 2016, 1605, und vom 20. Februar 2003 10 K 3534/99, EFG 2003, 989; Urteil des FG Münster vom 15. Oktober 2019 12 K 1794/16 E, EFG 2019, 1973).
a) Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das FA zu Recht den Reisekostenzuschuss in Höhe von 1.075 € von den im Jahr 2013 geltend gemachten Reisekosten in Höhe von 1.488,97 € und den Betrag von 18.000 €, der ausweislich der Stipendienzusage ausdrücklich der Übernahme der Studiengebühren diente, von den im Jahr 2013 geltend gemachten Semester-/Studiengebühren in Höhe von 18.610,03 € abgezogen. Denn insoweit war die Klägerin wirtschaftlich nicht belastet.
Aus Sicht des Senats ist nicht von Bedeutung, dass die Klägerin das zunächst für das Studienjahr 2012/2013 zugesagte Stipendium krankheitsbedingt nicht nutzen konnte und ihr im Juni 2012 vom DAAD mitgeteilt worden war, dass ein Aufschub des Stipendiums nicht möglich sei. Es ist auch nicht zutreffend, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie sich entschieden habe, das Masterstudium antreten zu wollen, nicht mit Stipendienleistungen des DAAD habe rechnen können. Vielmehr wurde der Klägerin lediglich mitgeteilt, dass eine erneute Bewerbung erforderlich sein würde. Weshalb sie mit einer erneuten Gewährung des Stipendiums nicht habe rechnen können, hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Aus Sicht des Senats lag diese nahe, da sie bereits eine Zusage erhalten hatte und diese nur krankheitsbedingt nicht nutzen konnte. Der tatsächliche Geschehensablauf widerspricht gleichfalls der Behauptung der Klägerin, dass sie mit Stipendienleistungen nicht habe rechnen können.
Weiter ist nicht von Bedeutung, dass die Klägerin hinsichtlich der Reisekosten und der Studiengebühren (ggf.) in Vorleistung getreten ist, denn ausweislich der Stipendienzusage vom 24. Juni 2013 waren sowohl der Reisekostenzuschuss als auch die Übernahme der Studiengebühren nach Vorlage der Originalrechnung fest zugesagt, es war mithin jedenfalls absehbar, dass eine wirtschaftliche Belastung der Klägerin nicht eintreten würde.
Das FA hat darüber hinaus auch die monatlichen Stipendienraten von 1.000 €, die zur Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt waren und aus einem Grundbetrag für allgemeine Lebenshaltungskosten und einem länderspezifischen Auslandszuschlag für auslandsbedingte Mehrkosten (vgl. Ziffer 2 der AB) bestanden, zu Recht in Höhe von insgesamt 5.000 € im Jahr 2013 und 4.000 € im Jahr 2014 von den geltend gemachten Kosten abgesetzt. Bei den für das Jahr 2013 geltend gemachten Kosten für Miete und Möbel für das Studentenwohnheim in Höhe von insgesamt 3.969,18 € sowie den Verpflegungsmehraufwendungen von 3.228 € (Summe: 7.197,18 €) bzw. dem Mietaufwand in Höhe von 4.184 € im Jahr 2014 handelt es sich um allgemeine Lebenshaltungskosten. Da die monatlichen Stipendienleistungen die allgemeinen Lebenshaltungskosten abgelten sollten, war die Klägerin nicht wirtschaftlich belastet, soweit die monatlichen Stipendienleistungen reichten. Nach Auffassung des Senats ergibt sich für den Streitfall auch aus der Entscheidung des FG Köln in EFG 2019, 541, nichts Anderes. Nach den Feststellungen des FG Köln sollte das dort gewährte Stipendium Mehrbelastungen durch die Bildungsaufwendungen und finanzielle Einbußen durch den Verlust der Einnahmequelle im bisherigen Beschäftigungsverhältnis ausgleichen. Im Gegensatz dazu dienten die monatlichen Stipendienleistungen im Streitfall gerade der Bestreitung der allgemeinen Lebenshaltungskosten.
b) Der erkennende Senat teilt die Auffassung des FG Köln in EFG 2016, 1605, wonach es sich bei satzungsmäßigen Stipendienleistungen des DAAD nicht um eine freigebige Zuwendung handelt. Denn der DAAD hat die Mittel in Erfüllung seiner Satzungszwecke – der Pflege der akademischen Beziehungen mit dem Ausland (studentischer Austausch, vgl. § 2 Abs. 2 der Satzung) – gewährt. Eine Überlassung von Mitteln im Wege der Schenkung ist nicht erfolgt, sodass im Streitfall keine Minderung der Leistungsfähigkeit der Klägerin vorliegt, soweit die Kosten durch entsprechend zweckgerichtete Stipendienleistungen gedeckt wurden.
c) Eines Rückgriffs auf die Regelung des § 3c Abs. 1 EStG für die Kürzung des Werbungskostenabzugs bedarf es nicht, soweit dem Steuerpflichtigen wegen der Kosten seines Studiums bereits kein Aufwand entstanden ist (vgl. FG Köln in EFG 2016, 1605). Insoweit kann die Frage dahingestellt bleiben, ob die gewährten Stipendienleistungen einer der sieben Einkunftsarten zuzuordnen wären.
Dem Abzug der Stipendienleistungen von den geltend gemachten Kosten steht nicht – wie die Klägerin meint – entgegen, dass in diesem Falle die Norm des § 3c Abs. 1 EStG obsolet wäre. Das Abzugsverbot des § 3c Abs. 1 EStG bestätigt einen von der Rechtsprechung herausgearbeiteten allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach neben der Steuerbefreiung einer Einnahme nicht noch ein Abzug von in Zusammenhang mit dieser Einnahme stehenden Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten von anderen steuerpflichtigen Einkünften möglich sein soll (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 6. Juli 2005 XI R 61/04, BStBl II 2006, 163). Davon ist jedoch der Fall zu unterscheiden, dass eine Ausgabe den Steuerpflichtigen wirtschaftlich gar nicht belastet, weil die Ausgabe durch eine Stipendienleistung abgegolten wird [vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 14. November 2000 VI R 128/00, BStBl II 2001, 495, unter 2 a) der Entscheidungsgründe]. Abgesehen davon müsste der der Regelung des § 3c Abs. 1 EStG zugrundeliegende Rechtsgedanke letztlich auch Geltung für – jedenfalls nach Auffassung der Klägerin – nicht steuerbare Einnahmen haben. Denn es ist nicht ersichtlich, weshalb ein Abzug von mit einer nicht steuerbaren Einnahme in Zusammenhang stehenden Werbungskosten von anderen steuerpflichtigen Einkünften möglich sein soll, nicht aber der Abzug von mit einer lediglich steuerfreien Einnahme in Zusammenhang stehenden Werbungskosten.
d) Entgegen der Ansicht der Klägerin wiederspricht der vom FA vorgenommene Abzug auch nicht den Darlegungen im Urteil des FG München in EFG 2016, 1513.
Nach Auffassung des FG München in diesem Urteil minderte der dem dortigen Kläger gezahlte Meisterbonus, gewährt als finanzielle Anerkennung für die bestandene Meister- oder Fortbildungsprüfung, nicht die geltend gemachten Aufwendungen für die Fortbildung zum Gärtnermeister. Eine Kürzung der mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Berufsfortbildungsaufwendungen nach § 3c Abs. 1 EStG sei nicht möglich, da es sich bei dem Meisterbonus nicht um eine steuerbare Einnahme handle und im Übrigen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Meisterbonus und den geltend gemachten Fortbildungskosten bestehe.
Der gewährte Meisterbonus sollte neben der Gewährung einer finanziellen Anerkennung für eine bestandene Prüfung zwar auch einen Anreiz schaffen, sich beruflich weiterzubilden und die eigene Qualifikation zu stärken, wozu letztlich auch das DAAD-Stipendium diente. Im Gegensatz zu dem Meisterbonus bezogen sich die Stipendienleistungen im Streitfall jedoch auf spezifizierte Kosten der Klägerin (Reisekosten, Studiengebühren, allgemeine Lebenshaltungskosten), durch die die Klägerin wirtschaftlich von vorneherein nicht belastet sein sollte, und dies im Übrigen auch unabhängig von einem bestimmten Prüfungsergebnis. Soweit die Klägerin meint, auch das DAAD-Stipendium sei nicht erfolgsunabhängig geleistet worden, ist dem nicht beizupflichten. Es ist zwar zutreffend, dass das Stipendium in bestimmten Fällen zurückgefordert werden konnte; nach Ziffern 7, 10 und 11 der AB ist dies jedoch nur in Fällen des vom Stipendiaten zu vertretenden Fehlverhaltens möglich und nicht, weil eine Prüfung – trotz entsprechender Bemühungen – nicht erfolgreich abgelegt wird.
Abgesehen davon bedurfte es im Streitfall im Gegensatz zu dem in EFG 2016, 1605, entschiedenen Fall ohnehin keines Rückgriffs auf die Regelung des § 3c Abs. 1 EStG für die Kürzung des Werbungskostenabzugs.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung beruht auf § 90 Abs. 2 FGO.
Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, denn die steuerliche Behandlung von Stipendienleistungen ist höchstrichterlich bisher nicht abschließend geklärt.

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