Aktenzeichen M 21 K 18.281
Leitsatz
1. Welche Fassung der für die Versorgung relevanten Vorschriften jeweils Anwendung findet, ergibt sich grundsätzlich aus den zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung eines Beamten geltenden Übergangsregelungen des BeamtVG. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ab dem 1. Januar 2011 ist im Rahmen der nach § 69c Abs. 5 S. 2 BeamtVG erforderlichen Günstigerprüfung in § 56 Abs. 1 S. 1 der Fassungen 1992 und 1994 des BeamtVG ein Minderungssatz von 1,79375 zu Grunde zu legen. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine auf die Günstigerprüfung nach § 69c Abs. 5 S. 2 BeamtVG gestützte Ruhensanordnung bedarf keiner zeitlichen oder betragsmäßigen Begrenzung; das damit verbundene Risiko einer Versorgungskürzung nach Aufzehrung einer Kapitalabfindung ist verfassungsgemäß (Abweichung von BVerwG BeckRS 2013, 59114, BayVGH BeckRS 2014, 59386). (Rn. 43 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen zur Ermittlung der statistischen Lebenserwartung bei der Verrentung eines statt Versorgung gezahlten Kapitalbetrages verstößt nicht gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Entgeltgleichheit. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 22. Dezember 2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2010 werden insoweit aufgehoben, als der Berechnung des Ruhensbetrags für den Kläger nicht entsprechend § 69c Abs. 5 Satz 4 BeamtVG seit dem 1. Januar 2011 ein Minderungssatz von 1,79375 zu Grunde gelegt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet.
Der Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 22. Dezember 2009 und deren Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2010 sind nur insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als der Berechnung des Ruhensbetrags für ihn nicht entsprechend § 69c Abs. 5 Satz 4 BeamtVG seit dem 1. Januar 2011 ein Minderungssatz von 1,79375 zu Grunde gelegt wird.
Welche Fassung der für die Versorgung relevanten Vorschriften jeweils Anwendung findet, ergibt sich grundsätzlich aus den zum Zeitpunkt der Zurruhesetzung eines Beamten geltenden Übergangsregelungen des BeamtVG (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – juris Rn. 8).
Im Fall des Klägers ist die maßgebliche Übergangsregelung § 69c in der Fassung vom 24. Februar 2010, die ab 1. Juli 2009 gilt.
Nach § 69c Abs. 5 Satz 1 BeamtVG findet § 56 BeamtVG Anwendung, soweit Zeiten im Sinne des § 56 BeamtVG erstmals nach dem 1. Januar 1999 zurückgelegt werden. Dieser Verweis greift für den Kläger nicht, weil er nach dem 1. Januar 1999 nicht erstmals Zeiten im Sinne des BeamtVG zurückgelegt hat.
Somit ist für ihn § 69c Abs. 5 Satz 2 BeamtVG einschlägig. Diese Norm bestimmt, dass im Übrigen § 56 BeamtVG in der bis zum 30. September 1994 geltenden Fassung (BeamtVG 1992) anzuwenden ist, es sei denn, die Anwendung des § 56 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (BeamtVG 1994) ist für den Versorgungsempfänger günstiger.
Bei der Anwendung des § 69c Abs. 5 Satz 2 BeamtVG bleibt zwar § 85 Abs. 6 BeamtVG unberührt (§ 69c Abs. 5 Satz 3 Halbs. 1 BeamtVG). Aus dieser Klarstellung folgt für den Kläger aber nichts, weil § 85 Abs. 6 BeamtVG für ihn tatbestandlich nicht einschlägig ist.
Mit dem Inkrafttreten der achten auf den 31. Dezember 2002 folgenden Anpassung nach § 70 BeamtVG gilt § 69c Abs. 5 Satz 2 insbesondere mit der Maßgabe, dass in der jeweils anzuwendenden Fassung des § 56 Abs. 1 BeamtVG an die Stelle der Zahl „1,875“ die Zahl „1,79375“ tritt (§ 69c Abs. 5 Satz 4 BeamtVG).
Nach § 69c Abs. 5 Satz 5 BeamtVG gilt § 55 Abs. 1 Satz 8 und 9 BeamtVG (in der Fassung vom 19. November 2010, gültig ab 1. September 2009 bis 10. Januar 2017, a.F.) entsprechend. Das bedeutet, dass Kapitalbeträge nach Satz 4, also Kapitalbeträge die an Versorgungs statt gezahlt werden, um die Vomhundertsätze der allgemeinen Anpassungen nach § 70 BeamtVG zu erhöhen oder zu vermindern sind, die sich nach dem Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs auf die Kapitalbeträge bis zur Gewährung von Versorgungsbezügen ergeben (§ 55 Abs. 1 Satz 8 BeamtVG a.F.). Der Verrentungsbetrag nach Satz 4 errechnet sich bezogen auf den Monat aus dem Verhältnis zwischen dem nach Satz 8 dynamisierten Kapitalbetrag und dem Verrentungsdivisor, der sich aus dem zwölffachen Betrag des Kapitalwerts nach der Tabelle zu § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG ergibt.
Somit ist für die Zeitphase, die der Kläger im öffentlichen Dienst der NATO zurückgelegt hat, die Günstigerprüfung nach § 69c Abs. 5 Satz 2 BeamtVG insbesondere mit der Modifikation des § 69c Abs. 5 Satz 4 BeamtVG maßgeblich.
Gemessen an diesen Vorgaben des einfachen Versorgungsrechts sind der Ruhensbescheid vom 22. Dezember 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2010 nur insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), als der Berechnung des Ruhensbetrags für ihn nicht entsprechend § 69c Abs. 5 Satz 4 BeamtVG seit 1. Januar 2011 ein Minderungssatz von 1,79375 zu Grunde gelegt wird.
Die achte auf den 31. Dezember 2002 folgende Anpassung nach § 70 BeamtVG, von der § 69c Abs. 5 Satz 4 BeamtVG spricht, ist am 1. Januar 2011 in Kraft getreten (vgl. VGH BW, U.v. 17.12.2015 – 4 S 1211/14 – juris Rn. 85 m.w.N.). Nach § 69c Abs. 5 Satz 4 BeamtVG ist deswegen – entgegen dem Ruhens- und dem Widerspruchsbescheid, die jeweils von einem Minderungssatz von 1,875 ausgehen – ab dem 1. Januar 2011 für den Kläger im Rahmen der erforderlichen Günstigerprüfung nach § 69c Abs. 5 Satz 2 BeamtVG ein Minderungssatz von 1,79375 zu Grunde zu legen.
Im Übrigen sind der Ruhensbescheid vom 22. Dezember 2009 und der Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2010 entgegen der Auffassung des Klägers rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten.
Rechtmäßig nach einfachem Versorgungsrecht ist der Ruhensbescheid vom 22. Dezember 2009 insbesondere insoweit, als die Ruhensberechnung entgegen der Auffassung der Klägerbevollmächtigten einen Endzeitpunkt für die Anrechnung nach Maßgabe der statistischen Lebenserwartung enthält. Dieses Erfordernis hat das Bundesverwaltungsgericht aus der gesetzlichen Systematik des Ruhens abgeleitet (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 2 C 47.11 – juris Rn. 18). Dass die Beklagte diesem Erfordernis entsprochen und gerade nicht etwa – wie im soeben zitierten Fall des Bundesverwaltungsgerichts – angenommen hat, die Versorgungsbezüge des Klägers ruhten rechnerisch bis zu seinem Tod – folgt aus Anlage 1 Nr. 2.1 und Anlage 3 des Ruhensbescheids. Aus letzterer ergibt sich insbesondere, dass der Kapitalwert nach der am 24. September 2009 veröffentlichten Sterbetafel 2006/2008 des Statistischen Bundesamts unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen mit 5,5 vom Hundert errechnet worden ist. Im vom den Klägerbevollmächtigten zitierten Urteil geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (U.v. 27.11.2014 – 14 B 11.1236 – juris Rn. 26 ff.) deutlich über das dargelegte, von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelte Erfordernis an die Ruhensberechnung hinaus und interpretiert es als zeitliche Begrenzungsregelung für die Ruhensanordnung, für die es im Gesetz keine Stütze gibt.
Denn die Beklagte ist zu Recht nicht der Ansicht der Klägerbevollmächtigten gefolgt, für zu berücksichtigende Kapitalabfindungen werde durch § 56 Abs. 3 BeamtVG 1994 auch auf die Begrenzungsregelung des § 56 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG 1994 Bezug genommen, weshalb der Ruhensbetrag die von der zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährte Versorgung nicht übersteigen dürfe.
Schon nach dem Wortlaut des § 56 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 1994 gilt die in dieser Vorschrift angeordnete Rechtsfolgenverweisung auf § 56 Abs. 1 BeamtVG 1994 nicht zwingend vollumfassend, also auch hinsichtlich der in § 56 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG 1994 enthaltenen Begrenzungsregelung für den Ruhensbetrag. Denn § 56 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 1994 spricht von einer Anwendung des § 56 Abs. 1 BeamtVG 1994 nach „Maßgaben“, die zunächst einmal wortlautgemäß überhaupt das Eingreifen der Ruhensregelungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG 1994 insbesondere für den Fall der Zahlung eines sonstigen Kapitalbetrags an Versorgungs statt ermöglichen.
Für dieses engere, einen Verweis auch auf § 56 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG 1994 ablehnende Verständnis der in § 56 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 1994 enthaltenen Rechtsfolgenverweisung spricht auch die historische Auslegung des § 56 BeamtVG 1994.
Schon § 56 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG 1992 hatte nur § 56 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG 1992 zur Anwendung berufen, wenn der Beamte oder Ruhestandsbeamte bei seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung anstelle einer Versorgung insbesondere einen Kapitalbetrag als Abfindung erhalten hatte.
Die maßgebliche Vorstellung des Gesetzgebers des § 56 BeamtVG 1994 hat dementsprechend nicht darauf abgezielt, mit der in § 56 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 1994 angeordneten Rechtsfolgenverweisung auf § 56 Abs. 1 BeamtVG 1994 auch die in § 56 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG 1994 enthaltene Begrenzungsregelung für den Ruhensbetrag zu erfassen. Für den Gesetzgeber hat damals die (grundsätzliche) Notwendigkeit weitergehender Ruhensvorschriften bestanden. Durch § 56 Abs. 1 BeamtVG 1994, der in Anlehnung an das Zusammentreffen von inländischen Versorgungsbezügen (§ 54) grundsätzlich ein Ruhen des Ruhegehalts mit den in § 56 Abs. 2 BeamtVG 1994 bezeichneten Höchstgrenzen hat vorsehen sollen, hat keine Verbesserung im Verhältnis zum derzeitigen Recht eintreten sollen. Deshalb ist die zeitbezogene Minderung im Ruhegehaltssatz als Mindestkürzung beibehalten worden. Besteht nach den jeweiligen Versorgungsregelungen – etwa mangels Erfüllung von Wartezeiten – kein Anspruch auf laufende Versorgung, so sind nach der Vorstellung des damaligen Gesetzgebers nach § 56 Abs. 3 BeamtVG 1994 etwaige Beitragserstattungen oder sonstige Kapitalleistungen (lediglich) nach versicherungsmathematischen Grundsätzen für die Anwendung des § 56 Abs. 1 BeamtVG 1994 zu verrenten gewesen (vgl. zu all dem BT-Drs. 12/5919 S. 18).
Ausgehend vom Wortlaut der Norm und von den vorstehend wiedergegebenen Gesetzesmaterialien beschränkt sich auch der Sinn und Zweck der in § 56 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG 1994 enthaltenen Rechtsfolgenverweisung darauf, insbesondere für den Fall der Zahlung eines sonstigen Kapitalbetrags an Versorgungs statt das Eingreifen der Ruhensregelung des § 56 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG 1994 zu aktivieren.
Selbst wenn man mit den Klägerbevollmächtigten annähme, für zu berücksichtigende Kapitalabfindungen werde durch § 56 Abs. 3 BeamtVG 1994 auch auf die Begrenzungsregelung des § 56 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG 1994 Bezug genommen, so führte diese Rechtsfolgenverweisung jedenfalls nicht zu dem begehrten Verständnis des § 56 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG 1994 als eine über eine monatliche Betrachtung hinaus gehende Begrenzung des Ruhensbetrags. Einem solchen Verständnis dieser Rechtsfolgenverweisung steht schon die Systematik der nur monatsbezogenen Betrachtungsweise des Ruhens im Rahmen des § 56 BeamtVG 1994 entgegen (im Ergebnis ebenso etwa VG Köln, U.v. 25.1.2018 – 15 K 3371/11 – juris Rn. 19 ff. unter Berufung auf den Wortlaut des § 56 Abs. 6 Satz 1 BeamtVG).
Die Versorgungsbezüge sind nach § 49 Abs. 4 BeamtVG grundsätzlich für die gleichen Zeiträume und im gleichen Zeitpunkt zu zahlen wie die Dienstbezüge des Beamten. Aus diesem Verweis insbesondere auf § 3 Abs. 4 Satz 1 BBesG ergibt sich, dass auch die Versorgungsbezüge grundsätzlich monatlich im Voraus gezahlt werden. Dementsprechend hat auch im Rahmen des § 56 Abs. 1 BeamtVG 1994 die Gegenüberstellung der mehreren Versorgungsbezüge nach der Höchstgrenze allmonatlich zu erfolgen (vgl. nur Plog/Wiedow, BBG, Stand April 2014, § 56 BeamtVG Rn. 43 m.w.N.).
Dieser systematische Befund, der etwa auch in Ziffer 56.3.1.2 der geltenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVGVwV 2018) zum Ausdruck kommt, steht dem begehrten Verständnis des § 56 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG 1994 als eine über eine monatliche Betrachtung hinaus gehende Begrenzung des Ruhensbetrags entgegen.
Hinzu kommt, dass das begehrte Verständnis des § 56 Abs. 1 Satz 3 BeamtVG 1994 nach den vorstehenden Darlegungen dem Gesetzgeber vorbehaltene, ungelöste Folgeprobleme aufwerfen würde. Auch insoweit würde sich insbesondere die Frage stellen, ob der Nennbetrag oder der durch Dynamisierung, Verrentung, Aufzinsung oder auf andere Weise zu ermittelnde wirtschaftliche Wert der Abfindung maßgeblich sein soll (vgl. nur BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – juris Rn. 75; VG Köln, U.v. 25.1.2018 – 15 K 3371/11 – juris Rn. 22).
Der Ruhensbescheid ist insbesondere auch insofern rechtmäßig, als er den Umfang des Ruhens der erdienten Versorgung nicht nach der Höhe des Kapitalbetrags bestimmt, er keine zeitliche oder betragsmäßige Begrenzung der Ruhensanordnung vorsieht, er mit einem Zinssatz von 5,5% verrentet und als durch ihn nicht bei jeder Neuberechnung eines monatlichen Verrentungsbetrags von Kapitalbeträgen aufgrund gesetzlicher Änderungen diejenigen monatlichen Beträge in Abzug gebracht werden, die bereits vor diesem Zeitpunkt wegen der Anrechnung auf die Versorgung einbehalten worden sind.
Entsprechende, verfassungsrechtlich begründete Anforderungen hatte zwar das Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, U.v. 27.1.2011 – 2 C 25.09 – juris Rn. 21 ff; U.v. 5.9.2013 – 2 C 47.11 – juris Rn. 17 ff.) für Ruhensregelungen, die den vorliegenden vergleichbar sind, formuliert. Diese Anforderungen sind aber nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – juris) hinfällig. Das Bundesverfassungsgericht hat das mit den Regelungen des § 55b SVG in den Fassungen vom 5. März 1987 bzw. vom 18. Dezember 1989 verbundene Risiko einer Versorgungskürzung nach Aufzehrung der Kapitalabfindung als verfassungsgemäß angesehen und dabei zugleich ausdrücklich insbesondere das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.1.2011 – 2 C 25.09 – verworfen, soweit es dieser verfassungsrechtlichen Bewertung entgegensteht (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – juris Rn. 85, 89, 100 ff.). Vor diesem Hintergrund trägt auch die verfassungsrechtliche Argumentation des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im von den Klägerbevollmächtigten zitierten Urteil (U.v. 27.11.2014 – 14 B 11.1236 – juris Rn. 26 ff.) nicht mehr.
Der Ruhensbescheid ist auch nicht im Hinblick auf die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen zur Ermittlung der statistischen Lebenserwartung unter dem Aspekt des Grundsatzes der Entgeltgleichheit (Art. 157 AEUV) unionsrechtswidrig.
Den Klägerbevollmächtigten ist zwar zuzugeben, dass das Bundesverwaltungsgericht insoweit Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Regelungen mit dem unionsrechtlichen Grundsatz der Entgeltgleichheit (Art. 157 AEUV) geäußert hat. Diese damaligen Zweifel des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U.v. 5.9.2013 – 2 C 47.11 – juris Rn. 29 ff.) waren allerdings nicht entscheidungserheblich und hatten sich nicht zur richterlichen Überzeugung verdichtet.
Abgesehen von der grundsätzlichen Problematik der Anwendbarkeit des Art. 157 AEUV auf das deutsche, vom Alimentationsprinzip geprägte System der Beamtenversorgung ist den Zweifeln des Bundesverwaltungsgerichts entgegen zu halten, dass die Verwendung von je nach Geschlecht unterschiedlichen versicherungsmathematischen Faktoren (insbesondere wegen der regelmäßig höheren Lebenserwartung von Frauen) im Rahmen der durch Kapitalansammlung erfolgenden Finanzierung von betrieblichen Versorgungssystemen mit feststehenden Leistungen nach der Judikatur des EuGH jedenfalls nicht in den Anwendungsbereich von Art. 157 AEUV fällt (vgl. nur Langenfeld in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand Mai 2018, Art. 157 AEUV Rn. 57 m.w.N., insbesondere unter Bezugnahme auf EuGH, U.v. 28.9.1994 – Coloroll Pension Trustees, C-200/91 – juris Rn. 76 ff.).
Zudem hätte der Kläger die seine Ungleichbehandlung als Mann auslösenden, durch die statistisch unterschiedlichen Lebenserwartungen von Frauen und Männern begründeten Regelungen der §§ 69c Abs. 5 Satz 5, 55 Abs. 1 Satz 9 BeamtVG i.V.m. der jeweiligen Tabelle zu § 14 Abs. 1 Satz 4 BewG durch das Gebrauchmachen von seiner Wahlmöglichkeit nach § 56 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG 1992, § 56 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG 1994 beeinflussen bzw. ausschließen können (vgl. BVerfG, B.v. 23.5.2017 – 2 BvL 10/11 u.a. – juris Rn. 97).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, weil die Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.