Aktenzeichen 5 Sa 222/16
MTV für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d
Leitsatz
1. Die Vertragsauslegung ergibt nach der neuen Rechtsprechung des BAG (25.4.2018, 5 AZR 84/18) die Vereinbarung einer AT-Stellung und damit einen Anspruch des Klägers auf eine Vergütung, die mindestens den Tarifabstand wahrt. Nach der zurückverweisenden Entscheidung des BAG ist auch bei nicht tarifgebundenen Parteien vor allem der Wortlaut des Arbeitsvertrages zugrunde zu legen. Mit der Vereinbarung einer AT-Stellung – auch ohne weitere Anhaltspunkte für den weitreichenden Bindungswillen – ist die gleichzeitige Vereinbarung einer Vergütung verbunden, die dynamisch den Tarifabstand zu dem bei Abschluss des Arbeitsvertrages im Unternehmen angewendeten Tarifvertrag in seiner aktuallen Fassung wahrt (dynamische Ewigkeitsklausel). (Rn. 36 – 40)
2. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV für die Arbeitnehmer der bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist so auszulegen, dass die Berechnung der den Tarifabstand wahrenden Bruttovergütung gem. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV (Jahreseinkommen) zu erfolgen hat, wenn das Abstandsgebot nicht bereits durch das garantierte Monatsentgelt gem. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV eingehalten wurde (BAG 03.09.2014, 5 AZR 1020/12). (Rn. 48 – 54)
3. Der Anspruch auf eine Vergütung, die den tariflichen Mindestabstand wahrt, wird frühestens mit dem Zeitpunkt fällig, in dem ein AT-Mitarbeiter in der Lage ist seinen Anspruch annähernd zu beziffern. Die zweistufige Prüfung des Tarifabstands nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 und 2 MTV, bei der für den Fall, dass der AT-Mitarbeiter keine monatliche Vergütung erhält, die den Tarifabstand nach Unterabs. 1 wahrt, alle außertariflichen Vergütungsansprüche einschließlich solcher aus Betriebsvereinbarung in die Berechnung der Jahresvergütung mit einzubeziehen sind, führt zu einer Fälligkeit des Anspruchs auf Wahrung des Tarifabstands erst am Jahresende mit Bekanntwerden der Höhe des Jahreseinkommens. (Rn. 59)
Verfahrensgang
5 AZR 85/17 2018-04-25 Berichtigungsbeschluss BAG ArbG München
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 02.02.2016, Az.: 17 Ca 3108/15 abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 4.304,30 brutto nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2015 zu zahlen:
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat für das Jahr 2014 einen Anspruch auf weitere Vergütung mindestens in der geltend gemachten Höhe von € 4.304,30 brutto zzgl. Zinsen zur Wahrung des vertraglich vereinbarten Mindestabstands für AT-Angestellte gem. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) d des Manteltarifvertrags für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (MTV). Deshalb war das erstinstanzliche Urteil entsprechend abzuändern und der Klage in vollem Umfang stattzugeben.
I.
Der Anspruch des Klägers folgt aus der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 04.08.1993 (Ernennungsschreiben, das vom Kläger gegengezeichnet wurde). Die Auslegung des Arbeitsvertrages ergibt die Vereinbarung eines AT-Status. Die Begründung des AT-Arbeitsvertrages bedeutet gleichzeitig die Vereinbarung einer dynamischen Tarifabstandsklausel, die einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer garantierten Vergütung in einer den Tarifabstand wahrenden Höhe bezogen auf den jeweils aktuell geltenden MTV beinhaltet. Da der Arbeitsvertrag keinen Hinweis auf eine Abhängigkeit der Tarifabstandsvereinbarung von einer (künftigen) Tarifgebundenheit des Arbeitgebers enthält, hat die Vereinbarung unabhängig von einer Tarifbindung der Beklagten oder deren Rechtsvorgängerinnen und den zwischenzeitlich erfolgten Betriebsübergängen für das laufende Arbeitsverhältnis Bestand.
1. Ob dem Kläger ein arbeitsvertraglicher Anspruch zusteht, ist durch Auslegung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen festzustellen. Maßgeblich ist hier zunächst das vom Kläger gegengezeichnete Ernennungsschreiben vom 04.08.1993, mit dem dieser mit Wirkung zum 01.10.1993 zum „Mitarbeiter des Führungskreises“ ernannt wurde und das den ersten Arbeitsvertrag vom 30.08.1985 ersetzt.
1.1 Das Ernennungsschreiben enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. §§ 305 Abs. 1, 310 Abs. 3 und 4 BGB, da es sich um einen Text handelt, der von der Beklagten vorformuliert war und zumindest auch für eine andere Mitarbeiterin Verwendung gefunden hat.
1.2 Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeit des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen ist (st. Rspr., s. BAG 21.04.2016, 8 AZR 753/14 m. w. N.). Ausgangspunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut (BAG 23.01.2014, 8 AZR 130/13; BAG 19.03.2014, 10 AZR 622/13 m. w. N.). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck, sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Zu berücksichtigen sind außerdem die zum Vertragsschluss führenden, für die Vertragspartner des Verwenders allgemein erkennbaren äußeren Umstände, die auf einen verallgemeinerbaren Willen des Verwenders schließen lassen und einem verständigen und redlichen Erklärungsempfänger Anhaltspunkte für eine bestimmte Auslegung geben. Umstände, die den konkreten Arbeitnehmer bzw. die konkreten Umstände des Vertragsschlusses treffen sind nur dann von Belang, wenn im konkreten Einzelfall die Beteiligten übereinstimmend eine Erklärung im selben Sinn verstanden haben (BAG 13.12.2011, 3 AZR 791/09).
1.3 Ausgehend vom Wortlaut des Ernennungsschreibens wurde mit dem Kläger ein AT-Status vereinbart. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut des Schreibens, in dem es heißt: „An die Stelle der bisher für Sie gültigen tarifvertraglichen Regelungen tritt dieser Arbeitsvertrag mit den beiliegenden unternehmenseinheitlichen Allgemeinen Vertragsbestandteilen für den Führungskreis F.“. Die Vereinbarung basiert auf dem beiden Parteien bekannten Umstand, dass aufgrund des vorherigen Arbeitsvertrages vom 30.08.1985 die tarifvertraglichen Regelungen des Manteltarifvertrags für Angestellte der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie (MTV) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fanden. Dieser neue Arbeitsvertrag ist durch die Gegenzeichnung des Ernennungsschreibens vom 04.08.1993 durch den Kläger zustande gekommen und sollte den alten Arbeitsvertrag ablösen und auch die Anwendbarkeit der tarifvertraglichen Regelungen entfallen lassen, den Kläger also außerhalb des Tarifvertrages stellen.
Die im Wortlaut in Bezug genommenen „allgemeinen Vertragsbestandteile für den Führungskreis F.„waren zum Zeitpunkt der Ernennung des Klägers in der Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ vom 15.11.1991 niedergelegt, die schon von ihrem Titel her die Vereinbarung eines AT-Status unterstreicht. In der Betriebsvereinbarung wird außerdem darauf hingewiesen, dass die getroffenen Regelungen im Wesentlichen den vorher geltenden E.-MFK-Regelungen entsprechen. Auch hierdurch wird ein Bezug zwischen der Zugehörigkeit zum Führungskreis und der Entlohnung als außertariflicher Angestellter hergestellt. Die in Bezug genommene Betriebsvereinbarung gehört zu den für den Kläger als Vertragspartner des Verwenders allgemein erkennbaren äußeren Umständen, die auf einen verallgemeinerbares Verständnis schließen lassen, was eine Ernennung in den Führungskreis F. bedeutet und einem verständigen und redlichen Erklärungsempfänger Anhaltspunkte für die Auslegung geben, dass es sich bei den Mitarbeitern des Führungskreises F. um außertarifliche Mitarbeiter handelt.
In dem Schreiben heißt es außerdem, dass der Kläger „zum Mitarbeiter des Führungskreises der F. AG, Vertragsgruppe A“ ernannt wurde. Was diese Formulierung bedeutet, wird wiederum aus der Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ deutlich. In dieser heißt es: „Im außertariflichen Bereich werden die beiden Vertragsgruppen A und B gebildet, die als „Mittlerer Führungskreis“ bezeichnet werden.“ Hierdurch wird zweifelsfrei bestätigt, dass ein Mitarbeiter des Führungskreises der Vertragsgruppe A dem außertariflichen Bereich zugehörig ist. Der Wortlaut des Ernennungsschreibens ist folglich dahingehend auszulegen, dass durch die Ernennung des Klägers zum Mitarbeiter des Führungskreises der F. AG, Vertragsgruppe A. arbeitsvertraglich der Status eines AT-Mitarbeiters vereinbart worden ist.
1.4 Mit der Vereinbarung eines AT-Arbeitsvertrages steht nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 25.4.2018, 5 AZR 84/17) fest, dass dem Kläger dem Grunde nach aus dem in § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV enthaltenen Mindestabstandsgebot für AT-Angestellte in Verbindung mit der vertraglichen Ernennung zum AT-Angestellten ein Individualanspruch auf eine Gehaltshöhe zusteht, die den Tarifabstand bezogen auf den aktuell geltenden MTV wahrt. Ein besonderer Rechtsbindungswille des Arbeitgebers bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit ist nicht erforderlich. Genügend ist vielmehr, dass das Arbeitsverhältnis, wie hier der Fall, vom Geltungsbereich des Tarifvertrages erfasst wurde.
1.4.1 Im Vertragstext findet sich keine Regelung dazu, dass eine Bindung an den Tarifabstand davon abhängen soll, ob eine Tarifbindung des Arbeitgebers und/oder des Mitarbeiters besteht. Auf einen möglicherweise abweichenden Willen des Arbeitgebers, der im Vertragstext keinen Ausdruck findet, kommt es nicht an. Da der Arbeitsvertrag keinen Hinweis auf eine Abhängigkeit der Tarifabstandsvereinbarung von einer (künftigen) Tarifgebundenheit des Arbeitgebers enthält, hat die Vereinbarung unabhängig von den zwischenzeitlich erfolgten Betriebsübergängen für das laufende Arbeitsverhältnis Bestand und führt zu einer dynamischen Fortgeltung des Anspruchs in Abhängigkeit von dem jeweils maßgebenden höchsten Tarifentgelt, so dass die Vereinbarung auch als dynamische Ewigkeitsklausel bezeichnet werden kann.
1.4.2 Die Wirksamkeit der Vereinbarung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Tarifabstandsklausel für den vorliegenden „Altvertrag“ quasi als „negative Bezugnahmeklausel“ wirkt. Zwar stellt auch eine Tarifabstandsklausel eine Bezugnahmeklausel im weiteren Sinne dar, da sie auf den Tarifvertrag insoweit Bezug nimmt, als dieser den persönlichen Anwendungsbereich und die höchste Tarifvergütung regelt. Hiervon wird dynamisch ein Vergütungsanspruch in Höhe einer übertariflichen Vergütung abhängig. Eine gefestigte Rechtsprechung, die geeignet wäre einen Vertrauensschutz zu begründen, wie dies bei der Gleichstellungsabrede der Fall war, gab es zu der Auslegung eines AT-Status und der damit verbundenen Tarifabstandsklausel allerdings nicht.
1.4.3 Auch die Rechtsprechung des EuGH steht einer dynamischen Weitergeltung der Tarifabstandsklausel nach den Betriebsübergängen nicht entgegen. Der EuGH hat zwischenzeitlich seine Rechtsprechung in der Alemo-Herron-Entscheidung (EuGH 18. 7. 2013 – C-426/11) modifiziert die Möglichkeiten des Arbeitgebers, die Arbeitsbedingungen nach dem Betriebsübergang anzupassen, für ausreichend erachtet (EuGH 27.4.2017 – C – 680/15 (Asklepios)). Auch für eine dynamische Bezugnahmeklausel geht deshalb ihre Dynamik im Arbeitsverhältnis nicht allein aufgrund eines Betriebsübergangs verloren (BAG 30.8.2017 – 4 AZR 95/14).
2. Die Stellung des Klägers als AT-Mitarbeiter ist durch das Schreiben vom 26.08.1996 nicht geändert worden. Hierbei handelt es sich um ein Informationsschreiben über eine Änderung der allgemeinen Vertragsbestandteile (hier Aktualisierung der Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ vom 15.11.1991) und nicht um eine Änderung des Arbeitsvertrages mit dem Kläger.
2.1 Nach dem Willen der Rechtsvorgängerin der Beklagten sollte sich – ausgehend von der Formulierung des Schreibens durch die Umbenennung des bisherigen „Führungskreises“ in „ÜT-Kreis“ und die entsprechende Aktualisierung der Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ – an den getroffenen Regelungen zur Vergütung und Arbeitszeit nichts Wesentliches ändern. Der Wortlaut, nach dem es heißt, dass „die vorstehenden Ausführungen keine substantielle Änderung Ihres Beschäftigungsverhältnisses darstellen“ und der in dem Schreiben enthaltene Hinweis, dass es sich lediglich um eine Änderung der allgemeinen Vertragsbestandteile handelt, die in den Arbeitsvertrag miteinbezogen wurden, ist insoweit eindeutig. Eine Änderung des arbeitsvertraglich vereinbarten AT-Status und der damit vereinbarten Höhe einer den Tarifabstand wahrenden Vergütung hätte zudem eine wesentliche Änderung des Arbeitsvertrages dargestellt, die ersichtlich nicht vorgesehen war. Auch heißt es in dem Schreiben, dass, dass der neue Name „ÜT-Kreis“ für den bisherigen „Führungskreis“ gilt und sich für den Kläger im „ÜT-Kreis“ die für ihn maßgeblichen Änderungen aus der Betriebsvereinbarung zum AT-Bereich ergeben. Diese Formulierung spricht ebenfalls dagegen, dass durch den neuen Namen für den Führungskreis der „AT-Bereich“ berührt werden sollte. Zudem hätte eine Änderung des Arbeitsvertrages einer Zustimmung des Klägers bedurft.
2.2 Umstände, nach denen die Betriebsparteien durch die Aktualisierung der Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ einen arbeitsvertraglich mit Mitarbeitern vereinbarten AT-Status ändern wollten, sind nicht ersichtlich. Die wesentlichen Änderungen der Betriebsvereinbarung sind im Informationsschreiben genannt. Hiervon wird der Status der AT-Mitarbeiter nicht berührt. Eine solche Vertragsänderung, für die vorliegend die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast tragen würde, wird von den Parteien auch gar nicht behauptet und die aktualisierte Betriebsvereinbarung wurde nicht vorgelegt.
Entgegen der vom BAG in der zurückverweisenden Entscheidung aufgeworfenen Frage nach dem genauen Inhalt der aktualisierten Fassung der Betriebsvereinbarung mit dem Stand von August 1996, ist diese für die Entscheidung folglich nicht relevant. Zudem kann eine arbeitsvertragliche Vereinbarung auf Zahlung einer Vergütung, die den Tarifabstand wahrt, nach dem Verständnis der entscheidenden Berufungskammer auch nicht ohne Weiteres durch eine Betriebsvereinbarung geändert werden.
2.3 Auch auf die vom BAG aufgeworfene Frage einer synonymen Verwendung der Begriffe „ÜT“ und „AT“ kommt es aus Sicht der erkennenden Kammer aufgrund der vertraglichen Vereinbarung eines AT-Status nicht an. Dennoch ist das Berufungsgericht auf der Basis der vorliegenden Tatsachen zu der Überzeugung gelangt, dass ein synonymer Gebrauch der Begriffe vorliegt. Wenn nach dem Informationsschreiben vom 26.08.1996 für den „ÜT-Kreis“ die Betriebsvereinbarung zum AT-Bereich maßgeblich ist, folgt daraus, dass die Begriffe zumindest zum damaligen Zeitpunkt synonym verwendet wurden. In der Regelungsabrede vom 01.12.2013 für das Jahr 2013 wird diese synonyme Verwendung fortgeführt, da hierin für die „ÜT MitarbeiterInnen“ der Tarifabstand und damit ihr außertariflicher Status sichergestellt wird.
3. Für die Berechnung des weiteren Vergütungsanspruchs des Klägers ist auf die Regelung in § 1 Ziff. 3 Abs. (II) d Unterabs. 2 MTV abzustellen. Danach steht dem Kläger der Anspruch auf ein festes Jahreseinkommen zu, das den zwölffachen Tarifsatz der höchsten Entgeltgruppe um 35% übersteigt. Hierfür ist der auf die Wochenarbeitszeit des Klägers von 40 Stunden umgerechnete zwölffache Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) multipliziert mit dem Faktor 1,35 abzugleichen mit dem garantierten Jahreseinkommen des Klägers.
3.1 Die Tarifabstandsregelung des MTV ist dahingehend auszulegen, dass im streitgegenständlichen Fall die Berechnung der dem Kläger mindestens zustehenden Bruttovergütung gem. § 1 Ziff. 3 Abs. 2 d Unterabs. 2 MTV zu erfolgen hat, da das Abstandsgebot nicht bereits durch das garantierte Monatsentgelt gem. § 1 Ziff. 3 Abs. 2 d Unterabs. 1 MTV eingehalten wurde.
Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Tarifbestimmung ist das Abstandsgebot bereits nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV eingehalten, wenn das in Monatsbeträgen zugesagte, garantierte Entgelt den Mindestabstand nach Unterabs. 1 wahrt. Erst wenn dies nicht der Fall ist und dem Angestellten als garantiertes Jahreseinkommen neben dem in Monatsbeträgen zu zahlenden Entgelt weitere, nicht im Monatsturnus zu erbringende Leistungen zugesagt sind, ist der Mindestabstand nach Unterabs. 2 einzuhalten. Nicht entscheidend ist, ob die Arbeitsvertragsparteien eine Monatsvergütung oder ein Jahreseinkommen vereinbart haben (BAG 03.09.2014 – 5 AZR 1020/12).
3.1.1 Für die Auslegung von Tarifnormen ist genauso, wie für die Auslegung von Gesetzesnormen zunächst vom Wortlaut auszugehen. Außerdem ist über den reinen Tarifwortlaut hinaus der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wie er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Für die bei Zweifeln darüber hinaus mögliche Heranziehung weiterer Auslegungskriterien (Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages) gibt es keinen Zwang zu einer bestimmten Reihenfolge (BAG 14.08.1991, 4 AZR 649/90 und BAG 12.09.1984, 4 AZR 336/82, NZA 1985, 160).
3.1.2 Der Wortlaut der tariflichen Abstandsklausel spricht gegen die Annahme, der Tarifvertrag stelle rein formal darauf ab, ob arbeitsvertraglich eine Monatsvergütung oder ein Jahreseinkommen vereinbart wurde. § 1 Ziff. 3 Abs. 2 d MTV bezieht sich in Unterabs. 1 und Unterabs. 2 gleichermaßen auf das monatliche Entgelt bzw. Jahreseinkommen, das „auf außertariflicher Grundlage“ zugesagt und garantiert ist. Erfasst sind damit nicht nur Leistungen, deren Zahlung und Zahlungsmodalitäten arbeitsvertraglich vereinbart ist, sondern alle, auf die auf „nicht tariflicher“ Grundlage ein Anspruch besteht. Dies können z.B. Entgeltansprüche aus Betriebsvereinbarungen sein, deren Zahlweise die Betriebspartner bestimmen, oder aus Gesamtzusagen, deren Zahlungsbedingungen der Arbeitgeber festlegt. Dies ergibt sich auch aus der Historie der Norm (BAG 03.09.2014 – 5 AZR 1020/12, Rn 16 f). Die Verwendung der Begriffe „monatliches Entgelt“ und „Jahreseinkommen“ steht dieser Auslegung nicht entgegen. Die Tarifvertragsparteien haben hiermit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass bei der Prüfung, ob der einzuhaltende Mindestabstand gewahrt ist, eine auf das monatlich zu zahlende Entgelt oder eine auf das Jahreseinkommen bezogene Betrachtung vorzunehmen ist (BAG 03.09.2014 – 5 AZR 1020/12, Rn 18).
3.1.3 Auch Sinn und Zweck der Regelung sprechen gegen eine solche Differenzierung. Der Zweck tariflicher Abstandsregelungen ist es, durch das Anknüpfen an einen Mindestabstand des dem außertariflichen Angestellten zugesagten Entgelts zum höchsten tariflichen Entgelt eine Kompensation für die mit dem AT-Status verbundene Preisgabe tariflicher Rechte zu schaffen. Hierfür ist die Höhe des dem außertariflichen Angestellten als Ausgleich zugesagten Entgelts entscheidend und nicht, ob die Arbeitsvertragsparteien ein Monatsentgelt oder ein Jahreseinkommen vereinbart haben. Dass die Tarifvertragsparteien entscheidend auf die Höhe der Vergütung abgestellt haben, wird durch die Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV bestätigt. Entsprechend der darin enthaltenen Definition des „garantierten“ Monatsentgelts bzw. Jahreseinkommens i.S.v. § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV ist Entgelt nur zu berücksichtigen, wenn der Anspruch auch der Höhe nach nur einvernehmlich oder durch Änderungskündigung änderbar ist (BAG 03.09.2014 – 5 AZR 1020/12, Rn 20). Der Kompensationszweck des tariflichen Abstandsgebots spricht auch dagegen anzunehmen, bei der Berechnung des tariflichen Mindestabstands nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV sei Unterabs. 1 nur zugrunde zu legen, wenn dem Angestellten ausschließlich ein monatliches Entgelt zugesagt ist und Unterabs. 2 schon dann, wenn zusätzlich zu monatlichen Zahlungen weitere außerhalb des Monatsturnus zu erbringende Leistungen zugesagt sind. Vielmehr ist Unterabs. 2 nur anzuwenden, wenn nicht bereits mit dem in Monatsbeträgen zugesagten, garantierten Entgelt der Mindestabstand nach Unterabs. 1 gewahrt ist und dem Angestellten neben dem garantierten monatlichen Entgelt weitere Entgeltbestandteile zugesagt sind (BAG 03.09.2014 – 5 AZR 1020/12, Rn 21).
3.1.4 Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend für die Berechnung § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabsatz 2 MTV maßgebend. Die dem Kläger garantierte monatliche Vergütung wahrt unstreitig nicht das Abstandsgebot nach § 1 Ziff. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 1 MTV. Zudem erhielt der Kläger ein Jahreseinkommen, das sich gemäß dem Arbeitsvertrag zunächst in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ vom 15.11.1991 aus einem Monatsgehalt, der Jahreszahlung und einer Zusatz-Jahreszahlung, sowie ggf. einer Beteiligung am Betriebserfolg zusammensetzte. Durch die Aktualisierung der Betriebsvereinbarung wurden entsprechend dem Informationsschreiben vom 26.08.1996 die Jahreszahlungen zusammengefasst. Zuletzt erhielt der Kläger zusätzlich zu seiner monatlichen Vergütung einmalig im Jahr eine Beteiligung am Geschäftserfolg (BaG) ebenfalls auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung und in den Jahren 2010 bis 2013, in denen der Tarifabstand nicht gewahrt war, jeweils am Jahresende eine Sonderzahlung, um dies auszugleichen. Die Sonderzahlungen beruhten auf Regelungsabreden der Beklagten mit dem Gesamtbetriebsrat über die Zahlung des Tarifabstands für das jeweilige Jahr. Die BaG und die Sonderzahlung beeinflussen die Höhe der Vergütung und beruhen auf einer außertariflichen Grundlage. Unerheblich ist, ob der Anspruch auf einer arbeitsvertraglichen Grundlage beruht oder auf einer Betriebsvereinbarung oder anderen Rechtsgrundlage. Daher ist für die Berechnung des Anspruchs auf eine Vergütung, die den tariflichen Mindestabstand wahrt, auf das garantierte Jahreseinkommen abzustellen.
3.2 Die vom Kläger geltend gemachte Höhe der Vergütungsforderung von € 4.304,30 brutto ist berechtigt.
3.2.1 Bei Berechnung der Klageforderung ist nach der Anmerkung zu § 1 Nr. 3 Abs. (II) Buchst. d MTV das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) von einer 35-Stundenwoche in die mit dem Kläger vereinbarte 40-Stundenwoche umzurechnen. Die Anmerkung gehört zum Tariftext und hat Regelungscharakter und macht deutlich, dass sich der Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gem. § 2 Nr. 1 Abs. (I) MTV bezieht. Bei einer hiervon abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein nach § 15 Nr. 1 Abs. (II) MTV zu berechnendes Monatsgrundentgelt zugrunde zu legen. Hierzu ist nach § 15 Nr. 1 Abs. (II) MTV das Monatsgrundentgelt gemäß Entgelttabelle mit der individuellen regelmäßigen Wochenarbeitszeit in Stunden (IRWAZ) zu multiplizieren und durch die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden zu dividieren (BAG 25.4.2018 – 5 AZR 84/17).
3.2.2 Das tarifliche Abstandsgebot nach § 1 Nr. 3 Abs. (II) Buchst. d Unterabs. 2 MTV ist gewahrt, wenn das garantierte Jahreseinkommen den zwölffachen Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) um 35% übersteigt. Der Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) betrug bis zum 30.04.2014 monatlich € 5.035,00 brutto bezogen auf die tarifliche Arbeitszeit von 35 Stunden, was umgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche € 5.754,29 brutto im Monat ergibt. Ab 01.05.2014 betrug der Tarifsatz der Entgeltgruppe 12 (Stufe B) € 5.146,00 brutto bei der tariflichen Arbeitszeit von 35 Stunden und umgerechnet auf eine 40-Stunden-Woche € 5.881,14 brutto. Der Tarifabstand ist damit ab einer garantierten Bruttojahresvergütung von mindestens € 94.589,48 gewahrt.
Der Kläger hat im Jahr 2014 € 81.528,18 brutto erhalten zuzüglich einer Gewinnbeteiligung (BaG) von € 8.757,00 brutto. Für die Berechnung seiner Klageforderung hat der Kläger die Gewinnbeteiligung mit einberechnet und ist deshalb von einer Differenzforderung in Höhe von € 4.304,30 brutto ausgegangen. Nach dem Vortrag der Beklagten ist die BaG in einer Betriebsvereinbarung geregelt und es besteht z.B. bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Beklagten kein Anspruch auf diese Zahlung. Daher ist durchaus fraglich, ob es sich bei der BaG um den Teil einer garantierten Jahresvergütung i.S. des MTV handelt, oder nicht. Dies kann jedoch dahinstehen, da der Kläger jedenfalls in der Höhe der von ihm geltend gemachten Forderung einen Zahlungsanspruch hat.
3.3 Der geltend gemachte Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz besteht für Vergütungsansprüche gem. § 288 Abs. 1 i.V.m. §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2, 614 BGB regelmäßig ab dem Ende des Zeitraums, für den die Vergütung zu zahlen ist und damit ab 01.01.2015. Da für die Berechnung des Tarifabstands die Jahresvergütung maßgebend ist und diese erst mit der Dezemberabrechnung feststand, war die Klageforderung zum 31.12.2014 fällig.
4. Für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gelten keine Ausschlussfristen, die der Forderung des Klägers entgegenstehen könnten. Der MTV findet auf den Kläger unstreitig keine Anwendung. Auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vom 28.11.2018 konnte die Beklagte keine Angabe dazu machen, auf welche angeblich arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist sie in ihrem schriftsätzlichen Vorbringen behauptet hat.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO.
III.
Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG zuzulassen, da die Berechnung und die Fälligkeit einer Vergütung, die den Tarifabstand nach dem MTV wahrt, von grundsätzlicher Bedeutung ist und das BAG in der zurückverweisenden Entscheidung diesbezüglich nicht seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2014 (BAG 03.09.2014 – 5 AZR 1020/12) zugrunde gelegt hat, so dass diese Rechtsfragen nicht als endgültig geklärt angesehen werden können.