Arbeitsrecht

Größe des Aufsichtsrates

Aktenzeichen  5 HK O 6018/17

Datum:
1.3.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 51763
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AktG § 99 Abs. 6
MitbestG § 3 Abs. 1, § 7

 

Leitsatz

Bei der Berechnung der Größe eines Aufsichtsrats sind die außerhalb der Bundesrepublik beschäftigten Arbeitnehmer nicht zu berücksichtigen. (Rn. 14 – 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten trägt der Antragsteller. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Gegenstandswert wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers war als unzulässig, jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen; denn die Zusammensetzung des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin ist nicht zu beanstanden.
1. Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
a) Der Antragsteller ist Aktionär der Antragsgegnerin. Diese ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in R. Sie steht an der Spitze der … Dieser ist ein weltweit tätiger Maschinenbauer, Teilefertiger und Hersteller von Hochtechnologieprodukten u.a. zur Identifizierung von Personen, etwa elektronischen Pässen und Identifikationskarten. In Deutschland unterhält die Antragsgegnerin in R. und St. zwei Standorte. Im Ausland ist sie in den USA, der Slowakei, Malaysien und China vertreten. Sie beschäftigt weltweit mehr als 2000 Mitarbeiter, davon 1.824 im Inland (Stichtag 31.10.2017). Der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin besteht aus 3 Mitgliedern.
b) Der Antragsteller ist der Ansicht, die Zusammensetzung des Aufsichtsrates widerspräche den Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes. Die Antragsgegnerin unterläge dem Mitbestimmungsgesetz. Denn es seien auch die, im Ausland beschäftigten Mitarbeiter bei der Berechnung der Zahl der Aufsichtsratsmitglieder zu berücksichtigen. Der Wortlaut der einschlägigen Regelungen des Mitbestimmungsgesetzes sei insoweit offen und knüpfe nicht an den Ort der Beschäftigung oder einen inländischen Sitz von Tochtergesellschaften an. Da viele Unternehmen die Unternehmensmitbestimmung vermeiden wollten, würde ein Anreiz geschaffen, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, rechnete man die ausländischen Mitarbeiter bei der Ermittlung der Größe des Aufsichtsrates nicht mit. Der Antragsteller hat in einem von ihm initiierten Statusverfahren gegen die … eine Vorlage von Fragen durch das Kammergericht Berlin an den EuGH erreicht (Urteil vom 18.07.2017, Az.: C-566/15). Zu den ihm vorgelegten Fragen stellt der EuGH (in Rn. 37 f., zitiert nach juris) insbesondere folgendes fest: „In diesem Zusammenhang hindert das Unionsrecht einen Mitgliedstaat nicht daran, im Bereich der kollektiven Vertretung und Verteidigung der Arbeitnehmerinteressen in den Leitungs- und Aufsichtsorganen einer Gesellschaft nationalen Rechts, der bislang nicht Gegenstand einer Harmonisierung oder auch nur einer Koordinierung auf Unionsebene war, vorzusehen, dass die von ihm erlassenen Vorschriften nur auf die Arbeitnehmer inländischer Betriebe Anwendung finden. Desgleichen steht es einem anderen Mitgliedstaat frei, bei der Anwendung seiner eigenen nationalen Vorschriften auf einen anderen Anknüpfungspunkt zurückzugreifen. Im vorliegenden Fall gehört die durch das MitbestG eingeführte Mitbestimmungsregelung, die darauf abzielt, die Arbeitnehmer durch gewählte Vertreter in die Entscheidungs- und strategischen Organe der Gesellschaft einzubeziehen, sowohl zum deutschen Gesellschaftsrecht als auch zum deutschen kollektiven Arbeitsrecht, deren Anwendungsbereich die Bundesrepublik Deutschland auf die bei inländischen Betrieben tätigen Arbeitnehmer beschränken kann, sofern eine solche Beschränkung auf einem objektiven und nicht diskriminierenden Kriterium beruht.“
c) Mit Verfügung vom 23.10.2017 hat das Gericht den Antragsteller darauf hingewiesen, dass es seinen Antrag für offensichtlich unbegründet hält, und ihm Gelegenheit zur Mitteilung gegeben, ob der Antrag verbeschieden werden soll. Anheimgestellt wurde auch – es sind allein beim Landgericht Nürnberg-Fürth vier weitere Statusverfahren gegen andere Gesellschaften vom Antragsteller initiiert, ausweislich einer Recherche im Bundesanzeiger bei anderen Gerichten über 40 Verfahren – sich auf die Fortsetzung eines Verfahrens als Musterverfahren zu beschränken. Der Antragsteller blieb gleichwohl bei seiner Auffassung und verfolgt auch den hiesigen Antrag weiter. Dieser wurde gem. Verfügung vom 03.11.2017 inzwischen im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht und den notwendig zu Beteiligenden Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.
d) Die Antragsgegnerin wendet sich in ihrer Stellungnahme gegen den Antrag und stuft ihn als unzulässig und unbegründet ein. Dabei zweifelt sie bereits die Aktionärsstellung des Antragstellers an und hält dessen Antrag angesichts der Vielzahl der von diesem initiierten Statusverfahren für rechtsmissbräuchlich. Sie ist der Auffassung, dass bei ihr der Schwellenwert gem. §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 5 MitbestG von 2000 Mitarbeitern nicht erreicht ist und es bei der Ermittlung der Größe des Aufsichtsrates nicht auf die Arbeitnehmer der europäischen oder der übrigen ausländischen Tochtergesellschaften ankäme, und verweist dabei auf den aus ihrer Sicht ausdrücklich kommunizierten Willen des Gesetzgebers, die Grenzen des Souveränitätsanspruchs nationaler Gesetzgebung, den Arbeitnehmerbegriff des MitbestG, die Systematik dieses Gesetzes und den Zweck unternehmerischer Mitbestimmung. Im Übrigen entspräche es der Billigkeit, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
e) Unter dem 07.12.2017 übermittelte der Antragsteller ein Rechtsgutachten von Dr. …, das er in Auftrag gegeben hatte. Dieses kommt zu folgendem Zwischenergebnis: „Eine verfassungskonforme Auslegung von § 1 Abs. 1 DrittelbG und §§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 MitbestG, wonach die ausländischen Arbeitnehmer entgegen der bislang herrschenden Auffassung bereits de lege lata für die Berechnung der dort genannten Schwellenwerte zu berücksichtigen sind, ist möglich.“ Weiter konstatiert es in seiner rechtspolitischen Bewertung: „De lege ferenda sollte der Gesetzgeber ausdrücklich klarstellen, dass die ausländischen Arbeitnehmer für die Berechnung der Schwellenwerte mitzuzählen sind und diese Schwellenwerte zugleich angemessen erhöhen (…).“
2. Vor dem Hintergrund war der Antrag des Antragstellers als unzulässig, jedenfalls aber auch als unbegründet zurückzuweisen. Dabei geht das Gericht nach der vorgelegten Bankbestätigung (Bl. 4 d. A.) davon aus, dass der Antragsteller Aktionär der Antragsgegnerin ist.
a) Der Antrag ist indes unzulässig; da rechtsmissbräuchlich gestellt.
aa) Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs ist jeweils unter sorgfältiger Prüfung und Abwägung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei sich die Motive und Zwecke der Geltendmachung des Anspruchs in der Regel nur aus den äußeren Umständen erschließen lassen. Dabei ist vor allem auf das Verhalten des Antragstellers bei der Verfolgung seiner Interessen, auf die Art und Schwere eines etwaigen Gesetzesverstoßes sowie das Verhalten nach dem Verstoß und das Verhalten der Antragsgegnerin abzustellen. Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten können sich u.a. daraus ergeben, dass dem Anspruchsberechtigten schonendere Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung zur Verfügung stehen, die er aber nicht nutzt (vgl. OLG Celle, Urteil vom 08.12.2016, Az.: 13 U 72/16, Rn. 22 m.w.N., zitiert nach juris).
bb) In Übertragung dieser grundsätzlichen Überlegungen auf das hiesige Verfahren ist vorliegend ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Antragstellers gegeben.
Dieser betreibt derzeit eine Vielzahl von Statusverfahren gem. § 98 AktG. Im sog. … das der Antragsteller ebenfalls betrieben hat, hat der EuGH nach Vorlage durch das Kammergericht zur streitgegenständlichen Frage Stellung genommen. Soweit ersichtlich, hat das Kammergericht in der Sache noch nicht abschließend entschieden. In dieser Situation hat der Antragsteller – dies ist in den anderen hier anhängigen Statusverfahren nicht bestritten – zum Teil in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang zum Erwerb weniger Aktien neue Statusverfahren gegen die Unternehmen initiiert, an denen er sich beteiligt hat. Ausweislich des gerichtlichen Rechercheergebnisses im Bundesanzeiger handelt es sich dabei um mehr als 40 Verfahren. Dabei ist dem Antragsteller bewusst, dass neben der jeweiligen Antragsgegnerin u.a. jedes Mitglied des Aufsichtsrates, die Betriebsräte, Gewerkschaften und Spitzenverbände am Verfahren zu beteiligen sind. Gleichzeitig geht es ihm (vorgeblich) um die Klärung einer Frage, die, sofern er mit seiner Auffassung durchdringt, sich auch auf die künftige Berechnung der Größe aller anderen Aufsichtsräte von international agierenden Konzernen auswirkt. Wohl auch deswegen hat sich der Antragsteller zuletzt auf das … konzentriert und die Zusammensetzung der Aufsichtsräte der Gesellschaften, gegen die er jetzt seine Anträge richtet, eben nicht gerügt. Vor dem Hintergrund der eher eindeutigen vorzitierten Aussagen des EuGH im … und der noch ausstehenden Entscheidung des Kammergerichts ist kein Anlass ersichtlich, die Frage nun in einer Vielzahl kostenträchtiger Verfahren klären zu lassen. Dies gilt umso mehr, als der Antragsteller – dies ist etwa aus dem Parallelverfahren 5 HKO 6451/17 gegen die … ersichtlich – sich zum Teil nur in äußerst geringem Umfang und in enger zeitlicher Nähe zu seinem Antrag gem. § 98 AktG an der Gesellschaft beteiligt hat. Es liegt mehr als nahe, dass dies nur geschah, um das Statusverfahren in Gang setzen zu können. Mit einer zulässigen Rechtsausübung hat das in der Gesamtschau nichts mehr zu tun. Die Erkenntnisse aus dem vorgenannten Verfahren durften verwandt werden. Gem. § 99 Abs. 1 AktG richtet sich das Statusverfahren nach den Regeln des FamFG. In diesem gilt gem. § 27 FamFG der Amtsermittlungsgrundsatz. Der Grundsatz der Amtsermittlung verpflichtet das Gericht, sämtliche zur Aufklärung des Sachverhalts dienlichen Beweise zu erheben. Das Gericht entscheidet darüber, inwieweit einzelne Tatsachen des Beweises bedürfen. Bei dieser Beurteilung ist es an das Vorbringen der Beteiligten nicht gebunden. Das Gericht hat unabhängig vom Vorbringen der Beteiligten die Wahrheit zu erforschen (vgl. Rüntz in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 26 Rn. 9 m.w.N.). Von daher waren auch die Erkenntnisse aus dem „Parallelverfahren“ der hiesigen Entscheidung zugrunde zu legen.
b) Der Antrag ist darüber hinaus insgesamt unbegründet.
aa) Die Unbegründetheit ergibt sich bereits aus der den Schwellenwert von 2000 Beschäftigten verfehlenden Zahl der Arbeitnehmer der Antragsgegnerin und aus der vom Antragsteller selbst in Bezug genommenen Entscheidung des EuGH, nach der – mit der bisher h.M. und auch nach dem Zwischenergebnis des Antragstellers in seiner Dissertation – die im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer einer Gesellschaft bei der Berechnung der Größe des Aufsichtsrates nicht berücksichtigt werden müssen. Der EuGH stellt ausdrücklich fest, dass das Uniohsrecht einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, im Bereich der kollektiven Vertretung und Verteidigung der Arbeitnehmerinteressen in den Leitungs- und Aufsichtsorganen einer Gesellschaft nationalen Rechts, der bislang nicht Gegenstand einer Harmonisierung oder auch nur einer Koordinierung auf Unionsebene war, vorzusehen, dass die von ihm erlassenen Vorschriften nur auf die Arbeitnehmer inländischer Betriebe Anwendung finden. Desgleichen steht es danach einem anderen Mitgliedstaat frei, bei der Anwendung seiner eigenen nationalen Vorschriften auf einen anderen Anknüpfungspunkt zurückzugreifen. Im vorliegenden Fall gehört die durch das MitbestG eingeführte Mitbestimmungsregelung, die darauf abzielt, die Arbeitnehmer durch gewählte Vertreter in die Entscheidungs- und strategischen Organe der Gesellschaft einzubeziehen, sowohl zum deutschen Gesellschaftsrecht als auch zum deutschen kollektiven Arbeitsrecht, dessen Anwendungsbereich die Bundesrepublik Deutschland auf die bei inländischen Betrieben tätigen Arbeitnehmer beschränken kann, sofern eine solche Beschränkung auf einem objektiven und nicht diskriminierenden Kriterium beruht. Zwar trifft es zu, dass sich die Entscheidung primär zu der Frage verhält, ob ausländische Arbeitnehmer aktiv und passiv bei Wahlen der Arbeitnehmervertreter wahlberechtigt sind. Ist es indes nicht zu beanstanden, dass der ins Ausland wechselnde Arbeitnehmer sein aktives und passives Wahlrecht bzw. sein Recht zur Ausübung seines Aufsichtsratsmandats verliert, ist kein Grund dafür ersichtlich, ihn bei der Berechnung des Schwellenwertes zu berücksichtigen. Auch die in einem anderen Parallelverfahren vorgelegte Dissertation des Antragstellers kommt im Wesentlichen zum gleichen Ergebnis. Dort heißt es auf Seite 69 unter der Überschrift „Zwischenergebnis“: „Zwar sprechen der offene Wortlaut der mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften (…) sowie Sinn und Zweck der Unternehmensmitbestimmung für eine geographische Auslegung, jedoch widerspräche die Einbeziehung der im Ausland tätigen Belegschaft dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (…). Eine klassische Auslegung der Vorschriften zur Unternehmensmitbestimmung (…) führt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass nur die in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer an der unternehmerischen Mitbestimmung partizipieren.“
bb) Wie der Antragsteller im Ansatz zutreffend konstatiert, stellt der Wortlaut des § 7 MitbestG nicht darauf ab, ob der Arbeitnehmer im In- oder Ausland arbeitet. Indes ergibt sich insbesondere aus der Historie des Gesetzgebungsverfahrens, dass der Gesetzgeber eine – vom EuGH ausdrücklich nicht als unzulässig erachtete – Beschränkung der Anwendung des Mitbestimmungsrechts auf in Deutschland beschäftigte Arbeitnehmer ausdrücklich beabsichtigt hatte. Demgegenüber sollten im Ausland gelegene Tochtergesellschaften und deren Betriebe im Inland von unter das Gesetz fallende Unternehmen bei der Errechnung der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl gerade nicht mitzählen (vgl. BT-Drs. 7/4845, S. 4). In der Folgezeit hat der Gesetzgeber es bewusst unterlassen, den Anwendungsbereich von § 7 MitbestG zu erweitern, sondern sich bewusst dazu entschieden, in Anwendung des Territorialprinzips die Arbeitnehmer, die in Betrieben eines ausländischen Tochterunternehmens beschäftigt werden, von den Wahlen zum Aufsichtsrat einer nationalen Gesellschaft kraft Gesetzes ausgeschlossen zu halten (vgl. BT-Drs. 16/2922 S. 16).
cc) Auch der dem MitbestG zugrunde gelegte Arbeitnehmerbegriff spricht dafür, die außerhalb Deutschlands beschäftigten Arbeitnehmer nicht bei der Berechnung der Größe des Aufsichtsrates der Gesellschaft zu berücksichtigen. § 3 Abs. 1 MitbestG bestimmt, wer Arbeitnehmer im Sinne des Mitbestimmungsgesetzes ist und verweist insoweit auf die Regelungen des § 5 Abs. 1 und 3 BetrVG. Danach können als Arbeitnehmer nur solche Personen angesehen werden, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und in den Betrieb eingegliedert sind (vgl. Gaul in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. Aufl. 2016, § 5 BetrVG Rn. 5 m.w.N.). Dabei legt § 5 BetrVG auch fest, wer ungeachtet der vorgenannten Voraussetzungen nicht als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gilt, insbesondere leitende Angestellte wie Prokuristen, Ehegatten und enge Verwandte des Arbeitgebers. Dies zeigt, dass das nationale Betriebsverfassungsrecht seinem Anwendungsbereich einen spezifischen eigenen Arbeitnehmerbegriff zugrunde legt, der mit ausländischen, auch europäischen Betriebsverfassungen nicht übereinstimmen muss. Definiert das deutsche Betriebsverfassungsrecht indes für sich, wer Arbeitnehmer ist und wer nicht, müssen im Ausland Beschäftigte, für die nach deren nationalem Recht ganz andere Kriterien zur Begründung der Arbeitnehmereigenschaft gelten können, nicht zwangsläufig als Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG angesehen werden. Eine andere Sichtweise hätte übrigens zur Konsequenz, dass der deutsche Gesetzgeber bestimmte, wie die Mitbestimmung der Arbeitnehmer ausländischer Tochtergesellschaften ausgestaltet ist. Hierfür hat er jedoch keine Kompetenz (vgl. LG Frankfurt a. M., ZIP 2018, S. 128 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
dd) Auch das vom Antragsteller vorgelegte Rechtsgutachten verhilft seinem Antrag nicht zum Erfolg. Selbst der Gutachter kommt lediglich zu dem Ergebnis, dass die Auslegung der „streitgegenständlichen“ Mitbestimmungsregelungen in dem Sinne, dass im Ausland Beschäftigte bei der Ermittlung der Größe des Aufsichtsrates zu berücksichtigen sind, möglich, aber nicht zwingend ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 99 Abs. 6 AktG. Es entspricht der Billigkeit, die Gerichtskosten in vollem Umfang dem Antragsteller aufzuerlegen. Dieser hat vorliegend neben der hiesigen Antragsgegnerin eine Vielzahl von Aktiengesellschaften mit Verfahren überzogen, die immer die gleiche Frage klären sollen: Die Berücksichtigung ausländischer Arbeitnehmer bei der Berechnung der Größe des Aufsichtsrates. Wie bereits erwähnt, hat sich mit dieser Frage letztlich auf Initiative des Antragstellers bereits der EuGH befasst und sich genauso positioniert wie der Antragsteller im Zwischenergebnis der von ihm selbst verfassten Dissertation. Das Gericht hat den Antragsteller ausdrücklich auf die sehr niedrigen Erfolgsaussichten seiner Rechtsverfolgung hingewiesen. Es hat ihm auch Gelegenheit gegeben, sich auf ein hier anhängiges Verfahren zu konzentrieren und dort – im Ergebnis auch für die anderen Antragsgegner – die streitgegenständliche Frage letztinstanzlich klären zu lassen. Gleichwohl hat sich der Antragsteller für die für alle Beteiligten teuerste Variante entschieden. In einer derartigen Situation die Antragsgegnerin, die gem. § 99 Abs. 6 AktG ohnehin ihre Kosten selbst tragen muss, auch noch mit den Gerichtskosten zu belasten, erscheint unbillig und ungerechtfertigt.
4. Die Festsetzung des Gegenstandswertes richtet sich nach § 75 GNotKG.

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